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Atelier Rosen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
540 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am30.09.20211. Aufl. 2021
Kassel, 1830. Die zwanzigjährige Elise Rosen betreibt zusammen mit ihrer Mutter und Großmutter ein kleines Putzmacher-Atelier. Ihre Hutkreationen sind weithin gefragt und öffnen ihnen Türen in höchste gesellschaftliche Kreise. So macht Elise eines Tages die Bekanntschaft der jungen Sybilla von Schönhoff, mit der sie schon bald eine innige Freundschaft verbindet. Als sich deren Verlobter unsterblich in Elise verliebt, gerät diese in einen schweren Konflikt, der sie auf die Spur eines lang gehüteten Geheimnisses führt ...


Marie Lamballe wuchs in Wiesbaden auf. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Top-Ten-SPIEGEL-Bestseller - veröffentlicht.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
HörbuchCompact Disc
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextKassel, 1830. Die zwanzigjährige Elise Rosen betreibt zusammen mit ihrer Mutter und Großmutter ein kleines Putzmacher-Atelier. Ihre Hutkreationen sind weithin gefragt und öffnen ihnen Türen in höchste gesellschaftliche Kreise. So macht Elise eines Tages die Bekanntschaft der jungen Sybilla von Schönhoff, mit der sie schon bald eine innige Freundschaft verbindet. Als sich deren Verlobter unsterblich in Elise verliebt, gerät diese in einen schweren Konflikt, der sie auf die Spur eines lang gehüteten Geheimnisses führt ...


Marie Lamballe wuchs in Wiesbaden auf. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Top-Ten-SPIEGEL-Bestseller - veröffentlicht.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751703574
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum30.09.2021
Auflage1. Aufl. 2021
Reihen-Nr.1
Seiten540 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5420576
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1

Der Vormittag hatte Regen gebracht, nun aber klarte der Himmel über der Residenzstadt Kassel auf, und die schrägen Sonnenstrahlen des Altweibersommers ließen die feuchten Dächer glänzen. Kinder liefen auf die Gassen hinaus und holten sich in den Pfützen nasse Füße. Auf dem Marställer Platz begann eine Gruppe kurfürstlicher Soldaten unter lauten Kommandorufen zu exerzieren, und die Ladenbesitzer in der Altstadt öffneten ihre Türen, um Kundschaft anzulocken. In der Marktgasse hatte der Scherenschleifer den Regenguss im Schutz eines Hauseingangs abgewartet; nun begab er sich wieder zu seinem Karren, und das durchdringende Kreischen seines Wetzsteins war weithin zu hören.

Niemand in der Marktgasse liebte diese laute Nachbarschaft. Apotheker Wild schloss hastig die Eingangstür der Sonnenapotheke, Goldschmied Weigel schimpfte lauthals, er wolle den Lumpenkerl bei der Polizei melden, weil er ihm die Kundschaft vertrieb. Auch nebenan im Atelier Rosen, wo man schön bestickte Hauben, Spitzenkragen und geschmackvoll dekorierte Frauenhüte im Schaufenster bewundern konnte, regte sich Unmut.

»Mach sofort das Fenster zu, Babette!«, rief Charlotte Rosen ihrer Angestellten zu. »Das ist ja nicht zum Aushalten!«

Babette legte die Haube, die sie gerade mit einer Zackenspitze schmückte, zurück auf den Arbeitstisch und erhob sich, um den soeben geöffneten Fensterflügel wieder zu schließen. Sie tat es widerwillig und ächzte dabei, weil ihr der Auftrag ihrer Brotgeberin nicht gefiel.

»Was braucht s auch frische Luft und Sonnenschein?«, murrte sie. »Können ja im Dunkeln sitzen und den Gestank der Öllampe atmen wie im tiefsten Winter.«

Charlotte Rosen überhörte den Protest. Die füllige Babette hatte schon im Atelier Rosen Hauben genäht, als das Geschäft von Charlottes Mutter geführt wurde. Sie besaß auch jetzt noch flinke Finger, aber auch ein ebensolches Mundwerk. Neben ihr beim Fenster, wo das beste Licht war, saß die schmale Therese, die stets einen grämlichen Zug um den Mund zur Schau trug und dabei die Geldbeutel mit feinsten Perlenstickereien verzieren konnte. Therese war überzeugt, dass das Schicksal boshaft und ungerecht war, sonst hätte es ihr vor zwanzig Jahren nicht den Verlobten genommen und dafür einen unehelichen Sohn dagelassen.

Bei geschlossenem Fenster drang der schrille Ton des Wetzsteins nur noch gedämpft ins Atelier, was Charlotte Rosen als große Erleichterung empfand. Sie ordnete die Döschen und spitzenbesetzten Beutel auf dem Ladentisch, legte die teuersten Stücke zurück ins Regal und besah dann das Schaufenster mit kritischen Augen. War es nicht Zeit, wieder einmal die Dekoration zu wechseln? Diese Spitzenhauben waren sehr hübsch, aber sie machten nicht viel her. Besser wäre es, einen der farbigen Hüte auszustellen, das zog die Blicke an. Den gelben mit dem roten Samtband, das sich so elegant um die Krone schlang, dort zu einer üppigen Schleife gebunden war und in langen Streifen herabhing. Oder einen der blauen Schutenhüte, der das Gesicht der Trägerin mit gebogener Krempe einrahmte und mit bauschigen weißen Reiherfedern und künstlichen Blüten dekoriert war? Ach, es war ein Jammer, dass die Kasselaner Damen in letzter Zeit so wenig Freude an auffälligem Putz bekundeten, was natürlich an der allgemeinen Teuerung lag. Die Bürgersfrauen leisteten sich nur selten einen neuen Hut, bei ihnen fraßen die Kosten für den täglichen Bedarf das Haushaltsbudget fast ganz auf. Und sogar der Adel knauserte. Zum Glück hatte das Atelier Rosen immer noch eine Reihe treuer Kundinnen, die trotz der trüben Zeiten Wert auf Schönheit und Eleganz legten.

»Gegen drei Uhr will die Hofrätin von Ochs zur Anprobe kommen«, erinnerte Charlotte ihre Näherinnen. »Bist du endlich fertig mit dem Hut, Therese? Lass einmal sehen ⦫

Sie nahm den schlanken, blauen Hut vom Arbeitstisch, an dem Therese gerade mit winzigen, unsichtbaren Stichen eine dunkelrote Samtschleife und einige roséfarbene Blüten befestigt hatte. Sorgfältig begutachtete sie das Werk ihrer Angestellten, prüfte die Naht und hielt den Hut in die Höhe, um die Wirkung der Dekoration zu beurteilen. Dann nickte sie zufrieden.

»Im Grunde viel zu jugendlich für die Hofrätin«, meinte sie lächelnd. »Aber sie wollte sich ja nicht davon abbringen lassen.«

Babette ließ ein anzügliches Kichern vernehmen. »Weil sie im dritten Frühling ist«, lästerte sie. » Seitdem dort dieser bildschöne junge Leutnant in Untermiete wohnt, behängt sich die Hofrätin über und über mit Schleifen und Spitzen. Als könnte sie damit die dreißig Jahre gutmachen, die zwischen ihr und dem jungen Mann liegen.«

Klatsch und Tratsch waren beliebt im Atelier Rosen. Kassel war ein Dorf, jeder kannte jeden, und wenn irgendwo etwas vorgefallen war, dann wusste es bald die halbe Stadt. Charlotte Rosen ließ ihre Frauen gewähren, auch sie selbst beteiligte sich gern an den kleinen Lästereien und Scherzen. Es förderte die Arbeit, schließlich war das lange Sitzen ermüdend, vor allem im Winter beim Licht der Öllampe. Wenn allerdings eine Kundin das Atelier betrat, saßen Babette und Therese still und fleißig über ihre Arbeit gebeugt, als könnten sie kein Wässerlein trüben, während Charlotte Rosen die Käuferin mit ausgesuchter Höflichkeit und klugen Schmeicheleien bediente.

Therese, die trotz ihrer vierzig Jahre noch von einem jugendlichen Bräutigam träumte, hatte inzwischen verkündet, dass der erwähnte Leutnant aus Wetzlar stamme und mit Namen Johann Georg von Haynau heiße.

»Ein feuriger junger Herr ist das«, schwärmte sie. »Kohlschwarzes Haar und blitzende blaue Augen, die Figur schlank und biegsam - eine wahre Augenweide ⦫

»Hast wohl schon ein Stelldichein mit ihm gehabt?«, fragte Babette spöttisch und beugte sich zum Fenster, um den Faden leichter in die Nadel einführen zu können.

»Du lieber Gott, nein!«, stöhnte Therese errötend. »Von Weitem hab ich ihn gesehen, weil er doch der Reichenbach das Geleit gegeben hat, als sie nach Karlsbad abgereist ist. Da hab ich auch seinen Namen gehört.«

Da waren sie beim nächsten Gesprächsstoff angelangt. Die Gräfin Reichenbach war eine, über die man sich in Kassel gern die Mäuler zerriss. Aus schlichten Verhältnissen kam sie, hieß eigentlich Emilie Örtlöpp und hatte dem Kasseler Kurfürsten Wilhelm dem Zweiten den Kopf verdreht, sodass er sich von seiner angetrauten Gattin, der Kurfürstin Auguste, getrennt hatte und fortan mit seiner Geliebten lebte. In den Adelsstand hatte er diese Person erhoben und zur »Gräfin Reichenbach« gemacht, auch hatte sie ihm mehrere Kinder geboren. In Kassel konnte sie jedoch niemand leiden, weil sie eine hochfahrende Art hatte und jedermann vor den Kopf stieß. Die Kurfürstin Auguste hingegen, die diese beständige Demütigung mit bewundernswerter Haltung ertrug, wurde von den Kasselanern hoch geschätzt und geliebt.

»Wenn sie doch nur in Karlsbad bleiben wollte, die Reichenbach! Wir brauchen sie hier nicht«, warf Charlotte Rosen ein und erntete beifälliges Nicken.

»Wie gut, dass ihr ehrgeiziger Plan nun wohl gescheitert ist«, meinte Therese. »Das wäre eine schöne Geschichte geworden, wenn der Kurfürst sie am Ende gar noch geheiratet hätte.«

Kurfürst Wilhelm der Zweit war mit seiner Geliebten nach Karlsbad gereist, um dort den Fürsten Metternich zu treffen. Ein angemessener Geldbetrag sollte Metternich veranlassen, sich beim Kaiser dafür einzusetzen, die Gräfin Reichenbach in den Fürstenstand zu erheben. Dann hätte der Kurfürst sich von seiner Gemahlin Auguste scheiden lassen und die Geliebte heiraten können. Doch längst hatte sich in Kassel herumgesprochen, dass dieser Plan fehlgeschlagen war: Metternich hatte kein Interesse an dem Handel gezeigt. Dann aber war zum Schrecken aller Kasselaner die Nachricht eingetroffen, der Kurfürst sei ernsthaft erkrankt.

»Der Schlag habe ihn getroffen, hieß es«, lachte Babette. »Er liege auf den Tod darnieder, haben sie erzählt. Aber dann ist schließlich durchgesickert, dass der Schlag, der ihn traf, von einer Weinflasche herrührte, die ihm die wütende Reichenbach übers Haupt gehauen hat. Was sagt man dazu?«

»Eine Schande ist das«, seufzte Therese bekümmert. »Dass unser Kurfürst und Landesherr sich von dieser Person so behandeln lässt.«

»Wohl wahr«, meinte Charlotte Rosen. »All unser Unglück rührt nur von der Reichenbach her. Würde der Kurfürst einträchtig mit seiner Gemahlin Auguste leben, die eine kluge und gütige Frau ist - es würde uns allen besser gehen!«

Tatsächlich war Kurfürst Wilhelm der Zweite seit Monaten nur noch mit den Angelegenheiten seiner Geliebten beschäftigt. Die bedrückende Lage von Handel und Handwerk in Kassel kümmerte ihn ebenso wenig wie die schlimme Teuerung, die vor allem die armen Leute empfindlich traf. Und die inständigen Bitten der Bürgerschaft, endlich eine Versammlung der Landstände einzuberufen und eine Verfassung ausarbeiten zu lassen, wie es bereits in anderen Fürstentümern geschehen war, stieß bei ihm ohnehin auf taube Ohren. Auch die Kurfürstin hatte sich den Bitten der Bürgerschaft angeschlossen - aber gerade dies schien den Kurfürsten ganz besonders zu ärgern.

»So sind die Männer«, resümierte Babette. »Liegen lieber mit einer Schlampe im Bett, als auf eine kluge Frau zu hören.«

»Leise!«, mahnte Charlotte Rosen mit Blick zum Fenster, wo zwei Frauen standen, um sich die ausgestellten Hüte zu betrachten. Die Polizei des Kurfürsten war überall, und eine Beleidigung der Reichenbach konnte bestraft...

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Marie Lamballe wuchs in Wiesbaden auf. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Top-Ten-SPIEGEL-Bestseller - veröffentlicht.
Atelier Rosen

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt