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E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
191 Seiten
Deutsch
Facultaserschienen am01.06.20131. Auflage
Der Band erscheint genau in dem Jahr, in dem neben zahlreichen regionalen Urnengängen auch der Deutsche Bundestag und der österreichische Nationalrat neu gewählt werden. Umso mehr sollte sich der Blick auf das größere Ganze richten: die EU. Von der Demokratie- bis zur Kulturdebatte, von der Mediendiskussion bis zur Wirtschaftssituation bestimmt die (mangelnde) europäische Öffentlichkeit das Tempo der Integration. Der Band vereint ganz unterschiedliche Perspektiven von WissenschaftlerInnen und BeraterInnen, von JournalistInnen und MarktforscherInnen, von ExpertInnen in Brüssel und Straßburg sowie Fachleuten aus verschiedenen Staaten der Union, die alle von einem Grundgedanken ausgehen: Wir sind EU-ropa.mehr
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Produkt

KlappentextDer Band erscheint genau in dem Jahr, in dem neben zahlreichen regionalen Urnengängen auch der Deutsche Bundestag und der österreichische Nationalrat neu gewählt werden. Umso mehr sollte sich der Blick auf das größere Ganze richten: die EU. Von der Demokratie- bis zur Kulturdebatte, von der Mediendiskussion bis zur Wirtschaftssituation bestimmt die (mangelnde) europäische Öffentlichkeit das Tempo der Integration. Der Band vereint ganz unterschiedliche Perspektiven von WissenschaftlerInnen und BeraterInnen, von JournalistInnen und MarktforscherInnen, von ExpertInnen in Brüssel und Straßburg sowie Fachleuten aus verschiedenen Staaten der Union, die alle von einem Grundgedanken ausgehen: Wir sind EU-ropa.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783991111191
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisDRM Adobe
Verlag
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum01.06.2013
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4
Seiten191 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5321330
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Markus Rhomberg
Die Europäische Union als imagined community ?
1Einleitung

Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die Schuldenkrise europäischer Staaten, das langsame Erodieren der Bereitschaft, den EU-Partnern solidarisch zu helfen, ablehnende Verfassungsreferenden in einzelnen EU-Staaten und zunehmende Akzeptanzprobleme in den Bevölkerungen der EU-Staaten zeigen uns immer stärker, dass das Projekt der Europäischen Integration an seine Grenzen stößt. Wenn wir alle diese Probleme zusammenfassen, landen wir am Schluss der Analyse bei einer grundsätzlichen Problemstellung: Die EU hat ein Demokratiedefizit. Dieses zeigt sich auch immer wieder in den politischen und den wissenschaftlichen Debatten um die Existenz und die möglichen Strukturen einer europäischen Öffentlichkeit. Jede politische Gemeinschaft ist auf die sozialen Funktionen der gesellschaftlichen Integration und der Identitätsbildung angewiesen. Dies gilt sowohl für die kleinste politische Einheit, die Kommune, wie auch für die Bezirksebene, die Länderebene, den Nationalstaat sowie supranationale Gemeinschaften; und damit auch für die EU. Der Öffentlichkeit kommt hier eine zentrale Rolle zu. In öffentlichen Arenen werden jene Regeln und Normen ausgehandelt, auf denen die Verständigungsprozesse der Gesellschaft beruhen.

In diesem Text soll nun der Versuch unternommen werden, ein Konzept aus der Staatsforschung auf ein supranationales Staatengebilde anzuwenden. Der Politikwissenschaftler Benedict Anderson publizierte bereits im Jahr 1983 ein Buch mit dem Titel Imagined Communities . Mittlerweile ist der Text, in dem Anderson die Erfindung der Nation nachzeichnet, zum Klassiker der Nationalismusforschung geworden. Wichtig ist es im Kontext dieses Aufsatzes aber nicht, nationalstaatliche Konzeptionen auf die EU zu übertragen, sondern sich mit seinem Konzept der vorgestellten Gemeinschaften (so die Übersetzung von imagined communities ) und der Rolle, die massenmediale Publikationen für diese Vorstellung einer Gemeinschaft spielen, auseinanderzusetzen. Anderson selbst betont, dass es ihm weniger um den historischen Nationalstaat gehe, sondern vielmehr um die Idee dessen.

Anderson versteht imagined communities als vorgestellte Gemeinschaften , weil die Mitglieder selbst der kleinsten Nation nie alle anderen Mitglieder kennen, treffen oder auch nur von ihnen hören werden, aber doch im Bewusstsein von jedem das Bild der Gemeinschaft lebt (Anderson 1996: 6). Ein zentrales Moment bei der Entwicklung des modernen Staats und der Vorstellung einer nationalen Identität besteht für ihn in den Prinzipien der Gleichzeitigkeit und der Vernetzung, die durch Medien geschaffen werden.

Und hier öffnet sich nun die Frage für diesen Aufsatz, nämlich ob und wie Europa als imagined community vorgestellt werden kann. Welche Rolle spielt dabei das Konzept einer europäischen Öffentlichkeit und welche Funktionen besitzen die Medien in der Formierung und Strukturierung dieser Öffentlichkeit? Wir wollen in diesem Text folgender These nachgehen: Ausgehend von den von vielen AutorInnen festgestellten Demokratie-, Legitimitäts- und Öffentlichkeitsdefiziten der EU (vgl. Brüggemann 2008), stellen wir fest, dass die EU in normativer demokratietheoretischer Herangehensweise über keine Öffentlichkeit verfügt, die die Legitimität eines demokratischen Staates sichern würde.

Bevor diese These nun argumentativ untermauert werden soll, ist es zunächst notwendig, das Verständnis von Öffentlichkeit, auf das dieser Text aufbaut, zu klären sowie einen Einblick in die Argumentation von Anderson zu geben.
2Deckungsgleichheit als Legitimationsaufgabe

Die Entwicklung einer autonomen politischen Öffentlichkeit ist konstitutiv für die Herausbildung eines modernen demokratischen Systems. Massenmediale Kommunikation ist dabei eine Conditio sine qua non für die Entwicklung von Öffentlichkeit. Die Demokratietheorie spricht in diesem Kontext von der Deckungsgleichheit von politischem Geltungsbereich und der Öffentlichkeit, auf die sich Entscheidungen beziehen: According to the deliberative model of democracy, the legitimation process must pass through a public sphere that has the capacity to foster considered public opinions. (Habermas 2006: 418)

Ein als legitim anerkanntes politisches System bezieht sich in seinen Entscheidungen auf einen bestimmten Geltungsbereich und eine politische Öffentlichkeit, in deren Raum Partizipationsmöglichkeiten für die BürgerInnen, Möglichkeiten der Responsivität etc. geschaffen werden. Schlesinger (1998) spricht von der Nation als deliberativem Raum ( The nation as deliberative space ).

Diese Voraussetzungen demokratischer Selbststeuerung fanden bisher hauptsächlich im Rahmen eines nationalstaatlichen Ordnungsprinzips statt. Die Installierung von supranationalen, transnationalen und im größten Fall globalen Institutionen (gemeint sind hier im institutionentheoretischen Sinn sowohl Verträge als auch Organisationen) führt aber zu Diskussionen über die Ausweitung dieses - nationalen - Konzepts (vgl. Rosenau/Czempiel 1992, Behrens 2004). Das Konzept von Öffentlichkeit hat sich gewandelt von seiner ursprünglichen Begrenzung auf bestimmte lokale Räume (eben etwa den Nationalstaat) zu einer virtuellen Kopräsenz von BürgerInnen, die über Medienkommunikation in einen gemeinsamen Rahmen integriert werden. Überträgt man diesen Gedanken auf den Kontext einer europäischen Öffentlichkeit, dann müsste sich alleine schon aus demokratietheoretischen Gründen eine europäische Öffentlichkeit herausbilden, denn nur eine solche könnte jenen politischen Raum integrieren, für den in den Entscheidungssystemen der EU Regelungen erlassen werden.

Wie aber gestaltet sich nun Öffentlichkeit auf transnationaler Ebene? Und wie lässt sich dies auf die Ebene der EU übertragen? Dazu Schlesinger: The European Union (EU) offers an particularly apt laboratory test for those interested in the communicative relations between nation-statehood and supranationalism. (Schlesinger 1998: 9) Folgen wir Jürgen Habermas, schlägt dieser für die EU ein föderalistisches Modell vor, mit unterschiedlichem Grad kollektiver Identität auf unterschiedlichen Ebenen. Auf der Ebene des Nationalstaates ist diese Identität stärker: Sie manifestiert sich insbesondere aus der jeweiligen politischen Kultur des Landes und deren in der Regel hoch institutionalisieren Öffentlichkeit. Auf der Ebene der EU wird diese Identität immer dünner institutionalisiert und überfrachtet durch die jeweiligen nationalstaatlichen Identitäten. Dies liegt insbesondere daran, dass der EU-Ebene die Symbole einer kollektiven Identität - im Sinne Andersons einer imagined community - fehlen.
3Öffentlichkeit und vorgestellte Gemeinschaften

Stellen wir nun eine weitere Funktion von Öffentlichkeit zur Diskussion, dann sollte es in jedem politischen Gebilde - sei es der klassische Nationalstaat, aber auch supranationale Zusammenschlüsse von Staaten - spezielle Methoden geben, um erstens herauszufinden, welche Probleme und Themen von politischen Institutionen angegangen und zur Lösung gebracht werden müssen, und zweitens sicherzustellen, dass jene BürgerInnen, auf die sich die Entscheidungsfindung bezieht, in die Problemlösung miteinbezogen werden; und sei es nur insofern, als dass politische Institutionen ihre Entscheidungen erklären und begründen. Jedes demokratische System benötigt solche Mechanismen. Diese Erklärungs- und Begründungsleistung soll aus normativer Perspektive in der Öffentlichkeit stattfinden, Öffentlichkeit rückt somit in das Zentrum von Demokratie. Deliberative Demokratietheorien gehen dabei in einer realistischen Perspektive von verschiedenen, teils überlappenden Diskursforen aus: Manche Foren besitzen mehr Macht als andere, so ist etwa die parlamentarische Öffentlichkeit im Zentrum der Entscheidungsfindung angesetzt und - in der Theorie - hocheffizient gestaltet. Andere Diskursforen, etwa in zivilgesellschaftlichen Bereichen, sind eher flüchtig und weniger institutionalisiert. Das Grundprinzip sollte aber so gestaltet sein, dass die Entscheidungen der institutionalisierten Foren beeinflusst werden durch die Debatten in den flüchtigeren - und auch meist personell größeren - Foren an der Peripherie des politischen Entscheidungszentrums.

Solche öffentlichen Sphären werden durch verdichtete Netze von Kommunikation konstituiert, Öffentlichkeiten können als kommunikative Verdichtungszonen verstanden werden (vgl. Latzer/Saurwein: 2006). Aus der Massenkommunikationsforschung wissen wir,...
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