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Tiefergrund

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am22.03.20221. Auflage
Packend und atmosphärisch: Spannung aus den Hamburger Marschlanden von der Erfolgsautorin Nora Luttmer. Freiwillig ist Bette Hansen, 53, nicht ins idyllische Ochsenwerder, den Ort ihrer Kindheit, zurückgekehrt. Die ehemalige Kommissarin wurde von ihrer Narkolepsie dazu gezwungen. Immer wieder wird sie von Schlafattacken heimgesucht. Ihren Beruf kann die sonst so toughe Frau nicht mehr ausüben. Als ein junges Mädchen verschwindet, reißen im Ort alte Wunden auf, denn es scheint eine Verbindung zu einem Mord im Jahr 1986 zu geben. Damals wurde ein Teenager getötet, eine Freundin von Bette - und das ausgerechnet im Tiefergrund, diesem düsteren Uferabschnitt an der Elbe, der ihnen als Kindern solche Angst eingeflößt hatte. Fieberhaft ermittelt Bette unter der Hand. Kann die Vergangenheit heute immer noch Leben zerstören? «Tiefergrund» ist nach «Hinterland» der zweite spannende Kriminalroman mit der Ermittlerin Bette Hansen.

Nora Luttmer, geboren 1973 in Köln, lebt in Hamburg und arbeitet als Autorin und freie Journalistin. Sie hat Südostasienkunde in Passau, Hanoi und Paris studiert. Ihr Roman  «Schwarze Schiffe» wurde für den Glauserpreis in der Sparte Debüt nominiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextPackend und atmosphärisch: Spannung aus den Hamburger Marschlanden von der Erfolgsautorin Nora Luttmer. Freiwillig ist Bette Hansen, 53, nicht ins idyllische Ochsenwerder, den Ort ihrer Kindheit, zurückgekehrt. Die ehemalige Kommissarin wurde von ihrer Narkolepsie dazu gezwungen. Immer wieder wird sie von Schlafattacken heimgesucht. Ihren Beruf kann die sonst so toughe Frau nicht mehr ausüben. Als ein junges Mädchen verschwindet, reißen im Ort alte Wunden auf, denn es scheint eine Verbindung zu einem Mord im Jahr 1986 zu geben. Damals wurde ein Teenager getötet, eine Freundin von Bette - und das ausgerechnet im Tiefergrund, diesem düsteren Uferabschnitt an der Elbe, der ihnen als Kindern solche Angst eingeflößt hatte. Fieberhaft ermittelt Bette unter der Hand. Kann die Vergangenheit heute immer noch Leben zerstören? «Tiefergrund» ist nach «Hinterland» der zweite spannende Kriminalroman mit der Ermittlerin Bette Hansen.

Nora Luttmer, geboren 1973 in Köln, lebt in Hamburg und arbeitet als Autorin und freie Journalistin. Sie hat Südostasienkunde in Passau, Hanoi und Paris studiert. Ihr Roman  «Schwarze Schiffe» wurde für den Glauserpreis in der Sparte Debüt nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644010932
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum22.03.2022
Auflage1. Auflage
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2211 Kbytes
Artikel-Nr.5724110
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Yasmin

Es war Samstagnachmittag. Ein intensiver Geruch von Koriander, Pfeffer und Kümmel hing in der Wohnung. Tante Mouna hatte den ganzen Vormittag in der Küche gestanden und mal wieder total übertrieben. Der große Esstisch war gedeckt mit Dutzenden Schalen, Schüsseln und Tellern. Es gab Hummus, Minzjoghurt, gefüllte Weinblätter, Tabouleh, Kibbeh und Maqali - frittiertes Gemüse -, außerdem gebratene Auberginen mit Hackfleisch und Lamm mit Cashews auf Safranreis und selbst gebackenes Fladenbrot.

Yasmin setzte sich zwischen ihren Vater Amar und Johanna, ihre zehnjährige Schwester. Ihr gegenüber ließ sich Tarek auf den Stuhl fallen. Ihr Cousin war neunzehn, genauso alt wie sie selbst, erwachsen also, und trotzdem tauchte er immer mit seiner Mutter hier bei ihnen auf. Als hätte er keine eigenen Freunde, kein eigenes Leben. Fast täglich waren die beiden hier. Echt anstrengend. Genervt funkelte Yasmin Tarek an. Er erwiderte ihren Blick reglos, ohne eine Miene zu verziehen. Dass er sie immer so anstarrte, war noch so eine Sache, die sie überhaupt nicht an ihm mochte.

«Na, sieht das nicht köstlich aus?», sagte Helen auf Arabisch, was sie immer sprachen, wenn sie alle zusammenkamen. Das Arabisch von Yasmins Mutter war zwar etwas brüchig, aber auf jeden Fall besser als Tante Mounas Deutsch. Dabei war sie schon seit gut zwei Jahren in Hamburg. Nach Kriegsausbruch in Syrien hatte Yasmins Vater seine verwitwete Schwester und ihren Sohn aus Aleppo nach Deutschland geholt.

«Bedient euch», sagte Tante Mouna, ließ es sich aber nicht nehmen, selbst jedem etwas auf die Teller zu füllen. Sie tat immer so, als sei das hier ihr Zuhause. Ihre Wohnung. Ihre Küche. Sie mochte ja auf ihre Art lieb und herzlich sein, aber vor allem war sie furchtbar vereinnahmend. «Die Kibbeh hat übrigens Helen gemacht.»

«Hm, die sind wirklich gut», sagte Yasmins Vater, der sofort eine der gut gewürzten Hackfleisch-Bulgur-Kugeln probierte.

«Langsam lernt Helen noch das Kochen.» Tante Mouna strich ihrer Schwägerin über den Arm. Helen rang sich ein Lächeln ab. Yasmin verdrehte die Augen. Das war jetzt wirklich überflüssig gewesen. Auch wenn es stimmte, dass ihre Mutter keine großartige Köchin war und sie mittags oft einfach losschickte, um Döner oder Asianudeln für alle zu holen, aber trotzdem. Es war ja wohl nicht an Tante Mouna, das ständig hervorzuheben.

«Amar, hast du schon etwas wegen einer anderen Wohnung gehört?», fragte Mouna ihren Bruder.

Yasmin entging nicht, wie ihre Eltern Blicke austauschten.

«Ihr habt doch jetzt eine schöne Wohnung», sagte Helen. Die ersten Monate hatten Tante Mouna und Tarek in der Flüchtlingsunterkunft in der Hafencity wohnen müssen, dann aber mithilfe von Yasmins Vater etwas Eigenes gefunden.

Tante Mouna seufzte theatralisch, wobei sie sich eine Hand aufs Herz legte. «Aber die ist so weit weg von euch.»

Yasmin runzelte die Stirn. «Sie ist in Rothenburgsort. Das sind nicht mal zwanzig Minuten mit dem 3er-Bus.»

«Eine Familie muss im selben Haus wohnen», wandte Tante Mouna ein.

So weit kommt es noch, dachte Yasmin und musste sich zusammenreißen, es nicht laut auszusprechen.

«Hier in der Neustadt eine Wohnung zu finden, ist unmöglich», sagte Helen ausweichend. Sie wohnten extrem zentral, mit Blick auf den Michel.

«Amar. Du hast doch Beziehungen.» So wie Tante Mouna das sagte, klang es vorwurfsvoll.

«Nein, so läuft das hier nicht», murmelte ihr Vater.

«Ich mag das nicht», maulte Johanna und stocherte mit der Gabel in einem frittierten Blumenkohl herum.

«Dann hol dir ein Eis, mein Herzchen.» Tante Mouna tätschelte Johannas Wange und sagte an Yasmin gewandt: «Wenn du uns später nach Hause fährst, müssen wir noch kurz bei Ikea vorbei. Die haben doch samstags lange auf, oder?»

«Ich kann heute nicht. Ich muss arbeiten», sagte Yasmin schnell. Sollten sie doch den Bus nehmen.

Tante Mouna schnalzte missbilligend mit der Zunge. «Wieder in dieser Bar?»

«Nachtbar», korrigierte Tarek.

«Nachtbar, du tickst ja wohl nicht richtig.» Am liebsten hätte sie Tarek gegen das Schienbein getreten. Dachte er wirklich, die Zoebar war irgendeine zwielichtige Nachtbar? Das war ein voll chilliger Laden mit gemütlichen Sofas. Ein paarmal war Tarek schon während ihrer Schicht dort aufgetaucht, hatte am Tresen abgehangen und gewartet, dass sie fertig war, und dann darauf bestanden, sie nach Hause zu bringen. Als ob sie einen Beschützer bräuchte. Wo waren sie denn hier? Vielleicht meinte er es nur nett, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass es etwas anderes war. Und dass er sich eher als Überwacher denn als Beschützer aufzuspielen versuchte.

«Amar!» Tante Mouna sah ihren Bruder mit hochgezogenen Brauen an. «Du bist Arzt. Du hast es doch nicht nötig, deine Tochter arbeiten zu schicken.»

«Oh bitte.» Schwer atmend fuhr ihr Vater sich mit der Hand über das Gesicht. Plötzlich fiel Yasmin auf, wie erschöpft er aussah, mit grauen Schatten unter den Augen.

«Papa schickt mich nicht arbeiten!» Yasmin schnaubte und warf ihre zerknüllte Serviette auf den Tisch. «Schon mal auf die Idee gekommen, dass ich arbeiten will?»

«Yasmin, lass gut sein.» Ihr Vater legte ihr eine Hand auf den Arm, was sie nicht beruhigte, sondern noch wütender machte. Ihre Verwandtschaft nervte sie, aber am schlimmsten fand sie, dass ihr Vater sich das gefallen ließ. Es machte sie traurig, und es frustrierte sie. Er hatte sich verändert, seit seine Schwester da war. Er war unaufmerksamer geworden, irgendwie fahrig. Gleichzeitig sprang er immer sofort, wenn Tante Mouna etwas von ihm wollte. Und das tat sie andauernd. Er widersprach nie. Nicht richtig zumindest. Aber bevor Yasmin jetzt noch etwas sagen konnte, vibrierte ihr Smartphone, das neben ihr auf dem Tisch lag. Es war Lara. Die Rettung, genau im richtigen Moment. Sie riss das Smartphone an sich, sprang auf und eilte in ihr Zimmer, wo sie die Tür hinter sich zuschlug. Schnell fuhr sie sich noch mal durch ihre zerzausten Locken und öffnete den Videochat. «Hey», sagte sie mit einem Lächeln.

«Hey.» Laras Bild erschien auf dem Display. Ihr schmales Gesicht mit den kinnlangen rotbraunen Haaren, den Sommersprossen, der feinen Narbe unter dem rechten Auge. Ein warmes, wohliges Gefühl breitete sich in Yasmin aus. Seit zwei Monaten waren sie zusammen. Manchmal kam es ihr viel länger vor, so vertraut war Lara ihr. Dann wieder war es, als wäre es erst seit gestern - immer noch fühlte sich alles so neu an. Bis sie Lara getroffen hatte, wäre Yasmin nicht einmal auf die Idee gekommen, dass sie sich in eine Frau verlieben könnte.

Ende August, am letzten heißen Wochenende des Jahres, hatten sie sich auf der Badewiese an der Dove-Elbe, einem ruhigen Seitenarm der Elbe, kennengelernt. Lara wohnte in der Gegend, ihre Familie besaß eine Bootswerft. Und Yasmin war im Sommer oft mit dem Rad zum Baden rausgefahren, von der Neustadt aus war es nicht weit, über den Deich kaum eine halbe Stunde. Außerdem war man nie alleine, immer hing da irgendwer ab, den man kannte. Ein echter Hotspot unter ihren Freunden. Und das Wasser war herrlich zum Schwimmen. Viel besser als ein Freibad.

Lara war mit einem Jungen aus Yasmins Schule dagewesen, deshalb hatten sie in derselben Ecke gesessen, unten beim Steg. Sie hatten sich angesehen und PENG. Es klang kitschig, aber so war es gewesen. Noch am selben Tag hatte Yasmin mit Emil Schluss gemacht. Er war nett, sie mochte ihn. Aber das mit Lara war etwas ganz anderes.

«Du fehlst mir», sagte Yasmin.

«Ja?» In Laras Stimme schwang Unsicherheit mit, als zweifelte sie immer noch an Yasmins Gefühlen ihr gegenüber. Daran hatte Yasmin sich gewöhnt, Lara fehlte es einfach etwas an Selbstsicherheit. Aber das würde sie ihr schon noch beibringen. Wenn sie erst mal in Amsterdam waren, Zeit für sich hatten, nicht mehr ständig darauf hoffen mussten, dass Laras Vater sie mal von der Werft wegließ. Lara machte eine Ausbildung zur Bootsbauerin bei ihm, und er ließ sie ackern bis zum Umkippen. Auch abends und am Wochenende. Mal eben in die Stadt fahren, war für Lara unmöglich. Deshalb fuhr meist Yasmin zu ihr raus.

«Ja, absolut! Ich vermisse dich», versicherte sie ihrer Freundin.

«Ich dich auch.»

«Was machst du grade?», fragte Yasmin, obwohl sie natürlich sah, dass Lara in ihrem Zimmer war.

«Ich bin eben reingekommen. Musste meinem Vater noch helfen, einen Mast zu streichen.»

Laras Tonfall war anzuhören, dass es anstrengend gewesen sein musste. Vermutlich mehr wegen ihrem Vater als wegen der Arbeit. «Und du?»

«Ich telefoniere mit dir.»

«Schon klar. Und sonst?»

«Meine Großfamilie ist da», sagte Yasmin.

«Wie immer.»

«Ja, leider.» Yasmin presste die Lippen zusammen, nickte vielsagend.

«Dann ist auch dein komischer Cousin wieder da?», fragte Lara.

«Tarek, ja, der auch. Wie der mich immer anschaut, echt spooky.»

«Der Kerl mit dem starren Blick», sagte Lara. «Das wäre doch ein Titel für einen Thriller.»

Sie mussten beide lachen, obwohl Yasmin es eigentlich gar nicht lustig fand, und ernst schob sie hinterher: «Manchmal ist er mir fast ein bisschen unheimlich.»

«Er ist einfach nur ein Idiot», sagte Lara.

«Aber er nervt.»

«Der ist verknallt in dich.» Lara grinste.

«Quatsch. Er ist mein Cousin!»

«Na und?»

Yasmin verzog das Gesicht.

«Übrigens», sagte Lara jetzt ganz aufgeregt. «Gute Neuigkeiten! Ich war vorhin am Brackhus und hab mit dem Busfahrer...
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