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Die Brücke nach Morgen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
352 Seiten
Deutsch
Edel Kids Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am03.06.20221. Auflage, Ungekürzte Ausgabe
Es ist der 6. Januar 1928, der Tag vor der historischen großen Flut von Indington. Während ein heftiges Unwetter die Stadt fest im Griff hat, steht der Fluss kurz davor, über die Ufer zu treten und alles zu überfluten. Glory, eine 11-jährige Waise arbeitet in der angesehenen Juwelierwerkstatt und fertigt mit ihrer geheimen Assistentin Krähe, genannt Elster, atemberaubende Schmuckstücke an. Genau in diesem Szenario begegnet Glory dem Jungen Needle, der scheinbar aus einer anderen Zeit über die Stadtbrücke hierher gelangt ist. Er will versuchen, zusammen mit seiner Krähe die Stadtbewohner zu warnen und das Leben vierzehn unschuldiger Menschen zu retten - darunter Glory! Wird es den beiden gelingen, das Unglück zu verhindern, Needles Vater zu finden und die Geschichte neu zu schreiben? 

Eve McDonnell, wuchs in Dublin, Irland auf, bevor sie zusammen mit ihrer Familie in die wunderschöne Landschaft von Wexford zog. Sie arbeitete als Künstlerin, Grafikdesignerin und im Marketing, bevor nach dem Besuch bei einer Wahrsagerin, die ihr sagte sie solle 'Schreiben! Schreiben! Schreiben!' begann, Kinderbücher zu schreiben. Wenn sie sich nicht gerade eine neue Geschichte ausdenkt, gibt sie kreative Schreib- und Bastelworkshops und malt alles, was ihr in den Sinn kommt.
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Produkt

KlappentextEs ist der 6. Januar 1928, der Tag vor der historischen großen Flut von Indington. Während ein heftiges Unwetter die Stadt fest im Griff hat, steht der Fluss kurz davor, über die Ufer zu treten und alles zu überfluten. Glory, eine 11-jährige Waise arbeitet in der angesehenen Juwelierwerkstatt und fertigt mit ihrer geheimen Assistentin Krähe, genannt Elster, atemberaubende Schmuckstücke an. Genau in diesem Szenario begegnet Glory dem Jungen Needle, der scheinbar aus einer anderen Zeit über die Stadtbrücke hierher gelangt ist. Er will versuchen, zusammen mit seiner Krähe die Stadtbewohner zu warnen und das Leben vierzehn unschuldiger Menschen zu retten - darunter Glory! Wird es den beiden gelingen, das Unglück zu verhindern, Needles Vater zu finden und die Geschichte neu zu schreiben? 

Eve McDonnell, wuchs in Dublin, Irland auf, bevor sie zusammen mit ihrer Familie in die wunderschöne Landschaft von Wexford zog. Sie arbeitete als Künstlerin, Grafikdesignerin und im Marketing, bevor nach dem Besuch bei einer Wahrsagerin, die ihr sagte sie solle 'Schreiben! Schreiben! Schreiben!' begann, Kinderbücher zu schreiben. Wenn sie sich nicht gerade eine neue Geschichte ausdenkt, gibt sie kreative Schreib- und Bastelworkshops und malt alles, was ihr in den Sinn kommt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961292585
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum03.06.2022
Auflage1. Auflage, Ungekürzte Ausgabe
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9536755
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 2

Needle leerte den Inhalt des Stoffbeutels auf eine Werkbank. Mit einer Pinzette schob er die heißen Metallteile hin und her, bis die scharfen Kanten sich zusammenfügten und ein unvollständiges Rechteck Form annahm.

»Du bist eins von diesen besonderen Schildern - Gedenktafel nennt man dich wohl«, sagte Needle. »Bloß dass dir unten ´ne Ecke fehlt.« Er nahm eine alte Haarnadel, die schon vor langer Zeit angespült worden war und keine besondere Geschichte zu erzählen hatte, und kratzte die letzten Schlammreste von den Buchstaben auf der Tafel.

»Wo bleibst du so lange?«, fragte er, als kurz darauf Elster durch ihre eigene kleine Mauerlücke geflogen kam. »Ich glaub, die Schatzgötter haben´s heute gut mit uns gemeint, Elster.«

Der Vogel sah ihn reglos an.

»Woran soll´s denn sonst gelegen haben? Das is´ die einzige Erklärung für diesen heißen Schatz, und für all die anderen feinen Schätze in unserer Kammer«, sagte Needle und schwenkte die Hand über Blechdosen und Holzkästchen voller Metallstücke, verzierter Knöpfe und handbemalter Porzellanscherben. Er deutete mit dem Kopf auf Gläser, die mit Überresten alten Schmucks, funkelndem Meerglas und anderen geheimnisvollen Gegenständen gefüllt waren, denen er erst noch Namen geben musste.

Natürlich waren das nicht alles Needles Funde - sein Vater hatte den Raum hergerichtet, damit sie beide ihre Schätze darin lagern konnten. Er hatte die leere Kammer über dem zweiten Brückenbogen in eine Werkstatt verwandelt, ausgestattet mit Regalen, einer Werkbank und einem Nest für Elster: einem dicken Regalbrett mit eingeschnitzter Kuhle, die mit angespülter Angelschnur und Zweigen gefüllt war. In dieser Kammer hatte er Needle beigebracht, wie man die Geschichten der Schätze hörte, und hier verwandelten sie gemeinsam längst vergessene Dinge in kleine Kostbarkeiten, um sie auf dem Markt zu verkaufen.

Elster ließ einen Scone aus dem Schnabel fallen und tschilpte wie ein junger Spatz.

»Bist du in der Bäckerei gewesen? Haben sie etwa Steine geworfen?« Besorgt ließ Needle die Haarnadel fallen, untersuchte die Flügel der Krähe auf Unversehrtheit und zählte ihre Krallen. Als Elster anfing zu schnurren, bekam er plötzlich Hunger und griff nach dem Scone. »Danke.« Seltsamerweise war er noch ganz warm, wie frisch aus dem Ofen, doch sicherheitshalber suchte Needle ihn nach grünem Schimmel ab. Erst als nirgends welcher zu sehen war, biss er hinein. Kaum sanken seine Zähne in die mürb-goldene Kruste, offenbarte sich seine fluffig-süße Köstlichkeit.

Als Needle aufgegessen hatte, sah er Elster fragend an. »Woher hast du den?« Einer von den Bäckerburschen hatte ihn wohl kaum gebacken.

Elster breitete die Flügel aus und fächelte ihm warme Luft zu.

Ohne sie weiter zu beachten, pustete Needle ein paar Krümel von den bronzenen Bruchstücken. »Was meinst du, was da steht, Elster?«, fragte er und spürte ein zunehmendes Schaudern. »Wo man den Königsschatz findet? Oder es ist vielleicht eins von diesen Zaubertrankrezepten?«

Elster krächzte.

»Vielleicht sagen die Buchstaben auch, dass du die beste Krähe der ganzen Stadt bist.« Er legte Elster sanft die Flügel an und nahm sie in die Hände. »Ich kann Mam bitten, es mir vorzulesen.« Er merkte, dass seine Krähe am liebsten sofort losgeflogen wäre. »Aber das muss noch ein bisschen warten, ja?« Zuerst musste er noch etwas Schönes für Mams Marktstand machen - denn er hatte nicht vergessen, welche Farbe Mams Stimme plötzlich angenommen hatte, als der Vermieter an die Tür klopfte. »Mir schwebt ein Kerzenständer vor, mit 1864 drauf. Nicht schlecht, was?«

Needle setzte seine Krähe ab und wandte seine Aufmerksamkeit den halb fertigen Christbaumanhängern zu, die neben ihm verstreut lagen. Sie waren aus allerlei Flusschätzen geschickt zu zierlichen Gebilden verklebt, verlötet und vernäht worden. Needle sammelte sie ein und hängte sich ein paar an die Finger. Er posierte einen Moment lang wie ein Weihnachtsbaum, bevor er sie in eine leere Holzkiste legte.

»Fehlt hier und da noch ´ne Glasperle oder ´ne Schleife aus Kupferdraht, aber das sparen wir uns fürs nächste Jahr.« Er zog ein Stück Blech neben der Werkbank hervor und benutzte es als Deckel für die Kiste. Wenn er die heißen Bruchstücke darauf verteilte, würde sich die Hitze vielleicht darin ausbreiten und ihm die Finger wärmen.

»Dann mal los«, sagte er und holte die silberne Käferdose aus dem Innenfach seiner Umhängetasche. Darin lagen acht schlaftrunkene Käfer, die Elster zuvor gefangen hatte. Er nahm einen heraus und beobachtete, wie er die Beine streckte. Dann gab er ihm einen Kuss, entschuldigte sich und rupfte ihm die Flügel aus. »Du kannst sie jetzt haben, lass mir nur die Flügel übrig.«

Während Elster ihr Frühstück verputzte, bereitete Needle sich auf die Arbeit vor. Wie immer zog er als Erstes an der Schnur um seinen Hals, bis sich der ovale Stein, der daran hing, an seinem Kragen vorbeischob. Er nahm ihn zwischen die Finger und spähte durch das kreisrunde Loch in seiner Mitte. Diesen Stein hütete er wie seinen Augapfel, denn er gehörte zu den ersten Schätzen, die er mit seinem Vater zusammen gefunden hatte. Das ist ein magischer Lochstein, hatte Dad damals erklärt.

»Hör mal, mein Atem, Elster. Er wird langsamer, wenn ich durch das Loch gucke. Dad sagt, als ob die Zeit langsam stehen bleibt, und er hat recht.« Während Needle durch das Loch sah, merkte er, wie sein Kummer verflog. Die Sorge um seinen Vater schwand. Der Krampf im Bauch, den er jedes Mal bekam, wenn er versuchte, etwas zu sagen, löste sich. Der Kloß im Hals, den er stets spürte, wenn seine Mutter sich entschuldigte, weil es schon wieder dasselbe zu essen gab, schmolz. Im Geist war er in einer anderen Welt - in einer besseren. Er steckte den Stein wieder unter sein Hemd, atmete tief durch und begann mit der Arbeit.

Mehrere Stunden vergingen, bis Needle ein Stückchen Papier aus seiner Hemdtasche zog und die Ziffern der Jahreszahl 1864 darauf betrachtete, die seine Mutter ihm aufgeschrieben hatte. Mit dem Daumen rieb er den Griff des neuen Kerzenständers blank - einer in sich gedrehten Gabel mit gebogenen Zinken, die mit buntem Meerglas besetzt waren - und überlegte, wo er sie am besten eingravieren sollte. Dann wünschte er seinen zittrigen Fingern viel Glück.

Elster, die schon wieder Hunger hatte, wurde langsam unruhig.

»Vielleicht kannst du noch ein paar von den leckeren Scones besorgen.« Es klang eher wie ein Befehl, nicht wie ein Vorschlag, was Needle leidtat. »Mam würde sich bestimmt freuen«, fügte er deshalb mit einem entschuldigenden Lächeln hinzu.

Bevor Elster losflog, antwortete sie noch auf ihre Art; sie legte den Kopf zur Seite, sodass sie Needle mit einem Auge sehen konnte, streckte kurz ein Bein aus und zog es wieder unter den Bauch. Needle verstand das als ein Alles-in-Ordnung.

Bei Needles Heimkehr war es schon dunkel. Als er die Tür zur Küche aufschob, schlugen ihm ein Stoß warme Luft und ein köstlicher Duft entgegen. Er schlich sich zum Küchentisch in der Mitte des kleinen Raumes. Seine Mutter stand mit dem Rücken zu ihm am Herd und regte sich nicht.

Ob sie ihn gehört hatte? Wahrscheinlich - sein blasenloser Fuß war bei jedem Humpelschritt auf den Boden geklatscht - aber sie spielte mit, und so stellte er schweigend den Kerzenständer auf den Tisch. Dann steckte er unterhalb der Tischplatte den Finger in ein kleines Loch, wo früher einmal ein hölzerner Knauf gesessen hatte, und zog die Schublade heraus. Er nahm eine Kerze, steckte sie in den Halter und entzündete den Docht. Da strahlte helles Licht von den geschliffenen Glasperlen und den schimmernden Käferflügeln zurück, und goldene Flecken sprenkelten die kalkweißen Wände.

»Jetzt?«

»Jetzt, Mam.«

Seine Mutter wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab, schnipste sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und drehte sich um.

»Zauberhaft, mein Schatz!«

Während Needle den Kerzenständer langsam im Uhrzeigersinn drehte, drehte auch sie sich, schwebte anmutig im Kreis, pfiff dabei Needles gelbe Lieblingsmelodie und tanzte zur Tür, um sie zu schließen.

»Ein Käferflügel fehlt - Nummer sechzehn hat Elster stibitzt«, grummelte er.

»Mit fünfzehn sieht er doch viel schöner aus!« Als Needle nach kurzem Zögern zustimmte, deutete sie lächelnd auf sein Meisterwerk. »Der bringt sicher einen ordentlichen Preis. Das hast du gut gemacht«, sagte sie, »aber noch nicht anfangen.« Sie ging wieder zum Herd, füllte zwei Schalen mit dampfender Suppe und trug sie zum Tisch. Dann zog sie zwei Löffel aus einem Glas und gab Needle seinen liebsten - einen fein gravierten Flussuferfund, der die Geschichte eines Festes und einer Köstlichkeit namens Götterspeise barg.

»Jetzt bin ich so weit«, sagte sie und setzte sich ihrem Sohn gegenüber.

Und während die Kerze zwischen ihnen flackerte, begann er. Er berührte die einzelnen Teile des Kerzenständers mit der Handfläche und wartete jeweils darauf, dass die Kälte ihn durchzuckte. Dann erzählte er eine Geschichte nach der anderen: die von dem Mörder mit den sechs Fingern und den Silberringen, die so schwer waren, dass sie ihm die Arme lang zogen und den Rücken krümmten; die von der Kanalratte, die stolz ihre Sammlung gestohlener Schlüssel zur Schau stellte; die von der eifersüchtigen Perückenmacherin und ihrem Haarteil aus purem Gold; und die...

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