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Der Tote aus dem See

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
384 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am12.03.2020
Ein Ermittlerteam, das seinesgleichen sucht. Ein Toter mordet am Bodensee, kurze Zeit später werden die Kinder einer Adelsfamilie im Schwarzwald entführt. Es gibt keine Lösegeldforderung, aber umso mehr Druck von oben. Hauptkommissar Max Madlener und seine Kollegin Harriet Holtby stehen vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel - bis ein mysteriöses Wappen eine heiße Spur liefert.

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, studierte Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,49

Produkt

KlappentextEin Ermittlerteam, das seinesgleichen sucht. Ein Toter mordet am Bodensee, kurze Zeit später werden die Kinder einer Adelsfamilie im Schwarzwald entführt. Es gibt keine Lösegeldforderung, aber umso mehr Druck von oben. Hauptkommissar Max Madlener und seine Kollegin Harriet Holtby stehen vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel - bis ein mysteriöses Wappen eine heiße Spur liefert.

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, studierte Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960416173
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum12.03.2020
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3517 Kbytes
Artikel-Nr.5258803
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Kurz bevor das todbringende Geschoss ihn einen Fingerbreit neben der Wirbelsäule in den Rücken traf, wo es zwischen die Rippen drang, das Herz zerfetzte und durch die Brust wieder austrat, erfreute sich Rechtsanwalt Heribert Döllinger noch bester Gesundheit und ebensolcher Laune.

Er war geradezu beschwingt und schwelgte in einer Blase aus Selbstzufriedenheit, Alkohol und Gewinnerhype, die ihn auf der Autofähre zurück von Konstanz nach Meersburg mit großem Genuss eine seiner Cohiba Espléndidos anstecken ließ, von denen er stets zwei in seinem teuren Lederetui mit sich führte, wenn ihn mal wieder das Zockerfieber packte und ihm nach einer heißen Nacht im Casino zumute war.

So ein kleines Amüsement gönnte er sich ein- bis zweimal im Monat. Döllinger war passionierter Roulettespieler. Nur gut, dass ihn die viele Arbeit in seiner Kanzlei davon abhielt, sich noch öfter in Spielcasinos herumzutreiben. Abwechselnd in Konstanz, Lindau oder Bregenz, der Bodenseeraum war gespickt damit, manchmal aber auch in Baden-Baden, je nach Lust und Laune. Er wusste genau, dass das eine gefährliche Schwäche von ihm war, die ihn schon viel Geld gekostet hatte.

Ein Spieler wie er sagte sich zwar, dass sich Gewinn und Verlust im Laufe der Zeit aufwiegen würden, wenn er nur lange genug durchhielt, aber er war sich natürlich darüber im Klaren, dass dieser Glaube an die Wahrscheinlichkeitsrechnung zum typischen Verdrängungsmechanismus einer Spielernatur gehörte, die wie er süchtig nach dem Klackern der Kugel im Kessel war.

Doch Döllinger war ein starker Charakter, der sich fast immer im Griff hatte, und ein absoluter Vollprofi in seinem Business, sonst hätte er es in seiner Karriere als Strafverteidiger nicht so weit gebracht. Sein Name war in den relevanten Kreisen nicht nur bekannt, sondern sogar gefürchtet, was ihm die besten Mandanten bescherte, soll heißen: vor allem die prominentesten und zahlungskräftigsten.

Seine Erfolgsquote hatte sich längst herumgesprochen, seine Reputation als Rechtsanwalt hätte nicht besser sein können.

Am liebsten übernahm er die schwierigen Fälle und paukte seine Mandanten aus scheinbar aussichtslosen Kalamitäten heraus. Mit juristischen Manövern, die nicht selten die Grenzen des Erlaubten vor Gericht überschritten, aber sein Motto war: Der Zweck heiligt die Mittel. Lieber einen Anpfiff vom Richter kassieren, als die Chance auszulassen, ein klitzekleines Schlupfloch zu finden, durch das man trotz der eng geknüpften Maschen des Gesetzes entwischen konnte.

Einziger Sinn und Zweck seines Jobs war es nun einmal, den Schaden für den jeweiligen Mandanten möglichst zu minimieren und für ihn die Kastanien aus dem Feuer zu holen.

Ob der Mandant schuldig im Sinne der Anklage war, interessierte ihn dabei nicht die Bohne. Döllinger ging es nur und ausschließlich darum, das Optimum für sich zu erreichen. Moral hatte in seiner Welt der Gerichtssaalschlachten nichts verloren, so lautete sein Credo. Was zählte, waren allein juristische Raffinessen und der daraus resultierende Erfolg. Sein eigenes schlechtes Gewissen meldete sich nur, wenn er nach einem gewonnenen Prozess zu tief in sein Glas mit Single-Malt-Whisky schaute oder eine Cohiba zu viel rauchte und darüber sinnierte, was Schuld und Unschuld und Recht und Gerechtigkeit voneinander unterschied und wo die Grenzen bisweilen fließend waren.

Obwohl - wenn er es sich genau überlegte -, bei dem Brummschädel und der leichten Übelkeit am nächsten Morgen musste es sich wohl eher um einen veritablen Kater als um moralische Skrupel handeln.

Die hatte er nicht, wenn er wieder einmal einen Freispruch oder zumindest eine Bewährungsstrafe für einen Mandanten erwirkt hatte, der zweifelsohne für die Straftat, die ihm vom Staatsanwalt zur Last gelegt worden war, nach menschlichem Ermessen verantwortlich zeichnete.

Aber eben nicht nach juristischem.

Weil Döllinger es wie so oft mit Engelszungen verstanden hatte, den Spieß umzudrehen und kraft seiner Argumentation seinen Mandanten als das Unschuldslamm hinzustellen, das er noch nie gewesen war.

In dieser Hinsicht war Rechtsanwalt Heribert Döllinger schlichtweg brillant.

Seine rhetorischen Taschenspielertricks und juristischen Winkelzüge ließ er sich teuer bezahlen. Sein Stundenhonorar war exorbitant.

So exorbitant, dass er sich gelegentlich ein paar hübsche Extravaganzen leisten konnte.

Das Mercedes 220 SE W111 Cabriolet aus dem Jahr 1963 in Himmelblau etwa. Ein Oldtimer, der noch heute wegen seiner zeitlosen Eleganz, seines Top-Erhaltungszustands und seiner Exklusivität Aufsehen erregte.

Quasi ein Ebenbild seiner selbst, stellte er nach einem letzten Blick in den Spiegel in seiner exklusiven Penthousewohnung in Friedrichshafen nicht ohne einen guten Schuss Selbstironie fest, zu der er in Vorfreude auf einen Abend im Casino zuweilen durchaus fähig war, und zwinkerte seinem Alter Ego im Spiegel zu, während er den perfekten Sitz seiner Seidenkrawatte von Gucci noch einmal überprüfte.

Er war nicht rein zufällig vom selben Jahrgang wie sein bestens in Schuss gehaltener Mercedes. Wie sein standesgemäßer Wagen war sein Äußeres - Gestus und Habitus - stets makellos, wenn auch sein Haar ein wenig dünn und grau geworden war, aber im Großen und Ganzen hatte er sich gut gehalten, fand er. Und wenn etwas generalüberholt werden musste - was bei vielen Teilen des Mercedes und bei seinem Gebiss nötig geworden war -, so war das nun einmal dem unbarmherzigen Lauf der Zeit geschuldet und wurde von entsprechenden Spezialisten in Werkstatt und Zahnarztpraxis erledigt, sodass alles immer wie neu aussah und die glänzende Karosserie seines Cabrios mit seinen Jacketkronen um die Wette blitzte.

Obwohl Döllinger so tat, als würde ihn das völlig kaltlassen, sonnte er sich doch allzu gern im Neid und in der Bewunderung von Menschen, die es nicht so weit gebracht hatten wie er.

Er war Junggeselle und kinderlos und sein Zeitmanagement und sein Budget für außergewöhnliche Geldausgaben infolgedessen ganz allein seine Sache.

Genauso wie sein Umgang mit anderen Menschen. Freunde hatte er so gut wie keine. Er war sich schon seit Schulzeiten immer selbst genug gewesen. Ein Einzelgänger aus Überzeugung.

So hatte er am Abend nach einem besonderen Coup, in dem er es geschafft hatte, dass sein Mandant wegen eines nachgewiesenen Verfahrensfehlers und zurückgenommener Zeugenaussagen als freier Mann das Gericht verlassen konnte, beschlossen, die Einladung seines Mandanten zur Siegesfeier in einem angesagten und sündteuren Gourmettempel nicht anzunehmen und lieber wieder einmal ganz für sich am Spieltisch über die Stränge zu schlagen.

Der Grund dafür war eigentlich nicht, dass er den Klienten sowieso nicht ausstehen konnte, weil dieser so ziemlich jeden Dreck am Stecken hatte, dessen er angeklagt war, sondern dass er sich nichts Ätzenderes vorstellen konnte, als privat mit jemandem zu verkehren, dessen IQ höchstens als zweistellig und dessen Benehmen nur mit ganz viel gutem Willen als halbwegs gesellschaftsfähig einzustufen war.

Außer er war aus geschäftlichen Gründen dazu gezwungen.

Aber das war hier nicht mehr der Fall.

Der Prozess war gewonnen, die Geschäftsbeziehung somit abgeschlossen.

Außerdem war dieser Mandant ein waschechter Gangster mit Gangstermanieren und -attitüden, die er sich wohl in einschlägigen Mafiafilmen abgeschaut und zugelegt hatte. Er war Oberhaupt eines riesigen Familienclans, der sich seit einer Generation im Bodenseeraum ausgebreitet hatte wie Wasseralgen in einem überdüngten Aquarium und dort die Geschäfte mit Drogen und Prostitution kontrollierte.

Beim Gedanken an einen mehrstündigen quälenden Small Talk mit einer geistigen Amöbe, die ihre aufgepumpte Bodybuilderfigur in glitzernden Maßanzügen herumtrug und Goldketten um den Hals hängen hatte, mit denen man Güterzüge aneinanderkoppeln könnte, schüttelte sich Döllinger innerlich - das wäre wahrlich ein reizender und intellektuell anregender Abend geworden.

Ganz abgesehen davon, dass er eine strikte Trennung von Beruf und Privatleben auch öffentlich demonstrieren musste. Wenn irgendein Smartphone-Schnappschuss mit dieser bekannten und berüchtigten Kiezgröße beim Nobeldinner in trauter Zweisamkeit im Netz kursierte, wäre das für seinen Ruf nicht gerade förderlich.

Also sagte er die Einladung aus dringenden terminlichen Gründen freundlich, aber bestimmt ab, stockte sein Erfolgshonorar im Geiste noch einmal um zehn Prozent auf und freute sich darauf, im Casino den beruflichen Stress abbauen und seinen Sieg feiern zu können. Mit einem schönen Schuss zusätzlichen Adrenalins, weil er diesmal noch riskanter setzen konnte - Spielgeld genug hatte er.

Und heute lief es tatsächlich wie geschmiert. So eine lang anhaltende Glückssträhne wie in dieser Nacht - er ging grundsätzlich erst nach dreiundzwanzig Uhr ins Casino - hatte er noch nie gehabt.

Egal ob er mit der Bank oder gegen sie spielte - er gewann.

Bald versammelten sich neugierige und sensationslüsterne Zuschauer an seinem Tisch, weil es sich schnell herumgesprochen hatte, dass dort einer dabei war, die Bank gehörig zu rupfen, wenn nicht sogar zu sprengen. Er genoss die Aufmerksamkeit wie bei einem seiner Plädoyers vor Gericht, obwohl er scheinbar nur Augen und Ohren für die Zahlen auf dem grünen Filz und die Ansagen der Croupiers hatte.

Vereinzelt begannen die Zaungäste, die auf der Verliererstraße waren und nervös mit schwitzigen Händen mit ihren letzten Jetons in den Taschen herumspielten, sogar mit ihm zu setzen, weil sie merkten, dass er einen Lauf hatte und...
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Autor

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, studierte Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.