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Muriel

Auch lange Beine könne lügen
tolino mediaerschienen am01.07.2022
Muriel arbeitet im Sommer als Rezeptionistin bei einer Hausbootvermietung an der Saône in Frankreich. Sie hätte wohl auch als Schauspielerin für Furore sorgen können. Sie beherrscht jedenfalls die leicht verwirrte graue Maus ebenso gut wie den eloquenten und unwiderstehlichen Vamp. Jedoch nutzt sie ihr Talent lieber dazu, einsame ältere Herren die als Touristen unterwegs sind, in ihr Netz zu locken. Wenn alles klappt, versenkt sie die ausgeraubten Trottel schließlich als Fischfutter im trüben Fluss. Muriel arbeitet im Winter nicht, also muss sie sich im Sommer ranhalten, um durchs Jahr zu kommen. Der Nebenerwerb macht zwar Spaß, jedoch möchte sie irgendwann den großen Coup landen, um sich danach zur Ruhe setzen zu können. Ein geeigneter Kandidat dafür scheint Meinrad Danner zu sein, der in dieser Saison endlich mal ohne die Nervensäge auftaucht, die er früher im Schlepptau gehabt hat.

Der Autor lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bern, Schweiz.
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Produkt

KlappentextMuriel arbeitet im Sommer als Rezeptionistin bei einer Hausbootvermietung an der Saône in Frankreich. Sie hätte wohl auch als Schauspielerin für Furore sorgen können. Sie beherrscht jedenfalls die leicht verwirrte graue Maus ebenso gut wie den eloquenten und unwiderstehlichen Vamp. Jedoch nutzt sie ihr Talent lieber dazu, einsame ältere Herren die als Touristen unterwegs sind, in ihr Netz zu locken. Wenn alles klappt, versenkt sie die ausgeraubten Trottel schließlich als Fischfutter im trüben Fluss. Muriel arbeitet im Winter nicht, also muss sie sich im Sommer ranhalten, um durchs Jahr zu kommen. Der Nebenerwerb macht zwar Spaß, jedoch möchte sie irgendwann den großen Coup landen, um sich danach zur Ruhe setzen zu können. Ein geeigneter Kandidat dafür scheint Meinrad Danner zu sein, der in dieser Saison endlich mal ohne die Nervensäge auftaucht, die er früher im Schlepptau gehabt hat.

Der Autor lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bern, Schweiz.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783754657874
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.07.2022
Seiten270 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9519622
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Kapitel

Frankreich im Juli. Le Tour rollte in der zweiten Woche. Wer konnte, begnügte sich tagsüber mit ruhigem Dösen im Schatten. Glücklich, wer über ein Gewässer in seiner Nähe verfügte. Selbst wenn das Kanalwasser der Saône einige Kilometer oberhalb von Gray einen leichten Braunton aufwies, erfrischend blieb es trotzdem. Man brauchte es ja nicht zu trinken. Ein Bad darin reichte völlig aus.

Und nach Sonnenuntergang wurde es am Ufer richtig gemütlich. Übertroffen höchstens noch von einem Aufenthalt an Bord eines luxuriösen Hausboots auf dem Fluss, wie ihn Muriel Bodet in diesem Moment genießen konnte.

***

Natürlich müsste eine ringförmig ausgelegte Schlinge auf der Heckplattform eines Bootes eigentlich auffallen. Sogar im letzten Licht des Tages. Eine dünne, dunkle Leine, in deren Zentrum eine helle, runde Gummimatte lag. Eine Matte, wie sie oft in Duschen oder Badewannen als Gleitschutz Verwendung findet. Die Saugnäpfe an der Unterseite sorgten dafür, dass das Ding nicht bei einem Windstoß im Fluss landete.

Falls jemand Fragen stellen sollte: Der Vorleger diente natürlich dem sicheren Stand beim Abtrocknen nach dem Baden. Und die Schlinge würde zugezogen genau so lang sein, dass man daran zum Beispiel eine Champagnerflasche über die an dieser Stelle randlose Bootskante ins Wasser hängen konnte.

Alle von Muriel betreuten, durch ihre Form bedingt auch Penichette genannten Hausboote wiesen eine eingestickte Markierung an der zugehörigen Leine auf. Um die Stelle zu markieren, an der sie in der automatischen Klemmvorrichtung eingelegt werden sollte. Dem vorgesehenen Zweck, dem Anhängen eines mitgeschleppten Schlauchbootes, diente sie höchstens dann, wenn die Touristen ein solches mitbrachten. In die Schlaufe am Ende ließ sich wahlweise ein Karabinerhaken einhängen oder auch die Leine selbst durchschieben, um sich um einen schlanken Flaschenhals zu legen.

Aber solange Muriel in ihrem hauchdünnen Strandkleidchen im Schneidersitz auf der am Heck fest verschraubten Bank saß, würde kein halbwegs normaler Mann auch nur einen Blick auf den Boden verschwenden.

»Kommst du endlich!«, rief sie in Richtung der offenen Kabinentür, die über eine schmale Treppe das hintere Unterdeck mit der Heckplattform verband.

»Ja, gleich«, brummte eine tiefe Männerstimme zurück.

Thorsten, ein braun gebrannter deutscher Rentner, hatte nicht schlecht gestaunt, als ihn die Rezeptionistin des Bootsverleihs an seinem Liegeplatz besuchte. »Wie kommen Sie denn hier her?«, hatte er verständnislos gefragt.

»Satellitennavigation«, hatte sie ihm lächelnd zugeflüstert.

Da fiel ihm wieder ein, dass sie ihm, während der Instruktionsfahrt erklärt hatte, dass sie ihre Hausboote jederzeit orten konnte.

Inzwischen lag die Penichette in einer Lücke zwischen hohen Bäumen am Flussufer vertäut. Thorsten wäre von selbst nie auf diese romantisch anmutende Stelle gekommen. Aber die offenbar ganz schön wuschige Blondine hatte ihn zielstrebig an ein Plätzchen gelotst, wo sie ungestört am Strand ein Abendessen auf offenem Feuer braten und anschließend im Boot übernachten konnten. Sogar eine passable Flasche Wein, zwei magere Steaks und eine Baguette hatte sie mitgebracht.

Dass die Dame nicht bloß seiner Ausstrahlung erlegen sein dürfte, sondern wahrscheinlich in erster Linie davon ausging, dass er vermögend sein könnte, störte ihn nicht wirklich. Etwas Ernstes mit ihr kam für Thorsten keinesfalls infrage, obwohl sie leidlich Deutsch sprach und er sich eine verwöhnte Geliebte durchaus leisten konnte. Aber sich den Urlaub mit einer üppigen, französischen Mademoiselle zu versüßen: Weshalb sollte er darauf verzichten?

Thorsten stellte sich erwartungsvoll vor sie hin. Seine nackten Füße standen jetzt genau im Zentrum des Vorlegers. Muriels Beine öffneten sich und umschlangen seine Hüften.

»Komm näher!«, lockte sie.

»Wie denn?«, brummte er. Seine vom Alkohol geröteten Augen versuchten mit mäßigem Erfolg, ihr Gesicht zu fixieren. Immerhin stand er nahe genug, um seine Hände an die seitlichen Verschlüsse ihres Bikinihöschens zu legen. Die hatte er am Nachmittag bereits aus der Ferne studieren können, während sie ihm, sich auf dem Vordeck rekelnd, den Weg zu der lauschigen Stelle am Ufer gewiesen hatte. Er nestelte herum. Weil er den Mechanismus nicht gleich durchschaute, fühlte er einfach unter dem Stoff, ob und wie heiß sie war.

Auch sie nestelte. Hinter der Bank ertastete sie die genau an dieser Stelle verlaufende Leine, um sie Stück für Stück zu sich zu ziehen. Wie erwartet, bemerkte er nichts davon.

Vorsichtig zog sie weiter, bis sie den ersten Widerstand an der Leine spürte.

Die Schlinge verhakte sich genau wie bei ihren regelmäßigen Testläufen zuvor in den Saugnäpfen der Gummimatte. Zwischen halb geschlossenen Lidern sah sie, dass die Ränder der Matte sich wie bei einem Tabaksbeutel aufrichteten und das Seil emporhoben. Gelernt ist gelernt, dachte Muriel zufrieden. Wohlig stöhnend öffnete sie ihre Schenkel. Zog die Knie an, um ihm die Fußsohlen auf die Brust zu setzen.

Er lehnte sich locker dagegen, ließ die Hände weiter über ihren Körper wandern.

Erst ein Ruck an der Leine. Danach stieß sie ihn mit der gesamten Kraft ihrer Beine von sich weg. Die Schlinge um die Fußgelenke stoppte ihn, noch aufrecht stehend, praktisch im Flug. Wie ein getroffener Kegel klatschte er rücklings ins Wasser.

Muriel schnappte sich einen Bootshaken, um ihn niederzudrücken, falls er es schaffen sollte, wieder aufzutauchen. Außerdem würde dies einem zufälligen Zeugen klarmachen, dass sie versucht hatte, dem ins Wasser gefallenen Partner zu helfen. Die bereits einsetzende Dämmerung begrenzte die Sicht ohnehin auf die unmittelbare Umgebung des Bootes. Sie wählte den Zeitpunkt schließlich genau so sorgfältig aus, wie alles Andere.

Der Kampf dauerte nur eine Minute. Sein Zappeln erlahmte rasch.

Muriel verlängerte die Leine um einige Meter. Die Strömung des Flusses würde ihn ein Stück hinter dem Boot ans Ufer treiben. Dort konnte Muriel die Schlinge lösen, ohne ihn anheben zu müssen, wozu sie wohl auch gar nicht imstande gewesen wäre.

Mit dem Bootshaken in der Hand eilte sie über das Stegbrett vom Boot ans Ufer. Knietief im Fluss stehend zog sie den Haken am lang gestreckten Arm durchs Wasser, bis sie die Leine erwischte. Selbst wenn ihr jetzt jemand zugesehen hätte. Was sie da genau trieb, blieb buchstäblich im Dunkeln. Nun watete Muriel bis zu den Hüften in den Fluss. Im Schutz des Wassers löste sie die Schlinge von seinen Füßen und streifte sie stattdessen über sein rechtes Handgelenk.

Zurück auf der Heckplattform zog sie den Körper wieder an den Bootsrumpf heran. In der Nacht durften die Boote der Touristen nicht fahren. Muriel kam dies nicht ungelegen, denn sie hatte viel zu tun. Sie musste alles finden, was er bei einer normalen Abreise mitgenommen hätte. Es sollte schließlich so aussehen, als ob er das Boot ordentlich zurückgegeben hätte. Gegen eine kleine Gebühr war das an jedem gewünschten, mit einem Auto erreichbaren Punkt an der Saône möglich. Als besonderen Service brachte der Bootsverleih den Gästen auf Wunsch sogar den eigenen Wagen an eine solche Stelle.

Muriel ordnete und packte seine Sachen. Ordnen in dem Sinne, dass Thorstens Wertsachen und Bargeld in ihren Besitz wechselten, während der Rest seiner Habseligkeiten erst in seinem Gepäck und schließlich in einer zweiten Phase in seinem Auto landen würde. Zu guter Letzt wollte sie das Fahrzeug am Rand einer von der Saône entfernten Stadt stehen lassen. Mit eingestecktem Schlüssel. Dass dieser Wagen von der Polizei gefunden oder als herrenlos gemeldet wurde, war praktisch ausgeschlossen. Stattdessen dürfte er wie von selbst spurlos verschwinden. Den Schmuck ihres Opfers würde sie in einer Pfandleihe derselben Stadt versetzen.

Muriels Methode funktionierte nicht zum ersten Mal reibungslos, abgesehen von kleinen Verbesserungen, die sich im Lauf der Zeit ergeben hatten. Das Wichtigste dabei: Sie begnügte sich mit dem, was sie leicht bekommen konnte, ohne jede Gier. Trotzdem reichte die Beute des Sommers meist aus, um in einigem Wohlstand durch den Winter zu kommen. Der Hausbootsverleih arbeitete naturgemäß bloß im Sommerhalbjahr. Im Winter lebte Muriel im Elsass, abseits der Saône und von vermögenden Touristen. Und nicht zuletzt weit entfernt von ihren Arbeitskollegen, denen ihr vergleichsweise aufwendiger Lebensstil eventuell auffallen könnte.

Bisher war meistens alles gut gegangen, aber Muriel hatte natürlich einen Plan B, falls sich nicht gleich eine Gelegenheit zum Zuschlagen ergab. Sie konnte warten, und wenn sie dafür mit den Männern schlafen musste, machte ihr das nichts aus. Ein verächtliches Lächeln umspielte ihre Lippen. Nur einmal wäre sie beinahe aufgeflogen. Wie immer, wenn sie daran dachte, durchzuckte der Schreckmoment sie bis in die Fingerspitzen. Ihr Opfer hatte etwas gemerkt und sich aus der Schlinge gewunden. Sie misstrauisch gemustert. »Was soll das denn werden?«

Muriel seufzte erleichtert. Zum Glück war sie geistesgegenwärtig gewesen. »Nur ein Fesselspiel. Du hast doch gesagt, du bist offen für alles. Und jetzt macht dir das keinen Spaß?«

Im Lauf der Zeit war ihr natürlich der eine oder andere durch die Lappen gegangen, doch das machte nichts. Solange niemand Verdacht schöpfte â¦ Todesursache Ertrinken, was könnte natürlicher sein? Bislang war sie noch nie von der Polizei befragt worden, und wenn es doch einmal dazu käme - sie beherrschte die Rolle des naiven Blondchens perfekt.

***

Natürlich war auch Muriel nicht als männermordendes Monster geboren worden. Als kleines...

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