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Red Traitor

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
460 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am28.01.20221. Aufl. 2022
Hochspannender Polit-Thriller, der vor dem Hintergrund der Kuba-Krise spielt und auf realen Ereignissen beruht

Moskau, 1962. Alexander Wassin ist der Top-Agentenjäger des KGB. Als es gilt, einen Maulwurf im Kreml aufzuspüren, kommt nur er dafür infrage. Während die Spannungen zwischen Chruschtschow und Kennedy zunehmen und die Kubakrise auf ihren Höhepunkt zusteuert, ahnt Wassin nicht, dass das Schicksal der Welt bald vom Erfolg seiner Mission abhängt - und von der Geduld des Kapitäns einer sowjetischen U-Boot-Flotte, der weit unter dem Meer auf die Befehle seiner Kommandanten wartet, zu denen er den Kontakt verloren hat.


Owen Matthews ist Historiker, der auf osteuropäische und russische Geschichte und Politik spezialisiert ist. Er hat als Korrespondent für diverse Zeitungen gearbeitet. Für The Newsweek leitete er zwischen 2006 und 2012 das Moskauer Auslandsbüros. Sein Debütroman Stalin´s Children war für mehrere renommierte Buchpreise nominiert und wurde in 28 Sprachen übersetzt.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextHochspannender Polit-Thriller, der vor dem Hintergrund der Kuba-Krise spielt und auf realen Ereignissen beruht

Moskau, 1962. Alexander Wassin ist der Top-Agentenjäger des KGB. Als es gilt, einen Maulwurf im Kreml aufzuspüren, kommt nur er dafür infrage. Während die Spannungen zwischen Chruschtschow und Kennedy zunehmen und die Kubakrise auf ihren Höhepunkt zusteuert, ahnt Wassin nicht, dass das Schicksal der Welt bald vom Erfolg seiner Mission abhängt - und von der Geduld des Kapitäns einer sowjetischen U-Boot-Flotte, der weit unter dem Meer auf die Befehle seiner Kommandanten wartet, zu denen er den Kontakt verloren hat.


Owen Matthews ist Historiker, der auf osteuropäische und russische Geschichte und Politik spezialisiert ist. Er hat als Korrespondent für diverse Zeitungen gearbeitet. Für The Newsweek leitete er zwischen 2006 und 2012 das Moskauer Auslandsbüros. Sein Debütroman Stalin´s Children war für mehrere renommierte Buchpreise nominiert und wurde in 28 Sprachen übersetzt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751710381
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum28.01.2022
Auflage1. Aufl. 2022
Reihen-Nr.2
Seiten460 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5708835
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


PROLOG ARCHIPOW Marinestützpunkt Seweromorsk,
Hauptquartier der Rotbanner-Nordflotte der UdSSR
Morgengrauen, 4. Juli 1962
Atme. Atme, Wassili. Kapitän Wassili Archipow kämpfte sich aus seinem Albtraum wie ein Ertrinkender an die Wasseroberfläche. Er schnappte nach Luft und zwang sich, die Augen zu öffnen. Fahles arktisches Sommersonnenlicht strömte durch die dünnen Vorhänge herein. Archipow beugte und streckte die Finger. Sie waren von der Umklammerung der feuchten, um seinen Körper gewickelten Laken verkrampft.

Langsam atmete er ein. Kein U-Boot-Gestank. Kein Geruch von ungewaschenen Männern und starkem Tabak, kein Geschmack von süßem Marine-Tee in seinem Mund. Kein Mief von geschmolzenem Lötzinn, Polymer-Dichtmasse, heißem Öl oder den Dämpfen von Batterien und Reaktorkühlmittel in der Nase. Kein unsichtbares Gift in der Luft.

Archipow lehnte sich zur Seite, tastete nach seiner Armbanduhr und betrachtete mit zusammengekniffenen Lidern das Leuchtzifferblatt. Sein Blick folgte dem Sekundenzeiger, der 05:15 Uhr entgegentickte. Genau ein Jahr und eine Stunde seit dem Reaktorunfall.

Eine gefühlte Ewigkeit, die seit jenem Grauen vergangen war, an das er sich nur noch teilweise erinnerte. Nur manchmal - mehr oder weniger jede Nacht, in der Archipow auf die ärztlich verordneten Schlaftabletten verzichtete - wähnte er sich mittendrin. Die Zeit sprang dann zurück und umklammerte ihn wie Seetang.

Es fühlte sich nie wie ein Albtraum an. Archipow hatte eher das Gefühl, in einer völlig realen Parallelwelt irgendwo jenseits des Schlafs aufzuwachen. An einem von Lärm, Panik und Geschrei beherrschten Ort. Einem vertrauten Ort voller Chaos, dampfender Hitze und Angst in Endlosschleife wie eine zerkratzte Schallplatte. In wachem Zustand konnte Archipow die Toten nicht sehen. Trotzdem wusste er, dass sie ständig präsent waren. Seine ruhelosen Toten waren immer da, litten ihre Qualen und standen bereit, um aufzutauchen und ihre Ansprüche zu stellen.

Die Uhr im Kontrollraum des U-Boots K-19 der Nordflotte war elektronisch gewesen. Sie hatte eher gesurrt als getickt, während die Zeiger sanft über die Minuten und Stunden glitten, Schicht um Schicht. Archipows Traum begann immer mit jenem letzten Moment der Ruhe. Mit dem futuristischen Geruch an Bord von K-19. Metallisch. Nach neuen Instrumenten in glatten, grün lackierten Stahlgehäusen voller Skalen, die wie tausend Augen leuchteten. Und mit der Stille des Boots: Statt des steten Stampfens eines Dieselmotors, das Kopfschmerzen verursachte, gab der nagelneue Kernreaktor von K-19 ein tiefes, kraftvolles Dröhnen von sich. Das neueste Raketen-U-Boot der sowjetischen Marine kreuzte neunzig Meter unter der Oberfläche des Nordatlantiks, sanft und leise wie ein Raumschiff.

Archipow versuchte in jedem Traum, den wandernden Sekundenzeiger mit Gedankenkraft zu bremsen. Er wusste immer, was kommen würde, konnte jedoch nicht sprechen, konnte seine Kameraden nicht warnen, die sich zu Beginn der Wache an jenem schicksalhaften Morgen des 4. Juli 1961 schläfrig auf ihren Posten niederließen.

Im Traum breitete sich eine leere Instrumententafel vor der Kommandostation aus. Archipow hatte gerade seinen Platz auf dem Kunstledersessel des Kapitäns eingenommen. Als diensthabender Offizier und Kommandant des Boots, während seine Vorgesetzten schliefen. Eine unvorstellbare Ehre und Verantwortung, wie der Politoffizier nicht müde wurde zu betonen. Vor ihm saß Postew, der für den Antrieb zuständige Leutnant. Der Mann lümmelte in makelloser Technikermontur auf seinem Platz und kämpfte gegen den Schlaf an.

Aufgepasst, Postew!, wollte Archipow brüllen. Wachen Sie auf! Aber sein Ich im Traum blieb unerbittlich stumm.

In wenigen Stunden würde Postews junges Gesicht scharlachrot sein, und die Haut würde sich schälen, als wäre sie verbrüht. Der Leutnant würde wie am Spieß schreien, und Archipow würde sein Bestes geben, um ihn festzuhalten, während die Sanitäter versuchten, durch die dicke Gummischicht seines Thermoanzugs zu schneiden, um ihm eine Morphiumspritze zu injizieren.

Wachen Sie auf!

Der Traum verlief immer in vertrauten Bahnen.

Die Leuchte der Gegensprechanlage zum Reaktorkontrollraum geht an. Rot. Ein Notfall.

Archipow greift sich das Telefon vom Kommunikationspult und drückt einen Schalter.

»Genosse? Sie sollten besser kommen. Schnell.« In der Stimme des Unteroffiziers schwingt Panik mit.

Archipow und Postew rennen in vollem Lauf zum Reaktorkontrollzentrum. Der Niedergang wird vom Licht der Notleuchten rot erhellt. Juri Postew beugt sich nach vorn, bis sich sein Gesicht nur noch Zentimeter von einer Anzeige mit der Aufschrift Reaktorkühlflüssigkeitsdruck entfernt befindet. Die heftig vibrierende Nadel steht fast bei null. Während Archipow hinsieht, senkt sie sich auf den Anschlag und hält inne.

Eine Sirene ertönt. Archipows Eingeweide ziehen sich zusammen. Ihm wird übel.

»Scheiße«, entfährt es Postew, als sein Blick zu einer weiteren Anzeige wandert. Fluchen an Bord ist strengstens untersagt. Vor allem für Offiziere. Postew schaut über die Schulter und zischt Archipow zu: »Wir haben den Kühlmitteldruck verloren. Beide Kühlmittelpumpen sind ausgefallen.«

Bevor Archipow antworten kann, erstrahlen auf dem gesamten Bedienfeld grellrote Warnleuchten. Eine große Tafel über den Bedienelementen blinkt auf und zeigt an: Reaktorschnellabschaltung. Der Reaktor schaltet sich automatisch ab. Nach und nach werden einige der Anzeigen grün.

»Hat es funktioniert?«, fragt Archipow.

Der Leutnant antwortet nicht sofort, sondern sucht mit dem Blick fluchend eine Anzeige nach der anderen ab.

»Postew! Ist der Reaktor abgeschaltet?«

Schließlich richtet sich der junge Offizier auf und zeigt mit totenbleichem Gesicht auf ein großes Skalenblatt mit der Aufschrift Kerntemperatur. »Steuerstäbe sind runtergefahren. Reaktor erfolgreich notabgeschaltet. Aber sehen Sie.«

Die Temperatur des Reaktors steigt spürbar an.

»Nachzerfallswärme. Der Kern wird bei geringer Leistung etwa hundert Stunden lang weitersieden, bis er irgendwann ausgebrannt ist. Ohne Kühlmittel wird er schmelzen. Und sich durch den Rumpf brennen.«

»Wie lange?«

In den vier Minuten, seit Archipow im Reaktorkontrollraum ist, hat sich die Anzeige von 250 auf 325 Grad Celsius bewegt und steigt weiter rasant an.

»Ich weiß es nicht, Genosse Kommandant. Ein paar Stunden vielleicht.«

Archipow hastet nach vorn zum Kommandodeck. Er bemüht sich, seiner Stimme einen lauten, festen Klang zu verleihen. In den Augen der Männer, die sich ihm zudrehen, dem ranghöchsten Offizier auf der Brücke, sieht er die eigene Angst widergespiegelt.

Jene Augen werden für immer auf ihn gerichtet bleiben.

In seinem unruhigen Schlaf wälzte sich Archipow rastlos auf der Matratze hin und her. Unter den geschlossenen Lidern zuckten die Augen. Seine Fäuste krallten sich in die Laken, als versuchte er verzweifelt, ihnen zu entkommen. Allerdings wickelten sie sich nur noch enger um ihn wie ein Leichentuch.
MOROSOW Pionierteiche, Zentrum von Moskau
Morgengrauen, 4. Juli 1962
Unterhalb der Fenster von Oberst Oleg Morosows Wohnung breiteten sich die Oberflächen der Pionierteiche wie schwarze Spiegel aus. Ein trübes Grau erhellte allmählich den östlichen Himmel. Am Wasser jedoch wurde die Dunkelheit nur vom Scheinwerfer der ersten Straßenbahn des Tages aufgehellt, die rumpelnd durch die Malaja-Bronnaja-Straße fuhr. In den Wohnhäusern um den Park herum gingen ein, zwei Lichter an.

Morosows Uniformjacke hing über der Rückenlehne eines Stuhls. Auf dem Schreibtisch am Fenster stand eine Lampe aus Metall, geprägt mit Hammer und Sichel. Auf der Tischplatte lagen ein Exemplar der Zeitschrift Nowy mir sowie ein Stapel offizieller Berichte mit dem Stempel des sowjetischen Verteidigungsministeriums. Daneben befanden sich eine abgesägte Artilleriehülse aus Messing voller Zigarettenstummel und ein Benzinfeuerzeug der Wehrmacht aus Pressstahl. Auf einem Silbertablett unter der Lampe lag ein Zettel, nicht größer als Zigarettenpapier, mit winziger, kaum entzifferbarer Blockschrift.

Morosow saß im Licht einer Stehlampe auf dem Sofa und machte sich aus einem Buch auf seinem Schoß Notizen. Er arbeitete hochkonzentriert. Gelegentlich unterbrach ihn das Brummen des Fahrstuhls im Gebäude oder eine leise Regung aus dem Schlafzimmer. Die Geräusche ließen ihn jedes Mal innehalten und lauschen. Schließlich klappte er das Buch zu und las die angefertigten Notizen noch einmal durch.

Mit einem leisen Fluch durchquerte Morosow das Zimmer, knüllte das Papier zusammen und legte es in den Aschenbecher. Er entzündete das deutsche Feuerzeug und setzte sowohl seine Notizen als auch den winzigen Papierstreifen in Brand.

Nachdem beides zu Asche verbrannt war, beugte er sich über den Schreibtisch, öffnete das Fenster und flutete den Raum mit Morgenluft. Morosow trug nur ein Hemd zu einer Uniformhose. Mit der hereinwehenden Brise breitete sich Kälte im verrauchten Arbeitszimmer aus. Trotzdem setzte er sich, ohne auf den Luftzug zu achten, der durch die Unterlagen auf seinem Schreibtisch fuhr, hielt eine brennende Zigarette in der Hand und beobachtete, wie der Rauch in den anbrechenden Tag hinausströmte. Nach einer langen Weile zog er seine Uniformjacke an. Um die muskulösen Schultern saß sie noch gut, allerdings...

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Autor

Owen Matthews ist Historiker, der auf osteuropäische und russische Geschichte und Politik spezialisiert ist. Er hat als Korrespondent für diverse Zeitungen gearbeitet. Für The Newsweek leitete er zwischen 2006 und 2012 das Moskauer Auslandsbüros. Sein Debütroman Stalin¿s Children war für mehrere renommierte Buchpreise nominiert und wurde in 28 Sprachen übersetzt.
Red Traitor