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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am23.02.20221. Auflage
Heldin oder eher Anti-Heldin dieses Romans ist Maggie, die drei prachtvolle Villen am Nemisee besitzt, dort wo einst das Heiligtum der Göttin Diana stand. Maggie möchte eine zweite Jagdgöttin sein, aber sie ist eher das Wild: Umgeben von Glücksrittern, Schmarotzern und Kriminellen, sucht sie nach Glück ­ das sie aber erst findet, als sie alles andere verloren hat.

Muriel Spark, geboren 1918 in Edinburgh, Autorin von Romanen, Theaterstücken, Kinderbüchern und Gedichten. Zahlreiche ihrer Bücher wurden verfilmt. 1986 wurde sie zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt, 1993 zur Dame Commander of the British Empire; 1999 erhielt sie den Ehrendoktortitel für Literatur der Oxford University. ?Die Blütezeit der Miss Jean Brodie? wurde mit Maggie Smith in der Titelrolle verfilmt. Muriel Spark, die 2006 in Florenz verstarb, wird gerade international wiederentdeckt und gefeiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextHeldin oder eher Anti-Heldin dieses Romans ist Maggie, die drei prachtvolle Villen am Nemisee besitzt, dort wo einst das Heiligtum der Göttin Diana stand. Maggie möchte eine zweite Jagdgöttin sein, aber sie ist eher das Wild: Umgeben von Glücksrittern, Schmarotzern und Kriminellen, sucht sie nach Glück ­ das sie aber erst findet, als sie alles andere verloren hat.

Muriel Spark, geboren 1918 in Edinburgh, Autorin von Romanen, Theaterstücken, Kinderbüchern und Gedichten. Zahlreiche ihrer Bücher wurden verfilmt. 1986 wurde sie zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt, 1993 zur Dame Commander of the British Empire; 1999 erhielt sie den Ehrendoktortitel für Literatur der Oxford University. ?Die Blütezeit der Miss Jean Brodie? wurde mit Maggie Smith in der Titelrolle verfilmt. Muriel Spark, die 2006 in Florenz verstarb, wird gerade international wiederentdeckt und gefeiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257611205
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum23.02.2022
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse669 Kbytes
Artikel-Nr.8921299
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Miss Thin«, sagte Hubert, »ich wünschte, Sie würden nicht versuchen, Ihre Intelligenz zu gebrauchen. Sie haben so wenig davon. Tun Sie nur das, was ich sage. Sortieren Sie sie nach dem Datum.«

»Ich dachte, Sie würden die persönlichen von den geschäftlichen getrennt halten wollen«, erwiderte Pauline Thin kriegerisch. »Das wäre jedenfalls logisch.«

»Für mich gibt es da keinen Unterschied«, sagte Hubert und blickte mit Abscheu, der mit Pauline Thin in keinerlei Zusammenhang stand, auf die riesigen Mengen alter Briefe, die noch durchgesehen werden mußten. Es hat etwas sehr Aufwühlendes, alte Briefe zu betrachten, von denen jeder eine Welt vergangener Trivialitäten oder auf ewig ungelöster Leidenschaften enthält. Die Überraschung über einst überlesene Worte und neu erkannte Bedeutungen, die Erinnerung an unbezahlte oder zu hoch bezahlte Schulden, an ungelohnte Langeweile oder auf immer verlorene Süße stiegen aus den offenen Kisten zu Hubert auf.

»Ordnen Sie sie chronologisch«, sagte Hubert. »Ein Bündel für jedes Jahr. Unterteilen Sie jedes Bündel nach Monaten. Mehr brauchen Sie nicht zu tun. Lesen Sie sie nicht immer wieder durch, das ist eine Vergeudung von Arbeitszeit.«

»Na, es ist nicht meine Sache, über das Warum nachzudenken«, meinte Pauline und zog einen Stapel Briefe zu sich heran, den sie auf den Tisch gelegt hatte.

»Es ist Ihre Sache«, sagte Hubert. »Sie können nachdenken, soviel Sie wollen, wenn Sie wissen, wie man das macht. Sie haben ebenso die Freiheit wie ich, über alles nachzudenken. Nur behalten Sie Ihre Gedanken für sich. Verschwenden Sie nicht meine Zeit. Fragen Sie mich nicht nach den Gründen. Sortieren Sie die Briefe einfach dem Datum nach.«

Hubert ging zur Tür und trat auf die schattige Veranda, von der aus man den See überblicken konnte. Für März war es ein warmer Tag. Der Frühling war bereit. Er dachte, es wäre vielleicht besser zu versuchen, sich mit dem Mädchen gutzustellen und anzufangen, sie Pauline zu rufen. Sie nannte ihn bereits Hubert, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Seine Nerven waren flattrig, seit von Jahresbeginn an eine Serie finanzieller Mißgeschicke auf ihn niedergeprasselt war, unerwartet, Schlag auf Schlag. Hubert sah diese Rückschläge als sonderbar und unerwartet an; dabei waren sie, wie er sich gleich überlegen sollte, nicht eigentlich unvorhersehbar gewesen, weniger auf sonderbare Zusammentreffen zurückzuführen als vielmehr auf Maggies Scheidung und Wiederverheiratung mit einem wahrscheinlich eifersüchtigen italienischen Adeligen, auf den Verfall des Geldes im allgemeinen und den Zusammenbruch eines dubiosen Unternehmens in der Schweiz, in das Hubert, in der Hoffnung, ein Vermögen zu machen, einen Teil seines eigenen Geldes gesteckt hatte. Er wußte nicht recht, was er tun sollte. Aber ein Mittel blieb ihm. Die Art seiner Anwendung allerdings war noch nicht klar, trieb in seinem Hirn einsam wie eine Wolke, und inzwischen war er knapp bei Kasse.

Allein das Panorama von Nemi, mit dem See, der üppigsten Vegetation der Erde, der Szenerie, die die Phantasie Sir James Frazers zu Beginn seines umfassenden Werks zur vergleichenden Religion, Der goldene Zweig, angeregt hatte, diese ganze magische Eindruckskraft und Kulisse, die nie zuvor in all den Jahren, seit er diesen Ort kannte, und in den Monaten, seit er hier lebte, ihre Wirkung verloren hatte, war plötzlich zu teuer. Ich kann mir den Blick nicht leisten, dachte Hubert und kehrte ins Zimmer zurück.

Der Anblick Paulines, die die Papiere bündelte, schenkte ihm einen leicht euphorischen Moment. Dort unter den Briefen und Dokumenten seines Lebens hatte er jenes geheime Mittel, und er hatte beschlossen, es zu gebrauchen. Maggie konnte ihm Nemi niemals wegnehmen, weil das Gebiet von Nemi im spirituellen Sinn, wenn schon nicht im realen, das seine war.

Tatsächlich gehörte ihm natürlich nicht einmal das Haus. Maggie war ... Maggie hatte ... Maggie, Maggie ...

Pauline Thin las gerade einen der Briefe. Manchmal, wenn einer undatiert war, mußte sie ihn lesen, um einen Anhaltspunkt zu finden, auf welchem der diversen Stapel von Korrespondenz, die auf dem Tisch ausgelegt waren, er seinen rechtmäßigen Platz hatte. Doch Pauline las mit lustvollem Interesse, und Hubert war sich nicht sicher, ob er sich Paulines Spaß an ihrer Arbeit leisten konnte, da sie schließlich stundenweise bezahlt wurde. Er war sich deshalb nicht sicher, weil sie einerseits sehr wenig pro Stunde bezahlt bekam, ferner höchst vertrauenswürdig war und er sich jetzt mehr denn je auf sie verließ; andererseits aber war er sich nicht einmal sicher, ob er sie sich überhaupt leisten konnte, weil er ihr überdies den Lohn für viele Arbeitsstunden schuldete und sich die Schuld jede Stunde in dem Maß erhöhte, wie sich die Wahrscheinlichkeit verringerte, daß er sie je begleichen würde.

Hubert blickte wieder auf Pauline mit ihrem kleinen Gesicht und dem lockigen Haar und empfand jetzt die Abwesenheit von Ian, dem Jungen aus Inverness, und von Damian, dem kleinen Armenier mit dem merkwürdigen Nachnamen Runciwell, der, als Sekretär, der beste Sekretär gewesen war; und ihm fehlten auch die beiden anderen mit ihrer Launenhaftigkeit und ihren Ansprüchen, mit ihren Kochkünsten oder ihrem Designergeschmack, mit ihren Ohrringen und Halsketten, den hautengen Blue jeans und den kleinen, apfelförmigen Hintern. Er empfand ihre Abwesenheit ohne spezifisches Bedauern; es war ihre Gattung, die ihm fehlte. Ihr Fortgehen war eine Tatsache, die ihn immer noch lähmte, gehörte einer Zeit an, die so nahe war und doch so endgültig letzter Sommer, Vergangenheit.

In den Morgennachrichten hatte man den Tod Noël Cowards gemeldet. »Das Ende einer Ära«, hatte man es genannt. Alles seit Maggies plötzlicher Scheidung und ebenso plötzlicher italienischer Heirat im vergangenen Jahr war für Hubert das Ende einer Ära gewesen. Äras enden eben, dachte Hubert. Sie enden jeden Tag. Er war niedergeschlagen. Er lebte auf. Er war wieder niedergeschlagen.

Er sah erneut zu Miss Thin hin. Sie hatte die Lektüre des anscheinend fesselnden Briefes beendet. Sie saß mit dem Rücken zu ihm und beugte sich über den Tisch, um säuberlich die Bündel von Unterlagen aufeinanderzustapeln. Sie hatte ein ausladendes Gesäß, zu breit. Wo ist die Poesie meines Lebens? dachte Hubert. In ihm hielt sich hartnäckig eine Ahnung, daß die Poesie noch da war und wiederkommen würde. Wordsworth definierte Poesie als »sich in Stille erinnerten Gefühls«. Hubert nahm eine Beruhigungstablette, eine ganz milde, die Mitigil hieß, und er wußte, daß er sich in etwa zehn Minuten wohler fühlen würde. Zur Sicherheit nahm er noch eine. Inzwischen bog ein bekannter weißer Wagen in die Auffahrt ein und hielt an, ehe er die Tür erreichte.

»Ach, du lieber Gott, der!« sagte Hubert und rief, sich Pauline zuwendend: »Miss Thin, das ist ein lästiger Mensch. Bitte bleiben Sie in der Nähe und stören Sie mich immer wieder mit Briefen, die ich unterschreiben muß. Erinnern Sie mich mit Nachdruck daran, daß ich heute abend zum Essen verabredet bin. Ich biete ihm einen einzigen Drink an. Dieser Mann ist eine pathologische Plage.«

Pauline kam heraus, um nachzusehen, wer angekommen war. Ein mittelgroßer, dünner Mann im Anzug eines Geistlichen war aus dem Wagen gestiegen, hatte die Tür zugeschlagen und kam lächelnd und winkend auf sie zu.

»Er ist ein Jesuit aus Milwaukee«, sagte Hubert.

»Ich kenne ihn«, erwiderte Pauline. »Er fällt jedem lästig.«

»Ich weiß«, sagte Hubert und fand Miss Thin plötzlich sehr nett. Er trat ein wenig vor, um den Priester zu empfangen.

»Ach, Hubert, wie schön, Sie anzutreffen«, sagte der Priester mit einer Stimme, die wie eine einsaitige Gitarre klirrte. »Ich bin extra aus Rom hergefahren, weil ich mit Ihnen sprechen wollte.«

»Guten Tag«, sagte Hubert höflich. »Leider ist meine Zeit ein wenig knapp bemessen. Wenn Sie mich angerufen hätten, dann hätten wir einen Tag vereinbaren und Sie hätten zum Abendessen herauskommen können.«

»Oh, Sie gehen aus ...?«

»Gegen sieben«, antwortete Hubert und setzte ein schwaches Lächeln auf. Es war gerade gegen sechs. »Ich muß mich gleich umziehen.« Hubert deutete auf seine alten Sachen. »Kennen Sie Pauline Thin? - Pauline, das ist Pater Cuthbert Plaice.«

»Ach, ich glaube, ich kenne Sie, Pauline«, sagte der Priester, während er ihr die Hand reichte und versuchte, sie in seinem sozialen Gedächtnis ausfindig zu machen.

»Ich habe für Bobby Lester in Rom gearbeitet«, half ihm Pauline.

»Ach, natürlich. Und jetzt sind Sie hier?«

»Ja, jetzt bin ich hier.«

»Hubert, ich habe unten im Wagen einen befreundeten Jesuiten sitzen«, sagte der Priester, »mit dem ich Sie gern bekannt machen würde. Er studiert die alten ökologischen Kulte und hat sogar einige Bandaufnahmen moderner Naturkultler gemacht, die Sie unbedingt hören müssen. Es gibt da die Bewußten und die Unbewußten. Faszinierend. Ich dachte eigentlich, wir könnten zusammen essen, aber ich hole ihn auf jeden Fall herauf, und wir können ein Glas trinken. Ich wollte Ihnen nur sagen, ehe Sie mit ihm zusammentreffen, daß Sie beide dieselbe Wellenlänge haben.«

Der Priester eilte zum Wagen, einen Arm hinter sich ausgestreckt, als zöge Hubert am Ende einer unsichtbaren Schnur von ihm weg.

»Verdammte Brut«, sagte Hubert zu Pauline. »Wie komme ich dazu, ihnen meinen Alkohol zu geben? Er weiß - ich habe es ihm gesagt -, daß ich mir diese üppigen Einladungen nicht mehr leisten kann. Und Essen! Zum...
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Autor

Muriel Spark, geboren 1918 in Edinburgh, Autorin von Romanen, Theaterstücken, Kinderbüchern und Gedichten. Zahlreiche ihrer Bücher wurden verfilmt. 1986 wurde sie zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt, 1993 zur Dame Commander of the British Empire; 1999 erhielt sie den Ehrendoktortitel für Literatur der Oxford University. >Die Blütezeit der Miss Jean Brodie