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Waiseninsel

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am22.12.20231. Aufl. 2023
Kommissarin Jessica Niemi gerät in eine Auseinandersetzung, wird handgreiflich und prompt von einem Passanten gefilmt. Das Video geht viral und sie wird beurlaubt. Um Abstand zu gewinnen, fährt Jessica auf die zwischen Finnland und Schweden gelegenen Åland-Inseln. Dort trifft sie auf eine Gruppe älterer Menschen, die als Kinder während des Krieges fliehen mussten und hier auf der Insel in einem Waisenhaus lebten. Nun treffen sie sich wieder. Als einer der Alten tot aufgefunden wird, beginnt Jessica zu ermitteln. Denn bereits zuvor kamen zwei Menschen auf dieselbe mysteriöse Weise ums Leben. Alle drei Opfer scheinen mit der Legende um »Das Mädchen im blauen Mantel« im Zusammenhang zu stehen ...



Max Seeckwar zunächst im Vertrieb und Marketing einer finnischen Firma tätig. Mittlerweile widmet er sich jedoch ganz dem Schreiben von Spannungsromanen. Die Thriller der Jessica-Niemi-Reihe (HEXENJÄGER,TEUFELSNETZ,FEINDESOPFERundWAISENINSEL) sind sein internationaler Durchbruch. Seine Bücher erscheinen in über 40 Ländern, und er ist aktuell der erfolgreichste Thriller-Autor Finnlands. Max Seeck lebt mit seiner Familie in Helsinki.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextKommissarin Jessica Niemi gerät in eine Auseinandersetzung, wird handgreiflich und prompt von einem Passanten gefilmt. Das Video geht viral und sie wird beurlaubt. Um Abstand zu gewinnen, fährt Jessica auf die zwischen Finnland und Schweden gelegenen Åland-Inseln. Dort trifft sie auf eine Gruppe älterer Menschen, die als Kinder während des Krieges fliehen mussten und hier auf der Insel in einem Waisenhaus lebten. Nun treffen sie sich wieder. Als einer der Alten tot aufgefunden wird, beginnt Jessica zu ermitteln. Denn bereits zuvor kamen zwei Menschen auf dieselbe mysteriöse Weise ums Leben. Alle drei Opfer scheinen mit der Legende um »Das Mädchen im blauen Mantel« im Zusammenhang zu stehen ...



Max Seeckwar zunächst im Vertrieb und Marketing einer finnischen Firma tätig. Mittlerweile widmet er sich jedoch ganz dem Schreiben von Spannungsromanen. Die Thriller der Jessica-Niemi-Reihe (HEXENJÄGER,TEUFELSNETZ,FEINDESOPFERundWAISENINSEL) sind sein internationaler Durchbruch. Seine Bücher erscheinen in über 40 Ländern, und er ist aktuell der erfolgreichste Thriller-Autor Finnlands. Max Seeck lebt mit seiner Familie in Helsinki.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751747875
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum22.12.2023
Auflage1. Aufl. 2023
Reihen-Nr.4
SpracheDeutsch
Dateigrösse2942 Kbytes
Artikel-Nr.11546992
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog
29. September 1982

Martin Hedblom faltet die Zeitung zusammen, legt sie auf den Tisch und gähnt. Er hat den Sportteil der Nya Åland schon zweimal durchgeblättert, aber die Lektüre war auch diesmal kein besonderer Genuss. Die im vorigen Frühjahr gegründete Lokalzeitung ist zwar mehr nach seinem Geschmack als das Konkurrenzblatt Tidningen, aber eine New York Times ist auch sie nicht. Martin kratzt mit dem Fingernagel an dem Kringel, den die Kaffeetasse auf der Vorderseite hinterlassen hat, und legt dann die Füße auf den Tisch. Er wirft einen Blick auf die Wanduhr: Gleich wird der Minutenzeiger auf die Zwölf springen, und dann ist es zwei Uhr, was bedeutet, dass erst die Hälfte der Nachtschicht um ist. Er sieht sich selbst in der Glaswand der Kabine und wendet den Blick schnell wieder auf die Zeitung, als wäre ihm sein Spiegelbild zuwider. Es zeigt wahrhaftig nicht denselben Martin, der vor fast vier Jahrzehnten seine Arbeit als Nachtwächter des Kinderheims begonnen hat. Sein Gesicht ist aufgequollen wie Hefeteig, von der Körpermitte ganz zu schweigen. Und auch wenn die Koteletten, die in den Stoppelbart übergehen, immer noch dicht und buschig sind, wächst auf dem Kopf seit Jahren kein einziges Haar mehr.

Martin ist 55, ein schwungloser und träger Junggeselle, der sein Leben lang im selben Winkel von Åland gewohnt hat, abgesehen von einer kurzen Phase, in der er sich als Schlagzeuger erprobte und auf den Fähren nach Schweden auftrat. Nach einer Weile war er jedoch in den Job zurückgekehrt, den er kannte und der - noch wichtiger - für einen Lahmarsch wie ihn leicht und mühelos genug war. So unverblümt hatte sich sein Vater, ein Professor, ausgedrückt und seinen einzigen Sohn damit leider treffend beschrieben.

Martin trinkt einen Schluck mit Limonade gemischten Schnaps aus seiner grauen Feldflasche und betrachtet die leeren Flure. Alle Kinder schlafen tief und fest in ihren Zimmern, und sein Einsatz wird während der Nacht wohl nicht gebraucht. Er wird ja selten gebraucht, wenn überhaupt jemals. Tatsächlich könnte er an seinem Tisch saufen, so viel er will, oder auch die ganze Nacht schlafen und trotzdem sein Gehalt einstecken, wenn die kommunalen Sozialarschlöcher keine unangemeldeten Inspektionen machen würden. Martin ist schon zwei Mal bei einem Nickerchen erwischt worden, und das nächste Mal könnte fatal sein. So kurz vor dem Rentenalter lohnt es sich einfach nicht mehr, das Risiko einzugehen.

Die Uhr knackt leise und zeigt die volle Stunde an.

Martin wirft einen Blick auf die Schublade, in der unter den Schnellheftern ein Pornoheft liegt. Es kommt ihm immer ein bisschen bedenklich vor, während der Nachtschicht zu wichsen, aber eines der Kinder übernachtet mit Sondererlaubnis bei den Nordins und die anderen drei schlafen in ihren eigenen Zimmern, sodass ihn niemand überraschen kann. Mit dem intimen Moment verbindet sich nämlich nicht der Wunsch, überrascht zu werden, und auch keine andere perverse oder anrüchige Absicht, das redet Martin sich jedenfalls ein. Er möchte nur in Gesellschaft von Desiree West und Laura Sands ein wenig Zeit totschlagen.

Martin öffnet den Gürtel und zieht die Schublade auf. Schon der Gedanke an die Mädchen auf der mittleren Doppelseite hat sein Blut in Wallung gebracht. Heute wird er es ihnen ordentlich besorgen, zumindest in seiner Fantasie. Das Taschentuch hat er auch schon parat ...

Aber gerade als seine Finger nach dem Pornoheft greifen, klingelt das schwarze Telefon auf dem Tisch. Martin lässt das Heft los und nimmt schnell den Hörer ab, damit das fordernde Klingeln niemanden im Haus weckt, vor allem jetzt nicht, wo er mit offenem Hosenstall am Tisch sitzt.

»Smörregård barnhem«, meldet er sich heiser und räuspert sich. Mit der freien Hand schnallt er hastig den Gürtel zu, als könnte der Anrufer ihn sehen.

Aus dem Hörer dringen jedoch nur gleichmäßige Atemzüge an sein Ohr.

»Hallo?«, sagt Martin.

Jetzt hört er eine Stimme, die etwas zu trällern scheint. Eine melancholische Melodie, die ihm vage bekannt vorkommt. Verflucht. Martin spürt Ärger aufsteigen: Irgendein Arschloch ruft mitten in der Nacht im Kinderheim an, um ihn zu foppen. Es ist natürlich keins der Kinder, denn im ganzen Gebäude gibt es nur zwei Telefone - das eine hält er gerade in der schweißnassen Hand und das andere steht hinter verschlossenen Türen im Dienstzimmer der Heimleiterin Boman. Außerdem hat kein Kind sein Zimmer verlassen, seit das Licht gelöscht wurde, nicht einmal, um aufs Klo zu gehen.

»Wer ist da?«, fragt Martin und macht Anstalten, den Hörer auf die Gabel zu knallen. Die leise Melodie, die der Anrufer singt, hält ihn jedoch zurück. Er hat sie seit Jahrzehnten nicht mehr gehört, erinnert sich aber immer noch genau. Zugvögel.

Plötzlich verstummt der Gesang. Martin presst den Plastikhörer immer fester ans Ohr. Die Sprechmuschel riecht nach getrocknetem Schweiß.

»Bist du bereit?«, fragt die Stimme. Sie ist leise und könnte ebenso gut einer Frau wie einem Mann gehören, oder auch einem Mädchen oder Jungen.

»Was? Wozu?«, knurrt Martin und spürt die Angst in seiner Stimme. »Wer ist da?«

Einen Augenblick lang hört er nur ruhige Atemzüge.

»Es ist zwei Uhr«, fährt die flüsternde Stimme fort.

Martin wirft instinktiv einen Blick auf die Uhr.

»Was zum Teufel soll das?«

»Ich warte hier. In einem blauen Mantel. Komm und hol mich«, sagt die Stimme und beginnt dann erneut dieselbe Melodie zu trällern. Einige Sekunden später endet der Anruf mit einem mechanischen Schnalzen, und Martin hört nur noch ein rasches Tuten, das immer noch in seinen Ohren nachklingt, nachdem er den Hörer aufgelegt hat.

Er schiebt die Schreibtischschublade zu. Während er gerade eben noch an das rothaarige Mädchen auf der Doppelseite gedacht hat, an dessen verführerischen Blick, den gewölbten Rücken und die festen Titten, haben jetzt ganz andere Gedanken die Oberhand gewonnen. Kalte Schauder laufen ihm den Rücken hinunter, während er den Blick durch den leeren Flur und über die geschlossenen Türen wandern lässt, hinter denen die Kinder schlafen. Oder jedenfalls schlafen sollten.

Es ist zwei Uhr ... In einem blauen Mantel.

Martin beißt die Zähne zusammen und kann sich nur mit Mühe davon abhalten, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Jede einzelne Tür in dieser verdammten Bruchbude aufzutreten und die Kinder auf den Flur zu kommandieren. Das würde die Leiterin tun. Eines der Kinder muss auf irgendeine Art dahinter stecken. Ein geschmackloser Scherz. Geschmacklos, aber genial beängstigend. Das muss Martin zugeben. Wer immer der kleine Scheißkerl auch ist, Martin wird ihm zeigen, wer Angst hat und vor wem.

Er legt die Finger auf den Hörer. Eine Minute vergeht, aber nichts geschieht. Das Telefon steht stumm auf dem Tisch, als hätte jemand den Stecker gezogen.

Hier bin ich.

Martin denkt an die Worte, die er gerade gehört hat, und merkt, dass sich die Härchen auf seiner Haut aufgerichtet haben. Das Lied, das der Anrufer geträllert hat, lässt ihn nicht mehr los. Das kann doch nicht möglich sein.

Jemand will mir nur Angst einjagen, denkt Martin. Und das ist ihm gelungen, verdammt noch mal.

Trotzdem muss er die Sache überprüfen, er muss nach draußen gehen und einen Blick auf den Bootssteg werfen, sonst geht ihm das Ganze nicht mehr aus dem Kopf. Die Möglichkeit, dass jemand ...

Martin nimmt den Schlüsselbund vom Tisch und steht auf. Er geht aus seiner Kabine auf den Flur. Alle Zimmertüren sind geschlossen, auch die Küchentür am Ende des langen Flurs. Die Stille wird nur durch den Herzschlag gebrochen, der in seinen Ohren hämmert.

Seine Schritte hallen dumpf durch den leeren Flur. Martin blickt sich nach allen Seiten um und tritt auf die Treppe. Einige Stufen führen nach unten zu der massiven Tür. Dahinter erstreckt sich der Rasen, und weiter links befinden sich die roten Bootsschuppen und der T-förmige Anleger. Während Martin die kurze Treppe hinuntergeht, überlegt er, ob er vorsichtshalber doch in die Zimmer hätte spähen sollen, um sich zu vergewissern, dass alle drei Kinder wirklich in ihren Betten liegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Kind zum Fenster hinausklettert und ausreißt. Für seinen Schabernack hätte der Ausreißer allerdings ein Telefon finden müssen, und davon gibt es auf der Insel nicht viele. Vielleicht eins im Haus der Nordins zwei Kilometer von hier am Südufer der Insel und ... Steckt etwa der kleine Scheißer, der bei den Nordins übernachtet, dahinter ...

Martin öffnet die Tür und geht nach draußen. Nach dem Nieselregen glitzert der Rasen in der Septembernacht, die die Lampen auf dem Hof und der klare Halbmond am Himmel erhellen. Die Plane, die über die an Land geholten, kieloben neben den Bootsschuppen liegenden Ruderboote gebreitet wurde, flattert im Wind, sodass er den Anleger nicht sieht. Martin wischt sich über die nasse Nase und macht sich entschlossen auf den Weg ans Ufer. Bald überläuft ihn wieder eine kalte Welle. Die Silhouette des Kindes, das auf dem Bootssteg steht, zeichnet sich wie ein Schattenriss vor der Mondsichel ab.

Nein, zum Teufel ...

Am liebsten würde Martin auf dem Absatz kehrtmachen, ins Haus zurücklaufen und die Tür verriegeln. Jemanden anrufen und ... Aber wen? Ein Kind, das mitten in der Nacht in einem dünnen Mantel auf dem Bootssteg friert, ist kein Fall für die Polizei, sondern eher für die...

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Max Seeckwar zunächst im Vertrieb und Marketing einer finnischen Firma tätig. Mittlerweile widmet er sich jedoch ganz dem Schreiben von Spannungsromanen. Die Thriller der Jessica-Niemi-Reihe (HEXENJÄGER,TEUFELSNETZ,FEINDESOPFERundWAISENINSEL) sind sein internationaler Durchbruch. Seine Bücher erscheinen in über 40 Ländern, und er ist aktuell der erfolgreichste Thriller-Autor Finnlands. Max Seeck lebt mit seiner Familie in Helsinki.
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Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt