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Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
101 Seiten
Deutsch
Reclam Verlagerschienen am19.07.20221. Auflage
Frontalangriff auf die Metaphysik und Kerntext des Wiener Kreises: Metaphysische Sätze wie »Gott existiert« sind für Carnap nichts als Scheinsätze, die nur so tun, als würden sie nachvollziehbare Aussagen sein. Sie verwenden entweder Begriffe, die eigentlich keinen realen Bezug haben, oder vermengen Begriffe, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Ihren Höhepunkt findet Carnaps Kritik in der Auseinandersetzung mit dem inzwischen legendär gewordenen Heidegger-Zitat »Das Nichts selbst nichtet«: Nur die klare und eindeutige Logik kann in solchen Fällen weiterhelfen. Der Band zeichnet die Argumentationslinie des Textes nach und gibt Einblicke in dessen Nachwirkung und die Rolle des Wiener Kreises. Die Reihe »Great Papers Philosophie« bietet bahnbrechende Aufsätze der Philosophie: - Eine zeichengenaue, zitierfähige Wiedergabe des Textes. - Eine philosophiegeschichtliche Einordnung: Wie dachte man früher über das Problem? Welche Veränderung bewirkte der Aufsatz? Wie denkt man heute darüber? - Eine Analyse des Textes bzw. eine Rekonstruktion seiner Argumentationsstruktur, gefolgt von einem Abschnitt über den Autor sowie ein kommentiertes Literaturverzeichnis. E-Book mit Seitenzählung der Originalpaginierung.

Rudolf Carnap (1891-1970) war Philosoph, logischer Empirist, einflussreicher und wichtigster Vertreter des sogenannten »Wiener Kreises«. Christian Damböck , geb. 1968, ist Privatdozent für Philosophie an der Universität Wien und Direktor des Forschungsprojektes »Carnap in Context II: (Dis)continuities«.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR6,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,49

Produkt

KlappentextFrontalangriff auf die Metaphysik und Kerntext des Wiener Kreises: Metaphysische Sätze wie »Gott existiert« sind für Carnap nichts als Scheinsätze, die nur so tun, als würden sie nachvollziehbare Aussagen sein. Sie verwenden entweder Begriffe, die eigentlich keinen realen Bezug haben, oder vermengen Begriffe, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Ihren Höhepunkt findet Carnaps Kritik in der Auseinandersetzung mit dem inzwischen legendär gewordenen Heidegger-Zitat »Das Nichts selbst nichtet«: Nur die klare und eindeutige Logik kann in solchen Fällen weiterhelfen. Der Band zeichnet die Argumentationslinie des Textes nach und gibt Einblicke in dessen Nachwirkung und die Rolle des Wiener Kreises. Die Reihe »Great Papers Philosophie« bietet bahnbrechende Aufsätze der Philosophie: - Eine zeichengenaue, zitierfähige Wiedergabe des Textes. - Eine philosophiegeschichtliche Einordnung: Wie dachte man früher über das Problem? Welche Veränderung bewirkte der Aufsatz? Wie denkt man heute darüber? - Eine Analyse des Textes bzw. eine Rekonstruktion seiner Argumentationsstruktur, gefolgt von einem Abschnitt über den Autor sowie ein kommentiertes Literaturverzeichnis. E-Book mit Seitenzählung der Originalpaginierung.

Rudolf Carnap (1891-1970) war Philosoph, logischer Empirist, einflussreicher und wichtigster Vertreter des sogenannten »Wiener Kreises«. Christian Damböck , geb. 1968, ist Privatdozent für Philosophie an der Universität Wien und Direktor des Forschungsprojektes »Carnap in Context II: (Dis)continuities«.

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache
1. Einleitung
2. Die Bedeutung eines Wortes
3. Metaphysische Wörter ohne Bedeutung
4. Der Sinn eines Satzes
5. Metaphysische Scheinsätze
6. Sinnlosigkeit aller Metaphysik
7. Metaphysik als Ausdruck des Lebensgefühls

Zu dieser Ausgabe
Anmerkungen
Literaturhinweise
Nachwort
1 Wer war Rudolf Carnap?
2 Die Weltanschauung des Wiener Kreises (in Carnaps Version)
3 Carnaps Argumentation
3.1 Wörter und Sätze mit und ohne Bedeutung
3.2 Exkurs: Heidegger als Parademetaphysiker
3.3 Lebensgefühl, Dichtung, Musik: gute Metaphysik
3.4 Antimetaphysik als politische Agenda
4 (Anti-)Metaphysik in Carnaps später Philosophie
4.1 Das logische Toleranzprinzip
4.2 Jenseits des Verifikationsprinzips
4.3 Maximale Rationalität: Carnaps Weltformel
4.4 Die Metaphysik ist tot, es lebe die Metaphysik
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Leseprobe

[24]5. Metaphysische Scheinsätze

Wir wollen nun einige Beispiele metaphysischer Scheinsätze aufzeigen, an denen sich besonders deutlich erkennen läßt, daß die logische Syntax verletzt ist, obwohl die historisch-grammatische Syntax erfüllt ist. Wir wählen einige Sätze aus derjenigen metaphysischen Lehre, die gegenwärtig in Deutschland den stärksten Einfluß ausübt2.

»Erforscht werden soll das Seiende nur und sonst - nichts; das Seiende allein und weiter - nichts; das Seiende einzig und darüber hinaus - nichts. Wie steht es um dieses Nichts? - - Gibt es das Nichts nur, weil es das Nicht, d. h. die Verneinung gibt? Oder liegt es umgekehrt? Gibt es die Verneinung und das Nicht nur, weil es das Nichts gibt? - - Wir behaupten: Das Nichts ist ursprünglicher als das Nicht und die Verneinung. - - Wo suchen wir das Nichts? Wie finden wir das Nichts? - - Wir kennen das Nichts. - - Die Angst offenbart das Nichts. - - Wovor und warum wir uns ängsteten, war eigentlich  - nichts. In der Tat: das Nichts selbst - als solches - war da. - - Wie steht es um das Nichts? - - Das Nichts selbst nichtet.«

Um zu zeigen, daß die Möglichkeit der Bildung von Scheinsätzen auf einem logischen Mangel der Sprache beruht, stellen wir das untenstehende Schema auf. Die Sätze unter I sind sowohl grammatisch wie logisch einwandfrei, [25]also sinnvoll. Die Sätze unter II (mit Ausnahme von B 3) stehen grammatisch in vollkommener Analogie zu denen unter I. Die Satzform II A (als Frage und Antwort) entspricht zwar nicht den Forderungen, die an eine logisch korrekte Sprache zu stellen sind. Sie ist aber trotzdem sinnvoll, da sie sich in korrekte Sprache übersetzen läßt; das zeigt der Satz III A, der denselben Sinn wie II A hat. Die Unzweckmäßigkeit der Satzform II A zeigt sich dann darin, daß wir von ihr aus durch grammatisch einwandfreie Operationen zu den sinnlosen Satzformen II B gelangen können, die dem obigen Zitat entnommen sind. Diese Formen lassen sich in der korrekten Sprache der Kolonne III überhaupt nicht bilden. Trotzdem wird ihre Sinnlosigkeit nicht auf den ersten Blick bemerkt, da man sich leicht durch die Analogie zu den sinn-[230]vollen Sätzen I B täuschen läßt. Der hier festgestellte Fehler unserer Sprache liegt also darin, daß sie, im Gegensatz zu einer logisch korrekten Sprache, grammatische Formgleichheit zwischen sinnvollen und sinnlosen Wortreihen zuläßt. Jedem Wortsatz ist eine entsprechende Formel in der Schreibweise der Logistik beigefügt; diese Formeln lassen die unzweckmäßige Analogie zwischen I A und II A und die darauf beruhende Entstehung der sinnlosen Bildungen II B besonders deutlich erkennen.

Bei genauerer Betrachtung der Scheinsätze unter II B zeigen sich noch gewisse Unterschiede. Die Bildung der Sätze (1) beruht einfach auf dem Fehler, daß das Wort »nichts« als Gegenstandsname verwendet wird, weil man es in der üblichen Sprache in dieser Form zu verwenden pflegt, um einen negativen Existenzsatz zu formulieren (siehe II A). In einer korrekten Sprache dient dagegen zu dem gleichen [26]Zweck nicht ein besonderer Name, sondern eine gewisse logische Form des Satzes (siehe III A). Im Satz II B 2 kommt noch etwas Neues hinzu, nämlich die Bildung des bedeutungslosen Wortes »nichten«; der Satz ist also aus doppeltem Grunde sinnlos. Wir haben früher dargelegt, daß die bedeutungslosen Wörter der Metaphysik gewöhnlich dadurch entstehen, daß einem bedeutungsvollen Wort durch [27]die metaphorische Verwendung in der Metaphysik die Bedeutung genommen wird. Hier dagegen haben wir einen der sel-[231]tenen Fälle vor uns, daß ein neues Wort eingeführt wird, das schon von Beginn an keine Bedeutung hat. Satz II B 3 ist ebenfalls aus doppeltem Grunde abzulehnen. In dem Fehler, das Wort »nichts« als Gegenstandsname zu benutzen, stimmt er mit den vorhergehenden Sätzen überein. Außerdem enthält er aber einen Widerspruch. Denn selbst, wenn es zulässig wäre, »nichts« als Name oder Kennzeichnung eines Gegenstandes einzuführen, so würde doch diesem Gegenstand in seiner Definition die Existenz abgesprochen werden, in Satz (3) aber wieder zugeschrieben werden. Dieser Satz würde also, wenn er nicht schon sinnlos wäre, kontradiktorisch, also unsinnig sein.

Angesichts der groben logischen Fehler, die wir in den Sätzen II B finden, könnten wir auf die Vermutung kommen, daß in der zitierten Abhandlung vielleicht das Wort »nichts« eine völlig andere Bedeutung haben soll als sonst. Und diese Vermutung wird noch bestärkt, wenn wir dort weiter lesen, daß die Angst das Nichts offenbare, daß in der Angst das Nichts selbst als solches da sei. Hier scheint ja das Wort »nichts« eine bestimmte gefühlsmäßige Verfassung, vielleicht religiöser Art, oder irgend etwas, das einem solchen Gefühl zugrunde liegt, bezeichnen zu sollen. Wäre das der Fall, so würden die genannten logischen Fehler in den Sätzen II B nicht vorliegen. Aber der Anfang des S. 229 gegebenen Zitates zeigt, daß diese Deutung nicht möglich ist. Aus der Zusammenstellung von »nur« und »und sonst nichts« ergibt sich deutlich, daß das Wort »nichts« hier die übliche Bedeutung einer logischen Partikel hat, die zum Ausdruck eines negierten Existenzsatzes dient. An diese [28]Einführung des Wortes »nichts« schließt sich dann unmittelbar die Hauptfrage der Abhandlung: »Wie steht es um dieses Nichts?«

Unser Bedenken, ob wir nicht vielleicht falsch gedeutet haben, wird aber vollständig behoben, wenn wir sehen, daß der Verfasser der Abhandlung sich durchaus klar darüber ist, daß seine Fragen und Sätze der Logik widerstreiten. »Frage und Antwort im Hinblick auf das Nichts sind gleicherweise in sich widersinnig. - - Die gemeinhin beigezogene Grundregel des Denkens überhaupt, der Satz vom zu vermeidenden Widerspruch, die allgemeine Logik , schlägt diese Frage nieder.« Um so schlimmer für die Logik! Wir müssen ihre Herrschaft stürzen: »Wenn so die Macht des Verstandes im Felde der Fragen nach dem Nichts und dem Sein gebrochen wird, dann entscheidet sich damit auch das Schicksal der Herrschaft der Logik innerhalb der Philosophie. Die Idee der Logik selbst [232] löst sich auf im Wirbel eines ursprünglicheren Fragens.« Wird aber die nüchterne Wissenschaft mit dem Wirbel eines widerlogischen Fragens einverstanden sein? Auch darauf ist schon die Antwort gegeben: »Die vermeintliche Nüchternheit und Überlegenheit der Wissenschaft wird zur Lächerlichkeit, wenn sie das Nichts nicht ernst nimmt.« So finden wir eine gute Bestätigung für unsere These; ein Metaphysiker kommt hier selbst zu der Feststellung, daß seine Fragen und Antworten mit der Logik und der Denkweise der Wissenschaft nicht vereinbar sind.

Der Unterschied zwischen unserer These und der der früheren Antimetaphysiker ist jetzt deutlich. Die Metaphysik gilt uns nicht als »bloßes Hirngespinst« oder »Märchen«. Die Sätze eines Märchens widerstreiten nicht der Logik, sondern nur der Erfahrung; sie sind durchaus sinnvoll, [29]wenn auch falsch. Die Metaphysik ist kein »Aberglaube«; glauben kann man an wahre und an falsche Sätze, aber nicht an sinnlose Wortreihen. Auch nicht als »Arbeitshypothesen« kommen die metaphysischen Sätze in Betracht; denn für eine Hypothese ist das Ableitungsverhältnis zu (wahren oder falschen) empirischen Sätzen wesentlich, und das fehlt ja gerade bei Scheinsätzen.

Unter Hinweis auf die sog. Beschränktheit des menschlichen Erkenntnisvermögens wird zuweilen folgender Einwand erhoben, um die Metaphysik zu retten: die metaphysischen Sätze können zwar nicht vom Menschen oder sonst einem endlichen Wesen verifiziert werden; sie könnten aber vielleicht als Vermutungen darüber gelten, was von einem Wesen mit höherem oder gar vollkommenem Erkenntnisvermögen auf unsere Fragen geantwortet werden würde, und als Vermutungen wären sie doch immerhin sinnvoll. Gegen diesen Einwand wollen wir folgendes überlegen. Wenn die Bedeutung eines Wortes nicht angebbar ist, oder die Wortreihe nicht syntaxgemäß zusammengestellt ist, so liegt nicht einmal eine Frage vor. (Man denke etwa an die Scheinfragen: »Ist dieser Tisch babig?«, »Ist die Zahl Sieben heilig?«, »Sind die geraden oder die...
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Autor

Rudolf Carnap (1891-1970) war Philosoph, logischer Empirist, einflussreicher und wichtigster Vertreter des sogenannten »Wiener Kreises«. Christian Damböck , geb. 1968, ist Privatdozent für Philosophie an der Universität Wien und Direktor des Forschungsprojektes »Carnap in Context II: (Dis)continuities«.