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Tödliche Seilschaften

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
300 Seiten
Deutsch
Verlag edition krimierschienen am01.10.20211. Auflage
Privatermittler Hardy ist pleite und perspektivlos, als ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet wird: Er soll einem Berliner Clan helfen, sich an einem Innensenator zu rächen, der seine Immobilien beschlagnahmt. Als Hardy Zusammenhänge zwischen einer Immobiliengesellschaft, die ein Sammelbecken von ehemaligen Stasi-Agenten ist, und den konfiszierten Wohnungen entdeckt, gerät er selbst in die Schusslinie und damit in Lebensgefahr.

Stefan Schweizer lebt in Potsdam. Als Schriftsteller bewegt er sich in fremden Kulturen und exotischen subkulturellen Milieus. Gesellschaftliche Ränder faszinieren ihn und für Kriminalroman-Recherchen scheut er keine Kontakte mit Schwerkriminellen. Schweizer ist Autor von gesellschaftskritischen Romanen, Kriminalromanen und Thrillern, aber auch Sachbüchern über Terrorismus, Politik und Geschichte.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextPrivatermittler Hardy ist pleite und perspektivlos, als ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet wird: Er soll einem Berliner Clan helfen, sich an einem Innensenator zu rächen, der seine Immobilien beschlagnahmt. Als Hardy Zusammenhänge zwischen einer Immobiliengesellschaft, die ein Sammelbecken von ehemaligen Stasi-Agenten ist, und den konfiszierten Wohnungen entdeckt, gerät er selbst in die Schusslinie und damit in Lebensgefahr.

Stefan Schweizer lebt in Potsdam. Als Schriftsteller bewegt er sich in fremden Kulturen und exotischen subkulturellen Milieus. Gesellschaftliche Ränder faszinieren ihn und für Kriminalroman-Recherchen scheut er keine Kontakte mit Schwerkriminellen. Schweizer ist Autor von gesellschaftskritischen Romanen, Kriminalromanen und Thrillern, aber auch Sachbüchern über Terrorismus, Politik und Geschichte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783948972226
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.10.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten300 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1791 Kbytes
Artikel-Nr.8078908
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Die White Lounge hatte ihre Pforten schon geöffnet - für mich ein gutes Zeichen. Als ich jedoch in das Dunkle der mir bekannten Höhle mit viel erlesenem, orientalischen Schnickschnack und tipptopp gepflegten weißen Ledersitzmöbeln trat, war aber niemand da. Ich schaute mich gründlich um. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass hier etwas nicht stimmte. Vielleicht war ich aber nur nervös - kein Wunder nach den sich überschlagenden Ereignissen der letzten Stunden. Jetzt beschleunigte sich mein Herzschlag immens, der Kloß in meinem Hals wurde größer, und folglich tastete ich nach meinen Lebensversicherungen. Der kleine, aber wuchtige Colt und der stets zuverlässige Totschläger waren an Ort und Stelle. Ich entschied mich für den Colt. Der würde mir in dieser Situation eher helfen.

»Hallo?«, fragte ich ein wenig zaghaft in die leere Gaststube.

Es herrschte das sprichwörtliche Schweigen im Walde, während ich durch die abgedunkelten Scheiben erkennen konnte, dass auf der Neuköllner Allee der Sonne das Leben vor sich hinlief wie immer: Klein-Beirut mitten in Berlin. Die vielen Kinderwagen fand ich im Gegensatz zum ehemaligen sozialdemokratischen Finanzsenator auch in Sachen Demografie nicht bedrohlich. Kinder waren immer etwas Schönes, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Ob man selbst welche haben wollte, stand auf einem anderen Blatt.

»Hallo? Ist hier jemand?«, rief ich lauter.

Wieder keine Antwort. Mein Herz wummerte jetzt wie ein unter Hochdruck stehender Dampfhammer, da meine Antennen ohne jeden Zweifel Gefahr orteten, ohne zu wissen, woher sie kam. Aber vielleicht hatten mich die Erlebnisse der letzten Stunden ein wenig paranoid gemacht. Schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass ich einem Mitglied eines der gefürchtetsten Araber-Clans das Handgelenk zerschmetterte, sein Schlüssel­bein lädierte und ihn dann auch noch vor laufender Kamera seiner Ehre beraubte, eine schnelle Bekanntschaft in einem Berliner Rathaus machte oder nachts völlig widerrechtlich in ein stark gesichertes Gebäude eindrang. Wenn all das keine Gründe waren, ein klein wenig nervös oder zumindest vorsichtig zu sein, dann fielen mir außer dem Weltuntergang, einer Alien-Invasion oder einem Atomkrieg keine anderen mehr ein.

»Hey! Neue Lieferung hier!«, brüllte ich jetzt beinahe so laut, dass es mindestens in der Sonnenallee und am Hermannplatz zu hören sein musste, doch wieder erfolgte keine Antwort und niemand rührte sich, obwohl es sich dabei ja auch um die neue Ladung von unversteuertem Shisha-Tabak oder Crystal handeln konnte.

Vielleicht schlossen die den Laden nur auf, um ihn nach der nächtlichen Sause einmal kräftig durchzulüften, da sich ohnehin niemand erdreisten würde, hier etwas mitgehen zu lassen. Denn die offizielle Politik der Clan-Vorsitzenden lautete, dass sich jeder ausschließlich um den Teil seines eigenen Kuchens kümmerte und die anderen dafür in Ruhe ließ - wer sich sonst gegen Clan-Eigentum verging, war vogelfrei.

»Ordnungsamt hier!«, holte ich mein letztes Ass aus dem Ärmel und umfasste den Griff meines Colts fester, da die Reaktionen auf diese Ankündigung durchaus überraschend unangenehm ausfallen konnten.

Doch weiter herrschte Totenstille. Ich überlegte mir, ob ich Aras Nummer auf der Visitenkarte anrufen sollte, die in dem Ordner mit dem ­Belastungsmaterial gegen den Innensenator gelegen hatte, um meinen Auftraggeber anzufunken, spürte dann aber, dass Mutter Natur nach mir rief. Kein Wunder bei den Massen an Flüssigkeit, die ich bei diesen Temperaturen zu mir nehmen musste. Vor lauter Action hatte ich zudem kaum Zeit, mich um die wichtigen Dinge des Lebens zu kümmern.

Also schaute ich mich in der dunklen Höhle mit den schneeweißen Polstern nach den WCs um, die ich schnell entdeckte. Gerade als ich mich am Urinal, dessen ansprechendes Design sich im Niemandsland zwischen vaginaler und analer Form befand, erleichtern wollte, hörte ich polternde Geräusche aus der Lounge. Es klang exakt so, als ob jemand schwere Kisten schleppte und Flaschen in ein Holzregal einräumte. Wunderbar, dann hatte ich meinen Weg nicht völlig umsonst gemacht! Ich freute mich wie ein Schneekönig auf das Gesicht des Alten, wenn ich ihm mein Material präsentierte. Als ich am Waschbecken stand, hörte ich plötzlich ein seltsames Geräusch, das in etwa so klang, wie wenn ein Kinderluftballon platzt. Mein Herzschlag schien für den Bruchteil einer Sekunde auszusetzen. Denn das konnte ebenso von einem umgefallenen Hocker wie von einem abgegebenen Schuss mit Schalldämpfervorrichtung herrühren.

Mit ungewaschenen Händen griff ich erneut nach meinem Colt und öffnete so leise wie möglich die Tür zum Waschraum einen Spalt weit. Was ich sah, ließ mir beinahe das Blut in den Adern gefrieren. Ein auffällig großer, europäisch aussehender Mann hielt eine Pistole mit Schalldämpfer über einem am Boden liegenden Mann arabischer Herkunft, der eine Schürze mit dem Aufdruck des Namens der Location White Lounge trug. Im Kopf des Toten klaffte eine riesige Wunde, aus der langsam, aber stetig Blut und Gehirnmasse quollen und sich über die orientalischen Teppiche auf dem Parkett­boden verteilte. Ich atmete tief durch, klemmte den linken Fuß leise in die Türe, steckte den Colt weg und zückte das Handy. Mit einer Schießaktion à la Wildem Westen wäre niemandem geholfen. Ich benötigte weitere Beweise, vielleicht würde sich das Ganze wie ein Kreis schließen.

Der Mörder schien es weder eilig zu haben, noch Angst zu verspüren. Er stand ganz gelassen und entspannt über der Leiche, als ob er überlegte, ob sich die Investition noch weiterer Kugeln überhaupt lohnen würden. Für mich sah der Typ aus, wie sich der typische Wessi den typischen Zonen-Ossi vorstellte, auch wenn der Killer eine US-amerikanische schwarze Baseballkappe mit dem Logo der New York Yankees trug. Falls meine Intuition richtig war, so handelte es sich bei ihm um keinen Otto-Normal-Ossi, sondern um einen mit einer sehr guten militärischen Ausbildung, einem wohltemperierten Gefühlshaushalt und einer ausgeprägten psychischen Stamina, jemanden ohne jegliche Gefühlregung mit Blei vollzupumpen. Seine Körperhaltung, die beinahe ästhetische Perfektion des einen Schusses und seine Coolness ließen mich vermuten, dass er im Dunstkreis eines Geheimdienstes ausgebildet worden war.

Mit etwas wackliger Hand nahm ich die Szene auf und hoffte, dass der Film trotz der relativen Dunkelheit verwertbar wäre. Der Mann war ganz in Schwarz gekleidet, trug selbst in der dunklen Ali-Baba-Räuberhöhle eine Ray-Ban-Fliegersonnenbrille und bewegte sich mit stabilen Schuhen mit Kreppsohlen, die beinahe jedes Geräusch schluckten, wie ein Ballett-Tänzer in dem Laden hin und her. Offensichtlich suchte er nach versteckten Kameras und als mir das bewusst wurde, brach mir der kalte Schweiß aus, denn ich fürchtete, dass er, aus welchem Grund auch immer, die ­Toilette inspizieren würde. Vielleicht suchte er ja auch nach einem Drogenversteck, von dem er annahm, dass es auf dem stillen Örtchen gebunkert war. Rein intuitiv tippte ich hinten an den Griff meines Colts - ein Vergewisserungstick, der in diesem Fall verzeihbar war. Sollte er kommen und es sich nicht vermeiden lassen, würde ich ihn so oder so außer Gefecht setzen müssen.

Doch Drogen waren vermutlich das letzte, was diesen Typen hier interessierte. Der war Vollprofi und wollte sichergehen, dass er nicht von einer Kamera aufgenommen worden war. Seine Blicke wanderten in meine Richtung, doch ihn schien der Sanitärbereich wenig zu interessieren, da er hier wohl keine Kameras vermutete. Er arbeitete weder hastig noch nervös, sondern strahlte die Gelassenheit eines vollgefressenen Eisbären, den Charme eines hungrigen Wolfes und die Tödlichkeit einer Königskobra aus. Blut rauschte durch meine Ohren, und ich hörte meinen Herzschlag immer deutlicher, der so laut und schnell wie in einem der Berliner Techno-Szenetempel wummerte, kurz bevor der Tanz-Flur ins Universum der Beats und Drogen abhebt. Zur Not würde ich es mit dem Typen aufnehmen, aber als stummer Zeuge mit Beweisen agieren zu können, war mir die eindeutig liebere Variante. Ich konnte nicht sicher sein, dass ich den Typen gut in den Griff kriegen würde. Trotz meiner unerträglichen Nervosität fragte ich mich dringend, wieso sich der Täter so viel Zeit ließ, zumal jederzeit jemand von der Straße hereinkommen und ihn überraschen konnte.

Doch dann wurde es klar wie destilliertes Wasser, was er vorhatte. Er näherte sich dem toten Araber und platzierte sorgsam eine Spielkarte auf der Einschussstelle. Aus dem Bauch heraus tippte ich auf die PIK 10. Dann legte er einen Zettel neben die ausgestreckten Arme seines Opfers. Ein letztes Mal prüfte der eiskalte Killer sein arrangiertes Kunstwerk und ging dann ganz gemächlich, beinahe unerträglich cool Richtung Ausgang, wobei er sein Basecap ziemlich weit ins Gesicht zog, gerade so, dass er genug sehen konnte. Da der Typ keine Handschuhe getragen hatte, vermutete ich, dass er mit Flüssigspray gearbeitet hatte, um keine DNA-Spuren zu hinterlassen.

Als ich sicher sein konnte, dass er weg war, beseitigte ich meine Spuren auf dem WC, indem ich noch einmal spülte, den Wasserspülungsknopf des Urinals mit einem Papierhandtuch abwischte, das ich in meiner Hosentasche verschwinden ließ, und nach draußen ging. Als ich vor der Leiche mit der verspritzten Gehirnmasse und dem vielen Blut stand, wurde mir beinahe übel. Dennoch schoss ich drei Fotos des Kellners - der junge Mann taugte weder zum Bodyguard noch zum Verticken und war als Kellner genau richtig aufgehoben. Aber das konnte ihm jetzt reichlich egal sein, denn da, wo er sich jetzt...

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Autor

Stefan Schweizer lebt in Potsdam. Als Schriftsteller bewegt er sich in fremden Kulturen und exotischen subkulturellen Milieus. Gesellschaftliche Ränder faszinieren ihn und für Kriminalroman-Recherchen scheut er keine Kontakte mit Schwerkriminellen.Schweizer ist Autor von gesellschaftskritischen Romanen, Kriminalromanen und Thrillern, aber auch Sachbüchern über Terrorismus, Politik und Geschichte.