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Nixen auf dem Golfplatz

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am24.06.20201. Auflage
Elf Erzählungen von unseren gewöhnlichen Nachbarn: von treuen Beratern, fiebernden Urlaubern, beschützerischen Vätern, Partyfrauen, Tüchtigen, Liebenden.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextElf Erzählungen von unseren gewöhnlichen Nachbarn: von treuen Beratern, fiebernden Urlaubern, beschützerischen Vätern, Partyfrauen, Tüchtigen, Liebenden.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257608335
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum24.06.2020
Auflage1. Auflage
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse936 Kbytes
Artikel-Nr.5234938
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Nixen auf dem Golfplatz

Nixen auf dem Golfplatz

Freitag, der fünfzehnte Juni, war ein großer Tag für Kenneth W. Minderquist und für seine Familie: seine Frau Julia, die Enkeltochter Penny, sechs Jahre alt und sein Augenstern, und Becky Jackson, seine Schwiegermutter, die später mit Penny eintreffen sollte.

Das große Haus war blitzsauber und tipptopp aufgeräumt; Julia hatte Alkoholika und Speisen nochmals überprüft: Kanapees, Aufschnitt, Stangensellerie, Schnittchen und Oliven - ein richtiges Büfett für die Leute von der Presse, Journalisten und Fotografen, die heute um elf erwartet wurden. Am Abend zuvor war ein Telegramm vom Präsidenten gekommen:


GRATULIERE KEN STOP SCHAUE WENN MÖGLICH FREITAGVORMITTAG KURZ VORBEI STOP SONST TROTZDEM ALLES GUTE STOP HERZLICHE GRÜSSE AN SIE UND IHRE FAMILIE STOP TOM


Das hatte Minderquist gefreut und Julia, die sowieso ziemlich nervös wurde, wenn sie Gastgeberin spielen mußte, noch einmal alles überprüfen lassen. Natürlich konnten sie auf Fritz zurückgreifen, ihren Butler und Chauffeur, eine große Hilfe. Fritz hatten sie mit dem Haus übernommen, genau wie das Tafelsilber und die schweren weißen Servietten, die Möbel und sogar die Bilder an den Wänden.

Minderquist sah seiner Frau gelassen, glücklich und voller Zuversicht zu. Und er konnte ehrlich sagen, daß es ihm inzwischen so gut ging wie vor drei Monaten, vor dem Unfall. Manchmal fand er sogar, daß es ihm bessergehe als je zuvor, daß er sich fröhlicher und lebendiger fühle. Schließlich hatte er wochenlange Klinikruhe hinter sich, trotz aller möglichen Tests auf alle nur denkbaren Zipperlein. Minderquist hielt sich für einen der am gründlichsten untersuchten Menschen der Welt, sowohl geistig wie körperlich.

Der Unfall hatte sich in New York ereignet, am St. Patrick´s Day. Minderquist hatte am 17. März mit dem Präsidenten und ein paar hundert Leuten auf der Tribüne gestanden, und als die Parade vorbei war und alle die Tribüne verließen und sich gerade auf Limousinen und Taxis verteilten, waren die Schüsse gefallen: Vier - drei in kurzer Folge, dann noch einer. Und ganz zufällig hatte Minderquist nahe beim Präsidenten gestanden, als er sah, wie dieser das Gesicht verzog und sich vorbeugte - ein Schuß in die Wade. Ohne nachzudenken, hatte sich Minderquist wie ein darauf trainierter Leibwächter über den Präsidenten geworfen, und beide waren zu Boden gegangen. Der letzte Schuß hatte Minderquist in die linke Schläfe getroffen: zehn Tage Koma und fast drei Monate Behandlung in zwei verschiedenen Krankenhäusern. Allgemein nahm man an, daß ohne Minderquists Eingreifen diese letzte Kugel den Präsidenten in den Rücken getroffen hätte - Diagramme in den Zeitungen veranschaulichten, was dieser letzte Schuß hätte anrichten können - und vielleicht das Rückenmark durchschlagen oder die Leber oder weiß Gott was getroffen hätte, deshalb wurde es Minderquist zugeschrieben, daß der Präsident noch am Leben war. Minderquist hatte sich außerdem ein paar Rippen gebrochen, weil sich die Leibwächter auf ihn gestürzt hatten, nachdem er sich schützend über den Präsidenten geworfen hatte.

Zum Zeichen seiner Dankbarkeit hatte der Präsident den Minderquists Sundocks geschenkt, das hübsche Anwesen, das sie nun bewohnten. Julia und Fritz waren schon seit einem Monat da. Minderquist war vor zehn Tagen nach seinem zweiten Klinikaufenthalt aus dem Militärhospital von Arlington entlassen worden. Das zweistöckige Haus im Kolonialstil war von weiten, ebenen Rasenflächen umgeben (auf einer hatte Fritz eine Krocketbahn angelegt), es gab auch einen Swimmingpool von zehn mal achtzehn Metern. Irgendwer hatte ihren grünen Pontiac durch einen dunkelblauen Cadillac ersetzt, der Minderquist nagelneu vorkam. Ein paarmal hatte Fritz ihn schon in dem Cadillac zu einem nahe gelegenen Golfplatz gefahren, wo Minderquist mit seinen alten, seit Jahren nicht mehr angerührten Schlägern spielte. Seine Ärzte hatten ihm sanfte Sportarten empfohlen. Minderquist hielt sich für ganz gut in Form, hatte aber um die Hüfte während der letzten Klinikwochen etliche Pfund zugelegt.

Heute nun sollte Minderquist erstmals seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus in Arlington, als nur ein paar Fotografen Bilder geschossen hatten, vor die Presse treten. In den Monaten vor dem unglücklichen Ereignis am 17. März hatte Minderquist schon im Blickpunkt der Öffentlichkeit gestanden, weil er in seiner Eigenschaft als Berater des Präsidenten in Wirtschaftsfragen zu dessen innerstem Zirkel gehörte. Ein offizielles Amt bekleidete er allerdings nicht. Minderquist war promovierter Wirtschaftswissenschaftler und hatte einen großen Elektrokonzern in Kentucky geleitet, bis ihm der Präsident für ein vergleichbares Gehalt ein Arbeitszimmer im Weißen Haus angeboten hatte. Einer der Präsidentenberater hatte Minderquist bei einem Gastvortrag an der Johns-Hopkins-Universität gehört und ihn Tom vorgestellt; damit hatte es angefangen. Einer, der die Dinge beim Namen nennt hatte eine Zeitung ein paar Monate zuvor über Minderquist getitelt, was ihn mit einigem Stolz erfüllt hatte. Nicht immer war er mit dem Präsidenten einer Meinung; Minderquist trug seine Ansichten gelassen, fast gleichgültig vor, weil das, was er sagte, die Wahrheit war, gegründet auf die Gesetze der Ökonomie, von denen der Präsident nicht viel verstand. In Washington, D.C. hatte Minderquist kein einziges Mal die Beherrschung verloren. Es lohnte sich nicht.

Er hoffte, Florence Lee vom Washington Angle werde heute kommen. Florrie war eine kesse, blitzgescheite kleine Blondine und schrieb eine Kolumne namens »Persönlichkeiten in der Politik«. Sie war nicht nur gewitzt, sondern erfaßte auch immer schnell und präzise, worum es bei dem Amt ihres Gesprächspartners im wesentlichen ging.

»Liebling?« rief Julia. »Schon nach halb elf. Alles in Ordnung?«

»Bestens. Komme schon!« rief Minderquist zurück. Er stand im Schlafzimmer und musterte sich im Spiegel, fuhr sich mit dem Kamm durch das braune, graumelierte Haar und zog den Krawattenknoten zurecht. Auf Julias Rat hin trug er schwarze Baumwollhosen, ein blaues Sommerjackett und ein hellblaues Hemd: gute Farben fürs Fernsehen, aber wahrscheinlich würde von denen heute keiner dabeisein, nur Zeitungsfritzen und ein paar klickende Kameras. Julia war in Sundocks nicht so glücklich wie er, das wußte Minderquist. Vielleicht würden sie in ein paar Wochen wieder nach Kentucky ziehen, zurück in ihr Haus dort, sobald er die Sache mit Julia gründlich durchgesprochen hatte. Heute aber - für den Präsidenten und wegen seiner eigenen Zukunft in Washington, die vielversprechend und einträglich zu werden versprach, und um es den Medien recht zu machen - mußten die Minderquists so tun, als gefalle ihnen ihr neues großes Haus. Minderquist verließ das Schlafzimmer.

»Sind Penny und Becky denn immer noch nicht da?« fragte er seine Frau im Wohnzimmer. »Ah, womöglich sind sie das!« Minderquist hatte Autoreifen auf dem Kies der Einfahrt knirschen gehört.

Julia warf einen kurzen Blick durch das Seitenfenster. »Mamas Wagen. Sieht das nicht schön aus, Ken?« Sie wies auf den langen Büffettisch an einer Wand des großen Wohnzimmers.

»Herrlich! Wunderschön! Wie für eine Hochzeit oder so. Ha, ha!« Gläser standen in funkelnden Reihen, dazu Flaschen, silberne Eiskübel, Platten voller Leckerbissen. Minderquist war mehr an seiner Enkelin interessiert. Er ging zur Haustür.

»Ken«, sagte seine Frau, »übertreib´s heute nicht! Ruhig bleiben, du weißt schon. Und paß auf, was du sagst. Keine Kraftausdrücke.«

»Klar, Liebling.« Minderquist erreichte die Tür vor Fritz und riß sie auf: »Hal-lo, Penny!« Er wollte das kleine blondhaarige Mädchen auf den Arm nehmen und an sich drücken, aber Penny wich zurück, drückte sich an Becky und vergrub das Gesicht schüchtern im Rock ihrer Urgroßmutter. Minderquist lachte. »Immer noch Angst vor mir? Was ist los, Penny?«

»Du machst ihr angst, wenn du dich so auf sie stürzt, Ken.« Becky lächelte. »Wie geht es dir? Gut siehst du heute aus!«

Die Frauen tratschten ein bißchen im Wohnzimmer. Minderquist folgte langsam dem Kind, seinem einzigen Enkel, in den Flur, der zur Küche führte; Penny aber flitzte den Flur entlang, als renne sie um ihr Leben, und Minderquist schüttelte den Kopf. Der Blick ihrer blauen Kinderaugen verfolgte ihn. Früher hatte sie sich ihm in die Arme geworfen, im Vertrauen darauf, daß er sie auffangen werde. Hatte er sie je enttäuscht, sie jemals fallen gelassen? Nein. Erst nach seiner Entlassung aus den Krankenhäusern hatte Penny beschlossen, vor ihm »Angst zu haben«.

»Kenny? Ken?« fragte Julia.

Doch Minderquist wandte sich an seine Schwiegermutter: »Irgendwas Neues von Harriet und George, Becky?«

Harriet war die Tochter der Minderquists, Pennys Mutter. Harriet und ihr Mann George hatten Penny in Sundocks abgegeben, sehr zu Minderquists Freude, während sie drei Wochen Urlaub in Florida machten. Doch das Mädchen hatte sich Minderquist gegenüber zunehmend seltsam benommen, war grundlos in Tränen ausgebrochen, konnte nachts weder ein- noch richtig durchschlafen, weshalb Becky, die nur dreißig Kilometer weiter in Virginia wohnte, das Kind vor ein paar Tagen zu sich geholt hatte.

Sollte Becky etwas geantwortet haben, dann hörte Minderquist sie nicht mehr, denn die Presse war da: Drei Wagen rollten in die Auffahrt. Julia rief Fritz aus der Küche herbei...

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Autor

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling >Zwei Fremde im Zug