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Woellwarth-Degenfeldsche Kirchenordnung von 1729

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
132 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am02.10.20221. Auflage
Im Jahre 1729 wurde für die Untertanen der Freiherren von Woellwarth und von Degenfeld in den ostwürttembergischen Dörfern Essingen, Lauterburg und Neubronn eine eigenständige Kirchenordnung erlassen. Damit nahmen die adeligen Ortsherren nicht nur ihre bischöflichen Rechte als lutherische Landesherren in Anspruch, sondern sie dokumentierten zugleich, dass sie den frühneuzeitlichen Forderungen einer >guten Policey< entsprachen. Die Kirchenordnung wird eingeleitet, ediert und kommentiert. Zwei kleinere Untersuchungen zur Einrichtung der Lauterburger Pfarrstelle im Jahre 1722 und den Lauterburger Kirchenstuhlverzeichnissen, die ab dem Jahre 1724 angelegt sind, ergänzen unser Bild vom landesherrlichen Kirchenregiment in einem Kleinstterritorium im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts.

Torsten Krannich, 1971 in Sondershausen / Thüringen geboren. Studium der evangelischen Theologie in Berlin und Jena. 2004 Promotion zum Dr. theol. mit einer Arbeit zum christologischen Streit im 5. Jahrhundert. Seit 2013 Pfarrer in Essingen und ab 2022 auch in Lauterburg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu kirchen-geschichtlichen Themen in Antike, in Reformationszeit und frühen Neuzeit.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextIm Jahre 1729 wurde für die Untertanen der Freiherren von Woellwarth und von Degenfeld in den ostwürttembergischen Dörfern Essingen, Lauterburg und Neubronn eine eigenständige Kirchenordnung erlassen. Damit nahmen die adeligen Ortsherren nicht nur ihre bischöflichen Rechte als lutherische Landesherren in Anspruch, sondern sie dokumentierten zugleich, dass sie den frühneuzeitlichen Forderungen einer >guten Policey< entsprachen. Die Kirchenordnung wird eingeleitet, ediert und kommentiert. Zwei kleinere Untersuchungen zur Einrichtung der Lauterburger Pfarrstelle im Jahre 1722 und den Lauterburger Kirchenstuhlverzeichnissen, die ab dem Jahre 1724 angelegt sind, ergänzen unser Bild vom landesherrlichen Kirchenregiment in einem Kleinstterritorium im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts.

Torsten Krannich, 1971 in Sondershausen / Thüringen geboren. Studium der evangelischen Theologie in Berlin und Jena. 2004 Promotion zum Dr. theol. mit einer Arbeit zum christologischen Streit im 5. Jahrhundert. Seit 2013 Pfarrer in Essingen und ab 2022 auch in Lauterburg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu kirchen-geschichtlichen Themen in Antike, in Reformationszeit und frühen Neuzeit.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756846603
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum02.10.2022
Auflage1. Auflage
Seiten132 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9926372
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

II. Woellwarth-Degenfeldsche Kirchenordnung von 1729

Woellwarthsches Rentamt und Steinhaus zu Essingen
1. Öffentliche Verkündigung vor dem Steinhaus
Kund und zu wissen seye hiermit demnach sich die gesammte hohe Episcopal96- und Kirchenherrschaften in Markt Essingen97, Lauterburg, Hohenroden und Neubronn als von Gott verordnete Saugammen98 und Pflegern der Kirchen99 dieser Orthen100 einmüthig dahin entschloßen, eine besondere Kirchen-Ordnung verfaßen, und solche in denenselbigen einführen zu laßen in Betrachtung, daß bey dem jeztmahligen beklagenswürdigen großen Verfall des wahren und thätigen Christentums in der Kirche Gottes immerzu mehrere Unordnungen, Mißbrauch und Fehler einzuschleichen beginnen101, die zwar beynahe von denen meisten Gliedern derselben wenig oder nicht geachtet werden, in der That aber denenselben an Ihrer Seelen Heyl und Wohlfahrth wahrhaft höchstschädlich seyn könnten, wo sie nicht in Zeithen abgethan, und dieselbe zu einer beßeren und Gott wohlgefälligeren Ordnung durch gute, zuchtsame und auf das Wohlseyn Ihrer Seelen abzwackend Gegentheil, von Obrigkeit wegen angehalten würden102, zu welchem Euch dann und damit denenselben auf alle nur mögliche Art und Weiß, mit Ernst und Nachdruck vorgebeuget, und allem unordentlichen Wesen in Ihren Kirchen geschützet und abgeholfen werden möchte. Sie, die hochwohlgeborenen allergnätigen hohen Collatur-Interessenten103, um gleich der von Gott ihnen anvertrau- |2| ten Kirchen und Gottesdiensten, auch Ihrer Gemeinden geistlichen Wohlstand, nach dem Befehl und Willen des Höchsten treu und christlich anzunehmen, vor nöthig und gut erachtet haben, eine solche Verordnung zu machen und vorzuhaben, nach welcher es in Ihren Kirchen und Gemeinden einführe ordentlicher und also Gott und Ihnen wohlgefällig zugehe, und christlich darob gehalten werden solle; als ist vor jezo deroselben gnädiger Befehl dahin ergangen, solch neu verfaßte Kirchen-Ordnung seiner christlichen Gemeinde allhier in dieser Stunde bey gegenwärthiger Versammlung, öffentlich zu verlesen und public zu machen, damit Sie daraus vernehmen möge, wie sich ein Jeder denselben in allem darnach zu richten habe.

Decretum in Markt Essingen den 29. Nov. 1729.

1729104 den 7. April ist die neu verfasste Kirchen-Ordnung für Lautterburg von sämtlich versammelt gewesenen gnädigen Herrschaften in dem Steinhaus public verlesen worden. Es waren aber zugegen: Der Reichsfrei hochwohlgeborene Herr, Herr Carl Ludwig von Woellwarth105, Herr auf Essingen, Hauptmann, ferner der Reichsfrei hochwohlgeborene Herr, Herr Philipp Gottfried von Woellwarth106, Herr auf Essingen, Rittmeister, ferner der Reichsfrei hochwohlgeborene Herr, Herr Ernst Albrecht von Woellwarth107, Herr auf Hohenroden, Major, und dann Herr Ernst Maximilian Enßlen, gemeinsamer Amtsvogt in Essingen108, Pfarrer Gottfried Schülen109, für Lauterburg110 Magister Johann Christoph Scholl111, Pfarrer.112
|3| 2. Kirchenordnung de a[nno] d[omini] 1729 |4| Kapitel I - Von denen Kirchendienern
Diese sollen

1. überhaupt ein Examensbrief haben, und unsträfflich Theologischen Wandel führen.

2. Gesez und Evangelium mit allem Ernst und Bescheidenheit predigen, über die einreißenden und im Schwung gehende Laster gebührend eyfern, darneben aber auf der Canzel und übrig heilige Amtsverrichtungen des Schmähens und Lästerns sich enthalten, und allenthalben Sanftmut, Liebe und Demuth von sich leuchten laßen.

3. Bey haltenden Leichpredigten, in denen personalibus113 weder in ennarandis defunctorum virtutibus noch in taxandis eorundem vitiis allzu weitläuffig und prolix seyn114, sondern das Rühmen und Schmähen moderieren: dann jenes gemeinigl[iche] spe lucri115; dießes aber ex propria aliqua vindicta116 zu beschehen vermuthet wird - wodurch die Gemeinden mehr geärgert alß erbauet werden117.

4. Neben ihrem Amt, auch noch ferner denen Studiis oblieg[en] und nicht alle Zeit auf oeconomische118 Geschäfte verwenden, sonderl[ich] aber des vielen, und onnöthigen außreisens, zech[ens], und anderen verdächtig Compagnien sich enthalten und in fremde Händel, die ihr Amt nicht tangieren, sondern nur zur allerhand Unruhe und Widerwillen Ursach geben, sich nicht mischen - sondern ihres Amtes walten. Wiewohl man dasjenige, was sie etwa bey Außsöhnung widriger Partheyen gewissens halber vorzutragen haben, auch nicht gleich so verstehen soll, alß wollten sie amtieren, sondern hierunter soll ihnen vielmehr wider die Widerspenstig und Verleumder obrigkeitl[ichem] Schutz von Amtes wegen gewährt werden.

5. Ihre privat-Händel weder auf die Canzel noch vor den Beichtstuhl119 bring[en]120, keinen Zuhörer öffentl[ich] beschimpfen121, es wäre denn, daß man nach der anweisung Lutherii in der lezten Frage122 des 6. Hauptstücks123 seines kleinen und von der Evangel[ischen] Kirche recipierten Catechismi, die hartnäckigen und unbußfertigen Sünder darum müßten öffentlich Straff, auf das sie schamroth würden, von Sünden absehen, sich bekehren und bessern möchten124 und

6. die Suspension125 von dem heil[igen] Abendmahl in behöriger Ordnung tractieren und sich also durchgehend wider ärgerlichen und unanständigen Lebens enthalten.
|5| Kapitel II - Vom Gottesdienst126
1. Sollen an Sonn-, Fest- und Feyertagen vormittags die verordneten gewöhnlichen Evangelien wie bisher: also noch fürwahr, schriftmäßig erklärt und erbaulich vorgetragen werden127,

2. daß Nachmittags ein pensum auß der bereits in allen freyen Kirchen eingeführten Württembergischen Kinderlehr128 mit der Jugend einfältig tractiert werde.

3. Von Georgi biß Martini129 alle Wochen zwey Bettstunden130 alß mittwochs und freytags gehalten, und jeden mahles ein pensum auß der heil. Schrift mit denen hier auf gnädige Verordnung eingeführten summarischen Erklärungen131 verleßen, auch der Gemeinde gezeigt werden, wie sie diese selber recht verstehen solle.

4. Hingeg[en] sollen von Martini biß Georgi nur allein am Mittwoch eine Bettstunde, des freytags aber eine Wochenpredigt132 über die Epistel133 gehalten werden.

5. Wenn aber in der Woche ein Feyertag oder Hochzeit oder Leichpredigt einfället, mag die Wochenpredigt eingestellet bleiben134.

6. Alle Monath soll ein Buß und Bettag gehalten135, und darzu besonderer Bußtext pro rata temporis et Auditorii136 erwählet werden.

7. In dem Herbst solle nach vollbrachter Ernte eine Dankpredigt alle Jahr gehalten werden.137

8. Vom Palmtag138 biß Michaelis139 soll man den frühen Gottesdienst mit 8 Uhr, von Michaelis aber biß Palmtag mit 9 Uhr anfangen, die Bettstunden und Wochenpredigten aber auf 10 Uhr halten.

9. Von Dom: Estomihi140 an, soll die Passionshistorie loco textus141, die Evangelien aber loco Exordii142 an Sonn- und Feyertagen erklärt, und auch in der Wochen am Freytag tractiert und biß auf den Charfreytag damit continuiert143 werden144.

10. Der Feyertag Matthias Apostoli soll allemahl den 24. Febr: gehalten145 - festum Annunciationis Mariae146 aber, wenn es in die Char- oder auch Osterwoche fallen sollte, auf den Freytag vor dem Palmtag gefeyert werden147.

11. Am Palmtag solle deß Nachmittags die ganze Passion historia pro cathedra sacra148 verleßen und nach dero Endigung eine kurze Sermon149 gehalten werden.

|6| 12. Die beiden Tage, grüner Donnerstag und Charfreytag, sollen gleich dem Exempel an dero ev[angelischen] Kirchen mit gänzlicher Abstellung aller werktägl[ichen] Geschäften gefeyert werden150, und solle die viriolea151 morgens die Worte von der Einsetzung des heil[igen] Abendmahls, nachmittags aber von dem Leyden Christi in der Kinderlehre tractiert, Charfreitags aber entweder von der Creuzigung oder Begräbnis Christi gepredigt werden.

13. Daß nun jezt erwähnte Gottesdienste gottgefällig, auch ordentl[ich] gehalten werden mögen, so sollen nicht nur die Pfarrer für sich selbsten fleißig seyn und keinen Gottesdienst muthwilliger Weiß versäumen, noch hindern sehen, sondern auch die Unterthanen insgesamt alle solche Gottesdienste häuffig besuchen, Gott und sein Wort, wie auch die hochheil[igen] Sacramente nicht verachten und so nicht nur in den...
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