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Der Schatzmeister des Tenno

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
514 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am01.04.20201. Auflage
Ein neuer Fall für Akitada.

Japan im 11. Jahrhundert: Als Sugawara Akitada nach Jahren wieder in die Hauptstadt zurückkehrt, findet er vieles nicht so vor, wie er es sich wünschen würde: Seine Mutter liegt im Sterben, das elterliche Anwesen ist heruntergekommen, seine Familie ist noch nicht eingetroffen. Auch sein Schwager, der Schatzmeister des Tenno, steckt in großen Schwierigkeiten: Man wirft ihm Unterschlagungen vor. Außerdem ist in dem Kloster, in dem er wegen des schlechten Wetters vor seiner Ankunft in Kyoto übernachtet hat, eine junge Frau grausam ermordet worden. Bald hat Akitada ganz persönliche Gründe, den Mörder zu suchen ...

In ihrer erfolgreichen Serie um Akitada, Jurist und ehemaliger Gouverneur einer Nordprovinz, schildert Ingrid J. Parker auf faszinierende Weise das Leben in Heian-Kyo, dem heutigen Kyoto.



 Ingrid J. Parker hat viele Jahre an verschiedenen Universitäten Literatur unterrichtet, u. a. an der Norfolk State University in Virginia. Für eine ihrer Short Stories um Akitada, den Helden der vorliegenden Serie, erhielt sie 2000 den Shamus Award. Bei Aufbau Digital verfügbar sind die drei Romane 'Tod am Rashomon Tor', 'Der Prinz von Sadoshima' und 'Der Schatzmeister des Tenno' um den im Japan des 11. Jahrhunderts ermittelnden Justizbeamten Sugawara Akitada vor.
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Produkt

KlappentextEin neuer Fall für Akitada.

Japan im 11. Jahrhundert: Als Sugawara Akitada nach Jahren wieder in die Hauptstadt zurückkehrt, findet er vieles nicht so vor, wie er es sich wünschen würde: Seine Mutter liegt im Sterben, das elterliche Anwesen ist heruntergekommen, seine Familie ist noch nicht eingetroffen. Auch sein Schwager, der Schatzmeister des Tenno, steckt in großen Schwierigkeiten: Man wirft ihm Unterschlagungen vor. Außerdem ist in dem Kloster, in dem er wegen des schlechten Wetters vor seiner Ankunft in Kyoto übernachtet hat, eine junge Frau grausam ermordet worden. Bald hat Akitada ganz persönliche Gründe, den Mörder zu suchen ...

In ihrer erfolgreichen Serie um Akitada, Jurist und ehemaliger Gouverneur einer Nordprovinz, schildert Ingrid J. Parker auf faszinierende Weise das Leben in Heian-Kyo, dem heutigen Kyoto.



 Ingrid J. Parker hat viele Jahre an verschiedenen Universitäten Literatur unterrichtet, u. a. an der Norfolk State University in Virginia. Für eine ihrer Short Stories um Akitada, den Helden der vorliegenden Serie, erhielt sie 2000 den Shamus Award. Bei Aufbau Digital verfügbar sind die drei Romane 'Tod am Rashomon Tor', 'Der Prinz von Sadoshima' und 'Der Schatzmeister des Tenno' um den im Japan des 11. Jahrhunderts ermittelnden Justizbeamten Sugawara Akitada vor.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841224583
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.04.2020
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten514 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2366 Kbytes
Artikel-Nr.5134282
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 1
Der Bergtempel

Der Weg war steinig, und die Hufe des Pferdes rutschten auf den nassen Felsplatten. Der Regen hing wie eine graue Wand in der Luft. In einer tief eingeschnittenen Rinne hatte sich ein kleiner, lehmiger Wasserfall gebildet, der spritzend und gurgelnd bergab schoß. Zwischen den sich herabbiegenden Zweigen riesiger Zedern schwebten Nebelfetzen wie gewaltige mit Brillanten besetzte Spinnweben.

Der großgewachsene Reiter saß vornüber gebeugt, sein breiter Schilfhut berührte den Umhang aus Reisstroh, mit dem er sich vor der Nässe schützte. An einer Wegbiegung richtete er sich auf und blickte angestrengt umher. Da, endlich! Das geschwungene Dach mit den blauen Ziegeln und die rotlackierten Säulen des Haupttors lagen zum Greifen nahe vor ihm. Hinter den verputzten Mauern erhob sich eine schlanke, fünfstöckige Pagode, und im Grau des Nebels und des Regens verschwammen die vielen Dächer der Tempelhallen und der Nebengebäude des Klosters.

Das ermüdete Roß roch den Stall und schüttelte die Mähne, daß ein Schauer von Wassertropfen umherflog. Sein Reiter war Sugawara Akitada, der aus einer der weit entfernten Nordprovinzen in die Hauptstadt zurückkehrte. Akitada war noch jung, etwa Mitte dreißig, und von kräftiger Statur. Doch tagelange harte Ritte hatten ihn erschöpft, und die heutige Tour über die Berge hatte ihn bei dem stetigen kalten Regen besonders angestrengt. Dazu wurde es früh dunkel, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als die Gastfreundschaft des Tempels in Anspruch zu nehmen: eine einfache Schlafkammer, ein heißes Bad und ein vegetarisches Abendessen.

Zwei andere Reisende hatten vor ihm das Tor erreicht. Der Mann war bereits abgestiegen und half fürsorglich einer Dame von ihrem Pferd. Beide trugen Regenumhänge ähnlich wie Akitada, nur war der breitkrempige Hut der Dame von einem dichten Schleier überdeckt, der vor Nässe triefte. Ungeduldig zupfte sie an ihm herum, während sie die Stufen zum Portal hinaufstieg, den reichbestickten Saum ihres Gewandes aber ließ sie achtlos hinter sich im Schmutz schleifen. Gerade als Akitada anhielt und absteigen wollte, schlug ihr Begleiter die Bronzeglocke am Tor an. Der reine, metallische Klang durchdrang das sanfte Geplätscher des Regens. Sofort öffnete sich das Tor, und ein ältlicher Mönch trat heraus und blickte verunsichert von dem Paar zu dem Reiter hinter ihnen.

Der Begleiter der Frau, der nicht bemerkt hatte, daß Akitada hinter ihm stand, erklärte: »Wir sind unterwegs nach Otsu, können aber heute nicht weiterreisen. Würdet Ihr uns beherbergen?«

Der Mönch zögerte. »Gehört der Herr dort auch zu Euch?«

Überrascht drehten sich beide nach Akitada um, der sie ruhig anschaute. Obwohl er das Gesicht der Fremden hinter ihrer nassen Verschleierung nicht sehen konnte, schloß er aus der Art ihrer Bewegungen und der geübten Grazie, daß sie jung war. Der Mann, vermutlich Ende zwanzig, war von untersetzter, wohlproportionierter Statur. Er hatte Reisekleidung aus gutem Tuch an und trug wie Akitada ein Schwert in seinem Gürtel. War also wohl ein Edelmann, gehörte gewiß zur Klasse der Wohlhabenden. Seine Gesichtszüge waren nicht eben hübsch, wirkten aber offen und freundlich. Er verbeugte sich höflich vor Akitada und sagte dann zu dem Mönch: »O nein. Es geht nur um uns beide. Der Herr ist meiner Schwägerin und mir nicht bekannt.«

Die Frau war ungeduldig, ein makellos weißer Arm schob sich aus dem Regenumhang, und sie wedelte heftig mit der Hand; ihr Gefährte sollte sich beeilen. Mehrere Schichten dünner Seide in Schattierungen von Rostrot bis Lavendel kamen unter dem cremefarbenen Ärmel ihres Satingewandes zum Vorschein. Die Stickerei auf Ärmel und Saum stellte Herbstblätter und Chrysanthemen dar.

Eine von den Reichen, dachte Akitada, während er sein Pferd neben den Reittieren der anderen Gäste anband und dabei nicht umhin konnte, das kostbare Sattelzeug zur Kenntnis zu nehmen. Mit einer tiefen Verbeugung bekundete er seine Ehrerbietung und hoffte, sie würde den Schleier hochschlagen, und er würde ihr Antlitz sehen. Doch sie enttäuschte ihn, drehte sich brüsk um und wandte ihm den Rücken zu. »Bitte, bringt zunächst Eure Gäste unter«, empfahl er dem Mönch. »Ich kann durchaus warten.«

Die Dame überhörte Akitadas höfliche Worte, doch ihr Begleiter deutete seinen Dank mit einer Verneigung an. »Habt Ihr heute nacht viele Gäste?« erkundigte sich die Reisende und ließ ihren nassen Umhang von den Schultern gleiten, damit der junge Mann ihn aufhob.

»Das kann man wohl sagen«, erwiderte der Mönch.

»Und was für Leute sind das?«

»Oh, meist einfache Leute«, erklärte der Alte, wandte sich um und schlurfte barfuß auf den langen, überdachten Gang zur Rechten zu. Sie folgten ihm, und Akitada stellte sich unter das Tor und schaute ihnen nach.

»Einfache Leute?« fragte sie und hob die Stimme ein wenig. »Was meint Ihr damit?«

»Die meisten sind Pilger. Und dann ist da noch eine Truppe Schauspieler. Die haben bugaku-Tänze für die Beweohner aus der Umgebung hier aufgeführt. Aber keine Sorge, die sind woanders untergebracht.«

Offensichtlich stellte sie weitere Fragen, doch Akitada konnte nicht länger verstehen, worüber geredet wurde. Er befreite sich von seinem nassen Umhang und nahm den Schilfhut ab. Die Befürchtung der Verschleierten, unter Umständen mit gewöhnlichem Volk in Berührung zu kommen, amüsierte Akitada. Wehmütig gestand er sich ein, daß sie offenbar auch gegen ihn eine Abneigung hegte, wie er in einfacher Regenbekleidung und mit einem Mietpferd dagestanden hatte. Daß er unter dem Strohzeug einen streng geschnittenen braunen Jagdrock über rehfarbenen Seidenhosen trug, deren Beine in den Lederschäften der Reitstiefel steckten, konnte sie ja nicht wissen. In den breiten Ledergürtel hatte er ein Langschwert geschoben. Das schmale, sonnengebräunte Gesicht mit den dichten Augenbrauen hätte einem Gelehrten oder Krieger gut angestanden, doch er selbst fand, seine Züge seien einfach und gewöhnlich. Auch war er der Ansicht, daß sein gerader Rücken, die schmalen Hüften und breiten Schultern geschmeidiger und muskulöser sein müßten.

Er legte seine Regensachen auf die Balustrade und ließ den Blick über den weiten Hof hinüber zur großen Tempelhalle schweifen. Sogleich kamen ihm Erinnerungen aus Kindheitstagen. Er hatte einst mit seiner herrischen Mutter und den beiden jüngeren Schwestern nebst Kindermädchen und Dienern diese Klosteranlagen besucht. Das war lange her. Was würde er jetzt daheim vorfinden? Ob seine Mutter noch lebte? Vor zwei Wochen hatte ihn die Nachricht erreicht, daß sie schwerkrank sei. Obwohl Akitada mit seiner Familie bereits auf der Heimreise aus dem Norden war, hatte er sich verpflichtet gefühlt, vorauszureiten. Seine Frau sollte mit dem Sohn und den Bediensteten auf den langsameren Gepäckwagen nachkommen.

Jetzt war er nur noch einen kurzen Tagesritt von der Hauptstadt entfernt. Während er fort war, hatte Akiko, die ältere seiner beiden Schwestern, einen Beamten geheiratet und war zu ihm gezogen, doch Yoshiko saß immer noch zu Hause. Er versuchte sich vorzustellen, wie es seiner erkrankten Mutter ging; ihre Härte und Stärke waren dahin, doch die Bitterkeit war ihr geblieben. Bedrückt seufzte er.

An den Ketten, die von den monströsen Schnauzen der Wasserspeier über ihm herabhingen, lief unaufhörlich der Regen ab und plätscherte laut in die mit Kieselsteinen gefüllten Tröge. Die Spitze der Pagode jenseits des Vorplatzes verschwand in den Wolken. Der Duft von Kiefern mischte sich mit dem süßlichen Geruch von nassem Stroh und Schilf. Wenn es nicht die ganze Zeit so erbarmungslos geregnet hätte, wäre er schneller vorangekommen und noch heute abend zu Hause angelangt. Doch er und sein Pferd waren am Ende ihrer Kräfte, denn Stunde um Stunde hatten sie sich durch tiefen Schlamm und reißende Gießbäche kämpfen müssen.

Der Torhüter erschien wieder, seine Sohlen schlurften über die glatten Dielen der Galerie. »Entschuldigt, Herr, daß ich Euch warten ließ«, sagte er und schaute auf Akitadas Kleidung und Schwert. »Kommt Euer Ehren zum Gebet oder zur Übernachtung?«

»Ich fürchte, nur zur Übernachtung.« Akitada zog eine Besuchskarte hervor und reichte sie dem Mönch. Der hielt sie sich dicht vor die Augen und verneigte sich tief.

»Welch große Ehre für uns, mein Fürst«, erwiderte er. »Darf ich Euch zu unserem Abt geleiten?«

Akitada unterdrückte ein Stöhnen. Er war todmüde und keineswegs in der Stimmung, sich bei Obstsaft in höflichen Redensarten zu ergehen. Doch für einen Mann seines Ranges war ein solcher Anstandsbesuch unumgänglich.

Diesmal wandte sich der Mönch nach links zu den Innenhöfen des Tempels und des Klosters. Nach endlosen Laubengängen und Korridoren blieb er vor einer schmucklosen Tür aus prächtig poliertem Holz stehen. Ein Klosterschüler, ein Junge von zehn oder elf Jahren, öffnete ihnen. In dem Raum saß ein sehr alter Mann auf einem niedrigen Podest.

»Seine Ehrwürden Genshin«, murmelte der Mönch.

Genshin wirkte gebrechlich, war nichts als Haut und Knochen. Wie vergilbtes Papier spannte sich die Haut über den kahlen Schädel. Der Abt trug ein dunkles Seidengewand und eine prachtvolle Stola aus bunten Brokatstreifen. Langsam ließ er eine Kette aus Bernsteinperlen durch die Finger gleiten, die dünn wie die Krallen eines Vogels waren. Die Augen mit den fast durchsichtigen Lidern hielt er geschlossen, und die dünnen, geschürzten Lippen bewegten sich lautlos.

»Ehrwürden?« flüsterte der...
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Ingrid J. Parker hat viele Jahre an verschiedenen Universitäten Literatur unterrichtet, u. a. an der Norfolk State University in Virginia. Für eine ihrer Short Stories um Akitada, den Helden der vorliegenden Serie, erhielt sie 2000 den Shamus Award. Bei Aufbau Digital verfügbar sind die drei Romane "Tod am Rashomon Tor", "Der Prinz von Sadoshima" und "Der Schatzmeister des Tenno" um den im Japan des 11. Jahrhunderts ermittelnden Justizbeamten Sugawara Akitada vor.