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Verborgenes Tessin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Atlantis Literaturerschienen am22.02.2024
Der Tessiner Kleinmafioso Luca Forster steckt tief in den Miesen. Um seine Schulden zu begleichen, hat er die Tochter von Jean Salviati entführt, dem einst geschicktesten Dieb der Schweiz, der ganz ohne Gewalt Banken und Villen ausgeraubt hat, nur mit dem nötigen Know-how. Nach langen Haftstrafen hat er sich zur Ruhe gesetzt und kümmert sich als Gärtner in der Provence um Blumenrabatten und Gemüsebeete. Für seine Tochter, eine notorische Spielerin, die selbst verschuldet ist, soll Salviati nun zehn Millionen Schweizer Franken Lösegeld an Forster zahlen. Dem pensionierten Meisterdieb bleibt nichts anderes übrig, als einen letzten großen Coup einzufädeln: Er plant, eine Filiale der Junker-Bank in Bellinzona zu überfallen, und rekrutiert mehrere Komplizen. Darunter auch der eigenbrötlerische Privatdetektiv Elia Contini, der Salviati noch einen Gefallen schuldet. Und während Forster sich schon die Hände reibt, überlegen die Hobbyganoven bereits, wie sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.

Andrea Fazioli, geboren 1978, studierte in Mailand und Zürich Romanistik und arbeitete als Radio- und Fernsehjournalist. Er ist leidenschaftlicher Saxophonspieler und Pfeifenraucher. Für seine Tessiner Kriminalromane um den eigenbrötlerischen Privatdetektiv Elia Contini wurde er mehrfach ausgezeichnet. Andrea Fazioli lebt in Bellinzona. Im Atlantis Verlag ist erschienen: Wachtmeister Studers Ferien, Faziolis Roman um Friedrich Glausers Ascona-Fragment.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR21,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextDer Tessiner Kleinmafioso Luca Forster steckt tief in den Miesen. Um seine Schulden zu begleichen, hat er die Tochter von Jean Salviati entführt, dem einst geschicktesten Dieb der Schweiz, der ganz ohne Gewalt Banken und Villen ausgeraubt hat, nur mit dem nötigen Know-how. Nach langen Haftstrafen hat er sich zur Ruhe gesetzt und kümmert sich als Gärtner in der Provence um Blumenrabatten und Gemüsebeete. Für seine Tochter, eine notorische Spielerin, die selbst verschuldet ist, soll Salviati nun zehn Millionen Schweizer Franken Lösegeld an Forster zahlen. Dem pensionierten Meisterdieb bleibt nichts anderes übrig, als einen letzten großen Coup einzufädeln: Er plant, eine Filiale der Junker-Bank in Bellinzona zu überfallen, und rekrutiert mehrere Komplizen. Darunter auch der eigenbrötlerische Privatdetektiv Elia Contini, der Salviati noch einen Gefallen schuldet. Und während Forster sich schon die Hände reibt, überlegen die Hobbyganoven bereits, wie sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.

Andrea Fazioli, geboren 1978, studierte in Mailand und Zürich Romanistik und arbeitete als Radio- und Fernsehjournalist. Er ist leidenschaftlicher Saxophonspieler und Pfeifenraucher. Für seine Tessiner Kriminalromane um den eigenbrötlerischen Privatdetektiv Elia Contini wurde er mehrfach ausgezeichnet. Andrea Fazioli lebt in Bellinzona. Im Atlantis Verlag ist erschienen: Wachtmeister Studers Ferien, Faziolis Roman um Friedrich Glausers Ascona-Fragment.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783715275383
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum22.02.2024
Reihen-Nr.2
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1484 Kbytes
Artikel-Nr.13949292
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Teil Das Netz

1 Unverschämtes Glück

Es genügt eine Kleinigkeit, um reich zu werden. Eine winzige Kleinigkeit. Ein Staubkorn in der Mechanik, ein Zögern der Kugel, bevor sie auf der Fünfunddreißig liegen bleibt.

Oder ganz einfach: der richtige Zeitpunkt, den man erkennen muss.

Ich dagegen, dachte Lina Salviati, während sie an dem Hebel des Einarmigen Banditen zog, ich habe nie auch nur irgendwas erkannt. Ringsum breiteten sich die Geräusche des Casinos aus. Geflüsterte Worte, um das Glück nicht zu stören, Lachen, Geschrei beim mechanischen Pferderennen.

Man sollte nicht spielen, um zu gewinnen. Lina merkte, dass sie nicht bei der Sache gewesen war. Aber zu spät. Am Ende kam es ohnehin nur auf die Ausdauer an. Eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Früher oder später gewinnt jeder mal. Es genügt eine Kleinigkeit.

»Scheiße!«, rief eine Frau neben ihr. »Irgendwas funktioniert heute Abend nicht!«

Sie hatte einen starken schweizerdeutschen Akzent. Ihr Haar war mit einem geblümten Tuch zusammengebunden und auch sonst überall Blumen: gelbe Rosen auf der Bluse und dem Rock, gläserne Margariten an den Ohren und Augen so kalt wie zwei Chrysanthemen.

Lina sah sie an. Normalerweise sprechen Spieler an den Automaten nicht miteinander. Aber vielleicht zählte im Casino von Lugano die gute Erziehung mehr als der Aberglaube. Lina rang sich zu einem schwachen Lächeln durch:

»Ja, stimmt â¦ heute Abend sieht s nicht gut aus!«

»Was sagst du?«, platzte die Frau auf Deutsch heraus, um gleich darauf in fehlerhaftem Italienisch und mit hartem, fast metallischem Akzent fortzufahren. »Unterbrich nicht dein Spiel! Sind schon andere da, die Unglück bringen, oder?«

Lina folgte ihrem Blick und sah zwei, drei Automaten weiter einen jungen Mann in Abendgarderobe. Um die dreißig, tief liegende Augen, blondes, kurzes Haar. Er spielte nicht, sondern sah zu ihnen herüber. Lina schauderte. Und wenn er wegen mir hier ist?

»Ins Casino kommt man, um zu spielen!«, bemerkte die geblümte Frau, und sah zuerst den jungen Mann, dann Lina an. »Man kommt nicht, um Liebe zu machen.«

Dann zog sie mit einem Ruck den Hebel hinunter. Die Symbole bewegten sich vor ihren Augen wie die Farben eines Kaleidoskops. Die Aufmerksamkeit der Frau war wieder ganz auf den Automaten gerichtet. Jedes Mal ein billiger Hoffnungsschimmer. Ein Franken, du ziehst den Hebel, und alles ist möglich â¦ Lina wandte den Blick ab. Weder in den großen Casinos noch in den kleinen darf man jemals einen anderen Spieler anstarren.

»Nie auch nur ein bisschen Glück«, murmelte die geblümte Frau, »nie kann man mal mit ein bisschen Ruhe spielen!«

Lina drehte den Spielautomaten den Rücken zu. Die Unterbrechung hatte sie aus dem Rhythmus gebracht, und der Blick des Blonden ging ihr auf die Nerven.

Sie war längere Zeit nicht in der Schweiz gewesen. In den letzten Monaten hatte sie mal hier, mal dort gespielt: von den großen Metropolen bis zu den kleinen Ferienortcasinos und den halblegalen Spielclubs, wo hoch gesetzt wird und die Profis auf Beutejagd gehen. Am Ende hatte sie beschlossen zurückzukehren, um ihr Glück in der Heimat zu versuchen.

Aber man braucht nur ans Glück zu denken, um es zu vertreiben. Momentan hatte Lina eine Wohnung in Lugano, ein paar hundert Franken und einen Schuldenberg, so hoch, dass er sich von selbst vermehrte: Die Schulden brachten neue hervor, die sich ihrerseits vervielfachten und so weiter. Bis der Berg über dir zusammenbricht und du aufhörst zu spielen.

Sie setzte sich in die Bar, ans Fenster, von wo aus man auf die Stadt blickt, und bestellte ein Mineralwasser. Das Schlimme war, dass sie sich nicht unglücklich fühlte. So dicht vor dem Abgrund war es erstaunlich, wie gut es ihr gelang, nicht daran zu denken. Sie saß dort, in ihrem flammendroten Abendkleid, geschminkt, gut frisiert, jung und selbstsicher. Nur einen Schritt vom Reichtum entfernt.

Es kommt darauf an, wie man die Dinge betrachtet, dachte sie.

»Woran denken Sie?«, fragte eine männliche Stimme.

Lina fuhr zusammen. Der junge Blonde war ihr in die Bar nachgekommen. Also hatte sie richtiggelegen. Es waren ihre Schwierigkeiten, die sie verfolgten, in Abendgarderobe und dazu bereit, jede Spur von Traum auszulöschen.

»Was wollen Sie?«

»Ich heiße Matteo. Gestatten Sie?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er ihr gegenüber Platz. Sein Glas war mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt.

»Ich kenne Sie nicht«, sagte Lina und versuchte, Ruhe zu bewahren.

»Wie das? Ich habe mich doch soeben vorgestellt. Es gibt nichts mehr zu verbergen.«

»Hören Sie â¦«

»Ich weiß, dass Sie Lina Salviati heißen und dass Sie gewinnen müssen.«

Der junge Mann legte eine Pause ein und nahm einen Schluck von der dunklen Flüssigkeit. Whisky, vermutete Lina.

»Sehen Sie«, fuhr Matteo fort, »ich kenne Ihr Problem, denn ich habe eine Menge Freunde. Aber ich bin eher Ihr Freund als der der andern, Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen.«

Lina hatte sich bei zweifelhaften Leuten verschuldet. Sie wusste, dass sie früher oder später dafür geradestehen musste: Sie hatte bereits einige unangenehme Begegnungen hinter sich. Aber dieser blonde junge Kerl schien anders zu sein als die üblichen Geldeintreiber, die sich meistens darauf beschränkten, auf ihren Busen zu schielen und finstere Drohungen auszustoßen.

»Ich kenne Signor Forster«, sagte Matteo. »Ich weiß, dass Sie ihm unter besonderen, dem Beruf Ihres Vaters zu verdankenden Umständen begegnet sind.«

»Aber was â¦«

»Sagen Sie nichts! Ich weiß außerdem, dass Sie dem alten Forster in den letzten Jahren eine schöne Stange Geld abgeknöpft haben. Und dass er es zurückhaben will. Spüren Sie nicht seinen Atem im Nacken?«

»Ich â¦ ich â¦«

Matteo beugte sich zu ihr und berührte ihr Knie.

»Ich bin ihnen bis ins Casino gefolgt und habe zugeschaut, wie Sie zuerst fünfhundert Franken beim Roulette und dann ich weiß nicht wie viel bei den Automaten verloren haben. Was würde Forster dazu sagen?«

Matteo wartete die Antwort nicht ab. Er lehnte sich zurück und schloss:

»Forster könnte Sie beschatten lassen. Er ist nicht dumm, verstehen Sie? Er weiß, dass Sie in Lugano sind und sein letztes Geld durchbringen.«

»Was erlauben Sie sich?« Lina wählte die unbeugsame Tour. »Wer gibt Ihnen das Recht â¦«

Matteo sah ihr starr in die Augen.

»Ich bin jemand, der Ideen hat. Seit Monaten tüftel ich schon daran. Und auch für Sie habe ich einen Plan.«

Lina wusste nicht, was er von ihr wollte. Dieser Typ war mindestens vier oder fünf Jahre jünger als sie, und dennoch sprach er in väterlichem Ton mit ihr, verzog keine Miene. Sie warf ihm einen durchdringenden Blick zu und erhob sich, in der Absicht, ihm eine Szene zu liefern. Matteo kam ihr zuvor:

»Ich muss jetzt gehen.« Er erhob sich ebenfalls. »Aber ich lasse wieder von mir hören. Ich rate Ihnen, spielen Sie nicht länger!«

Bevor Lina antworten konnte, eilte er bereits dem Ausgang zu.

Rings um die Bar hatte sich nichts verändert. Ein Casino ist ein ewig gleichbleibender Ort. Der trübe Blick der Kellner, Pärchen, die händchenhaltend die Würfel werfen, eine Gruppe Jugendlicher, die sich wie Erwachsene geben. Und dieses Hintergrundgemurmel, das durch die stets wiederkehrenden, monotonen Stimmen der Croupiers seinen eigenen Rhythmus bekommt. Lina mochte die dunkelroten Vorhänge, den Teppichboden, der die Schritte dämpfte, die goldfarbenen Spieltische.

Ich darf nicht lockerlassen, dachte sie. Das ist mein Kampf, nur hier kann ich alles lösen. All das hatte angefangen, als â¦ Sie wusste es nicht mehr. Eines Tages hatte sie begonnen zu spielen, an der Côte d Azur, um die Langeweile zu besiegen und um dem Vater zu entkommen. Und dann hatte sie nicht mehr aufgehört: die Nächte, die Nachmittage, die Mahlzeiten, die Ferien, das Meer und die Arbeit, alles aufgesaugt von diesem Augenblick des Innehaltens kurz vor der Entscheidung. Dieser Moment des Rausches, solange noch alles möglich ist.

Sie beschloss, es noch einmal am Roulettetisch zu probieren. Sie hatte ein besonderes Verhältnis zur Fünfunddreißig. Früher oder später wird es klappen, dachte sie, während sie weitere Jetons eintauschte. Wer über diese Dinge lacht, hat nichts vom Leben begriffen. Sie spielte ohne Unterbrechung, nahm sich nicht einmal Zeit, um auf die Toilette zu gehen. Aus ihrem Bewusstsein verschwand jegliche Erinnerung.

Auch an diesem Abend hatte sie kein Glück. Vielleicht, weil es ihr nicht gelungen war, zu vergessen, dass sie Geld brauchte. Vielleicht hatte die Begegnung mit dem blonden jungen Kerl sie zerstreut. Am Ende ließ sie weitere zweihundert Franken im Casino und trat hinaus auf die Uferpromenade.

Die Straße, die am Ceresio entlangführte, war für den Verkehr gesperrt. Lina lief, ohne an irgendetwas zu denken. Rings um sie der rege Trubel eines Sommerabends. Familien beim Spaziergang, junge Männer mit gierigen Augen und Mädchen, die sich gewollt naiv gaben.

Die Voralpen bekommen im Sommer einen mediterranen Anstrich. Lina kam an der Tropical Lounge vorbei, sah weiße Hemden und Tattoos aufblitzen. Im Hintergrund das dunkle Profil der Berge. Salsa- und Merengue-Rhythmen verloren sich auf dem See. Lina blieb, um einen Mojito zu trinken, setzte sich auf einen Holzstuhl. Nebenan befand sich ein Kiosk, der Eis und Getränke verkaufte. Etwas weiter ein Holzpodest für südamerikanische Tänze.

Lina versuchte, in...

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Autor

Andrea Fazioli, geboren 1978, studierte in Mailand und Zürich Romanistik und arbeitete als Radio- und Fernsehjournalist. Er ist leidenschaftlicher Saxophonspieler und Pfeifenraucher. Für seine Tessiner Kriminalromane um den eigenbrötlerischen Privatdetektiv Elia Contini wurde er mehrfach ausgezeichnet. Andrea Fazioli lebt in Bellinzona. Im Atlantis Verlag ist erschienen: Wachtmeister Studers Ferien, Faziolis Roman um Friedrich Glausers Ascona-Fragment.