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Juniregen

Ein Victoria Stein Krimi
tolino mediaerschienen am01.07.2016
Als eine Unternehmergattin gewaltsam ums Leben kommt, soll ausgerechnet Rechtsanwältin Victoria Stein, die dem Strafrecht schon vor Jahren den Rücken kehrte, den tatverdächtigen Ehemann verteidigen. Für Staatsanwalt Tom Hertzmeier scheint die Schuldfrage bereits geklärt zu sein. Victoria muss auf eigene Faust ermitteln, um ihren Mandanten vor der drohenden Verurteilung zu bewahren. Doch was sie mit Hilfe des Privatdetektivs Jarne de Zand entdeckt, lässt die Zweifel an der Unschuld des Unternehmers wachsen. Dann wird Victoria selbst zum Ziel eines Angriffs und plötzlich erscheint vieles in einem anderen Licht ... »Juniregen« ist der erste Band der Krimireihe um die Rechtsanwältin Victoria Stein

Rana Wenzel kam 1971 als Kind des Ruhrgebiets zur Welt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften sowie einem kurzen, berufsbedingten Abstecher nach Spanien zog es sie wieder in die Heimat zurück, wo sie heute mit ihrem Ehemann an der Grenze zum Sauerland lebt
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR9,90

Produkt

KlappentextAls eine Unternehmergattin gewaltsam ums Leben kommt, soll ausgerechnet Rechtsanwältin Victoria Stein, die dem Strafrecht schon vor Jahren den Rücken kehrte, den tatverdächtigen Ehemann verteidigen. Für Staatsanwalt Tom Hertzmeier scheint die Schuldfrage bereits geklärt zu sein. Victoria muss auf eigene Faust ermitteln, um ihren Mandanten vor der drohenden Verurteilung zu bewahren. Doch was sie mit Hilfe des Privatdetektivs Jarne de Zand entdeckt, lässt die Zweifel an der Unschuld des Unternehmers wachsen. Dann wird Victoria selbst zum Ziel eines Angriffs und plötzlich erscheint vieles in einem anderen Licht ... »Juniregen« ist der erste Band der Krimireihe um die Rechtsanwältin Victoria Stein

Rana Wenzel kam 1971 als Kind des Ruhrgebiets zur Welt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften sowie einem kurzen, berufsbedingten Abstecher nach Spanien zog es sie wieder in die Heimat zurück, wo sie heute mit ihrem Ehemann an der Grenze zum Sauerland lebt
Details
Weitere ISBN/GTIN9783739366333
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum01.07.2016
SpracheDeutsch
Dateigrösse1025
Artikel-Nr.5790544
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

 

Es herrschte diese Stimmung, die nur ein Montagmorgen hervorrufen kann - eine Komposition in Moll aus Nieselregen, Müdigkeit und schlechter Laune. Victoria starrte stirnrunzelnd auf die Tasse in ihren Händen. Normalerweise war Kaffee ihr Lebenselixier, heute fühlte es sich jedoch nicht so an, als ob er sie nachhaltig aufwecken könnte. Solche Tage waren keine Tage zum Wachwerden. Auch der Morgen hatte bereits vor dem Grau kapituliert, er gab sich keine Mühe, noch hell zu werden. Seit Wochen wartete ganz Deutschland auf die Vorboten des Frühsommers, aber eine Kette von Tiefdruckgebieten stellte die Geduld auf eine harte Probe und stimmte die Menschen auf Herbstdepression ein. Dabei zeigte der Kalender Anfang Juni.

Lustlos wanderten Victorias Augen den Aktenstapel hinunter, der an der Seite ihres Schreibtischs emporwuchs. Ein angehefteter Zettel mahnte sie mit dem Wort Frist in neongelben Lettern, sich an die Unterhaltsangelegenheit zu setzen, die unter dem blauen Aktendeckel auf Bearbeitung wartete.

Sie hatte diese unliebsame Akte bis heute weitgehend ignoriert. Die Aussicht auf viel Schreiberei, die finanziell wenig einbrachte, bremste ihren Arbeitseifer. Einmal hatte sie sich den Stundenlohn in einer solchen Angelegenheit ausgerechnet. Nachdem der errechnete Betrag weit unterhalb des Mindestlohns lag, beging sie diesen motivationsraubenden Fehler nie wieder.

So hatte sie sich das nicht vorgestellt, als sie damals mit neunhundert Kommilitonen den Hörsaal für Erstsemester der rechtswissenschaftlichen Fakultät betrat. Werte wie Streben nach Gerechtigkeit hatten sie zu Beginn ihrer juristischen Karriere zu dieser Studienwahl bewogen. »Das Robin-Hood-Prinzip« nannte es ihre beste Freundin Josephine spöttisch. Idealismus entpuppte sich später im Berufsalltag als Luxus. Wer wirtschaftlich überleben wollte, durfte nicht wählerisch bei der Annahme neuer Mandate sein. Irgendwann hatte sie akzeptiert, dass der Beruf des Anwalts nichts mit dem verklärten Bild des Kämpfers für das Recht gemein hatte. Sie würde nicht mit dem säbelgleich gezückten Gesetzbuch in der Hand in die Schlacht vor die höchsten Gerichte ziehen, sondern überprüfte stattdessen endlose Zahlenkolonnen auf unterhaltsrechtliche Relevanz. Berufsmonotonie statt hehrer Ziele. Mit einem tiefen Seufzen nahm sie die Akte vom Stapel und schlug sie auf.

 

Victoria hatte sich gerade in die Unterlagen vertieft, als das Telefon sie aus der Konzentration riss. Ein interner Ruf. Gespräche wurden an einem Montagmorgen selten zu ihr durchgestellt. Das Sekretariat wusste, wann es besser war, sie von Mandanten fernzuhalten - und von Mitarbeitern und Kollegen, denn zu Beginn der Arbeitswoche war Victoria in aller Regel vor der dritten Tasse Kaffee ungenießbar. Stirnrunzelnd hob sie den Hörer von der Station.

Svenja, die Auszubildende, ratterte ohne hörbares Satzzeichen ihr Anliegen herunter - als ob die Störung dadurch geringer würde. Kurz musste Victoria schmunzeln, wurde aber sofort ernst, als sie hörte, wer darauf bestand, mit ihr zu reden. Sie hatte die Frau vor einiger Zeit in einer Scheidungsangelegenheit vertreten und obschon alles gut gelaufen war, hatte sie Beatrice Mock als anstrengende Mandantin in Erinnerung.

Sie einfach abzuwimmeln, erschien Victoria deshalb durchaus verlockend. Andererseits hatte der letzte Kontoauszug eine beängstigend kleine Summe ausgewiesen und die finanziellen Sorgen würden voraussichtlich in den kommenden Wochen tiefe Falten in Victorias Stirn graben, sofern sie nicht einen lukrativen Fall auftrieb. Und Beatrice Mock hatte nicht nur Geld, sondern darüber hinaus ihre Kostennoten stets pünktlich beglichen. Widerwillig drückte Victoria die Taste, um das externe Gespräch zu übernehmen.

Ein Entschluss, den Victoria augenblicklich bereute, als Beatrice Mock sie nach einer kurzen Begrüßung mit einem Wortschwall überfiel, der Victorias ohnehin schwache Bereitschaft zu diesem Telefonat ansatzlos ertränkte. Aufgeregte Satzfetzen strömten auf sie ein und Victoria hatte Mühe, aus dieser ungeordneten Flut brauchbare Informationen herauszufiltern. Irgendetwas war mit Beatrices Bruder Benedikt und dessen Frau geschehen. Dann begriff sie plötzlich, um was es ging und ihr Puls jagte in die Höhe. Als Worte wie Strafverteidigung und Untersuchungshaft fielen, war Victoria auch an diesem verregneten Montag schlagartig hellwach.

 

Eine halbe Stunde später befanden sich Victoria und ihr Anwaltskollege Marcus Froh auf dem Weg zu Beatrice Mock. Diese hatte zwar nicht ausdrücklich nach dem Strafverteidiger der Kanzlei gefragt, aber Victoria, die schon ewig keine Ermittlungsakte mehr in der Hand gehalten hatte, fand es beruhigender, ihren Sozius kurzerhand als Verstärkung mitzunehmen.

»Beatrice Mock war mal deine Mandantin?«, fragte Marcus sie, während sie sich durch den Stadtverkehr schlängelten. »Kennst du die Familie näher?«

Victoria schüttelte den Kopf. »Nein, nur Beatrice durch ihre Scheidung. Keine Ahnung, wie sie damals auf mich kam. Dass sie eine dieser Mocks war, habe ich erst im Laufe des Verfahrens mitbekommen. Sie hat nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen. Über die Familie weiß ich nur, was jeder weiß. Erfolgreiches Bauunternehmen, überregional bekannt und übertrieben großes Firmenlogo. Weißt du mehr?«

Marcus schmunzelte über ihre Zusammenfassung. »Ein bisschen«, antwortete er dann. »Benedikt Mocks Großvater hat den Familienbetrieb gegründet und zusammen mit seinem Sohn - dem Vater von Beatrice und Benedikt - zu dem gemacht, was er heute ist. Ich habe gehört, der Großvater sei trotzdem ein bodenständiger Typ geblieben. Er hat seine Wurzeln nicht vergessen und zahlreiche soziale Projekte unterstützt. Bei seinem Sohn lagen die Dinge schon anders. Der Vater von Beatrice und Benedikt hatte den Ruf eines rücksichtslosen Geschäftsmannes, dessen karitatives Wirken nicht dem Andenken seiner Herkunft entsprang, sondern seinem Interesse daran, möglichst häufig in diversen Zeitungen zu erscheinen. Meistens händeschüttelnd mit einem weiteren Mitglied der Lokalprominenz. Wenn ich dem Klatsch einiger Anwaltsstammtische Glauben schenke, ist sein Sohn vom selben Schlag.«

»Klingt ja ausgesprochen nett. Hören wir uns trotzdem an, was Beatrice Mock von uns möchte?«

»Aber sicher doch«, lachte Marcus. »Du weißt doch, dass Sympathie in unserem Job keine Rolle spielen darf.«

 

Beatrice Mock erwartete sie schon an der Haustür. Sie war eine zierliche Blondine, die wie immer teuer gekleidet war. Die dunkelblaue Hose saß perfekt, die schlichte cremefarbene Bluse, sowie eine Perlenkette mit dazu passenden Ohrsteckern vervollständigten das Gesamtbild unaufdringlicher Eleganz. Allerdings wirkte sie heute deutlich älter als die Mitte dreißig, die sie tatsächlich war. Tiefe, schlecht überschminkte Augenringe und ein harter Zug um den Mund verliehen ihr eine herrische Ausstrahlung, die eher an ein alterndes Familienoberhaupt denken ließ, als an eine Frau in den besten Jahren.

Beatrice Mock führte die Besucher in ein Zimmer, dessen Dimension die Bezeichnung Salon verdiente. Der Raum war jedoch mit viel zu klobigem Mobiliar vollgestellt, um mit Vornehmheit zu beeindrucken.

»Erinnert mich an die Wohnzimmer der Generation meiner Großeltern. Eiche rustikal Klötze zwischen zu enge Wände gepfercht«, raunte Victoria ihrem Kollegen zu, während ihre Gastgeberin die Terrassentüren im rückwärtigen Bereich schloss.

»Ich schätze, die Möbel hier sind einige Preisklassen höher anzusiedeln«, flüsterte Marcus zurück. »Schöner werden sie dadurch aber nicht.« Beide grinsten sich an.

Marcus und Victoria nahmen auf einem monströsen Sofa Platz, dessen vermutlich beachtlicher Kaufpreis in keiner Weise Einfluss auf seine Bequemlichkeit genommen hatte. Unbehaglich rutschte Victoria auf dem Sitzmöbel herum, während Marcus unmittelbar auf den Anlass des Besuchs zu sprechen kam. Victoria ahnte, wie dringend ihr Kollege diesen Raum wieder verlassen wollte, in dessen Ausstattung er sicherlich einen persönlichen Angriff auf sein ästhetisches Empfinden sah.

Ihre Gastgeberin war inzwischen gefasster als noch bei ihrem Anruf, trotzdem konnte sie nicht viel zu den Geschehnissen sagen. »Ich weiß nur, dass meine Schwägerin tot aufgefunden wurde«, sagte sie mit einer Stimme, die jeden Moment wegzubrechen drohte. Sie holte zitterig Luft und stieß sie gepresst wieder aus, bevor sie weiterreden konnte. »Mein Bruder Benedikt ist daraufhin am Flughafen aufgegriffen und verhaftet worden. Als nächste Angehörige wurde ich von der Polizei informiert und habe mich dann sofort bei Ihnen gemeldet.«

Victoria war wie elektrisiert. Sobald der Begriff Mord in einer Schlagzeile auftauchte, versprach das Publicity. Und die Verteidigung brachte Geld. Beatrice Mock blickte auf Marcus. »Es ist sehr freundlich, dass Sie Ihre Kollegin begleitet haben. Dennoch gehe ich davon aus, eine Person wird als Rechtsbeistand reichen. Ich würde gerne Frau Stein damit beauftragen. Sie hat damals die Arbeit als Scheidungsanwältin durchaus zufriedenstellend erledigt.«

Zufriedenstellend hörte sich herablassend nach sie war stets bemüht an, und erklärte vor allem nicht, warum sie das zu Beatrices erster Wahl als Strafverteidigerin machte. Aber die Worte ihrer ehemaligen Mandantin waren unmissverständlich. Victoria sollte die Verteidigung übernehmen, und zwar allein. Dennoch hätte sie lieber Marcus mit ins Boot geholt. Ohne Unterstützung war die Sache eine Nummer zu groß.

»Es ist mir geradezu gleichgültig, wie gut die Verteidigung tatsächlich ist«, erwiderte ihre...
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