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Dürers Geheimnis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
345 Seiten
Deutsch
neobookserschienen am22.06.2022
Eigentlich will John Wattsen im niederbayrischen Markt Essing nur ein etwas heruntergekommenen Museum wieder in Schwung bringen. Dabei stößt er jedoch auf einen sensationellen Fund, der allerlei zwielichtige Elemente anlockt, die auch vor Mord nicht zurückschrecken. Doch der junge Mann mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten aber auch Handicaps eines Hochsensiblen gerät in einen Strudel dramatischer Ereignisse, deren Ursprünge mehr als ein halbes Jahrtausend zurückliegen und die heutige Welt in eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes zu stürzen drohen, denn es handelt sich um eine Bedrohung durch ein Genie - um Dürers Geheimnis.

Ich bin 1956 in Bayern geboren und habe Kunstgeschichte studiert. Zuletzt war ich Direktor zweier Museen in Nordeutschland.
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Produkt

KlappentextEigentlich will John Wattsen im niederbayrischen Markt Essing nur ein etwas heruntergekommenen Museum wieder in Schwung bringen. Dabei stößt er jedoch auf einen sensationellen Fund, der allerlei zwielichtige Elemente anlockt, die auch vor Mord nicht zurückschrecken. Doch der junge Mann mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten aber auch Handicaps eines Hochsensiblen gerät in einen Strudel dramatischer Ereignisse, deren Ursprünge mehr als ein halbes Jahrtausend zurückliegen und die heutige Welt in eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes zu stürzen drohen, denn es handelt sich um eine Bedrohung durch ein Genie - um Dürers Geheimnis.

Ich bin 1956 in Bayern geboren und habe Kunstgeschichte studiert. Zuletzt war ich Direktor zweier Museen in Nordeutschland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783754194263
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum22.06.2022
Seiten345 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1577 Kbytes
Artikel-Nr.9637372
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 4




Albrecht Dürer durchschritt langsam den mehr als 30 Meter langen Riesensaal und betrachtete dabei aus den Augenwinkeln die großen Wandgemälde mit den zwölf Aufgaben des Herkules, die dem Raum - abgesehen von seinen Dimensionen - den Namen gaben und mit denen der Hausherr, Kaiser Maximilian I., seine humanistische Bildung unter Beweis stellte. Diese beinhaltete die Bewunderung der antiken Literatur, Kunst und Philosophie, damit verbunden aber auch nicht zuletzt die Vorliebe für die - obwohl heidnische - Darstellung unbekleideter Körper in griechischen und römischen Sagen, wenngleich wiederum, wie man hörte, die Decke der Sixtinischen Kapelle in Rom, die Meister Michelangelo vor drei Jahren fertiggestellt hatte, direkt über den Augen des Heiligen Vaters geradezu eine Orgie nackter Leiber im allerheiligsten Zentrum des christlichen Abendlandes dem Auge des Betrachters darbieten soll. Dürer hätte sie zu gerne einmal gesehen, man berichtete wahre Wunderdinge über ihre Größe und Genialität. Rein dekorativ und provinziell hingegen diese Innsbrucker Herkules-Bilder, dachte der Künstler etwas angewidert, aber ihrem Zweck, nackte Körper in den verschiedensten Posen dem interessierten Betrachter darzubieten, hinreichend genügend, jedoch künstlerisch einfach nur grauenvoll. Man sollte sie wieder übermalen lassen. Dürer selbst hatte die Taten des Herakles, wie er in Humanistenkreisen nach dem griechischen Original hieß, und seinen diversen leicht bekleideten weiblichen Staffagen in zwölf Tondi und einigen Holzschnitten bereits vor vielen Jahren weitaus qualitätsvoller dargestellt. Damals, als er fast gleichzeitig seine Illustrationsfolge der Holzschnitte zur Apokalypse schuf, die ihm europaweite Bewunderung eingetragen und ihn zum bedeutendsten Künstler nördlich der Alpen gemacht hatte. Auch hatte er Bilder mit den Geschichten des muskulösen Halbgottes bereits für das Schloss von Friedrich dem Weisen in Wittenberg angefertigt. Nur wesentlich besser als das hier!




Es war nicht die erste Audienz, die Dürer beim Kaiser genoss, so dass sich seine Aufregung in Grenzen hielt. Er war schon mehrere Male für den Habsburger Herrscher tätig gewesen, derzeit mit dem Auftrag der Ehrenpforte , einem Triumphbogen, der den Kaiser als legitimen Nachfolger der römischen Imperatoren ausweisen sollte. Der Triumphbogen sollte aber nicht, wie jene der römischer Kaiser, eine aus Stein gebaute Architektur werden, sondern eine riesige Graphik, die aus über zweihundert Holzschnitten zusammengesetzt werden sollte. Der Kaiser hatte damit vor allem Dürers außerordentliches Talent als Graphiker erkannt und genutzt. Die Ehrenpforte würde der größte Holzschnitt werden, den die Welt je gesehen hatte, auch wenn sich die Ausführung trotz zahlreicher Mitarbeiter wie Wolf Traut, Hans Springinsklee und dem Regensburger Meister Albrecht Altdorfer unter Dürers maßgeblicher Leitung noch über Jahre hinziehen würde und gegenwärtig wieder einmal ins Stocken geraten war.




Der Künstler nahm an, dass der Kaiser ihn in dieser Angelegenheit zu sprechen wünschte, wahrscheinlich ging es ihm wieder einmal nicht schnell genug voran. Oder, fiel Dürer nun ein, wollte der Kaiser die schnellere Fertigstellung der Illustrationen zu seinem persönlichen Gebetbuch anmahnen, mit denen er ebenfalls in Verzug geraten war, weil es Schwierigkeiten mit der Einbeziehung von Heiligen aus dem Haus Habsburg in das Kalendarium gegeben hatte. Oder- noch besser - der Kaiser wollte endlich ein Porträt von sich in Auftrag geben, wie er es schon lange erwogen hatte. Der Künstler war nun doch sehr gespannt, was der Kaiser von ihm wollte.




Maximilian I. saß auf einem vergoldeten Faldistorium, das wiederum auf einem mit rotem Samt bezogenen Podest stand, und der Nürnberger Maler bemühte sich, nicht allzu auffällig auf die Unterlippe des Kaisers zu starren, die, wie bei fast allen Habsburgern, außerordentlich stark nach vorne gewölbt war. Ein weiteres Kennzeichen seiner Familie war die große Adlernase, die ihm ein dominantes Aussehen verlieh und für die kaiserliche Autorität dienlicher war als die Unterlippe. Seine grauen, fast schulterlangen Haare fielen unter einem großen schwarzen Samtbarett hervor. Dazu trug er die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies über einem purpurnen Mantel mit großem Pelzkragen, denn es war kalt und auch Dürer fröstelte - er reagierte empfindlicher auf Kälte als die meisten Menschen. Der riesige Saal konnte - wie viele Zimmer der Hofburg - kaum beheizt werden.




Dürer ahnte, wie kostbar die Kleidung des Kaisers sein mochte, denn er wusste, was er für seine eigene bezahlt hatte. Über einem weißen Leinenhemd trug der Maler eine Schaube mit Pelzkragen aus Rückenmarder, die an den Ärmeln modisch geschlitzt und dort mit einem weißen, vertikal geschlitzten Unterfutter hinterlegt war. Die strenge Luxus- und Kleiderordnung der Stadt Nürnberg erlaubte eine solche nur für die Genannten des Größeren Raths der Stadt und sie hatte 23 Gulden gekostet, ein stattlicher Betrag, wenn man bedachte, dass Dürers vierstöckiges Haus unterhalb der Burg bereits für 275 Gulden zu haben gewesen war. Bauern und Arbeiter war das Tragen von Pelzen untersagt. Die Verordnungen waren vielfältig und detailliert und die Geldstrafen bei Missachtung geradezu drakonisch. So durften etwa Männer bei einer Strafe von 20 Gulden keine seidenen oder aufgefüllten Hosengesäße tragen oder solche mit langen, plundernden Schnitten und Unterfuttern, die ihnen über die Knie oder Waden hinabhingen. Wer die modischen Hosen tragen wollte, musste darauf achten, dass die Schnitte und Unterfutter eine gute Handbreit über dem Knie endeten.




Dürers teure Kleidung, seine langen, mit der Brennschere künstlich gelockten Haare und der sorgfältig gestutzte Bart gaben ihm das Aussehen eines selbstbewussten, vielleicht sogar übertrieben modischen Mannes der besseren Gesellschaft, was für einen Maler nicht als selbstverständlich galt, denn noch bis vor kurzem waren diese wie Maurer und andere Handwerker bezahlt worden und hatten kaum hohes gesellschaftliches Ansehen genossen oder großes Selbstbewusstsein entwickelt. Erst seit kurzem war es überhaupt bei einigen Malern Sitte, Gemälde mit ihren Initialen oder gar dem Namen zu signieren.




Dürer blieb in gehörigem Abstand vor dem Kaiser stehen und verneigte sich tief. Ein hoher Beamter des Hofes trat vor und begann: Wir, Maximilian, von Gottes Gnaden, erwählter römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches, in Deutschland, Ungarn, Dalmatien, Croatien etc. etc. König, Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, zu Brabant und Pfalzgraf etc. ⦠Nach der ellenlangen Liste der Titel verlas er ein umständlich abgefasstes Dekret, dem zufolge der Künstler ab diesem Jahre, Anno Domini 1515, eine jährliche Rente in Höhe von 100 Gulden vom Kaiser erhalten sollte, eine Summe von außergewöhnlicher Höhe, selbst für die Ansprüche Dürers. Er war sich zwar der Gunst, in der er beim Kaiser stand, durchaus bewusst, konnte sich aber die unvermittelte Großzügigkeit nicht so recht erklären und machte sich darauf gefasst, dass die Sache einen Pferdefuß haben würde.




Der Kaiser schickte mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung seines Zeigefingers die Höflinge und sogar die Wachen weg und wartete, bis er sich mit Dürer allein im Saal wusste. Dies war ein ungewöhnlicher Vorgang und mit der Hofetikette kaum vereinbar. Dann wies er ihn an, noch näher heran zu treten. Der Maler nahm einen angenehmen Sandelholzduft aber auch leichten Angstschweiß in der Nähe des Kaisers wahr. Was mochte dies alles bedeuten? Dürer wurde sichtlich nervöser.




Hochverehrter Meister Albertus , hob der Kaiser an und benutzte die latinisierte Namensform, die in Humanistenkreisen üblich war, Wir haben zu Euch geschickt, weil Uns Euere Kunstfertigkeit in mannigfaltigen Dingen immer wieder in Erstaunen versetzt hat.

Dürer nahm das Lob mit einer leichten Verbeugung zur Kenntnis, sein Misstrauen wuchs beständig.

Wir benötigen Euere Fähigkeiten und Eueren Scharfsinn ein weiteres Mal in Unseren Diensten bei einem Problem von außerordentlicher Wichtigkeit und politischer Tragweite. Die Interessen des Reiches, ja sogar der Heiligen Mutter Kirche sind betroffen und die Dinge verlangen Euere ⦠absolute Verschwiegenheit.

Maximilian ließ eine Kunstpause folgen und fuhr langsam und eindringlich fort: Durch einen Kurier aus dem fernen Orient, der vor wenigen Tagen die Niederlassung der Fugger in Venedig erreichte, erhielten Wir das Geschenk eines heidnischen Potentaten, welches den friedlichen Beziehungen unserer Reiche als Unterpfand dienen soll. Dieser Gegenstand von außerordentlichem, ja exorbitantem Wert stammt aus dem Besitz der Erben von Khan Tokatamisch, der ihn wiederum von seinen Vorfahren ererbt hatte. Ursprünglicher Besitzer aber war der große Heerführer Temüdschin, der Khan der Mongolen, der Anführer von Altan Ord - der Goldenen Horde , der Kaiser senkte die Stimme noch weiter, Ihr kennt diesen Mann wahrscheinlich unter dem Namen Dschingis Khan, nicht wahr?




Noch ehe Dürer seiner Überraschung darüber Ausdruck verleihen konnte, öffnete der Kaiser eine schwarze Schatulle, die auf einem Tischchen stand, das mit Pietra Dura, kunstvollen italienischen Steinintarsien, verziert war. Dürers Überraschung wuchs ins Grenzenlose. Er kannte die Reichskrone des Kaisers, welche mit den Reichskleinodien der Stadt Nürnberg 1428 zur dauerhaften Verwahrung übergeben...
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