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Das Lied der roten Steine

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am02.06.20201. Auflage
Eine große Liebe, ein altes Geheimnis und die Schatten der Vergangenheit.

Jessica hat alles, was das Herz begehrt: Erfolg im Beruf, einen liebevollen Ehemann und einen Sohn, der ihr ganzen Glück ist. Doch dann stirbt der kleine Damian und Jessicas Welt gerät komplett aus den Fugen. Überstürzt und voller Trauer flüchtet sie aus ihrem alten Leben, um Ruhe auf Norfolk Island zu finden. Doch als sie in der Vergangenheit der ehemaligen Gefangeneninsel stöbert, stößt sie auf eine dramatische Geschichte, nicht ahnend, dass sie damit die Schatten der Vergangenheit heraufbeschwört ...



Lynne Wilding ist in Australien längst als die Königin der großen Australien-Sagas bekannt und erhielt viele Preise für ihre Romane. Lynne Wilding lebt mit ihrer Familie in Arncliff bei Sydney.
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Produkt

KlappentextEine große Liebe, ein altes Geheimnis und die Schatten der Vergangenheit.

Jessica hat alles, was das Herz begehrt: Erfolg im Beruf, einen liebevollen Ehemann und einen Sohn, der ihr ganzen Glück ist. Doch dann stirbt der kleine Damian und Jessicas Welt gerät komplett aus den Fugen. Überstürzt und voller Trauer flüchtet sie aus ihrem alten Leben, um Ruhe auf Norfolk Island zu finden. Doch als sie in der Vergangenheit der ehemaligen Gefangeneninsel stöbert, stößt sie auf eine dramatische Geschichte, nicht ahnend, dass sie damit die Schatten der Vergangenheit heraufbeschwört ...



Lynne Wilding ist in Australien längst als die Königin der großen Australien-Sagas bekannt und erhielt viele Preise für ihre Romane. Lynne Wilding lebt mit ihrer Familie in Arncliff bei Sydney.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783967970425
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum02.06.2020
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.7
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2808 Kbytes
Artikel-Nr.5186998
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Ein spitzer Finger mit gefeiltem und poliertem Nagel drückte auf den Etagen-Knopf des Aufzugs. Sechs. Sie sah auf die Uhr. Fünfundzwanzig Minuten nach acht am Morgen. Da sie sich allein im Aufzug befand, konnte sie überprüfen, ob ihre graue Kostümjacke richtig zugeknöpft war, der Rock exakt saß und jede einzelne Strähne des kastanienbraunen Haars anständig lag und nicht wie so oft störrische Locken aus dem glatten Knoten rutschten. Während sie zum sechsten Stock emporschwebte, arbeitete sie an ihrem Gesichtsausdruck. Ruhig. Gelassen. Akzeptierend. Ja, ganz besonders Letzteres. Als sich die Tür öffnete, holte sie tief Luft, fasste die Aktentasche fester und ging zuversichtlich durch das Foyer zur Rezeption von Greiner, Lowe und Pearce.

»Jessica!« Faith Wollinskis Gesichtsausdruck verriet Überraschung, als sie ihre Chefin erkannte. »Ich habe... wir haben Sie heute nicht erwartet. Ahm... noch nicht.« Sie biss sich verlegen auf ihre frisch bemalten Lippen, unsicher, was sie sagen sollte, außer »Es tut mir Leid... Ihr Verlust.« Mit einem Seufzen gestand sie sich ein, dass dieser Satz inadäquat war.

Jessica Pearce hob die Hand. »Bitte, Faith, ich sehe es Ihrem Gesicht an. Mir geht es gut. Die Familie ist einverstanden. Die beste Medizin für mich ist Arbeit, und zwar jede Menge Arbeit.«

Sie verzog den Mund zu einer Art Lächeln und versuchte, nonchalant zu wirken, als sie sich an den Tresen lehnte und einen Stapel Akten durchblätterte. »David sagt, davon gäbe es hier reichlich.«

»Damit haben Sie nicht mal Unrecht«, warf Mandy, die zwanzigjährige Rezeptionistin mit ihrer piepsigen Stimme ein. »Mr. Greiner und Mr. Lowe haben Sie die letzten Wochen wirklich sehr vermisst.«

»Nun, jetzt muss mich niemand mehr vermissen«, erklärte Jessica energisch. Sie nahm ihre Aktentasche und ging den Korridor zu ihrem Büro entlang. Über die Schulter hinweg bat sie: »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten, Faith? Eine Tasse Kaffee, schwarz... in zehn Minuten, wenn ich die Post durchgegangen bin.«

»Zwei Stück Zucker«, bestätigte Faith. »Ich habe nicht vergessen, wie Sie Ihren Kaffee trinken.« Sie knirschte mit den Zähnen ob der Belanglosigkeit ihrer Bemerkung und war sich bewusst, mit der peinlichen Situation nicht gut fertig zu werden. Sie bekam Jessicas müdes Lächeln mit, an dem ihre Augen keinen Teil hatten. Nachdenklich sah sie ihrer Chefin nach, als sie die acht Meter zu ihrer Bürotür zurücklegte. Die Schultern angespannt, der Rücken steif wie ein Brett. Sie reißt sich zusammen, vermutete sie.

»Hast du ihre Augen gesehen - die waren doch merkwürdig«, sagte Mandy halb flüsternd. »Glaubst du, dass es ihr gut geht, Faith?«

Acht Jahre Loyalität ließen die Antwort der Frau im mittleren Alter positiv klingen. »Natürlich. Jessica hat ein furchtbares Trauma durchlitten, aber sie ist stark. Sie wird es überleben.« Faith sah die jüngere Frau an und fügte in autoritärem Tonfall hinzu: »Ich bin mir sicher, das Letzte, was sie jetzt will, sind Leute, die um sie herumglucken und besorgte Gesichter ziehen. Ruf David und Max an. Sag ihnen, dass sie hier ist.«

 

Jessica war sich bewusst, dass sie den Atem anhielt, als sie von den beiden Frauen wegging, und stieß ihn kraftvoll aus, als sie leise die Tür hinter sich zumachte. Sie schloss die Augen. Die erste Prüfung - die Kontaktaufnahme - war vorüber. Sie lehnte ihren Körper an das Holz der Tür, als ob ihr das solide Material Kraft geben könnte.

Mit immer noch geschlossenen Augen lauschte sie dem Summen der Klimaanlage und stellte fest, dass sie unverändert lästig rasselte. Vor dem Fenster erklangen gedämpft die Geräusche der Fahrzeuge, die während der Rushhour die St.-George-Terrace entlangkrochen, ohne aufdringlich laut zu sein. Durch die geschlossenen Augenlider nahm sie das Licht wahr, das durch die auf Hüfthöhe ansetzenden Fenster einfiel, die einen großartigen Blick über den Swan River und einen Teil der Skyline von Perth boten. Ansonsten herrschte Stille, vollkommene Ruhe, abgesehen vom lächerlich schnellen Schlag ihres Herzens.

Langsam öffnete sie die Lider und sah sich in dem Büro um, das ihr für so viele Jahre fast ein zweites Zuhause gewesen war.

Es sah alles genauso aus wie noch vor drei Wochen. Die zedernholzgetäfelte Wand hinter ihrem Schreibtisch. An der linken Wand hing ein Bild des australischen Landschaftsmalers Pro Hart - weit weg von ihrem eigenen Aquarell einer Buschszene, die sie bei New Norcia gemalt hatte und die bei einem staatlichen Kunstwettbewerb den zweiten Platz gemacht hatte, als sie fünfundzwanzig gewesen war. Die beiden Aktenschränke aus Teakholz, der Schreibtisch mit der Glasplatte, dank Faiths fast krankhafter Aufräumsucht sehr ordentlich, und auf der Fensterbank stand eine einsame Bromelie, kurz vor der Blüte. Fotos von ihr und Simon in der Pinnacle-Wüste waren die einzigen Ornamente auf den Aktenschränken. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Bücherschrank mit Gesetzesbüchern. Der beigefarbene Teppichboden, weich und flauschig, passte zu den gedeckten Farben des Raumes. Vertraut. Gemütlich. Derselbe...

Ja, der Raum war wohl derselbe, nur sie selbst war anders, verändert. Für immer.

Plötzlich fühlten sich ihre Glieder sehr schwer an, und es bedurfte einer bewussten Willensentscheidung, zum Schreibtisch hinüberzugehen. Sie hängte ihre Jacke und die Handtasche an den Hutständer hinter dem Tisch und setzte sich in den gepolsterten Drehstuhl. Einatmen, ausatmen. Kontrolle, sagte sie sich. Denk nicht an ihn. Arbeit, harte Arbeit ist die einzige Medizin für dich, das weißt du. Es wird den Schmerz lindern, die Erinnerungen, so sagte ihr der gesunde Menschenverstand, so sagten ihr alle, aber sie war sich da nicht so sicher.

Sie betrachtete ihren Posteingangskorb. Mehrere von pinkfarbenen Bändern zusammengehaltene Akten warteten auf ihre Bearbeitung. Ein leerer Notizblock lag bereit, unter der rechten Ecke des ledergebundenen Tagesordners. An einer anderen Ecke lag ein sauberer Stapel Nachrichten. Rechts vom Kalender lagen ungeöffnete Briefe. Als sie danach griff, stellte sie fest, dass ihre Hand spürbar zitterte. Mehrere Sekunden lang ballte sie die Hand zur Faust, nahm dann den obersten Brief und schlitzte den Umschlag auf. Es war ein handgeschriebener Kondolenzbrief...

Obwohl die Raumtemperatur angenehme zx° Celsius betrug, bildeten sich auf Jessicas Stirn und auf ihrer Oberlippe Schweißperlen. Sie zuckte zusammen, als die Nervenenden unter ihrer Haut zu pulsieren begannen. Gerne hätte sie sich gekratzt, um sie zu beruhigen. Nicht, befahl sie sich. Geh an die Arbeit. Sie schob den Briefstapel beiseite und griff nach einer Akte, legte sie vor sich und öffnete sie. Der Text verschwamm. Lesebrille, Dummchen! Sie nahm die Goldrandbrille aus ihrer Aktentasche und setzte sie auf. Dann begann sie zu lesen. Smithers gegen Smithers...

Innerhalb der Kanzlei Greiner, Lowe und Pearce hatte sich Jessica auf Familienrecht spezialisiert und war erst im letzten Jahr zur Juniorpartnerin geworden. Während der letzten fünf Jahre hatte sie sich bei den Gerichtshöfen von Perth einen Namen als erfolgreiche und faire Anwältin gemacht. Traurigerweise gab es keinen Mangel an Fällen. Scheidungen, Eigentumsklärungen, Streitfälle über das Besuchsrecht von Kindern. Diese Fälle und der emotionale Stress, den die Klienten mit sich brachten, nahmen kein Ende.

Sie zwang sich, die ersten drei Seiten der Smithers-Akte zu lesen, dann durchbrach ein aufmüpfiger Gedanke ihre Konzentration.

Ruckartig hob sie den Kopf. Ihr Blick wanderte durch das Zimmer, durchsuchte jeden Winkel und jede Ecke. Da stimmte etwas nicht. Es fehlte etwas Wichtiges in diesem Zimmer, von der Ecke ihres Schreibtischs. Mit einem panikartigen, krampfhaften Herzschlag verschlang sie die Hände ineinander und zog an ihrem Verlobungs- und Ehering, während sie nach dem fehlenden Stück suchte. Sie stand auf, ging zu den Aktenschränken und öffnete jede einzelne Schublade. Nichts. Dann überprüfte sie die Schubladen ihres Schreibtisches. Auch nichts.

Die Tür öffnete sich, und Faith trat mit ihrem Kaffee ein.

Jessica verengte misstrauisch ihre Augen zu Schlitzen und fragte geradeheraus: »Wo haben Sie es hingetan?«

»Was denn, meine Liebe?«

Mit Verzweiflung in der Stimme zischte sie: »Das wissen Sie ganz genau! Haben die anderen Ihnen befohlen, es zu verstecken?« Sie sah Faiths ausdrucksloses Gesicht, und ihre Niedergeschlagenheit und ihr Ärger wuchsen. Die Nervenenden unter ihrer Haut machten sie fast wahnsinnig, es fühlte sich an, als ob unter der obersten Schicht etwas lebendig war. Unbewusst rieb sie die Innenseite ihrer Unterarme. »Das Foto, Faith! Wo ist das Foto?«

»Oh!« Verständnis. »Ja. Die Partner und ich«, Faith bemerkte Jessicas zunehmende Erregung und sagte schnell, »wir hielten es für besser, es eine Zeit lang wegzustellen, bis Sie... bis... genug Zeit vergangen ist und...«

»Holen Sie es. Sofort.« Jessica hatte nicht schreien wollen, aber so kam es heraus, gellend, unkontrolliert. Sie bereute ihren Fehler sofort.

Faith stellte die Kaffeetasse auf den Schreibtisch und ging zum...
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Autor

Lynne Wilding ist in Australien längst als die Königin der großen Australien-Sagas bekannt und erhielt viele Preise für ihre Romane. Lynne Wilding lebt mit ihrer Familie in Arncliff bei Sydney.