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Die Zuckerbaronin

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
413 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am28.07.20231. Aufl. 2023
Bayern, 1908. Martha Schinder hat ihr Temperament und die Abneigung gegen Obrigkeiten von ihrem Vater geerbt, dem Schmugglerkönig vom Bayerischen Wald. Besessen davon, seiner Familie ein besseres Leben zu ermöglichen, verschiebt er gemeinsam mit seinen drei Töchtern große Mengen des begehrten Saccharins, die Konkurrenz zum teuren Zucker, über die Grenzen nach Österreich und Böhmen. Als Martha sich beim Erntedankfest Hals über Kopf in den Industriellensohn Alexander verliebt, ahnt sie nicht, in welchen schweren Konflikt sie diese Liebe stürzen wird. Denn Alexander ist der Erbe eines Zuckerimperiums. Und vom illegalen Treiben der Schinderschwestern darf er um keinen Preis erfahren ...



Martina Sahlerlebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln und schreibt in ihrem Büro mit Blick in die Bergischen Wälder seit vielen Jahren historische Romane. Zu ihren bekanntesten Werken gehören die Bestseller-TrilogieDIE ENGLISCHE GÄRTNERIN,DIE STADT DES ZARENundWEISSE NÄCHTE, WEITES LAND. Für letzteren Roman wurde sie mit demHOMERLiteraturpreis in Silber ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextBayern, 1908. Martha Schinder hat ihr Temperament und die Abneigung gegen Obrigkeiten von ihrem Vater geerbt, dem Schmugglerkönig vom Bayerischen Wald. Besessen davon, seiner Familie ein besseres Leben zu ermöglichen, verschiebt er gemeinsam mit seinen drei Töchtern große Mengen des begehrten Saccharins, die Konkurrenz zum teuren Zucker, über die Grenzen nach Österreich und Böhmen. Als Martha sich beim Erntedankfest Hals über Kopf in den Industriellensohn Alexander verliebt, ahnt sie nicht, in welchen schweren Konflikt sie diese Liebe stürzen wird. Denn Alexander ist der Erbe eines Zuckerimperiums. Und vom illegalen Treiben der Schinderschwestern darf er um keinen Preis erfahren ...



Martina Sahlerlebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln und schreibt in ihrem Büro mit Blick in die Bergischen Wälder seit vielen Jahren historische Romane. Zu ihren bekanntesten Werken gehören die Bestseller-TrilogieDIE ENGLISCHE GÄRTNERIN,DIE STADT DES ZARENundWEISSE NÄCHTE, WEITES LAND. Für letzteren Roman wurde sie mit demHOMERLiteraturpreis in Silber ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751742498
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.07.2023
Auflage1. Aufl. 2023
Reihen-Nr.1
Seiten413 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2257 Kbytes
Artikel-Nr.10124151
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1
Ornbach

Alexander Wallendorf blickte aus dem Fenster der Kutsche auf die mit ihren Handwagen vorbeiziehenden Bauern. Nach dem heutigen Markttag war die Straße vor dem Deggendorfer Bahnhof von den Menschen verstopft, die auf ihre Höfe zurückkehrten. Die Rückengestelle der Bäuerinnen waren am Morgen vermutlich schwer bepackt gewesen, jetzt trugen die Frauen ebenso leicht daran wie an dem Lächeln auf ihren Gesichtern. Sie hatten sicher ordentlich Geld eingestrichen. Auch die restliche Ware auf den Ladeflächen der von den Männern geführten Handkarren war überschaubar. Ein paar Äpfel kullerten umher, Kartoffeln, Kürbisse, Kohl - Früchte und Gemüse, die das ertragreiche Donautal seinen Bewohnern im Spätsommer schenkte. Zwischen den Bauern mit ihren Holzwagen tuckerten einige Automobile, hupten, wenn sie nicht vorankamen. Die neumodischen Fahrzeuge prägten das Straßenbild immer mehr, obwohl sich nur die besser gestellten Bürger die Anschaffung leisten konnten. Während des Studiums hatte sich Alexander manchmal von einem Kommilitonen chauffieren lassen, dessen Eltern ihn großzügiger ausstatteten als seine, und sich angeschaut, wie man einen Mercedes bediente. Vielleicht würde er seinen alten Herrn jetzt, da er wieder daheim war, überreden können, sich ein motorisiertes Fahrzeug zuzulegen. Es widerstrebte ihm zwar, bei solchen Fragen auf das Wohlwollen des Vaters angewiesen zu sein, aber noch lagen die Dinge so, dass Leopold Wallendorf das Sagen hatte.

Kutscher Josef knallte mit der Peitsche, die Pferde zogen kräftiger an, das Bahnhofsgebäude mit seinem Flachsattelbau blieb hinter ihnen zurück. Alexander lehnte sich gegen die gepolsterte Kutschwand, während sie Deggendorf Richtung Donauhafen verließen. Am Morgen war er noch in Leipzig gewesen, einer richtigen Stadt im Vergleich zu den beschaulichen Orten hier im Bayernwald. Dennoch war er froh, nach der Handelsbetriebslehre wieder zu Hause zu sein. Nein. Er freute sich, in die Heimat zu kommen, das war ein Unterschied.

Seine Rückkehr war für den Sommer geplant gewesen, hatte sich aber verzögert, weil er die Abschlussprüfung beim ersten Versuch in den Sand gesetzt hatte. Erst beim zweiten Mal hatten ihm die Prüfer die Urkunde überreicht, begleitet von mahnenden Worten zu seiner Arbeitseinstellung. Lisa, die Schankmagd im Auerbachs Keller, die sich in ihn verliebt hatte wie die Margarete in den Faust, hatte ihm wohl zu sehr die Zeit versüßt. Von ihr wussten seine Eltern natürlich nichts, die Liebelei war ohnehin Geschichte. Von seinem Versagen im ersten Anlauf hätten sie besser auch nichts erfahren, aber wie hätte er ihnen das verheimlichen sollen? Immerhin konnte er sicher sein, dass es ein Familiengeheimnis bleiben würde. Die Mauern aus Standesdünkel und Ansprüchen um die Wallendorfs waren so massiv wie die von Gut Theresienberg. Nichts drang nach außen, was dem sorgsam arrangierten Bild schaden könnte.

Alexander rieb sich den schmerzenden Rücken, während sie die Stelle passierten, an der die Isar in die Donau mündete. Die Fahrt mit dem Zug von Leipzig nach Deggendorf war weit komfortabler gewesen als der Rest des Weges mit der Kutsche. Sein Vater forderte seit vielen Jahren eine Nebenbahn von Deggendorf in Richtung Ornbach - oder besser: direkt zu seiner Fabrik. Aber es gab nicht genügend Mitstreiter, die ein solches Vorhaben unterstützten, und so mühte sich die Droschke die Straße durch den Wald hinauf zu den Feldern rund um Ornbach.

Die Baumreihen lichteten sich. Alexander rutschte zur Fensterscheibe und lugte in der nächsten Kurve nach vorn auf den Höhenzug. Eichen erhoben sich inmitten der Äcker, in ihrem Schatten ein paar Büsche und Gehölz, Schutz für Hasen und Mäuse vor den am Himmel kreisenden Bussarden. Dort drüben hatte er als Kind um diese Jahreszeit ein verletztes Kitz in einem Weizenfeld aufgehoben, das Herz hatte unter dem gepunkteten Fell heftiger geschlagen als sein eigenes. In seiner Erinnerung hörte er den hellen, durchdringenden Ruf nach dem Muttertier, ein Geräusch wie von einer Katze. Heute leuchteten nur wenige Felder im satten Korngelb. Der Großteil der Flächen lag zerwühlt, an den Rändern Berge der Schätze, die sie hervorgebracht hatten.

Zuckerrüben.

Der Kutscher lenkte sein Gefährt durch den steilen Ort, vorbei am Postamt, dem Rathaus, dem Gasthof, der Kirche, an der Schule, die Alexander nur ein Jahr besucht hatte. Seine Eltern hatten einen Hauslehrer eingestellt, der mehr aus ihrem Sohn hatte machen sollen als einen Bauern oder Schreiner. Die Freundschaft zu Vinzenz und Florian, denen er in diesem einen Schuljahr begegnet war, hatte das allerdings nicht beendet. Früher waren sie eine Bande aus fünf Kerlen gewesen, doch die anderen beiden, Söhne von Tagelöhnern ohne Zukunft, suchten ihr Glück in Amerika, wie so viele. Der Industriellensohn und die Arbeiterjungen - seine Eltern hatten das immer verhindern wollen. Aber in den höheren Kreisen, in denen die Wallendorfs Bekanntschaften gutgeheißen hätten, hatte Alexander sich nie wohlgefühlt.

Er hatte Vinzenz geschrieben, seinem engsten Vertrauten und der Erste von ihnen, der dem Junggesellendasein den Rücken gekehrt hatte. An die Kette gelegt hatte seine Kathi ihn nicht, zumindest was den Spaß mit Freunden anging. Aber ob das Schreiben ihn rechtzeitig erreicht hatte? Insgeheim hoffte Alexander, dass Vinzenz und Florian ihn willkommen hießen. Die Kutsche rollte die Einfahrt zum Gut hoch, unter dem steinernen Bogen hindurch in den Hof und dort eine Runde über den Kies, damit die Bediensteten Zeit hatten, nach draußen zu stürzen.

So lange wollte Alexander nicht warten. Er klopfte gegen das Kabinendach. »Halt an, Josef!« Er öffnete die Tür, kaum dass die Droschke stand, streckte den Kopf heraus, blinzelte in die Abendsonne. Eine Brise trug die Süße später Rosen aus dem Garten mit sich, mischte sie mit dem erdigen Duft des Oktobers und dem der Ställe. Über allem lag das ureigene Aroma nach Melasse aus der Fabrik, das Alexander wie nichts anderes mit seiner Heimat verband. Rauchfahnen waberten aus den Schloten hinter dem Gutshof. Wegen dieses Geruchs nächtigte sein Vater ab Beginn der Produktionskampagne stets bei offenem Fenster. Selbst im November oder Dezember blieb es dabei, auch wenn der Teich am Anwesen dick mit Eis bepackt war und Alexanders Mutter Annegret in ein eigenes Zimmer flüchtete, weil sie so fror. Leopold Wallendorf behauptete, selbst im Schlaf riechen zu können, sollte etwas in dem Prozess nicht stimmen, bei dem aus Rüben weißes Gold in Form von Kristallzucker hergestellt wurde.

»Alexander!«

Annegret Wallendorf erschien an der Pforte des Haupthauses. Als sie den Saum ihres hochgeschlossenen Kleids hob, um auf ihn zuzulaufen, kamen flache Lederstiefel zum Vorschein. Er hatte seine Mutter nie in Schuhwerk mit Absätzen gesehen, sie überragte die meisten Menschen ohnehin. Auch jetzt, als sie vor ihm stand, musste selbst er, groß wie er war, nicht zu ihr hinabschauen. Wieder einmal wurde ihm bewusst, von wem er das ungewöhnlich helle Blau seiner Augen und das Haselnussbraun seiner Haare hatte. Als kleiner Junge hatte er sich vor anderen Leuten hinter ihrem Rock verborgen. Diese Schüchternheit hatte er abgelegt. Ablegen müssen. Der Vater wollte keinen Schwächling als Sohn. Er sollte seiner Stellung in der Gesellschaft gerecht werden.

Der Loyalität, die seine Mutter dem Vater in diesen Dingen entgegenbrachte, stand Alexander zwiespältig gegenüber. Einerseits hatte es ihm als Kind Sicherheit gegeben, dass die Eltern zusammenhielten. Andererseits hätte er sich ihre Unterstützung gewünscht, wenn der Vater ihn am Arm gepackt hatte, um ihn zu züchtigen. Ein zerbrochenes Glas, ein unbedachtes Bauernwort. Alexander hatte den Schmerz in ihrer Miene gesehen, wenn das ordentliche Sitzen am Tisch ihm in den Tagen danach Tränen in die Augen getrieben hatte. Trotzdem hatte sie nicht gegen die Ansichten ihres Mannes zur Erziehung aufbegehrt.

»Mein Junge, wie schön, dass du da bist!« Sie umarmte ihn, küsste ihn links, rechts, links auf die Wangen. »Wie war die Fahrt?«

Alexander verzog das Gesicht. »Ich bin froh, dass sie vorüber ist.«

»Die Strapazen sieht man dir nicht an. Du siehst gut aus.« Sie lächelte. »Bist du erleichtert, dass du das Kapitel Leipzig nun abgeschlossen hast?«

»Das nächste wird nicht lange auf sich warten lassen.«

Annegret gab ein Lachen von sich, wurde aber gleich wieder ernst. »Ja, dein Vater hat Pläne. Wie immer. Und Hoffnungen.«

Das war keine große Überraschung. Inwiefern diese Pläne Alexanders eigenen Vorstellungen entsprachen, musste sich zeigen, und die Hoffnungen stellten sich nur allzu oft als Erwartungen heraus. Aber wie sich seine Zukunft gestalten würde, darüber mochte er an diesem Tag nicht nachdenken.

Eine Bedienstete lief heran, einen Strauß Rosen in den Händen, den sie Alexanders Mutter präsentierte. Annegret begutachtete das Gebinde, zupfte an ihm herum und entfernte einige geknickte Blätter. Dann nickte sie dem Mädchen zu, das daraufhin ins Haus eilte.

»Ihr erwartet Gäste?«, schloss er.

»Dein Vater hat wichtige Leute zum Abendessen eingeladen.« Seine Mutter ging ihm voran.

»Dann muss ich mich entschuldigen.« Er unterdrückte den Impuls, die Krawatte zu lockern. »Die Reise war anstrengend, ich möchte die Koffer auspacken. Ich brauche ein bisschen Zeit zum Ankommen, bevor ich mir eine Gesellschaft antun kann.«

»Ausruhen kannst du dich im Alter, Alexander.« Sie lächelte über die Schulter. »Es ist wichtig, dass du dabei bist. Enttäusche uns bitte nicht. Deine Garderobe liegt...

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Martina Sahlerlebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln und schreibt in ihrem Büro mit Blick in die Bergischen Wälder seit vielen Jahren historische Romane. Zu ihren bekanntesten Werken gehören die Bestseller-TrilogieDIE ENGLISCHE GÄRTNERIN,DIE STADT DES ZARENundWEISSE NÄCHTE, WEITES LAND. Für letzteren Roman wurde sie mit demHOMERLiteraturpreis in Silber ausgezeichnet.
Die Zuckerbaronin

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