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Einband grossDer Chinese - Wachtmeister Studers vierter Fall
ISBN/GTIN

Der Chinese - Wachtmeister Studers vierter Fall

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
SAGA Egmonterschienen am29.11.2021
Weil ihm der Sprit ausgeht, muss Wachtmeister Studer mit seinem Motorrad in Pfründisberg Halt machen. Dort lernt er den Weltenbummler James Fahrni kennen, den er aufgrund seines Aussehens heimlich 'den Chinesen' nennt. Fahrni eröffnet dem Wachtmeister, dass er innerhalb der nächsten paar Monate getötet werden wird. Und nicht nur das: Er stellt ihm auch gleich unauffällig die Verdächtigen vor. Studer tut dies als Hirngespinst des alten Mannes ab. Umso überraschter ist der Ermittler, als er vier Monate später über der Leiche von Fahrni steht. Und eines ist klar, es war definitiv kein Selbstmord. Doch was hat es mit dem Fall wirklich auf sich?Dies ist der vierte Fall von Wachtmeister Studer.-

Friedrich Glauser (geb. 1896) gilt bis heute als einer der ersten und bedeutensten deutschsprachigen Krimiautoren. Sein Leben war geprägt von Entmündigungen, Drogensucht und Aufenthalten in psychiatrischen Einrichtungen. Besonders bekannt ist der schweizer Autor, der 1938 in Nervi bei Genua starb, für seine Geschichten um Wachtmeister Studer. Doch auch viele Erzählungen und Feuilltons wurden von ihm verfasst. Das Syndikat, das Netzwerk deutschsprachiger Kriminalautoren und Kriminalautorinnen, hat seinen wichtigsten Preis nach Friedrich Glauser benannt. Mit diesem werden jährlich die besten Kriminalromane ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextWeil ihm der Sprit ausgeht, muss Wachtmeister Studer mit seinem Motorrad in Pfründisberg Halt machen. Dort lernt er den Weltenbummler James Fahrni kennen, den er aufgrund seines Aussehens heimlich 'den Chinesen' nennt. Fahrni eröffnet dem Wachtmeister, dass er innerhalb der nächsten paar Monate getötet werden wird. Und nicht nur das: Er stellt ihm auch gleich unauffällig die Verdächtigen vor. Studer tut dies als Hirngespinst des alten Mannes ab. Umso überraschter ist der Ermittler, als er vier Monate später über der Leiche von Fahrni steht. Und eines ist klar, es war definitiv kein Selbstmord. Doch was hat es mit dem Fall wirklich auf sich?Dies ist der vierte Fall von Wachtmeister Studer.-

Friedrich Glauser (geb. 1896) gilt bis heute als einer der ersten und bedeutensten deutschsprachigen Krimiautoren. Sein Leben war geprägt von Entmündigungen, Drogensucht und Aufenthalten in psychiatrischen Einrichtungen. Besonders bekannt ist der schweizer Autor, der 1938 in Nervi bei Genua starb, für seine Geschichten um Wachtmeister Studer. Doch auch viele Erzählungen und Feuilltons wurden von ihm verfasst. Das Syndikat, das Netzwerk deutschsprachiger Kriminalautoren und Kriminalautorinnen, hat seinen wichtigsten Preis nach Friedrich Glauser benannt. Mit diesem werden jährlich die besten Kriminalromane ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788728094488
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum29.11.2021
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8575935
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Krach


Herr James Farny führte den Wachtmeister in einen andern, ziemlich besetzten Raum. Das Zimmer mit dem silbern schimmernden Aluminiumöfeli war wohl der Privatsalon des Wirtes gewesen. In der Gaststube, welche die beiden jetzt betraten, saßen vier Männer, alt, in schmierigen blauen Überkleidern, in der Nähe der Tür um einen Tisch, auf dem eine Zweideziguttere, gefüllt mit einer hellgelben Flüssigkeit, stand. Beim Fenster hockten fünf andere Gestalten, gleich gekleidet, in verschmierte blaue Overalls, und auch vor diesen Männern standen niedere, dickwandige Gläschenâ¦

»Bätziwasser«, sagte Herr Farny verächtlich.

Um einen runden Tisch, in der Mitte des Raumes, saßen fünf junge Burschen in städtischer Kleidung mit unwahrscheinlich bunten Krawatten unter schiefsitzenden Umlegekragen. Einer war unter ihnen, der Studer von Anbeginn an auffiel. Er sah älter aus als seine Genossen. Aus einem magern Gesicht ragte eine spitze Nase, die so lang war, daß sie wie verzeichnet aussah. Die fünf Burschen tranken Bier. Hinter dem Schanktisch hockte die Serviertochter und lismete. Zwei dicke braune Zöpfe lagen um ihren Kopf wie ein merkwürdiger Kranz. Herr Farny steuerte auf den Tisch zu, der neben dem der jungen Burschen stand. Dort trank ein alter Bauer gemütlich ein Zweierli Wein.

»Und, Schranz? Wie geht's?« fragte der Chinese den Alten.

»Mhm!« brummte der Alte.

»Was macht Brönnimann?«

»Jasse⦫ Herr Farny nahm Platz und auch Studer setzte sich. Es war durchaus ungemütlich in dem Raum. Eine Spannung herrschte, deren Ursprung man nicht recht feststellen konnte. Die vier Blaugekleideten an der Tür, die fünf in den schmierigen Überkleidern am Fenster blickten auf die zwei neu Eingetretenen, und ihre Münder waren mit Hohn verschmiert.

Nicht das Gewitter verursachte die Spannung, auch nicht die elegante Kleidung des Herrn Farny. - Deutlich hörte Studer das Wort Schroterei , aber er wußte nicht, an welchem Tisch es ausgesprochen worden war.

Übrigens, woher hatten die Leute schon erfahren, daß ein Polizist unter ihnen war? Natürlich! Das Polizeischild am Töff. Aber⦠Warum fürchteten die Armenhäusler die Polizei? Und warum die städtisch gekleideten Jünglinge mit den schiefen Umlegekragen, die sicher der Gartenbauschule angehörten?

»Kognak!« rief Herr Farny. »Huldi, zwei Kognak! Aber vom Guten!« Die Saaltochter kam schüchtern näher. Auffallend war die Farbe ihrer Gesichtshaut. Es sah aus, als sei die Haut mit Schimmel überzogen.

»G'wüß, Herr Farny!« und »Gärn!« sagte die Tochter.

Aber es gelang ihr nicht, die Bestellung auszuführen, denn plötzlich begannen die vier am Tisch bei der Tür nach der Melodie: »Wir wollen keine Schwaben in der Schweiz!« zu gröhlen: »Wir wollen keine Tschucker uff em Bärg, Tschucker uff em Bärg, Tschucker uff em Bärg!« Sie standen auf. Der eine nahm die Zweideziguttere, die anderen bewaffneten sich mit den dickwandigen Schnapsgläslein - und so, von zwei Seiten, rückten sie gegen den Tisch des Wachtmeisters vor und sangen dazu ihr blödes Lied.

Der Chinese balancierte auf den Hinterbeinen seines Stuhles und seine roten Lederpantoffeln baumelten auf den Zehen. Ihm schien die ganze Sache großen Spaß zu machen.

»Angst, Inspekteur?« fragte er und streichelte die weiche Seidensträhne, die seinen Mundwinkel verdeckte.

Studer hob seine mächtigen Achseln. Als aber auch die Gartenbauschüler sich am Krach beteiligen wollten, als der Bursche mit der verzeichneten Nase eine Bierflasche packte, um sich den Armenhäuslern anzuschließen, sagte James Farny, befehlend, wie man zu einem Hunde spricht:

»Kusch, Äbi!« Der Bursche setzte sich wieder. Studer hockte auf seinem Stuhl, die Beine gespreizt, die Ellbogen auf den Schenkeln, die Hände gefaltet; sein Rücken war rund. Und in Wirklichkeit hatte er auch nichts zu fürchten, denn plötzlich ging die Tür zum Nebenzimmer auf und die vier Jasser erschienen.

Es war merkwürdig, sie - einen nach dem andern - eingerahmt von der Türe zu sehen: Jeder wirkte wie ein Bild für sich.

Herr Hungerlott erschien zuerst und zögerte, bevor er die Schwelle überschritt; der Bocksbart am Kinn machte sein Gesicht spitz.

»Was ist das für ein Krach! Schon wieder schnapsen! Und ich hab's doch streng verboten!«

Die alten Männer mit den schmierigen Überkleidern drückten sich gegen die Türe - nun stand Herr Hungerlott im Schein der Lampe:

»Ah! Der Herr Wachtmeister!? Wie geht's, wie geht's?«

Studer murmelte etwas Unverständliches.

Eine zweite Gestalt, massig, mit aufgekrempelten Hemdsärmeln über blondbehaarten Armen, stand im Rahmen der Tür und kolderte los:

»Wie oft habe ich schon gesagt, Ihr sollt am Abend nicht in die Wirtschaft kommen? Hä? Könnt Ihr nicht folgen? So, aber jetzt heim! Marsch-marsch!« Das mußte der Direktor der Gartenbauschule sein. Ein dreifaches Kinn sickerte über sein rohseidenes Hemd, auf seinem gewölbten Bäuchlein baumelte eine Kette aus Weißgold und in den Ringfinger der Rechten war der Ehering tief eingegraben.

Die Schüler verschwandenâ¦

Und nun erst erschien der Uralte, gebeugt und keuchend. Er krächzte:

»Was hat es gegeben, Huldi? Hast mich nicht rufen können?« Dann machte ein Hustenanfall seinen Fragen ein Ende. Ihm auf dem Fuße folgte sein Partner beim Jassen, der Bauer Gerber, und so unscheinbar war dieses Männlein, daß niemand ihm Beachtung schenkte.

In dem fast leeren Raume schwebte als einzige Erinnerung an die Armenhäusler der Geruch von Bätziwasser und schlechtem Tabak. Aber auch dieser schwand, als die Serviertochter auf den Befehl des Direktors ein Fenster öffnete: Die vom Gewitterregen gereinigte Luft strömte ins Zimmerâ¦

Und dann geschah ein Wunder. Plötzlich standen auf dem Mitteltisch sechs Gläser aus Kristallglas (Kristallglas in einer kleinen Beize!). Herr Farny schenkte ein und, mit einem Augenzwinkern zum Wachtmeister, stellte er vor:

»Herrn Hungerlott, den Hausvater der Armenanstalt, kennen Sie schon, Herr Inspektor⦠aber hier, darf ich Ihnen vorstellen: Herr Ernst Sack-Amherd, Direktor der Gartenbauschule Pfründisberg. Weiter: Herr Alfred Schranz, Landwirt; Herr Albert Gerber, Landwirt; die Serviertochter Hulda Nüesch. Und als letzter: unser allverehrter Rudolf Brönnimann, Wirt des Gasthofes zur Sonne ⦠- Und hier unser Inspektor Jakob Studer⦠Wir wollen anstoßen!«

Studer erinnerte sich, damals gedacht zu haben, dieser Herr Farny müsse ein ausgezeichnetes Namensgedächtnis haben, denn: er hatte des Wachtmeisters Legitimation nur kurz gesehen und nicht nur an seinen Familiennamen erinnerte er sich, sondern auch an seinen Vornamen. Doch seinen Reim: Bruder-Studer hatte er vergessen, denn er duzte seinen Gast nicht mehrâ¦

»Es ist ein Elend«, sprach der Hausvater Hungerlott, »man kann den Leuten das Schnapsen nicht abgewöhnen. Ich möchte Euch bitten, Wachtmeister, das, was Ihr hier gesehen habt, in Bern nicht weiter zu erzählen⦠Schließlich und endlich, die Leute arbeiten die ganze Woche, am Samstag bekommt jeder ein Fränkli und ein Päckli Tabak. Das muß für die nächstfolgenden acht Tage langen. Was tun die Leute, um ihr Elend zu vergessen?⦠Kognak ist ihnen zu teuer, darum saufen sie Bätziwasser. Der Pauperismus, Herr Wachtmeister, ist der Aussatz unserer Gesellschaft. Muß ich Ihnen das Wort Pauperismus erklären?«

Studer blickte vor sich auf den Tisch. Er hatte einen nichtssagenden Gesichtsausdruck aufgesetzt, der wie eine Maske wirkte. Jetzt hob er die Augen und sein Blick war leer.

»Pauper«, dozierte der Hausvater, »heißt arm auf lateinisch. Der Pauperismus beschäftigt sich mit dem Probleme der Armut. Bei uns kommt natürlich noch die ganze Frage des Fürsorgewesens hinzu, die ebenso kompliziert ist wie⦫

»Aber du hescht d'Stöck nid gschrybe, im letschte Gang!« unterbrach hier der Landwirt Gerber. Brönnimann begehrte auf: Woll, er habe sie geschrieben, das sei eine verdammte Lüge⦠Und Studer sagte, daß er schon lange eine Kanne Benzin verlangt habe, ob es nicht möglich sei, sie endlich zu bekommen?

- Exakt! Der Mann habe Benzin verlangt, unterstützte Gerber des Wachtmeisters Reklamation.

Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann sagte der Direktor der Gartenbauschule, Herr Sack-Amherd: - Ja, es sei auch nicht immer einfach mit den angehenden Gärtnern⦠meistens hätten die Burschen schon selbständig gearbeitet...

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