Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Späte Rache im Luberon

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
224 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am26.05.2022
In der Abgeschiedenheit der Provence Eigentlich wollte Capitaine Malbec das Wochenende am Mittelmeer verbringen, doch ein Leichenfund in einem abgeschiedenen provenzalischen Bergdorf macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Der Tote - ein kunstliebhabender Deutscher, der das Dorf vor Jahrzehnten als Ruine erworben und mühsam wieder aufgebaut hatte - war allseits beliebt. Oder nicht? Lebenskünstler, Schatzsucher und Immobilienmakler geraten unter Verdacht, doch dann bekommt der Fall eine überraschende Wendung.

Ralf Nestmeyer ist Historiker und Reisejournalist sowie Autor von zahlreichen Reiseführern, vor allem über französische Regionen, zudem verfasste er ein Buch über französische Mythen. Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. www.nestmeyer.de
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,49

Produkt

KlappentextIn der Abgeschiedenheit der Provence Eigentlich wollte Capitaine Malbec das Wochenende am Mittelmeer verbringen, doch ein Leichenfund in einem abgeschiedenen provenzalischen Bergdorf macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Der Tote - ein kunstliebhabender Deutscher, der das Dorf vor Jahrzehnten als Ruine erworben und mühsam wieder aufgebaut hatte - war allseits beliebt. Oder nicht? Lebenskünstler, Schatzsucher und Immobilienmakler geraten unter Verdacht, doch dann bekommt der Fall eine überraschende Wendung.

Ralf Nestmeyer ist Historiker und Reisejournalist sowie Autor von zahlreichen Reiseführern, vor allem über französische Regionen, zudem verfasste er ein Buch über französische Mythen. Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. www.nestmeyer.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960418870
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum26.05.2022
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3481 Kbytes
Artikel-Nr.9519180
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

EINS

»Trouvac, wo zum Teufel liegt dieses Trouvac?«

Laut fluchend hielt Capitaine Olivier Malbec am Straßenrand an. Sein Navigationssystem kannte den Ort nicht, der sich in den Bergen nordwestlich von Saint-Saturnin-lès-Apt befinden musste - so jedenfalls hatte man es ihm am Telefon beschrieben.

Zweimal war er bereits falsch abgebogen, jetzt versuchte er, den richtigen Kartenausschnitt auf dem Display auszuwählen. Vergeblich scrollte er nach oben und unten, zoomte sich an verschiedenen Stellen in den Bildschirm hinein, doch Trouvac konnte er nicht finden.

Genervt stöhnte er auf, griff ins Handschuhfach und zog die klassische Landkarte zurate, die er immer im Auto hatte. Vorsichtig faltete er sie auseinander und studierte sie gewissenhaft.

Glücklicherweise war auf seine alte gelbe Michelin-Karte auch in Zeiten modernster Navigationstechniken Verlass: Das an den südlichen Ausläufern des Mont Ventoux gelegene Dorf war mit einem Ruinensymbol gekennzeichnet. Malbec prägte sich die Route ein und fuhr weiter.

Wenig später entdeckte er an einer Straßengabelung einen unauffälligen Wegweiser. Mit weißer Farbe stand der Name Trouvac auf einem einfachen Holzschild. Er bog nach rechts ab und folgte der Markierung.

Erleichtert atmete er auf.

Die Abzweigung erwies sich schnell als holprige Piste mit mehreren Serpentinen und unübersichtlichen Engstellen, an denen er jedes Mal hoffte, dass ihm Gegenverkehr erspart blieb.

Dichtes Gestrüpp und bis an die Straße reichende Bäume erschwerten die Sicht. Malbec quälte sich den Berg hinauf, passierte zwei schmale, mit Steinmauern eingefasste Brücken, unter denen sich ein tiefer Abgrund verbarg. Der Motor röhrte, als er einen Gang tiefer schaltete.

Die Asphaltierung wurde schlechter und rissiger. Ein Schlagloch reihte sich an das andere. Da kein Dorf auftauchte, begann Malbec zu zweifeln, ob er sich auf dem richtigen Weg befand. Er war kurz davor umzudrehen, als sich die Straße hinter einer Rechtskurve verbreiterte, bevor sie schließlich hinter einem selbst gezimmerten Ortsschild als Sackgasse endete. Trouvac.

Er bremste leicht und registrierte mehrere Fahrzeuge, die schräg vor einem mit Steineichen bewachsenen Abhang parkten.

Zwar kannte er ein paar provenzalische Minidörfer wie Sivergues oder das sich an einen Felshang schmiegende Lioux, doch von einem Ort namens Trouvac hatte er noch nie gehört. Und das lag nicht daran, so versicherte er sich selbst, dass er aus Paris stammte und erst seit rund zehn Jahren in der Provence lebte.

Schweren Herzens hatte er Paris verlassen und war zu seiner zukünftigen Ehefrau Valérie in den Midi gezogen. Seine Ehe war längst gescheitert, aber Malbec war in der Provence geblieben, da er diesen faszinierenden Landstrich und sein gemäßigtes Klima ebenso wenig missen wollte wie die gute Küche und das heitere mediterrane Leben.

Im Schritttempo rollte er auf den provisorischen Parkplatz. Unter den Fahrzeugen waren ein weißer Kastenwagen mit blauem Querstreifen und der Aufschrift »Police municipale« und fünf Autos mit deutschen und französischen Kennzeichen, darunter ein alter Mercedes mit sternverzierter Kühlerhaube.

Einen Steinwurf entfernt, sah Malbec Dachziegel und Mauern durch das bereits in herbstliche Töne gefärbte Laub schimmern. Kieselsteine knirschten, als er neben dem Polizeiwagen hielt.

***

Malbec war auf dem Weg ins Büro gewesen und an der Stadtmauer von Calmont-les-Fontaines vorbeigefahren, als ihn der Chef de Police von Saint-Saturnin-lès-Apt angerufen und ihm von dem mysteriösen Todesfall berichtet hatte. Nicht ganz ohne Hintergedanken hatte er sich die Koordinaten von Trouvac durchgeben lassen und versprochen, sofort hinzufahren. Ein wenig unwohl war ihm dabei gewesen, da er befürchtet hatte, dass ihm der Fall seine Pläne für das Wochenende durchkreuzen könnte.

Zufrieden hatte er den Motor gestartet. Der Einsatz war ihm gelegen gekommen. So würde er eine von Commandant Louis Chevaline anberaumte Teamsitzung versäumen, auf die er sowieso keine Lust gehabt hatte. Schon im Vorfeld hatte er sich geärgert, dass Chevaline die Sitzung just auf Freitagnachmittag terminiert hatte.

Zu seinem direkten Vorgesetzten hatte Malbec, freundlich formuliert, kein gutes Verhältnis. Ihre Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit und hatte sich gesteigert, als Malbec von Chevaline bei den Ermittlungen zu den spektakulären Morden am Mont Ventoux von dem Fall abgezogen worden war. Commandant Chevaline hatte ihm vorgeworfen, er habe bei der Tatortsicherung Fehler begangen und sei mit der internationalen Dimension des Falles überfordert gewesen. Trotz einer eingesetzten externen Sonderkommission waren die Ermittlungen im Sande verlaufen. Chevaline wurmte es nach wie vor, dass Malbec eigenmächtig ermittelt hatte und es schließlich einzig seiner Hartnäckigkeit zu verdanken gewesen war, dass der Vierfachmord aufgeklärt worden war.

Soweit es in der überschaubaren Dienststelle in Carpentras möglich war, versuchte Malbec seither, gemeinsame Berührungspunkte mit Chevaline zu vermeiden. Ein paarmal hatte er einen Versetzungsantrag in Erwägung gezogen. Und schon am Morgen, als er den Anruf erhalten hatte, war ihm klar gewesen, dass sich die Ermittlungen bis in den späten Nachmittag hinziehen würden.

***

Er stieg aus und stützte sich mit den Ellbogen auf dem Autodach ab. Das war nun also Trouvac. Insofern er es beurteilen konnte, handelte es sich um einen unscheinbaren Weiler, der sich am Rande eines Hanges in ein kleines Tal duckte. Ein kalter Wind wehte von den Bergen herunter.

Malbec fröstelte und griff nach seiner Jacke, die er auf den Rücksitz geworfen hatte, und machte sich auf den Weg.

Eine eigenartige Stille lag über dem Ort. Zwei Müllcontainer standen in einer in das Gebüsch geschlagenen Ausbuchtung. Malbec warf einen Blick auf eine Holztafel, an die drei laminierte Blätter gepinnt waren: Hinweise auf die sommerliche Waldbrandgefahr sowie die Markttage in den umliegenden Dörfern, daneben hing ein vergilbter Flyer, der eine Kunstausstellung bewarb.

Auf einem von halbhohen Bruchsteinmauern gesäumten Feldweg ging Malbec bedächtig zu den ersten Häusern des Dorfes. Instinktiv beschlich ihn der Eindruck, dass dies kein gewöhnliches provenzalisches Dorf war. Schnell fühlte er sich bestätigt: Zu sehen waren weder großzügige Ferienhäuser mit blau leuchtenden Swimmingpools wie an den Hängen des Luberon noch dekorative Lavendelsträucher und Blumenrabatten, aber auch kein beschauliches Café und schon gar kein Souvenirshop, der bunte Seifenblöcke, Olivenöl, Lavendelhonig und Kräuter der Provence an Touristen verkaufte. Zu seiner Überraschung entdeckte er nicht eine einzige Satellitenschüssel auf den Dächern, die sich über alle provenzalischen Dörfer längst wie Eiterbeulen ausgebreitet hatten. Einzig die einfache, mit Holzbalken umrandete Boulebahn, die neben dem Parkplatz angelegt worden war, schien ein Zugeständnis an die südfranzösische Kultur und lud zum Pétanque-Spielen ein.

Er blieb erstaunt stehen: Bis auf ein dezentes Blätterrauschen herrschte vollkommene Ruhe. Er meinte sogar, die Kontaktrufe eines Pfaus gehört zu haben. In welche verwunschene Dorfidylle war er geraten? Wo steckte Charles Monod?

Malbec ließ das Ensemble auf sich wirken. Weder größere Häuser noch ein Kirchturm waren auszumachen. Der ganze Ort war eigenartig verlassen, obwohl er einen halb abgeräumten Tisch auf einer Terrasse gesehen hatte.

Er stieg drei Treppenstufen hinunter. Auf einmal spitzte er die Ohren: Wasser plätscherte. Ein schmaler Bachlauf bahnte sich von den Bergen kommend seinen Weg ins Tal und füllte unterhalb der Ansiedlung ein gemauertes Becken. Forellen tummelten sich in dem Naturpool. Bunte Handtücher flatterten an einer Leine im Wind.

Malbec rieb sich verwundert die Augen. Die Atmosphäre mutete wie eine Zeitreise ins neunzehnte Jahrhundert an. Alles wirkte auf eine liebevolle Art verwildert. Eine provenzalische Ortschaft wie im Dornröschenschlaf. Pflanzen rankten über das Mauerwerk, das aus geschichteten Steinen bestand. Dorf und Natur schienen untrennbar ineinander verschlungen zu sein.

Gleichzeitig irritierte ihn die Szenerie. Schließlich sollte er in einem ungeklärten Todesfall ermitteln.

Als es neben ihm im Gebüsch raschelte, hielt er inne und tastete mit der linken Hand nach seiner Dienstwaffe. Er lauschte regungslos. Keine Menschenseele weit und breit, dafür schlich eine schwarze Katze in sicherem Abstand an ihm vorbei.

Er grummelte vor sich hin und ging auf zwei Steinhäuser zu, die so dicht nebeneinanderstanden, dass sich zwischen ihnen nur eine enge Gasse bildete. Wohin war Charles Monod verschwunden?

Zu früher Stunde hatte der Chef de Police von Saint-Saturnin-lès-Apt Malbec über einen Toten in einem Weiler seines Gemeindebezirks informiert. Monod hatte Malbec gebeten, nach Trouvac zu kommen, da er aufgrund der Umstände ein Kapitalverbrechen vermutete. Obwohl sich Malbec sofort auf den Weg gemacht hatte, war bis zu seiner Ankunft weit über eine Stunde vergangen.

Orientierungslos blieb er stehen. Wo befand sich der Tote? Und wo trieb sich Monod herum? Malbec hatte seinen Dienstwagen auf dem Parkplatz gesehen. Charles Monod schien sich in Luft aufgelöst zu haben.

Malbec stolperte bei seinem Rundgang über das unebene, mit Moos durchsetzte Pflaster des schmalen Weges. Die Steine glänzten speckig. Links und rechts gab es nur ein paar Abzweigungen, die über Steintreppen zu höher oder tiefer gelegenen Häusern führten. Sich zurechtzufinden, war nicht einfach, da kein Dorf- oder Marktplatz existierte.

Er überlegte, ob er laut nach Monod rufen sollte. Unwillkürlich hielt...
mehr

Autor

Ralf Nestmeyer ist Historiker und Reisejournalist sowie Autor von zahlreichen Reiseführern, vor allem über französische Regionen, zudem verfasste er ein Buch über französische Mythen. Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

nestmeyer.de