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Die verschollene Beute

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
290 Seiten
Deutsch
OCMerschienen am18.11.20201
Karin Poggenpohl stürzt die Treppe hinunter und ist tot. Kommissarin Fey Amber hält die Umstände für suspekt. Kurz vor ihrem Tod bekam Karin Besuch von einem belgischen Geschichtenerzähler, der sich besonders für das Kriegsgefangenenlager interessierte, das 1918 zwischen Haltern und Dülmen existierte. Bresson weiß, dass drei der Gefangenen einen Raub verübt haben und die Beute noch in ihrem Versteck liegt. Nicht ahnend, dass ihm einheimische Mitwisser bereits im Nacken sitzen, entwickelt sich ein erbitterter Wettlauf um die verschollene Beute.

Das Salz in der Suppe ist die Freude am Erfinden. Wolfgang Wiesmann entwirft Figuren, lässt sie aufeinanderprallen und ist selber bis zuletzt gespannt, welches Schicksal sie sich bescheren. Mit seiner Kommissarin Fey Amber ermittelt eine attraktive Frau im Münsterland, die auffällig oft in Haltern und Dülmen zum Einsatz kommt. Kein Wunder, stammt Wiesmann doch aus dieser Gegend, die ihn wie seine Wahlheimat Irland zuverlässig inspiriert. Nah am Menschen schreiben ist seine Parole und den Zeitgeist aufarbeiten sein Motto.
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Produkt

KlappentextKarin Poggenpohl stürzt die Treppe hinunter und ist tot. Kommissarin Fey Amber hält die Umstände für suspekt. Kurz vor ihrem Tod bekam Karin Besuch von einem belgischen Geschichtenerzähler, der sich besonders für das Kriegsgefangenenlager interessierte, das 1918 zwischen Haltern und Dülmen existierte. Bresson weiß, dass drei der Gefangenen einen Raub verübt haben und die Beute noch in ihrem Versteck liegt. Nicht ahnend, dass ihm einheimische Mitwisser bereits im Nacken sitzen, entwickelt sich ein erbitterter Wettlauf um die verschollene Beute.

Das Salz in der Suppe ist die Freude am Erfinden. Wolfgang Wiesmann entwirft Figuren, lässt sie aufeinanderprallen und ist selber bis zuletzt gespannt, welches Schicksal sie sich bescheren. Mit seiner Kommissarin Fey Amber ermittelt eine attraktive Frau im Münsterland, die auffällig oft in Haltern und Dülmen zum Einsatz kommt. Kein Wunder, stammt Wiesmann doch aus dieser Gegend, die ihn wie seine Wahlheimat Irland zuverlässig inspiriert. Nah am Menschen schreiben ist seine Parole und den Zeitgeist aufarbeiten sein Motto.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783942672856
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum18.11.2020
Auflage1
Reihen-Nr.4
Seiten290 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1591 Kbytes
Artikel-Nr.10993445
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

September, 1918

Flambert, Jacques, links.

Jacques verkniff sich ein Grinsen. Hätte er andernfalls wohl teuer bezahlen müssen. Vielleicht mit Karzer oder einer Monatsration Wasser statt Linsensuppe. Ohne Holzschuhe zur Zwangsarbeit war auch möglich. Gerüchte, aber er war besser auf der Hut.

Der dusselige Deutsche hatte nicht gemerkt, dass er vor jedem Neuen strammstand, während er Kostproben seines unfähigen Französischs mit seinem schlechten Atem in die überfüllte Wartehalle skandierte. Die Namen klangen, als würgte er bei jeder Silbe sauren Cider seine Kehle hinunter.

Stramm, Hacken zusammen, Knie gerade im Streckverbund und Kopf in Linie mit dem Rückgrat, Schultern nach hinten. So kam die Brust von allein raus. Alle Achtung, auf die Deutschen war Verlass. Sie standen stramm, sogar vor ihren Gefangenen.

Der nächste Camenbert! , trichterte der uniformierte Buchhalter in den Pulk der Wartenden. Vortreten! L Autreque, Pierre. Rechts.

Jacques prustete in seine offenen Hände und spuckte, als hätte er sich verschluckt, stolperte nach vorne und rempelte den in der Reihe vor ihm stehenden unsanft an.

Excusez moi , sagte er beherrscht, um sein Amüsement über den zuverlässig unkorrekten Gebrauch seiner Muttersprache zu verschleiern.

Ein adjutierender Soldat schritt auf ihn zu und rammte ihm seinen Gewehrkolben in die Rippen. Jacques heulte auf, suchte Halt bei seinem Vordermann, riss an dessen Hose und fiel dennoch zu Boden, allerdings nicht ohne den Bund der Hose nach wie vor mit seiner Faust zu umklammern. Ihm blieb der Mund offen stehen, als er sich den nackten Hintern ansah. Der Anblick wurde nicht weniger peinlich, als der Mann sich umdrehte, ihm den Bund seiner Hose entriss und sich wieder bekleidete.

Never mind , nuschelte der Betroffene und reichte Jacques die Hand. Er nahm das Angebot an und wunderte sich, als sein Gegenüber sich mit Liam O Flaherty vorstellte.

Sie waren allerdings noch nicht aus der Gefahrenzone heraus. Das Gerangel hatte die Wachen alarmiert, aber das Sprachgenie von deutschem Buchhalter gab Entwarnung, nicht ohne auf das Schild Ruhe hinzudeuten.

O Flaherty , flüsterte Jacques, die französische Provinz muss noch entdeckt werden, wo Kerle wie du herkommen. Siehst aus wie ein normannischer Abtrünniger. Die Schlacht von Hastings habt ihr gewonnen, aber bei den Briten gab s nur Fisch und Kartoffeln, nichts für einen Gourmet aus â¦ woher?

Eire, wenn dir das was sagt. Du redest viel. Warum lebst du noch?

Lass mich raten. Ein verdammtes Tal im Saarland, das niemand kennt. Ihr braut Bier, statt gepflegte Weine zu verköstigen. Ich würd s auch Eire nennen, damit man nicht gleich draufkommt, dass mein Land nicht dazugehört, zu den normalen Ländern. Unbekannt ist besser als bekannt und seelenlos.

Mein Land gehört nicht dazu und wird es nie.

Du redest, als wärst du überzeugt von dem Quatsch. Spuck endlich aus, woher du kommst.

Wo sind wir hier?

Ist es so schlimm? , betonte Jacques. Elsass? Normandie? Bretagne? Ist gewiss nur Spaß, dein Eire. Das wette ich. Bist du nicht stolz auf dein Vaterland? Wer kämpft auf unserer Seite, für die Trikolore, die Freiheit und das schönste Land Europas, und kommt aus Eire? Du bist kein Franzose. Sommersprossen auf dem Nasenrücken und rote Pferdehaare auf dem Kopf. Ein schottisches Langhorn, namens O Flaherty. Warum reichst du kein Gnadengesuch ein? Ein Eire ist versehentlich in die Schützengräben der Franzosen geraten.

Wo sind wir hier? , fragte Liam erneut mit Gleichmut in der Stimme.

Er tendiert sich zu wiederholen, der Mann aus Eire. Mein Arsch möchte ein warmes Bad. Seit Sonnenaufgang sitz ich auf dem verdammten Karren. Jedes Schlagloch ein Schuss die Wirbelsäule hoch. Der Kutscher hat gepennt, die ganze Zeit. Wir sind in Wesel los, gestern über den Rhein. Heute hier. Irgendwo stand Haltern, frag mich nicht, was das bedeutet. Barbaren leben hier nicht. Ihr Kirchturm ragt hoch in den Himmel. Sie haben es nötig, Abbitte zu leisten, fallen über ihre Nachbarn her. Gepflegte Stadt, ich sah ein Mädchen über den Marktplatz gehen. Sie winkte mir. Fast hätte ich mich vergessen. Wüsste gern, ob die deutschen Frauen auch so lecker schmecken unter ihren Rö­cken. Weiße Schenkel und ein bisschen weiter oben, dazwischen, du weißt, was ich meine. Zöpfe hatte sie mit Schleifen an den Enden.

Jacques warf einen verträumten Blick ins Innere des schäbigen Gebäudes, aber seine Augen verrieten, dass seine Gedanken weit entfernt um etwas kreisten, nach dem er sich sehnte. Vielleicht sein geliebtes St. Germain, vielleicht seine Familie, die er unter Tränen verlassen hatte, vielleicht seine Genevieve, die ihm in der letzten Nacht vor seiner Fahrt nach Verdun alles geschenkt hatte, was sie geben konnte, ihre Seele und ein Strumpfband eingeschlossen.

Sieh dich um , hauchte er Liam entgegen, dann weißt du, wo du bist: Am Ende der Welt. Baracken, so weit das Auge reicht und hier drin ein Versailles aus verdreckten Verschlägen, von Pisse zerfressene Holzkisten, die sie Betten nennen und schmierige Decken, an denen Siff aus Seiber und Ergüssen klebt. Bist du nun zufrieden? Das ist dein neues Zuhause. Bleibt zu hoffen, dass eine Seite den Krieg schnell gewinnt. So oder so, wer will Kriegsgefangene durchfüttern? Jetzt bist du dran.

Liam bewegte sich einige Schritte in der Reihe nach vorne, ohne etwas zu sagen. Jacques trottete mit Frust im Gesicht hinter ihm her. Es würde dauern, bis sie mit Reinigen und Desinfizieren dran waren und mit Einheitskleidung ausstaffiert wurden. Zu Hose und Hemd gab es eine mantelartige Jacke und am wichtigsten: ein Paar Holzschuhe. Alles von Wert hatten sie ihnen direkt nach der Gefangennahme abgenommen und nun war die Uniform dran. Der Ehering, den er schon gekauft hatte, wäre jetzt weg gewesen. Zum Glück hatte er ihn zu Hause gut versteckt. Sicher war er sich allerdings nicht, ob seine Genevieve ihm treu sein würde.

Er ärgerte sich über seine neue Bekanntschaft. Der Mann aus Eire mit seinem roten Filz auf dem Kopf brach sich lieber die Zunge ab, als mit ihm zu reden. Was konnte man Falsches sagen über dieses Nest aus Hunger und Siechtum? Wer aus den Schützengräben kam, wusste jedoch, dass hervorstehende Wangenknochen immer noch besser waren als ein Bajonett im Rücken oder Granatsplitter im Bauch. Wäre Liam nicht einen Kopf größer gewesen, hätte er ihn erneut angerempelt, damit sofort klar war, wer hier das Sagen hatte. Manche Kerle musste man provozieren, um sie zum Sprechen zu bringen.

Sag aujourd hui , stichelte Jacques. Wenn du das Wort richtig aussprichst, bist du entweder Belgier oder Franzose. Mach schon!

Liam starrte ihn ausdruckslos an und hielt den Mund.

Jacques verdrehte die Augen und stöhnte.

Wie kann einer nur so bescheuert stur sein?

Dia dhuit , sagte der Mann aus Eire plötzlich.

Oh Wunder. Eire hat eine eigene Mundart, so wie unsere Bretonen oder die Waliser von der Insel. O Flaherty. O , O , O . Dia dhuit. Buchstabier das Wort.

Es ist ein Gruß und bedeutet: Bonjour.

Buchstabier, Junge!

Liam versuchte es, geriet aber ins Stocken und gab auf.

Ich habe nie schreiben gelernt. Es ist Gälisch. Ich kann s besser sprechen.

Das lässt du lieber sein. Verstehe nichts, aber ganz so dämlich bin ich nicht. Eire ist auch gälisch und heißt Irland, stimmt s? Was, um alles in der Welt, hat dich in den Krieg verschlagen? Bist du ein entflohener Sträfling oder gar ein Mörder?

Du möchtest eine aufs Maul. Ich bin freiwillig der französischen Armee beigetreten. Freischärler. Bin nicht der Einzige aus meinem Land.

Gibt es bei euch nichts zu essen oder schlimmer, habt ihr keine Frauen? Freiwillig in den Krieg, du bist bescheuert.

Bürgerkrieg. Die Engländer haben unser Land ausgebeutet und hinterließen Chaos. Ich wollte weg, heuerte auf einer Fähre an, kam so nach Roscoff und habe mich eurem Widerstand angeschlossen. Von irgendwas musste ich leben.

Vom Regen in die Traufe nenn ich das. Wie alt bist du?

Ich wurde von meiner Mutter getrennt, als ich sechs Jahre alt war. Wir schrieben das Jahr 1894, geboren 1888 als viertes von sieben Kindern.

Demnach bist du 30 Jahre alt. Wieso wurdest du von deiner Mutter getrennt? Hat sie deinen Vater um die Ecke gebracht und landete im Gefängnis?

Liams rechte Hand schnellte vor und griff Jacques am Hals, drückte ihm die Luft ab, sodass er nach hinten auszuweichen versuchte, aber gegen einen anderen Mann prallte. Um einen Tumult zu verhindern und Strafmaßnahmen zu vermeiden, löste der Mann Liams Griff mit beiden Händen und gebot ihm, die Klappe zu halten und sich zu benehmen. Kollektivstrafen waren an der Tagesordnung und sehr gefürchtet, noch schlimmer war nur noch die Isolationshaft.

Jacques rieb sich den Hals und schluckte demonstrativ schwerfällig. Er drehte seinen Kopf zirkulierend in alle Richtungen und bedankte sich bei seinem Retter.

Was ist in dich gefahren? , stänkerte er Liam an. Du bist wahnsinnig, legst jedes Wort auf die Goldwaage. Wo kommen wir hin, wenn man nicht mal einen Scherz machen darf? Idiot. Pack mich ein zweites Mal an und sie werden dir die Eingeweide bei lebendigem Leibe rausreißen. Wie kann man nur freiwillig in den Krieg ziehen? Du könntest einer Frau den Hof machen, den lieben langen Tag Calvados trinken und abends lockst du...

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Das Salz in der Suppe ist die Freude am Erfinden. Wolfgang Wiesmann entwirft Figuren, lässt sie aufeinanderprallen und ist selber bis zuletzt gespannt, welches Schicksal sie sich bescheren. Mit seiner Kommissarin Fey Amber ermittelt eine attraktive Frau im Münsterland, die auffällig oft in Haltern und Dülmen zum Einsatz kommt. Kein Wunder, stammt Wiesmann doch aus dieser Gegend, die ihn wie seine Wahlheimat Irland zuverlässig inspiriert. Nah am Menschen schreiben ist seine Parole und den Zeitgeist aufarbeiten sein Motto.

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