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Schattengäste

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am24.11.20211. Auflage
In Schattengäste erzählt Joan Aiken die Geschichte eines Jungen, der mit rätselhaften natürlichen und übernatürlichen Ereignissen konfrontiert wird. Manches wird auch uns schon begegnet sein, manches liegt auch außerhalb dessen, was wir mit unseren fünf Sinnen aufnehmen können. Aiken führt ihre Leser in eine geheimnisvolle Welt, in der das Leben plötzlich nicht mehr so einfach ist, wie es oft scheint.

Joan Aiken, Tochter des amerikanischen Lyrikers Conrad Aiken und seiner kanadischen Frau, wurde 1924 in Sussex geboren. Ihre ersten Gedichte und Schauergeschichten schrieb sie im Alter von fünf Jahren. Sie wurde Verfasserin zahlreicher historischer Romane, moderner Thriller und vieler Kinderbücher. Joan Aiken starb 2004 in Petworth, West Sussex.
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Produkt

KlappentextIn Schattengäste erzählt Joan Aiken die Geschichte eines Jungen, der mit rätselhaften natürlichen und übernatürlichen Ereignissen konfrontiert wird. Manches wird auch uns schon begegnet sein, manches liegt auch außerhalb dessen, was wir mit unseren fünf Sinnen aufnehmen können. Aiken führt ihre Leser in eine geheimnisvolle Welt, in der das Leben plötzlich nicht mehr so einfach ist, wie es oft scheint.

Joan Aiken, Tochter des amerikanischen Lyrikers Conrad Aiken und seiner kanadischen Frau, wurde 1924 in Sussex geboren. Ihre ersten Gedichte und Schauergeschichten schrieb sie im Alter von fünf Jahren. Sie wurde Verfasserin zahlreicher historischer Romane, moderner Thriller und vieler Kinderbücher. Joan Aiken starb 2004 in Petworth, West Sussex.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257612592
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum24.11.2021
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse733 Kbytes
Artikel-Nr.8447443
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Niemand war am Flughafen, um ihn in Empfang zu nehmen.

Eine der Stewardessen hatte ihm gesagt, es gebe eine Wartehalle, wo man sich aufhalten könne, falls die Freunde, die einen abholen sollten, noch nicht da seien, wenn das Flugzeug landete. Also ging er dorthin. Gleich neben dem Informationsschalter befanden sich ein paar Plüschbänke, rosa und braun gestreift, auf denen einige Leute saßen und nervös nach allen Seiten Ausschau hielten. Aber Cosmo wollte sich nicht setzen, er lehnte sich lieber gegen den kleinen Wagen, auf dem sein Gepäck stand - zwei Koffer, eine Reisetasche und ein Tennisschläger.

Er starrte auf die Menschenmassen, die in der Eingangshalle des Flughafens hin und her wogten, und fragte sich, wie er jemals erkennen sollte, ob jemand nach ihm suchte.

»Cousine Eunice wird dich wahrscheinlich selbst abholen«, hatte sein Vater gesagt. »Aber es könnte auch sein, daß sie an diesem Tag eine Vorlesung zu halten hat oder Privatunterricht gibt; dann müßte sie wohl jemand anderen schicken.«

Konnte eine dieser Frauen Cousine Eunice sein? Die dicke Blondine mit den Tränensäcken unter den Augen vielleicht? Hoffentlich nicht. Oder die dünne Dunkelhaarige in der Cordsamtjacke? Sie sah ganz nett aus, aber sie ging zielstrebig an ihm vorbei. Die Jüngere dort - nein, sie hatte ein etwa sechsjähriges Mädchen bei sich. Cousine Eunice war nicht verheiratet und hatte keine Kinder.

»Habe ich sie schon einmal gesehen? War sie da, als wir damals Onkel Ted besuchten?«

Er erinnerte sich noch ganz deutlich - so deutlich, daß es schmerzte -, nicht an das Haus, aber an eine Gruppe von Haselnußsträuchern am Weg, der zum Fluß hinunterführte, an einen Bach, an dem er und Mark einen Damm gebaut hatten, an einen tiefen, dunklen Mühlenteich mit einem Wehr und an einen kleinen Steg, über den man zur Insel hinüberging, auf der die Mühle stand. Und an ein riesiges Feld, das die Form eines Halbmonds hatte. Wenn ihn im Augenblick irgend etwas aufheitern konnte - aber das war wirklich nicht möglich -, dann die Aussicht, in der Courtoys-Mühle zu wohnen.

»Nein, Cousine Eunice war zu dieser Zeit nicht da«, hatte sein Vater gesagt. »Sie war in Cambridge beim Studium.« Seine Stimme hatte so geklungen, als halte er etwas zurück - so reden die Leute, wenn sie Dinge verschweigen, weil sie glauben, daß sie für Kinder nicht geeignet seien. In den letzten ein oder zwei Monaten hatte sein Vater sich meistens so angehört, wenn er mit ihm sprach. Also - war mit Cousine Eunice vielleicht etwas nicht in Ordnung? Bestimmt nicht; sein Vater setzte offenbar großes Vertrauen in sie. »Sie wird sich gut um dich kümmern und dir alles besorgen, was du für die Schule brauchst«, hatte er gesagt. »Und ich komme nach England, sobald ich kann.«

Doch wo war Cousine Eunice jetzt? Er fröstelte und fühlte sich ganz plötzlich schrecklich einsam. Dreißig Stunden im Flugzeug, das war kein Honiglecken gewesen - und wenn man dann nicht einmal abgeholt wurde -

In der Eingangshalle hasteten die Leute hin und her wie die Lemminge, manche schleppten ihr Gepäck, andere schoben es auf den Wägelchen vor sich her. Aus den Lautsprechern kam ein nicht abreißender Strom von dringenden Durchsagen, was die hektische Atmosphäre noch verstärkte.

»Letzter Aufruf für den Air-France-Flug vier-null-drei nach Marseilles von Flugsteig sieben. Mr. Panizelos vom Olympic-Flug neun-neun-zwei möchte sich bitte sofort zum Flugsteig zehn begeben. Doktor Creasey, vor kurzem mit Pan Am drei-fünf-drei von Los Angeles eingetroffen, möchte sich bitte an der Flughafeninformation melden. Der Fahrer von Captain Wang Tao Ping bitte zum Informationsschalter.«

Ein grauhaariger Mann kam auf die Plüschbänke zugeeilt, und das Mädchen mit dem besorgten Gesicht und dem riesigen blauen Rucksack sprang freudig auf, lief ihm entgegen und umarmte ihn. Viele der Gesichter, an die er sich allmählich gewöhnt hatte, waren verschwunden und wurden durch andere ersetzt. Ich stehe hier schon länger als alle anderen, dachte Cosmo. Die entnervte Frau, der dicke, ungeduldige kahlköpfige Mann, das Mädchen mit dem Baby, alle waren sie fort. Eine neue Gruppe gespannt wartender Menschen hatte ihren Platz eingenommen.

Cosmo sehnte sich nach einem großen Glas kaltem Wasser. Die letzte Mahlzeit, die im Flugzeug serviert worden war, hatte aus einem widerlich süßen, altbackenen, klebrigen Brötchen und einer halben Tasse lauwarmem Kaffee bestanden, der schmeckte, als habe man ein Stück Karton darin gekocht; den Durst hatte er jedenfalls nicht gestillt. Aber ein Büffet gab es in diesem Teil des Flughafens nicht. Vermutlich hatten die Leute, die ihn gebaut hatten, gedacht, wer mit dem Flugzeug ankam, wolle nichts zu essen oder zu trinken, habe es nur eilig, von hier wegzukommen.

Ma hatte einmal gesagt, wenn man Durst habe, müsse man an Zitronen denken, das würde helfen. Er versuchte es. Aber die Zitronen wollten in seinem Kopf nicht wirklich werden; statt dessen hörte er Mas lachende, einschmeichelnde Stimme, und das war erst recht schlimm, denn nun bildete sich in seiner Kehle ein schrecklicher Klumpen, der ihn würgte und seinen Durst noch quälender werden ließ.

Eine rundliche Frau lief hastig vorbei und rief: »Bert, Percy, Oscar - nun kommt schon - beeilt euch - trödelt doch nicht so!« Sie schob einen Wagen, der hoch beladen war mit dicken Koffern, Bündeln und Matchbeuteln - wie schaffte sie es überhaupt, ihn zu bewegen? Und wie hatte sie ihre Kinder Bert, Percy und Oscar nennen können - drei der häßlichsten Namen in der ganzen englischen Sprache?

Cosmo war nicht besonders begeistert von seinem eigenen Namen, aber er fand ihn doch unvergleichlich viel besser als jeden dieser drei. Er drehte sich um, weil er sehen wollte, ob die schlafmützigen Söhne der dicken Frau ihre gräßlichen Namen auch verdienten, und mußte zugeben, daß sie durchaus passend gewählt waren. Bert - wenn Bert der größte war - schlurfte mürrisch daher, semmelblondes Haar hing ihm in das Pickelgesicht, konnte jedoch dessen muffigen Ausdruck keineswegs verbergen; er trank Limonade aus einer Dose und machte keinerlei Anstalten, seiner Mutter beim Schieben des Gepäckwagens zu helfen, obwohl er mindestens einen Kopf größer war als sie. Oscar war ein widerlicher, kleiner Knülch mit blonden Ringellocken und dicken Backen, die klebrig und verschmiert waren, weil er an einem Eis lutschte; in der anderen Hand hielt er eine Weltraumwaffe, die er jedem, der in seine Nähe kam, in die Beine rammte. Percy, der mittlere, war nicht viel besser. Er trug eine Brille und machte ein verdrießliches Gesicht, futterte Kartoffelchips aus einer Tüte und las im Gehen in einer Autozeitschrift, ohne sich um die nervösen Zurufe seiner Mutter zu kümmern. Armes Ding, dachte Cosmo. Schrecklich, wenn man solche Kinder hat, aber wahrscheinlich war sie selbst daran schuld, sie hätte sie eben anders erziehen müssen.

»Der Fahrer für Mrs. Mohammed Ghazni möchte bitte zum Informationsschalter kommen.«

Die Tafel, auf der die Ankunft der Flüge angezeigt wurden, klickte und schwirrte; sein eigener Flug von Sydney nach London, der mit den Vermerken planmäßig und gelandet ganz oben gestanden hatte, war jetzt durch den sechzig Minuten verspäteten Flug von San Francisco ersetzt worden. Wie sollte Cousine Eunice wissen, daß seine Maschine schon angekommen war? Vermutlich würde sie sich am Schalter erkundigen. Dann fiel ihm ein, daß er auch selbst eine Nachricht ausrufen lassen konnte. Wie sollte sie lauten? »Cousine Eunice Doom, die Cosmo Courtoys abholen soll, möchte sich bitte am Schalter melden?« Aber wenn nun nicht Cousine Eunice gekommen war, um ihn abzuholen? »Die Freunde, die Cosmo Courtoys abholen sollen, möchten bitte -«

Freunde, das paßte nicht - er hatte hier keine Freunde und empfand es als unverschämt, irgendwelche fremden Leute von Anfang an als solche zu bezeichnen.

Plötzlich hatte er eine entsetzliche Vision: Percy, Bert und Oscar, wie sie mit boshaften Gesichtern auf den Informationsschalter losstürmten, wo er nervös wartete. »Bist du Cosmo Courtoys? Tja, wir sollen dich zwar abholen, aber eines kannst du dir gleich merken, deine Freunde sind wir nicht!«

Nach langem Zögern fragte er das Mädchen am Schalter um Rat, und sie löste das Problem im Handumdrehen.

»Miss Eunice Doom oder wer immer in ihrem Auftrag Cosmo Courtoys abholen soll« - sie sprach den Namen falsch aus, weil er ihr seinen Paß gezeigt hatte, aber er hatte doch auch ganz deutlich Curtis gesagt - »möchte bitte zum Informationsschalter kommen.«

Als sein Name, wenn auch falsch ausgesprochen, aus dem Lautsprecher kam, glaubte er, nun müßten ihn alle anstarren, aber das stimmte natürlich nicht; die Leute waren viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Maschine zu erwischen oder jemanden zu finden, der sie abholen sollte; und Cousine Eunice meldete sich auch auf die Durchsage hin nicht.

»Mußte sie weit fahren?« fragte das Mädchen am Schalter.

»Etwa achtzig Meilen, glaube ich - sie kommt aus der Nähe von Oxford.«

»Na ja, dann würde ich mir an deiner Stelle jetzt noch keine Sorgen machen.« Und damit ging das Mädchen zu all den anderen Leuten zurück, die ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen suchten.

Cosmo begann wieder über Cousine Eunice nachzudenken und versuchte sich zu erinnern, was er über sie wußte. Sie war jünger als Vater, aber doch...
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Autor

Joan Aiken, Tochter des amerikanischen Lyrikers Conrad Aiken und seiner kanadischen Frau, wurde 1924 in Sussex geboren. Ihre ersten Gedichte und Schauergeschichten schrieb sie im Alter von fünf Jahren. Sie wurde Verfasserin zahlreicher historischer Romane, moderner Thriller und vieler Kinderbücher. Joan Aiken starb 2004 in Petworth, West Sussex.