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Wachtmeister Studers Ferien

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Atlantis Literaturerschienen am28.04.20221. Auflage
Ascona 1921, einer der heißesten Sommer seit Menschengedenken. Studer, Polizeikommissar aus Bern, macht mit seiner Frau Urlaub am Lago Maggiore. Die Ruhe ist himmlisch - bis Studer von einem Mann angesprochen wird. Er ist Schriftsteller, kommt auch aus der Deutschschweiz und bittet den Kommissar um Hilfe: Am Waldrand, nicht weit von seiner bescheidenen Behausung, wurde eine Leiche gefunden, und die örtliche Polizei ist überzeugt, dass er die junge Frau getötet hat. Studer beginnt halbherzig, Erkundigungen über das Opfer einzuholen: eine ausländische Tänzerin, die mit einem abgehalfterten alten Baron befreundet war und in der Nachbarschaft der exzentrischen Künstler des Monte Verità lebte ...Bereits in den zwanziger Jahren begann Friedrich Glauser mit einem Roman über Studers Ferien in Ascona, der aber bis zu seinem Tod 1938 unvollendet blieb. Das Fragment umfasst vierzig Seiten, drei verschiedene Anfänge und gleich vier Schauplätze. Hundert Jahre später übernimmt der Tessiner Schriftsteller Andrea Fazioli, spinnt eine Erzählung um diese Fragmente herum - und klärt den Fall auf.

Andrea Fazioli, geboren 1978, studierte in Mailand und Zürich Romanistik und arbeitete als Radio- und Fernsehjournalist. Er ist leidenschaftlicher Saxophonspieler und Pfeifenraucher. Für seine Tessiner Kriminalromane um den eigenbrötlerischen Privatdetektiv Elia Contini wurde er mehrfach ausgezeichnet. Andrea Fazioli lebt in Bellinzona. Im Atlantis Verlag ist erschienen: Wachtmeister Studers Ferien, Faziolis Roman um Friedrich Glausers Ascona-Fragment.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextAscona 1921, einer der heißesten Sommer seit Menschengedenken. Studer, Polizeikommissar aus Bern, macht mit seiner Frau Urlaub am Lago Maggiore. Die Ruhe ist himmlisch - bis Studer von einem Mann angesprochen wird. Er ist Schriftsteller, kommt auch aus der Deutschschweiz und bittet den Kommissar um Hilfe: Am Waldrand, nicht weit von seiner bescheidenen Behausung, wurde eine Leiche gefunden, und die örtliche Polizei ist überzeugt, dass er die junge Frau getötet hat. Studer beginnt halbherzig, Erkundigungen über das Opfer einzuholen: eine ausländische Tänzerin, die mit einem abgehalfterten alten Baron befreundet war und in der Nachbarschaft der exzentrischen Künstler des Monte Verità lebte ...Bereits in den zwanziger Jahren begann Friedrich Glauser mit einem Roman über Studers Ferien in Ascona, der aber bis zu seinem Tod 1938 unvollendet blieb. Das Fragment umfasst vierzig Seiten, drei verschiedene Anfänge und gleich vier Schauplätze. Hundert Jahre später übernimmt der Tessiner Schriftsteller Andrea Fazioli, spinnt eine Erzählung um diese Fragmente herum - und klärt den Fall auf.

Andrea Fazioli, geboren 1978, studierte in Mailand und Zürich Romanistik und arbeitete als Radio- und Fernsehjournalist. Er ist leidenschaftlicher Saxophonspieler und Pfeifenraucher. Für seine Tessiner Kriminalromane um den eigenbrötlerischen Privatdetektiv Elia Contini wurde er mehrfach ausgezeichnet. Andrea Fazioli lebt in Bellinzona. Im Atlantis Verlag ist erschienen: Wachtmeister Studers Ferien, Faziolis Roman um Friedrich Glausers Ascona-Fragment.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783715275055
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum28.04.2022
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1244 Kbytes
Artikel-Nr.9221081
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erste Begegnung

Eine Villa in unmöglichem Stil, Flachdach, rechts und links vom Eingang zwei Türme, mit roten Ziegeln bedeckt. Auf einem schwarzen Marmorschild in Goldbuchstaben: »Pension Mimosa«. Ein offenes Fenster im ersten Stock umrahmt den massigen Oberkörper eines Mannes; das Gesicht des Mannes ist merkwürdig schmal und mager, ein brauner Schnurrbart bedeckt den Mund. Der Mann raucht eine Brissago und schaut auf den See, der weit unten sich ausbreitet, blau, wie eine angelaufene Stahlplatte.

Ich möchte das Gästebuch sehen. Es stimmt, der Graf hat mich nicht angelogen.

»Im ersten Stock«, sagt der Portier, »Zimmer zwölf â¦« Er spricht Deutsch, was für eine Fremdenpension in Locarno eigentlich selbstverständlich ist.

»Studer, Jakob, Kommissär an der Stadtpolizei Bern.«

Etwas möchte ich gerne wissen, aber ich habe vergessen, gestern Abend danach zu fragen: Wieso hat der Graf, der während des Krieges Militärattaché an der deutschen Gesandtschaft in Bern war, die Bekanntschaft des Polizeikommissärs gemacht? Und hätte ich die Frage auch gestellt, der Graf hätte mir wohl die Antwort verweigert â¦ Der Graf kann sehr diskret sein â¦ Ich bin neugierig, ob der Berner Polizeikommissär mir helfen kann, ich bezweifle es sehr, denn er ist ja in den Ferien, und schließlich geht ihn ja der Fall nichts an â¦ Aufzuklären hat ihn die Tessiner Polizei, aber die ist erstens ungeschickt, und zweitens spricht sie schlecht Deutsch - mein Italienisch aber ist so mangelhaft, dass es immer wieder Missverständnisse gibt - der Graf hat mir gesagt, dass der Berner Polizeikommissär mit den Tessinern gut stehe â¦

Warum hat die Frau auch gerade fünfzig Meter von meiner Mühle den Tod finden müssen? Die unbekannte Frau? â¦

»Numme iche â¦«, sagt eine tiefe Stimme. Und dann bleibe ich im Türrahmen stehen. Der Zugwind reißt an den Gardinen, durchs Fenster sieht man die Berge ob Magadino, sehr dunkel, sehr grün â¦

Das Fenster hat ein eisernes Gitter, das dem Mann mit der Brissago etwa bis zur Brust reicht, er hat mir zuerst nur den Kopf zugewandt, jetzt dreht er sich ganz um, lehnt sich gegen das Eisengitter, nimmt die Brissago aus dem Munde â¦ In einer Ecke des Zimmers ist eine Frau damit beschäftigt, einen Koffer auszupacken und Wäsche in einem Schrank zu verstauen â¦

»Was weit-r?«

Ich stelle mich vor, ein wenig stotternd, nenne den Grafen, der mich hierherverwiesen hat, und frage schüchtern, ob ich den Herrn Kommissär nicht allein sprechen könne â¦ Blick auf die Frau â¦ Der Mann nickt, zieht an seiner Brissago, sie ist ausgegangen, er zündet sie an, sagt dann ruhig: »Emmy, los«, und sie solle nur go z Morge näh, er werde nachkommen â¦ Die Frau nickt, drückt sich an mir vorbei zur Tür hinaus und schließt dann die Tür hinter meinem Rücken â¦

»Und?«, fragt der Mann. Er ist stehen geblieben, hat seine Ellenbogen auf das eiserne Gitter gestützt und betrachtet mich blinzelnd. Ich kann sein Gesicht schlecht sehen, der Morgen hinter ihm ist sehr hell, darum wirkt der längliche Kopf wie ein Schattenriss.

»Hocked ab â¦«, sagt der Mann.

»Ja, Herr Kommissär â¦«

Es kommt mir vor, als verziehe sich sein Gesicht, dann sagt er, er halte nichts von Titeln, ich solle nur ruhig »Studer« zu ihm sagen, in Bern (»Bäärn«, sagt er) seien nur die »Bundeshüüsler« auf Titel erpicht, aber er sei ein einfacher Mann, außerdem in den Ferien â¦ Ob ich auch Berner sei?

Ich nicke. - Und wie ich denn die Bekanntschaft des Grafen gemacht habe?

Wie man eben so Bekanntschaften mache, erwidere ich. Der Graf habe sich in Ascona niedergelassen, er habe ein kleines Haus gemietet, in dem er mit seiner Frau wohne, er verkehre viel mit uns â¦

»Uns?«

Ja, wir seien eine kleine Gesellschaft von Künstlern, zwei Maler, eine Graphikerin, eine Tänzerin, zwei Schriftsteller, und dann sei ich noch da, ich schriebe auch â¦ Der Graf interessiere sich sehr für Kunst, und als ich ihn gestern Abend wegen des Mordes, der in der Nähe der Mühle passiert sei, in der ich wohne, um Rat gefragt habe, weil ich mich mit der Tessiner Polizei so schlecht verständigen könne, habe mir der Graf gesagt: »In Locarno ist augenblicklich einer meiner guten Freunde in den Ferien, ein Berner Polizeikommissär namens Studer, der mir seinerzeit viel geholfen hat, gehen Sie zu dem Manne, der wird auch Ihnen helfen.« So habe der Graf gesprochen, und darum hätte ich mir erlaubt, den Herrn Kommissär - eh, den Herrn Studer aufzusuchen â¦

»Mord?«, fragt der Mann, ohne die Grüße, die ich vom Grafen bestelle, zur Kenntnis zu nehmen. - Wer denn ermordet worden sei? â¦

Gerade das wisse ich nicht. Eine Frauenperson, fremder Herkunft scheinbar, denn niemand aus unserem Kreise habe sie identifizieren können, sie sei etwa fünfzig Meter von dem Hause, das ich an der Straße bewohne, die von Arcegno nach Ronco führe, aufgefunden worden â¦

»Wann?« Der Kommissär Studer stellt die Frage, ohne mich anzublicken, er sucht nach einem Stuhl, findet einen neben dem Bett, setzt sich, die Beine gespreizt, und stützt die Unterarme auf die Schenkel. Ich kann nun sein Gesicht besser sehen: Die Lider sind halb geschlossen, er blickt zu Boden. Die erloschene Brissago hält er zwischen Zeige- und Mittelfinger â¦

»Gestern Morgen um fünf Uhr â¦«

»Von wem?«

»Von einem gewissen Heinrich Gösch, einem sonderbaren Mann, eigentlich meinem unmittelbaren Nachbarn, er bewohnt am Anfange des Dorfes Ronco, etwa achtzig Meter von der Straße entfernt, ein altes Bauernhaus mit seiner Frau und zwei kleinen Mädchen â¦ Das eine Mädchen ist stumm â¦«

»Stumm? Kann nicht reden?«

Wie dumm dieser Mann daherredet, denke ich. Ob ihn der Graf nicht doch überschätzt hat. Ich antworte ironisch:

»Stumme können gewöhnlich nicht reden, Herr Kommissär!«

Der Mann blickt gar nicht auf. Er drückt auf den Knopf eines Benzinanzünders, zieht umständlich an seinem stinkenden Kraut, nickt abwesend, wie irgendeine Porzellanfigur, deren Kopf beweglich wäre, abwesend und unbeteiligt â¦ Sagt nach einer Weile:

»Gösch? Der Theosoph?«

Ich bin ein wenig erstaunt, denn Heinrich Gösch ist nur in den sogenannten Okkultistenkreisen bekannt â¦ Er hat sich übrigens von den Theosophen getrennt, ist in Unfrieden von ihnen geschieden, er behauptet sogar, die Stummheit seines Töchterchens sei auf die Feindschaft eines der Führer dieser Bewegung zurückzuführen, der »Meister« habe das Kind verhext â¦ Nun, jeder Mann hat seinen Vogel, mich stört das nicht weiter, ich mag Gösch gerne, er kommt oft am Abend zu mir, und wir plaudern sehr lange â¦ Er weiß sehr viel, der Heinrich Gösch â¦ Aber woher weiß dieser Polizeikommissär etwas von meinem Freund â¦

»Zufall!«, sagt der Mann mit der qualmenden Brissago, so als müsse er meine unausgesprochene Frage beantworten. »Ich habe einmal einen Artikel von diesem Herrn gelesen. In einer Zeitschrift â¦ Ja, also der Heinrich Gösch hat die Leiche entdeckt â¦ Wo lag sie?«

»Wie gesagt, fünfzig Meter von meinem Haus entfernt. Von der Straße, die Ronco mit Arcegno verbindet, zweigt ein Fußweg ab, der nach Ascona führt. Gerade bei dieser Abzweigung ist die Leiche der Frau gelegen â¦«

»Jung?«

»Achtundzwanzig bis dreißig â¦«

»Hm â¦ Und was soll ich tun?«

»Die Polizei hat mich im Verdacht, gestern haben zwei Fahnder ihr Generalquartier bei mir aufgeschlagen, am Abend ist noch der Polizeikommissär von Locarno gekommen â¦«

»Pedrello â¦«, sagt Studer gedankenvoll. »Ein guter Kerl, aber â¦ äbe â¦ jaaa â¦«

»Äbe â¦ jaaa â¦«, wiederhole ich und versuche zu lachen. Aber das ist schwer. Mein Gegenüber lacht auch nicht. Darum fahre ich ernster fort: »Er kann nicht gut Deutsch und ich nicht gut Italienisch, und da gibt es die ganze Zeit Missverständnisse. Der Herr Kommissär Pedrello behauptet, ich kenne das Meitschi â¦ pardon, die Frau â¦ Aber ich habe sie bei Gott nie gesehen â¦ Und es ist ein Zufall gewesen, dass man sie in der Nähe meiner Mühle gefunden hat â¦«

»Mühle?«

»Ja, ich wohne mit einer Freundin in einer alten Mühle, die schon lange außer Gebrauch ist. Die Miete ist billig, zehn Franken im Monat, denken Sie sich, Herr Kommissär, äh â¦ Herr Studer. Es stehen nur wenige Möbel darin, aber genug für uns, und ich kann in Ruhe schreiben. Manchmal kommen die Freunde uns besuchen, und wir können Lärm machen, so viel wir wollen, wir stören niemanden. Wie gesagt, das nächste Haus gehört Gösch und ist etwa dreihundert Meter von unserer Mühle entfernt â¦«

»Und die Leiche? â¦«

»Eben â¦ die Leiche â¦ Sie lag etwa zwei Schritte von der Straße entfernt auf einem kleinen Nebenweg, der nach Ascona führt â¦ Gösch hat sie durch Zufall gefunden, wie er mir sagte, gestern Morgen um acht, als er von Ascona kam, wo er Kommissionen gemacht hatte â¦«

»Auf dem Rückweg hat er sie gefunden? â¦ Ja? â¦ Warum nicht schon auf dem Hinweg?«

»Weil er von seinem Hause aus einen direkten Weg durch die Wiesen hat, der auf die Hauptstraße Locarno-Brissago führt. Den hat er für den Hinweg genommen. Zurück hat er dann den Fußweg genommen, der am Monte...
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Autor

Andrea Fazioli, geboren 1978, studierte in Mailand und Zürich Romanistik und arbeitete als Radio- und Fernsehjournalist. Er ist leidenschaftlicher Saxophonspieler und Pfeifenraucher. Für seine Tessiner Kriminalromane um den eigenbrötlerischen Privatdetektiv Elia Contini wurde er mehrfach ausgezeichnet. Andrea Fazioli lebt in Bellinzona. Im Atlantis Verlag ist erschienen: Wachtmeister Studers Ferien, Faziolis Roman um Friedrich Glausers Ascona-Fragment.