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Schwarzacker

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am14.11.20231. Auflage
Tödliche Feuer, ein altes Familiengeheimnis und eine Ermittlerin mit Narkolepsie: spannend-mörderische Idylle in den Vier- und Marschlanden von Erfolgsautorin Nora Luttmer  Ein Schuss zerreißt die winterliche Stille über den vereisten Äckern von Ochsenwerder. Dann noch einer. Vermutlich ist es nur der alte Walter auf seinem Gehöft, der wieder Krähen schießt. Aber dann bricht am nächsten Tag ein Feuer auf seinem Hof aus. Und kurz darauf brennt ein denkmalgeschütztes Reetdachhaus im Nachbardorf bis auf die Grundmauern nieder. Ein Mann stirbt dabei. Es ist der Bruder von Walter. Die beiden hatten seit Jahren kein Wort gewechselt. Zufall? Geht ein Feuerteufel um? Die ehemalige Kriminalkommissarin Bette Hansen muss die Mauer des Schweigens im Dorf brechen, bevor weitere Flammen lodern.

Nora Luttmer, geboren 1973 in Köln, lebt in Hamburg und arbeitet als Autorin und freie Journalistin. Sie hat Südostasienkunde in Passau, Hanoi und Paris studiert. Ihr Roman  «Schwarze Schiffe» wurde für den Glauserpreis in der Sparte Debüt nominiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextTödliche Feuer, ein altes Familiengeheimnis und eine Ermittlerin mit Narkolepsie: spannend-mörderische Idylle in den Vier- und Marschlanden von Erfolgsautorin Nora Luttmer  Ein Schuss zerreißt die winterliche Stille über den vereisten Äckern von Ochsenwerder. Dann noch einer. Vermutlich ist es nur der alte Walter auf seinem Gehöft, der wieder Krähen schießt. Aber dann bricht am nächsten Tag ein Feuer auf seinem Hof aus. Und kurz darauf brennt ein denkmalgeschütztes Reetdachhaus im Nachbardorf bis auf die Grundmauern nieder. Ein Mann stirbt dabei. Es ist der Bruder von Walter. Die beiden hatten seit Jahren kein Wort gewechselt. Zufall? Geht ein Feuerteufel um? Die ehemalige Kriminalkommissarin Bette Hansen muss die Mauer des Schweigens im Dorf brechen, bevor weitere Flammen lodern.

Nora Luttmer, geboren 1973 in Köln, lebt in Hamburg und arbeitet als Autorin und freie Journalistin. Sie hat Südostasienkunde in Passau, Hanoi und Paris studiert. Ihr Roman  «Schwarze Schiffe» wurde für den Glauserpreis in der Sparte Debüt nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644015142
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum14.11.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
SpracheDeutsch
Dateigrösse8476 Kbytes
Artikel-Nr.11381227
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Bette

Zwölf Grad unter null. Die Hände tief in den Taschen vergraben, stapfte Bette über den dick verschneiten Pfad, der rüber zum Ochsenwerder Norderdeich führte. Anton, ihr schwarz-weißer Border Collie, sprang ungestüm um sie herum und jagte die Schneeflocken, die er selbst aufwirbelte.

Es war noch früh, die Sonne ging gerade erst auf und tauchte den Himmel in ein fast pinkes Rot. Morgenrot, Schlechtwetter droht. Wenn man der alten Bauernregel Glauben schenkte, bedeutete das nichts Gutes. Vielleicht hieß es aber auch nur, dass sie noch mehr Schnee bekommen würden. Bette hätte nichts dagegen, sie fand es herrlich. Wie lange hatten sie nicht mehr so ein Wetter gehabt.

Beim letzten Mal hatte sie noch in der Stadt gewohnt - im eng bebauten Hamburg-Barmbek -, wo aus dem schönsten Schnee sofort grauer Matsch geworden war. Den hatte sie weniger genossen.

Erst vor knapp zwei Jahren war sie zurück hierher in die Vier- und Marschlande im ländlichen Südosten Hamburgs gezogen, wo sie aufgewachsen war. Sie wohnte nun wieder in ihrem Elternhaus, einer kleinen, aber gemütlichen Reetkate unweit der St.-Pankratius-Kirche im Ortskern von Ochsenwerder. Nach dem Tod ihres Vaters hatte das Haus eine Zeit lang leer gestanden - sie hatte es nicht über sich gebracht, es zu verkaufen. Und als sie dann aus gesundheitlichen Gründen mit gerade mal 53 Jahren bei der Mordkommission ausgeschieden war, war sie schließlich selbst dort eingezogen. Es war ihr nicht ganz leichtgefallen, hatte sie doch ihr Leben lang versucht, der dörflichen Enge zu entfliehen, aber mittlerweile lebte sie zu ihrer eigenen Überraschung gerne hier.

Manchmal vermisste sie immer noch das Stadtleben, wo sie aus der Haustür treten und im Gewusel der Menschen hatte untertauchen können, aber nur noch selten und nicht heute, nicht bei diesem Wetter.

Sie bückte sich, griff mit den nackten Händen in den Schnee, der ganz pudrig war, und formte, so gut es ging, einen Ball. Anton bellte aufgeregt und jagte los, noch bevor sie überhaupt zum Wurf ausgeholt hatte.

Später würde sie nach ihren alten Schlittschuhen suchen, die ganz sicher noch irgendwo versteckt waren. Ihr Vater hatte niemals etwas weggeworfen. Jetzt musste sie aber erst mal nach Tante Lore sehen, die krank im Bett lag.

Zum Glück hatte sie kein Covid, das hatte der Hausarzt getestet, sondern nur einen grippalen Infekt, aber mit über 80 Jahren steckte man auch das nicht so leicht weg. Bette hatte gestern Abend noch eine fette Hühnersuppe gekocht, damit Tante Lore wieder etwas zu Kräften kam.

Lore war nicht wirklich ihre Tante. Die Anrede war einfach eine alte Angewohnheit aus Kindertagen. Sie war für Bette immer eher so etwas wie eine ältere Freundin gewesen, eine, der sie sich hatte anvertrauen können. Als Jugendliche hatte Bette viel Zeit bei ihr verbracht. Und bis heute fühlte sie sich ihr eng verbunden.

In Höhe des Landhauses Voigt stieß Bette auf den Deich. Das Rot war mittlerweile aus dem Himmel verschwunden und einem weißlichen Grau gewichen.

Bette hoffte, dass ihnen kein Wagen entgegenrutschte, der außer Kontrolle geraten war. Auf dem Deich fuhren immer alle viel zu schnell. Anton leinte sie sicherheitshalber an und machte ihn erst wieder los, als sie ein paar Minuten später in die Stichstraße zu Lores Hof einbogen. Er lag am Zusammenfluss von Dove-Elbe und Gose-Elbe, beides abgedeichte Elbarme, die sich in weiten Bögen durch die Vier- und Marschlande wanden. Draußen auf der Dove-Elbe, die hier seeartig gestaut war, entdeckte Bette tatsächlich einen einsamen Schlittschuhläufer, der sich auf die offene Eisfläche gewagt hatte. Mutig, dachte sie. Sie selbst würde es eher auf der schmalen Gose-Elbe versuchen. Das mochte nicht unbedingt sicherer sein, aber es gab ihr ein sichereres Gefühl. Obwohl, vielleicht würde sie doch lieber nicht fahren. Beim letzten Mal, und das war schon Jahre her, hatte sie sich böse das Knie verdreht.

Anstatt bei Lore zu klingeln, ging sie um das weiß getünchte Wohnhaus herum zur Hintertür, die immer offen war, und betrat das Haus. Sie stellte den Rucksack mit der Hühnersuppe in die Küche, zog sich Jacke und Mütze aus und fuhr sich durch die kurzen Haare.

Als sie nach oben ins Schlafzimmer kam, schlief Lore. Unter der pludrigen Daunendecke sah sie winzig aus und erschreckend blass. Einen Moment stand Bette unschlüssig da, dann schlich sie wieder aus dem Zimmer. Sie würde sich jetzt erst mal um die Tiere kümmern. Lore hielt ein gutes Dutzend Hühner und drei Bunte Deutsche Schweine, die Überbleibsel ihrer einstigen Viehzucht.

In der Abseite füllte Bette einen Eimer mit Trockenfutter und Kohlköpfen, dann in der Küche einen zweiten mit Wasser. Der Trog im Stall war zugefroren und die Wasserzufuhr abgestellt.

Draußen hörte Bette vom Stall her schon das Gegrunze. Die Schweine waren es gewohnt, pünktlich gefüttert zu werden, und beschwerten sich über die Verspätung. Als hätten sie eine innere Uhr.

«Jaja, ich komm ja schon», murmelte Bette.

Der Stall befand sich gut 100 Meter vom Wohnhaus entfernt an der Grenze zum Nachbargrundstück. Bette ging quer über die Wiese. Zwar gab es einen gepflasterten Weg, aber der war unter dem Schnee nicht auszumachen.

«Anton, weg da!» Sie zog ihren Fuß unter seinen Pfoten heraus. Wenn er weiter so um sie herumsprang, würde sie noch stürzen mitsamt den Eimern. Das Wasser schwappte so schon ständig über und hinterließ eine vereiste Schneise hinter ihr.

Als sie um die Ecke des Stalls bog, sah sie, dass vor dem Tor drei Krähen auf und ab hüpften und mit ihren Schnäbeln auf etwas herumhackten. Verdammt. Bitte nicht wieder eines von Lores Hühnern. Sie hatten sich erst vorgestern eins geschnappt, das aus dem Stall entwischt war. Bette selbst hatte auch bis vor Kurzem Hühner gehabt, sie aber weggegeben. Ständig war der Fuchs um den Stall geschlichen oder - noch schlimmer - der Marder. Drang er bei den Hühnern ein, tötete er alles, was sich bewegte.

Anton bellte und scheuchte die Krähen auf. Laut schimpfend, aber in sicherem Abstand flatterten sie in der Luft über ihrer Beute. Bette sah auf den Boden und atmete auf. Das tote Tier war kein Huhn, die waren alle weiß, sondern eine weitere Krähe oder zumindest ein schwarzer Vogel. So zerfleddert und zerfressen, wie er war, konnte sie das nicht genau sagen.

Bette stellte die Eimer ab, um das Tor zu öffnen, als Anton plötzlich davonschoss. Rüber auf das Grundstück nebenan, zu Walter. Ausgerechnet.

«Anton, komm zurück», rief Bette und pfiff einmal laut, aber Anton hörte nicht. Notgedrungen eilte sie ihm hinterher. «Anton!»

Walter mochte keine Hunde. Er mochte überhaupt grundsätzlich keine Tiere und Menschen genau genommen auch nicht. Kauziger Griesgram, der er war. Bette beneidete Lore nicht um die Nachbarschaft und wollte Anton jetzt lieber zurückholen. Sie hatte keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit dem Alten.

«Anton, bei Fuß, komm schon!»

Aber der Hund ließ sich nicht blicken. Ihr blieb nichts anderes übrig, als der Spur im Schnee und seinem aufgeregten Bellen zu folgen, was sie zu Walters chaotischem Schrottlager auf dem großen Hofplatz führte. Elektrogeräte, Rohre, aber auch Holzlatten, Bootstonnen, Bananenkisten ... Alles morsch, faulig, rostig und rott von Wind und Wetter. Früher hatte Walter mit Schrott gehandelt, heute hortete er die Dinge einfach nur noch. Sogar ein ausgeweideter IFA-Truck aus DDR-Produktion stand dort, zu erkennen an der abgerundeten Kühlerhaube.

Bette ging um die Halde herum und blieb irritiert stehen. Noch mehr tote Krähen. Drei Kadaver lagen in einem Umkreis von nur ein paar Metern.

Ihre Flügel waren seltsam verdreht, als seien sie mitten im Flug abgestürzt. Der Schnee um sie herum war rot verfärbt. Aber anders als die Krähe vor dem Stall waren diese hier von ihren Artgenossen unversehrt gelassen worden. Vielleicht weil sie zu nah am Wohnhaus lagen.

Anton rannte zwischen den toten Vögeln hin und her, die Nase auf dem Boden, als sei da eine Fährte, die ihn in die Irre führte.

Bette drehte mit der Schuhspitze eine der Krähen um. Sie war schon hart gefroren, musste also bereits eine Weile hier liegen. Die Brust war aufgerissen. Bette bückte sich, brauchte kurz, um sich zu überwinden, und schob dann mit den Fingern die Federn auseinander. Sie stöhnte laut auf.

Das war eindeutig eine Schusswunde.

Sie traute Walter eine Menge zu, aber dass er wahllos Krähen abschoss und sie einfach liegen ließ? Die Vögel waren nicht eingeschneit, was hieß, dass er sie nach dem letzten Schneefall abgeschossen haben musste. Also irgendwann in der vergangenen Nacht oder am frühen Morgen.

Kopfschüttelnd und fassungslos über Walters Ignoranz gegenüber allem und jedem, Natur und Tiere eingeschlossen, richtete sie sich wieder auf.

Jetzt erst bemerkte sie, dass der Schnee rund um die Schrotthalde völlig platt getrampelt war. Walter musste hier wie ein Berserker gewütet haben.

Anton stand neben dem Truck und knurrte und winselte abwechselnd, was absolut untypisch für ihn war. Bette ging zu ihm, fasste ihn am Halsband und strich ihm über den Kopf, um ihn zu beruhigen. Dabei fiel ihr der Blutfleck auf, der sich seitlich unter dem Truck ausgebreitet hatte, ohne dass da ein totes Tier lag.

Ein ungutes Gefühl erfasste sie. Konnte es sein, dass hier noch etwas ganz anderes als nur eine Krähenjagd vorgefallen war?

«Walter!», schrie sie aus voller Kehle. «Walter!»

Sie eilte zur Hoftür, klopfte. Keine Antwort.

Auch...
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