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Selma Lagerlöf, Gesammelte Werke

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
800 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am04.10.2023
Selma Lagerlöf schrieb Geschichten vom Leben an der Nahtstelle zum Sagenhaften und Übernatürlichen. In einer starken, bildhaften Sprache erzählt die schwedische Schriftstellerin von der schicksalsmächtigen Verbindung zwischen Mensch und Natur, von Tieren, Trollen und anderen Gottesgeschöpfen, mit denen die mystische Weite ihrer skandinavischen Heimat erfüllt ist. Dieser Band versammelt Legenden, Sagen und Geschichten aus dem Norden sowie ihre unkonventionellen »Christuslegenden« und Weihnachtsgeschichten.

Selma Ottilia Lovisa Lagerlöf (1858-1940) wurde in der schwedischen Provinz Värmland geboren. Nach ihrem Studium in Stockholm trat sie ihre erste Stelle als Lehrerin in der Hafenstadt Landskrona im Süden des Landes an. Zu dieser Zeit verfasste sie ihren ersten Roman, »Gösta Berling«. Als 1895 die zweite Auflage des Buchs erschien, konnte sie die Lehrtätigkeit aufgeben und sich ganz dem Schreiben widmen. Dank eines Reisestipendiums des Königs und der Schwedischen Akademie lernte sie Europa kennen und reiste bis nach Ägypten und Israel. Wieder in Schweden erlangte sie weiteren literarischen Ruhm mit ihrem Auswandererepos »Jerusalem« (1902/1903) und dem von der Schulbehörde in Auftrag gegeben Lesebuch »Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen« (1906). Zu den wichtigsten Auszeichnungen ihres Lebens gehören die Aufnahme als erstes weibliches Mitglied in die Schwedische Akademie im Jahr 1914 und der Literatur-Nobelpreis, den sie 1909 als erste Frau erhielt. Das Preisgeld ermöglichte es Lagerlöf, den Gutshof Mårbacka zurückzukaufen - ihre Eltern hatten das Anwesen wegen hoher Verschuldung aufgeben müssen. Nach dem Umzug auf das Landgut widmete sie sich neben dem Schreiben vor allem der Landwirtschaft und ihrer kleinen Fabrik, in der sie Hafermehl produzierte.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR12,95
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Produkt

KlappentextSelma Lagerlöf schrieb Geschichten vom Leben an der Nahtstelle zum Sagenhaften und Übernatürlichen. In einer starken, bildhaften Sprache erzählt die schwedische Schriftstellerin von der schicksalsmächtigen Verbindung zwischen Mensch und Natur, von Tieren, Trollen und anderen Gottesgeschöpfen, mit denen die mystische Weite ihrer skandinavischen Heimat erfüllt ist. Dieser Band versammelt Legenden, Sagen und Geschichten aus dem Norden sowie ihre unkonventionellen »Christuslegenden« und Weihnachtsgeschichten.

Selma Ottilia Lovisa Lagerlöf (1858-1940) wurde in der schwedischen Provinz Värmland geboren. Nach ihrem Studium in Stockholm trat sie ihre erste Stelle als Lehrerin in der Hafenstadt Landskrona im Süden des Landes an. Zu dieser Zeit verfasste sie ihren ersten Roman, »Gösta Berling«. Als 1895 die zweite Auflage des Buchs erschien, konnte sie die Lehrtätigkeit aufgeben und sich ganz dem Schreiben widmen. Dank eines Reisestipendiums des Königs und der Schwedischen Akademie lernte sie Europa kennen und reiste bis nach Ägypten und Israel. Wieder in Schweden erlangte sie weiteren literarischen Ruhm mit ihrem Auswandererepos »Jerusalem« (1902/1903) und dem von der Schulbehörde in Auftrag gegeben Lesebuch »Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen« (1906). Zu den wichtigsten Auszeichnungen ihres Lebens gehören die Aufnahme als erstes weibliches Mitglied in die Schwedische Akademie im Jahr 1914 und der Literatur-Nobelpreis, den sie 1909 als erste Frau erhielt. Das Preisgeld ermöglichte es Lagerlöf, den Gutshof Mårbacka zurückzukaufen - ihre Eltern hatten das Anwesen wegen hoher Verschuldung aufgeben müssen. Nach dem Umzug auf das Landgut widmete sie sich neben dem Schreiben vor allem der Landwirtschaft und ihrer kleinen Fabrik, in der sie Hafermehl produzierte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641311551
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum04.10.2023
Reihen-Nr.44
Seiten800 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2405 Kbytes
Artikel-Nr.11383009
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Der Luftballon

Vater und die Knaben sitzen an einem regnerischen Oktoberabend in einem Coupé dritter Klasse, auf der Fahrt nach Stockholm. Vater ist auf seiner Bank allein. Die Knaben sitzen ihm gegenüber, eng aneinander geschmiegt, und lesen einen Roman von Jules Verne, der den Titel führt: Sechs Wochen im Luftballon. Das Buch ist sehr abgegriffen. Die Knaben können es fast auswendig und haben endlose Diskussionen darüber geführt, aber sie lesen es immer wieder mit demselben Vergnügen, sie haben alles vergessen, um den kühnen Luftschiffern quer über Afrika zu folgen, und sie erheben nur selten den Blick vom Buche, um die schwedischen Landschaften zu betrachten, die sie durchfahren.

Die Knaben sehen einander sehr ähnlich. Sie sind von gleicher Größe, gleich gekleidet - in graue Überröcke und blaue Schulmützen -, sie haben alle beide große träumerische Augen und kleine Stumpfnasen. Sie sind immer gut Freund, gehen immer miteinander, kümmern sich nicht um andre Kinder und sprechen immer von Erfindungen und Entdeckungsfahrten. Der Begabung nach sind sie recht verschieden geartet. Lennart, der ältere, der dreizehn Jahre zählt, kommt in der Schule schwer vorwärts, und er kann kaum in irgendeinem Gegenstande mit seiner Klasse Schritt halten. Dafür ist er aber sehr geschickt und unternehmungslustig. Er will Erfinder werden und beschäftigt sich beständig damit, eine Flugmaschine zu konstruieren. Hugo ist ein Jahr jünger als Lennart, aber er begreift leichter und ist schon in derselben Klasse wie der Bruder. Auch er interessiert sich nicht besonders für das Lernen, hingegen ist er ein großer Sportsmann: Skiläufer, Radfahrer und Eisläufer. Wenn er erwachsen ist, will er auf Entdeckungsreisen gehen. Sobald Lennarts Flugmaschine fertig ist, wird Hugo damit ausfliegen, um zu entdecken, was von der Welt noch zu entdecken übrig ist.

Vater ist ein großgewachsener Mann mit eingesunkner Brust, fahlem Gesicht und schmalen, schönen Händen. Er ist nachlässig gekleidet. Seine Hemdbrust ist zerknittert, der Rockaufhänger guckt am Halse hervor, die Weste ist schief geknöpft, und die Strümpfe sind herabgerutscht. Er trägt das Haar so lang, dass es auf den Rockkragen hängt, dies jedoch nicht aus Nachlässigkeit, sondern aus Geschmack und Gewohnheit.

Vater stammt aus einem alten Spielmannsgeschlecht, weit her aus dem Bauernland, und er hat als sein besondres Erbteil zwei starke Anlagen mitbekommen. Die eine Anlage ist eine große musikalische Begabung, und sie trat als Erstes zutage. Er besuchte die Akademie in Stockholm, studierte dann ein paar Jahre im Ausland und machte in diesen Studienjahren so glänzende Fortschritte, dass er selbst und seine Lehrer erwarteten, es würde ein großer, weltberühmter Violinspieler aus ihm werden. Er hätte sicherlich Talent genug gehabt, dieses Ziel zu erreichen, aber es fehlte ihm an Kraft und Ausdauer. Er konnte sich draußen in der Welt keine Stellung erkämpfen, sondern kam gar bald heim und nahm einen Organistenposten in einer Provinzstadt an. Anfangs schämte er sich wohl, dass er allen den in ihn gesetzten Erwartungen nicht entsprochen hatte; aber er empfand es auch angenehm, einen sichern Lebensunterhalt zu haben und nicht mehr die Barmherzigkeit fremder Leute in Anspruch nehmen zu müssen.

Kurz nachdem er die Stelle bekommen hatte, heiratete er; und einige Jahre lang war er mit seinem Lose ganz zufrieden. Er hatte ein schönes kleines Heim, eine frohe und glückliche Frau und zwei kleine Jungen, und er war der Liebling der ganzen Stadt, überall gesucht und gefeiert. Aber dann war eine Zeit gekommen, wo dies alles ihn nicht mehr zu befriedigen schien. Er sehnte sich danach, noch einmal in die Welt hinauszuziehen und sein Glück zu versuchen, doch fühlte er sich verpflichtet, daheim zu bleiben, weil er nun Weib und Kind hatte.

Vor allem war es die Frau, die ihn überredet hatte, von dieser Reise abzustehen. Sie glaubte, dass es ihm nicht besser glücken werde als das erste Mal. Sie meinte, sie seien so glücklich, dass er nichts andres zu erstreben brauche. Damit beging sie sicher einen Fehler, aber sie musste ihn auch schwer genug büßen; denn von der Zeit an kam der zweite Familienzug bei dem Manne zum Vorschein. Da er seine Sehnsucht nach Ruhm und Erfolg nicht stillen konnte, suchte er sich mit dem Trinken zu trösten.

Und es ging ihm nun so, wie es den Menschen aus seiner Familie zu gehen pflegte: Er trank ohne Besinnung und ohne Maß und kam binnen Kurzem ganz herunter. Er wurde allmählich ein ganz andrer Mensch als zuvor. Er war nicht mehr liebenswürdig und einnehmend, sondern böse und hart. Und das größte Unglück war, dass er einen furchtbaren Hass gegen seine Frau fasste und sie in jeder möglichen Weise quälte, wenn er betrunken war - und auch sonst.

Die Knaben hatten also kein gutes Heim gehabt, und ihre Kindheit wäre sehr unglücklich gewesen, hätten sie sich nicht eine kleine Welt für sich selbst geschaffen, voll von Maschinenmodellen, Entdeckungsplänen und Abenteuerbüchern. Die Einzige, die zuweilen einen Blick in diese Welt werfen durfte, war Mutter. Vater hatte nicht einmal eine Ahnung, dass sie existierte; und auch jetzt vermag er mit den Knaben über nichts zu sprechen, was sie interessiert. Er stört sie einmal ums andre, wenn er fragt; er fragt, ob es nicht schön wäre, Stockholm kennenzulernen, und ob sie sich nicht freuten, mit Vater zu reisen, und dergleichen mehr. Sie antworten sehr kurz, um sich augenblicklich wieder in das Buch zu vertiefen. Vater jedoch fragt weiter. Er glaubt, dass die Knaben von seiner Liebenswürdigkeit sehr entzückt sein müssten und nur zu schüchtern wären, es zu zeigen.

»Die haben zu lange an Mutters Schürzenband gehangen«, denkt er. »Sie sind ängstlich und zimperlich geworden. Das wird jetzt anders werden, wenn sie in meine Hand kommen.«

Aber Vater täuscht sich. Dass die Knaben ihm so kurze Antworten geben, kommt nicht von der Schüchternheit, sondern bedeutet nur, dass sie wohlerzogen sind und ihn nicht verletzen wollen. Wenn es nicht so wäre, würden sie ganz anderes antworten. »Warum sollten wir es schön finden, mit Vater zu reisen?«, würden sie dann sagen. »Vater glaubt freilich, etwas ganz Besondres zu sein, aber wir sehen ja, dass er nur ein verkommner Schwächling ist. Und warum sollten wir uns darauf freuen, Stockholm kennenzulernen? Wir wissen sehr gut, dass Vater uns nicht mitgenommen hat, um uns eine Freude zu machen, sondern nur, um Mutter zu kränken.«

Es wäre klüger, wenn Vater die Knaben lesen ließe, ohne sie zu stören. Sie sind niedergeschlagen und ängstlich, und es reizt sie, dass er so guter Laune ist. »Nur weil er weiß, dass Mutter daheim sitzt und weint, ist er heute so vergnügt«, flüstern sie einander zu.

Vaters Fragen bringen es schließlich dahin, dass die Knaben nicht mehr lesen, obgleich sie noch immer über das Buch gebeugt dasitzen. Anstatt dessen beginnen ihre Gedanken mit großer Bitterkeit um alles zu kreisen, was sie um Vaters willen haben leiden müssen.

Sie erinnern sich, wie sich Vater einmal am helllichten Tage betrunken hatte und über die Straße getorkelt kam, von einer Menge Schuljungen verfolgt, die ihn ausspotteten. Sie rufen sich zurück, wie die andern Jungen sie gehänselt und ihnen Spitznamen gegeben haben, weil sie einen Vater hatten, der trank. Sie haben sich für Vater schämen müssen, sie mussten seinetwegen in beständiger Angst leben; und sowie sie irgendeinen Spaß hatten, ist er dazwischen gekommen und hat ihnen das Vergnügen verdorben. Es ist kein kleines Sündenregister, das sie aufstellen. Die Knaben sind sehr sanftmütig und geduldig, aber sie fühlen einen Groll in sich aufsteigen, der stärker und stärker wird. Er hätte doch begreifen müssen, dass sie ihm die große Enttäuschung nicht verzeihen konnten, die er ihnen gestern bereitet hatte. Das war doch das Ärgste, was er ihnen noch angetan hatte.

Die Sache war nämlich die, dass die Mutter der Knaben sich im vorigen Frühling entschlossen hatte, sich von deren Vater zu trennen. Mehrere Jahre lang hatte der Mann sie auf jede erdenkliche Art verfolgt und gepeinigt, doch sie hatte sich nicht von ihm trennen wollen, sondern war bei ihm geblieben, damit er nicht völlig verkomme. Aber jetzt endlich wollte sie es um der Knaben willen tun. Sie hatte beobachtet, dass der Vater sie unglücklich machte; und sie meinte, sie müsse sie diesem Elend entziehen und ihnen ein gutes, friedliches Heim schaffen.

Als das Frühlingssemester zu Ende war, hatte sie die Knaben aufs Land zu ihren Eltern geschickt und war selbst ins Ausland gereist, um so aufs Einfachste die Scheidung zu erlangen. Es war ihr freilich nicht recht gewesen, dass es dadurch den Anschein gewann, als ob die Ehe durch ihr Verschulden gelöst würde; aber dem hatte sie sich unterwerfen müssen. Noch weniger zufrieden war sie damit, dass die Knaben vom Gerichte dem Vater zugesprochen wurden, weil sie eine entlaufne Ehefrau wäre. Sie tröstete sich freilich damit, dass er unmöglich die Absicht haben könnte, die Kinder zu behalten; aber sie hatte doch keine rechte Ruhe mehr.

Sobald die Scheidung durchgeführt war, war sie zurückgekommen und hatte eine Wohnung gemietet, in der sie mit den Knaben leben wollte. Erst vor zwei Tagen hatte sie alles fertig gehabt, sodass die Knaben zu ihr übersiedeln konnten. Es war der glücklichste Tag, den die Kinder noch erlebt hatten. Die ganze Wohnung bestand aus einem großen Zimmer und einer großen Küche, aber alles war neu und fein, und Mutter hatte es so außerordentlich behaglich eingerichtet.

Das Zimmer sollte Mutter und ihnen tagsüber als Arbeitsraum dienen, und nachts sollten die Knaben da schlafen. Die Küche war sehr niedlich und...

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Autor

Selma Ottilia Lovisa Lagerlöf (1858-1940) wurde in der schwedischen Provinz Värmland geboren. Nach ihrem Studium in Stockholm trat sie ihre erste Stelle als Lehrerin in der Hafenstadt Landskrona im Süden des Landes an. Zu dieser Zeit verfasste sie ihren ersten Roman, »Gösta Berling«. Als 1895 die zweite Auflage des Buchs erschien, konnte sie die Lehrtätigkeit aufgeben und sich ganz dem Schreiben widmen. Dank eines Reisestipendiums des Königs und der Schwedischen Akademie lernte sie Europa kennen und reiste bis nach Ägypten und Israel. Wieder in Schweden erlangte sie weiteren literarischen Ruhm mit ihrem Auswandererepos »Jerusalem« (1902/1903) und dem von der Schulbehörde in Auftrag gegeben Lesebuch »Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen« (1906). Zu den wichtigsten Auszeichnungen ihres Lebens gehören die Aufnahme als erstes weibliches Mitglied in die Schwedische Akademie im Jahr 1914 und der Literatur-Nobelpreis, den sie 1909 als erste Frau erhielt. Das Preisgeld ermöglichte es Lagerlöf, den Gutshof Mårbacka zurückzukaufen - ihre Eltern hatten das Anwesen wegen hoher Verschuldung aufgeben müssen. Nach dem Umzug auf das Landgut widmete sie sich neben dem Schreiben vor allem der Landwirtschaft und ihrer kleinen Fabrik, in der sie Hafermehl produzierte.