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Das venezianische Grab

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am14.02.20231. Auflage
Gänsehaut garantiert: Diesmal führt der neue Fall für Nathan Sutherland ihn tief in die dunkle Vergangenheit Venedigs. Ein Muss für alle Fans von La Serenissima! Selbst die schönste Stadt der Welt hat eine dunkle Seite ... Am 2. November, dem Feiertag Allerseelen, pilgern die Venezianer wie jedes Jahr zur Friedhofsinsel San Michele, um der Verstorbenen zu gedenken - so auch Nathan Sutherland. Als man jedoch einen mysteriösen leeren Sarg aus der Erde zieht, wird der Tag des stillen Gedenkens für Nathan zum Beginn einer Reise in die dunkle Geschichte einer noblen venezianischen Familie. Und er ist nicht der Einzige, der sich in die geheimnisvolle Vergangenheit der Stadt verstrickt: Ein junger Tourist mit einem verhängnisvollen Interesse an Venedigs verlassenen Inseln wird ertrunken in einer Lagune aufgefunden. Ein britischer Journalist verschwindet. Eine tödliche Abrechnung steht kurz bevor ...

Philip Gwynne Jones stammt aus Wales, lebt aber seit 2011 mit seiner Frau Caroline in Venedig, wo er anfing als Lehrer und Übersetzer zu arbeiten. Inzwischen schreibt er Romane, in denen seine Liebe zu Venedig deutlich mitschwingt. Er liebt die italienische Küche, Kunst, klassische Musik und die Oper und bisweilen singt er als Bass bei den Cantori Veneziani und dem Ensemble Vocale di Venezia.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextGänsehaut garantiert: Diesmal führt der neue Fall für Nathan Sutherland ihn tief in die dunkle Vergangenheit Venedigs. Ein Muss für alle Fans von La Serenissima! Selbst die schönste Stadt der Welt hat eine dunkle Seite ... Am 2. November, dem Feiertag Allerseelen, pilgern die Venezianer wie jedes Jahr zur Friedhofsinsel San Michele, um der Verstorbenen zu gedenken - so auch Nathan Sutherland. Als man jedoch einen mysteriösen leeren Sarg aus der Erde zieht, wird der Tag des stillen Gedenkens für Nathan zum Beginn einer Reise in die dunkle Geschichte einer noblen venezianischen Familie. Und er ist nicht der Einzige, der sich in die geheimnisvolle Vergangenheit der Stadt verstrickt: Ein junger Tourist mit einem verhängnisvollen Interesse an Venedigs verlassenen Inseln wird ertrunken in einer Lagune aufgefunden. Ein britischer Journalist verschwindet. Eine tödliche Abrechnung steht kurz bevor ...

Philip Gwynne Jones stammt aus Wales, lebt aber seit 2011 mit seiner Frau Caroline in Venedig, wo er anfing als Lehrer und Übersetzer zu arbeiten. Inzwischen schreibt er Romane, in denen seine Liebe zu Venedig deutlich mitschwingt. Er liebt die italienische Küche, Kunst, klassische Musik und die Oper und bisweilen singt er als Bass bei den Cantori Veneziani und dem Ensemble Vocale di Venezia.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644014503
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum14.02.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4257 Kbytes
Artikel-Nr.9141008
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

- 2 -

Rayner blieb stehen, um in seinem gebrochenen Italienisch ein paar Worte mit dem Patriarchen zu wechseln, der freundlich lächelnd nickte. Dann schritt er, ohne überhaupt sicherzugehen, dass ich ihm folgte, in Richtung des Reparto Evangelico, des protestantischen Teils des Friedhofs, davon.

«Sie können mir vermutlich nicht verraten, was das alles soll?», fragte ich schnaufend, während ich mir Mühe gab, mit ihm mitzukommen.

Ohne langsamer zu werden, griff er in seine Manteltasche, holte ein Blatt Papier heraus und reichte es mir. «Seien Sie doch so gut und lesen Sie das, ja?»

Ich warf einen kurzen Blick auf das Blatt. Offenbarung 21. Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.

«Jetzt?», fragte ich.

Er blieb stehen und drehte sich um. «Nicht jetzt, Sie Trottel. Im Gottesdienst.»

«Aha. Warum?»

Er seufzte. «Nathan, an Allerseelen haben wir, wie soll ich sagen, eine überschaubare, aber erlesene Anzahl an Besuchern.» Er warf einen Blick auf den stetig fallenden Regen. «Wer kann es ihnen verdenken, um ehrlich zu sein? Jedenfalls habe ich es satt, jedes Jahr dieselben alten Gesichter darum zu bitten. Als ich Sie am Anleger gesehen habe, dachte ich, Sie wären ideal.»

«Verstehe. Wollen Sie nicht lieber jemanden, der an Gott glaubt?»

«Das wird sich irgendwann schon noch finden. Aber stellen Sie sich doch mal vor, was das für die regelmäßigen Kirchgänger bedeutet? Sie kommen an einem kalten, winterlichen Tag hierher. Die meisten sogar, ohne Verwandte auf dem Friedhof liegen zu haben. Und dann trägt ihr Honorarkonsul persönlich etwas zum Gottesdienst bei. Das wird sie begeistern.»

«Ich fühle mich geschmeichelt.» Dann überkam mich ein Verdacht, und ich runzelte die Stirn. «Moment, heißt das etwa, sie werden das ab jetzt jedes Jahr von mir erwarten?»

Rayner grinste. «Das könnte durchaus sein.» Plötzlich wurde sein Gesichtsausdruck ernst, beinah besorgt sogar. «Entschuldigen Sie, dass ich gar nicht danach gefragt habe. Was führt Sie eigentlich her?»

Wir näherten uns Magris Grab, und ich nickte in die Richtung. Rayner musste zweimal hinschauen, als er den Hammer-und-Sichel-Kranz sah.

«Großer Gott!»

«Paolo Magri bewegte sich in kommunistischen Kreisen. Entschuldigen Sie, das sollte sicher keine Beleidigung sein.»

«Schon gut.» Er sah mich an. «War er ein Freund von Ihnen?»

Ich zögerte. «Ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich schon. Zumindest hoffe ich, er hätte einer werden können.»

«Verstehe. Tut mir leid.» Jetzt zögerte er. «Soll ich ihn mit auf die Liste setzen?»

«Die Liste?»

«Die Liste der Verstorbenen. Wir verlesen ihre Namen als Teil der Fürbitte.»

«Ah, ich verstehe. Das ist sehr freundlich von Ihnen. Ja, danke.»

«In Ordnung.» Er lächelte wieder. «Die können Sie dann auch vortragen.»

***

Wir durchquerten den Friedhof, bis wir zu dem eisernen Tor kamen, das den katholischen Teil vom protestantischen trennte. Der Unterschied zwischen beiden fiel sofort ins Auge. Im Gegensatz zu den streng geordneten Gräberreihen, die den romanisch-katholischen Bereich kennzeichneten, war hier alles wackelig und marode und wirkte wie ein lange vernachlässigter englischer Friedhof. Es gab ein paar wenige Grabmonumente, einfach schlichte Steinkreuze und mit Rissen durchzogene Gedenksteine, von denen viele umgestürzt waren. Zypressen und Lorbeerbäume verliehen dem Ganzen, unterstützt vom tief hängenden Nebel, eine gespenstische Atmosphäre. Der Friedhof war auf allen vier Seiten von einer Mauer umgeben, die nur durch ein weiteres Tor am hinteren Ende unterbrochen wurde, das früher einmal direkt zur Lagune geführt hatte. Dem Reparto fehlten, das wusste ich, schon lange die Mittel zur Restaurierung. Und da die Zahl derer, die hier ihre Familienangehörigen zur letzten Ruhe betteten, jedes Jahr abnahm, wurde es immer schwieriger, an solche Mittel zu kommen.

Rayner lief zu einer großen Steinplatte in der Mitte der Anlage. Zwölf Rosen lagen auf dem Grabmal mit der schlichten Inschrift: Ezra Pound. Er nahm eine der Blumen und drehte sie zwischen den Fingern, bevor er sie sanft wieder zurücklegte. «Die legt jedes Jahr jemand hier ab», murmelte er. «Pound muss demjenigen viel bedeutet haben, wer immer es sein mag.»

Ich biss mir auf die Zunge. Meines Wissens wurden die Rosen von einer Gruppe Faschisten dort abgelegt, die aus irgendwelchen Gründen den schon lange verstorbenen Dichter als Quelle der Inspiration verehrten. Rayner wusste das offenbar nicht, und jetzt schien mir nicht der richtige Zeitpunkt, es ihm zu sagen.

Er blickte noch einmal in den Regen hinauf. «Es wird nur eine kurze Andacht werden, aber es ist zu nass, um im Freien zu stehen. Ein paar meiner Schäfchen sind nicht mehr die Jüngsten. Es wäre nicht gerade fürsorglich, wenn sie kämen, um ihren Respekt zu zollen, ohne ihnen zumindest einen Unterstand zu bieten.»

Ich sah mich um. «Aber wo? Hier kann man sich nirgendwo unterstellen.»

«Nein. Nie hat man ein nettes, gemütliches Mausoleum, wenn man eins bräuchte.» Wahrscheinlich machte er Witze, aber bei Pfarrer Rayner war das manchmal schwer zu sagen. Er wies mit dem Daumen in Richtung der dreibogigen Grabkapelle der Familie Trentinaglia, die an der südlichen Wand von einem Gerüst abgestützt wurde. «Kommen Sie, da drüben können wir uns wenigstens ein bisschen unterstellen. Obwohl uns anscheinend schon jemand zuvorgekommen ist.»

Zwei Männer mit Wollmützen standen an der Friedhofsmauer und rauchten. Ein Anflug von Verärgerung huschte über Pfarrer Rayners Gesicht, aber dann entspannte sich sein Blick. Schließlich war an Allerseelen jeder im Reparto Evangelico willkommen, ob Raucher oder nicht.

Auf den ersten Blick sah es aus, als trügen die beiden identische graue Regenmäntel, doch als wir näher kamen, sah ich, dass es Arbeitsanzüge waren. Die grauen Logos mit der grünen, orangen und blauen Flamme deuteten darauf hin, dass sie von Veritas kamen, der Firma, die für die Müllabfuhr, die Sanitärreinigung und die allgemeine Instandhaltung der Stadt zuständig waren.

«Was machen die denn hier?», flüsterte Rayner.

«Keine Ahnung. Ist aber merkwürdig. Warum sollte jemand von Veritas an einem Feiertag hier draußen arbeiten?»

Ich ging zu ihnen. «Signori.»

Der eine ließ seine Selbstgedrehte auf den Boden fallen und trat sie aus, bevor er sich die Hand an seiner Müllarbeiterkluft abwischte und sie mir entgegenstreckte. «Buongiorno.»

«Könnten Sie mir vielleicht sagen, was los ist?», fragte ich. «Ich meine, nichts für ungut, aber wir haben hier», ich sah auf die Uhr, «in zwanzig Minuten eine Andacht.»

Der Mann musterte mich von oben bis unten. «Sind Sie der padre?»

«Nein, ich trage nur gern Schwarz.» Wir grinsten beide. «Das ist er», fügte ich hinzu und deutete auf Rayner.

«Buongiorno, padre.»

«Buongiorno.»

Der Arbeiter lächelte und sprach munter auf Italienisch weiter. Rayner sah mich gequält an. «Tut mir leid, Nathan, könnten Sie vielleicht ...?»

«Übersetzen?»

«Bitte.»

«Natürlich.» Ich zögerte kurz. «Wie lange sind Sie jetzt hier?»

«Drei Jahre.»

«Wie geht´s mit Ihrem Italienisch voran?»

«Langsam. Für derlei Dinge habe ich Kirchenvorsteher und jede Menge wohlmeinende Gemeindemitglieder.»

«Verstehe. Es wäre hilfreich, wissen Sie?»

«Ich weiß.» Er wirkte verlegen.

Ich wandte mich wieder an die Arbeiter. «Ich glaube nicht, dass jemand damit gerechnet hat, Sie heute hier anzutreffen.»

«Nossignore. Uns hat aber auch niemand gesagt, dass auf diesem Teil des Friedhofs eine Andacht stattfindet. Damit haben wir nicht gerechnet.»

«Heute ist Allerseelen.»

«Sissignore. Aber wissen Sie ... Er blickte sich um und deutete auf die verwahrlosten Gräber ringsum. «Wir dachten, hier sind selten Leute.»

«In zwanzig Minuten werden hier Leute sein.» Ich wandte mich wieder an Pfarrer Rayner. «Wie viele?», fragte ich auf Englisch.

«Zehn vielleicht.»

«Mindestens vierzig oder fünfzig», sagte ich erneut an den Arbeiter gewandt. Plötzlich kam mir ein Gedanke. «Moment mal, heute ist doch Feiertag. Warum arbeiten Sie da überhaupt?»

Er rieb grinsend Daumen und zwei Finger aneinander. «Heute gibt´s mehr Geld.»

«Das ist verständlich. Darf ich fragen, was genau Sie machen? Und kann es warten? Eine Stunde ungefähr?»

Er zuckte mit den Schultern. «Es geht um die Grabsteine», antwortete er. «Jedes Jahr stürzen ein paar davon um. Sehen Sie es sich an. Keiner kümmert sich um sie, und der Untergrund ...» Er grub mit einem Quatschen die Ferse in den Boden. «Der Boden hier ist vollgesaugt wie ein Schwamm. Dadurch verlieren sie den Halt. Deshalb sind Enzo und ich hier, um für Sicherheit zu sorgen.» Er klopfte seinem Kollegen auf die Schulter. «Stimmt´s, Enzo?»

Enzo nickte und zündete sich noch eine Selbstgedrehte an. Er nickte in Richtung eines schweren Grabsteins, der fürchterlich windschief dastand. «Den müssen wir versetzen.» Gleich daneben stand ein Sarg, und der dazugehörige Grabstein lag flach auf dem Boden.

«Sie öffnen Gräber?», fragte Rayner empört. «Warum wurde ich nicht darüber informiert?»

Ich übersetzte, und die Arbeiter zuckten zeitgleich mit den Schultern. «Das wissen wir nicht, padre. Das ist Sache der commune.»

Rayner sah mich hilflos an....
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Autor

Philip Gwynne Jones stammt aus Wales, lebt aber seit 2011 mit seiner Frau Caroline in Venedig, wo er anfing als Lehrer und Übersetzer zu arbeiten. Inzwischen schreibt er Romane, in denen seine Liebe zu Venedig deutlich mitschwingt. Er liebt die italienische Küche, Kunst, klassische Musik und die Oper und bisweilen singt er als Bass bei den Cantori Veneziani und dem Ensemble Vocale di Venezia.Birgit Salzmann studierte Deutsche Sprache und Literatur, Anglistik und Romanistik und übersetzt englischsprachige Literatur ins Deutsche. Nach Venedig zieht es sie seit über 25 Jahren immer wieder. Sie lebt mit ihrer Familie in Marburg.