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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
284 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am11.10.20231. Auflage
1885, Berlin-Wedding: Während der Beratung zur Auffindung der gestohlenen Urkunde erkrankt Sir Elliot of Waterford tödlich. Er wurde bei der Explosion der drei Steine unwissentlich schwer verstrahlt. Nicht einmal Frau Daliborkas medizinisches Wissen kann ihn retten. Sein letzter Wunsch ist, noch einmal mit der Meerjungfrau Mariella zu sprechen, die er einst liebte. Weil sie ihn vor Jahren mit seinem besten Freund Julio betrog, hetzte er die Inquisition auf sie. Seitdem fehlt jede Spur von ihr. Auch Sahir kann sich nicht mehr an sein Leben als Graveur erinnern und verschwindet spurlos. Kurz darauf überfallen die Hexen die Dependance der Elben. Anscheinend haben sie den Raub der Eigentumsurkunde veranlasst und holen nun zum letzten Schlag aus. Doch während der Verhandlung um Freiheit um Leben muss Frau Daliborka feststellen, dass es den Hexen um mehr geht als um die Vorherrschaft im Kiez. Die Wirtinnen Barbara und Sibylle wurden indes in die Charité eingeliefert. Während Sibylle die Behandlungskosten im Krankenhaus abarbeiten muss, wird Barbara vom Oberarzt hofiert. Er findet Gefallen an ihr und ihrem Fall. Sie ahnt nicht, was er wirklich mit ihr vorhat.mehr

Produkt

Klappentext1885, Berlin-Wedding: Während der Beratung zur Auffindung der gestohlenen Urkunde erkrankt Sir Elliot of Waterford tödlich. Er wurde bei der Explosion der drei Steine unwissentlich schwer verstrahlt. Nicht einmal Frau Daliborkas medizinisches Wissen kann ihn retten. Sein letzter Wunsch ist, noch einmal mit der Meerjungfrau Mariella zu sprechen, die er einst liebte. Weil sie ihn vor Jahren mit seinem besten Freund Julio betrog, hetzte er die Inquisition auf sie. Seitdem fehlt jede Spur von ihr. Auch Sahir kann sich nicht mehr an sein Leben als Graveur erinnern und verschwindet spurlos. Kurz darauf überfallen die Hexen die Dependance der Elben. Anscheinend haben sie den Raub der Eigentumsurkunde veranlasst und holen nun zum letzten Schlag aus. Doch während der Verhandlung um Freiheit um Leben muss Frau Daliborka feststellen, dass es den Hexen um mehr geht als um die Vorherrschaft im Kiez. Die Wirtinnen Barbara und Sibylle wurden indes in die Charité eingeliefert. Während Sibylle die Behandlungskosten im Krankenhaus abarbeiten muss, wird Barbara vom Oberarzt hofiert. Er findet Gefallen an ihr und ihrem Fall. Sie ahnt nicht, was er wirklich mit ihr vorhat.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757805685
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum11.10.2023
Auflage1. Auflage
Seiten284 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11764429
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Beschwörung der Toten

Die Kontaktaufnahme mit dem Jenseits war ein interessanter, aber auch gefährlicher Zeitvertreib. Beschloss ein Lebender, dort die Antwort auf seine Fragen zu suchen, war er gut damit beraten, genug Zeit für die Séance einzuplanen. Bestenfalls geriet er an einen mitteilsamen Duhovior. Dieser kredenzte ihm mit größter Wahrscheinlichkeit nicht nur die passende Antwort, sondern auch seine Lebensgeschichte.

Tat man dagegen ein Fantom auf, war ein starkes Nervenkostüm unabdingbar. Zu Fantomen wurden Wesen der Zwischenwelt, wenn sie die Umstände ihres Todes nicht hatten verwinden können. Statt wie ein Duhovior den Beschwörenden mit einem melancholischen Rückblick auf bessere Zeiten zu langweilen, versetzte das Fantom ihn in Trance. Wie im Rausch durchlebte der Beschwörende jede Sekunde des Ablebens des Zwischenweltwesens bis zum Eintritt des Todes. Auch die Beisitzenden konnten von diesem Taumel mitgerissen werden. Nervöseren Gemütern riet man deshalb von der Teilnahme an Séancen ab. Denn eine spezielle Kur für Nervenzusammenbrüche nach dem Kontakt mit dem Jenseits gab es nicht.

Das waren nur zwei Gründe, warum Wesen wie Zwerge und Elben aus Prinzip alles mieden, was sich nicht mit den Händen bearbeiten oder eindeutig mit Worten definieren ließ. Nur in außerordentlich verzwickten Fällen erwog das Oberhaupt einer Sippe den Kontakt zur Geisterwelt.

So rief Prinz Sahirs Vorhaben starken Widerwillen bei Sir Elliot of Waterford hervor. »Es erscheint mir durchaus im Rahmen des Möglichen, dass die Chimäre, die sich Anna nennt, bald wieder unversehrt in dieser Welt auftaucht«, gab er zum x-ten Mal zu bedenken. »Dann können wir sie mit Hilfe des Rates der Drei aufspüren und nach ihrem Auftraggeber befragen, der Hoheits Vermutungen nach eine diesseitige Hexe ist.«

Frau Daliborka nickte dazu ernst. Auch ihr behagte der Gedanke an die Séance nicht.

»Außerdem«, fuhr Sir Elliot ermutigt fort, »zeigte die Chimäre sich uns in menschlicher Gestalt. Sie könnte demnach auch in den sogenannten Himmel der Menschen aufgefahren sein. Dann bekämen wir nicht einmal mit einer Séance Zugang zu ihrer Seele. So steht es auch in den Jenseitsschriften des Gelehrten Dougherty.«

Doch auf diesem Ohr war Prinz Sahir nach wie vor taub. »Wir glauben nicht an die Schriften Eures Elben Dougherty. Wir haben sie brennen und vergehen sehen wie ein Dunkelwesen«, widersprach Prinz Sahir von Marokko uneinsichtig. »Somit ist sie in die Ätherwelt übergegangen, entstofflicht und unlebendig. Dort hat der Rat der Drei keine Macht über sie. Ein Gespräch kann nur mittels einer Séance eingefädelt werden. Und ein Mensch ...« Ungeduldig schüttelte er den Kopf. »Dann hätte man ihre sterblichen Überreste in der Ruine der Werkstatt finden müssen. Oder sie läge schwer verletzt in der Charité. Nicht wahr?«

»Eine Séance ist und bleibt gefährlich«, wiederholte Frau Daliborka die Worte des Elben mit einer Geduld, wie man sie nur menschlichen Engeln nachsagte. »Lasst uns etwas anderes ersinnen, um an den Auftraggeber der Chimäre zu gelangen, Hoheit.«

Sekunden der Stille verstrichen. Irgendwo im Haus fiel eine Tür ins Schloss. Prinz Sahir hätte gern eine Tasse Tee mit diesen beiden Vertretern getrunken. Doch ihre Uneinsichtigkeit machte ihn wütend. Überhaupt kam ihm der Diebstahl der Urkunde und das Schicksal des Graveurs sehr seltsam an. Den gewisperten Unterhaltungen zwischen der Baronka und dem Elb hatte er entnommen, dass er, Prinz Sahir, in Wirklichkeit der Graveur war, der die Territorialurkunde bewacht hatte. Jedoch hatte er nicht die leiseste Erinnerung daran, jemals in Gesundbrunnen gewesen zu sein. Und das war, frei gesprochen, auch nicht sein vordringlichstes Anliegen.

»Wir werden die Chimäre beschwören. Sie muss Uns den Nahmen ihres Auftraggebers nennen. Vor allen Dingen müssen Wir die Urkunde zurückbekommen, die dem Graveur und somit Unserem Volk entwendet wurde.« So entschlossen wie möglich wollte er seine Stimme klingen lassen. Eine Bloßstellung durch Einlenkung konnte sich Prinz Sahir weder als künftiger Regent noch auf privater Basis erlauben.

Ein weiteres Mal nahm er das Konferenzzimmer unter die Lupe, das man ihm, der Montanwissenschaftlerin Frau Daliborka und Sir Elliot of Waterford zur Verfügung gestellt hatte. Die elbische Botschaft ließ sich nicht lumpen, was die Ausstattung mit wertvollen Möbeln, Tapeten, Teppichen und Leuchtmitteln betraf. Trotzdem war Prinz Sahir, Erbe des nordafrikanischen Zwergenthrons, nicht zufrieden.


»Wir sind Uns nicht im Klaren darüber, ob dieser Raum Unseren Vorstellungen von Sicherheit entspricht.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte mit zusammengekniffenen Augen zur Decke. »Zu solchen Zwecken begibt man sich gewöhnlich in mit Blei ausgelegte Berghallen, da Geister dieses Schwermetall nicht durchdringen können. Man lässt zur Sicherheit nur den Kamin für den Eintritt, eine kleine Öffnung im Fels.« Er deutete nach oben. »Dort zum Beispiel, das ist doch nicht mal Metall, sondern lediglich Putz und ein wenig Stuck.«

Sir Elliot von Waterford schwieg resigniert.

»Baronka Daliborka, was ist Eure Meinung dazu?«, herrschte der Prinz die Wissenschaftlerin an.

Frau Daliborka hatte das Gespräch nur mit halbem Sinn verfolgt. Die Enttäuschung über die Zustände, die sie im Frauensaal der Charité erblickt hatte, war groß. Wo waren die medizinischen Errungenschaften geblieben, die die somatisch-interessierten Wasserelben den Menschen bereits vor Jahrzehnten angetragen hatten? Alle Krankheitserreger in einem Raum zu versammeln war nicht nur dramatisch, sondern hochgradig gefährlich! Es genügte eine nicht isolierte Typhus-Erkrankung, um alle lebenden Wesen zu töten. Sobald Frau Daliborka wieder in ihrem Dezernatsbureau im Riesengebirge war, würde sie einen geharnischten Rundbrief an ihre Kollegen im Vereinigten Königreich schicken. Die waren schließlich für die Verbreitung der neuesten Forschungsergebnisse in Europa zuständig.

»Mir behagt der Gedanke auch nicht, dass die Geister in die Menschenwelt entweichen könnten. Aber es wird wohl genügen müssen, Hoheit.« Auch das war eine Sache, die man dringend mit den Vertretern der anderen Wesenheiten besprechen musste: gleiche Ausstattung für alle Botschaften, normierte Abläufe, vielleicht sogar ein Gesetz für alle, auf dem sämtliche individuellen völkerrechtlichen Gesetzgebungen fußten ⦠Sie würde den Gedanken später noch einmal aufgreifen, um sich nicht allzu sehr darüber zu grämen, dass sie sich dem Willen des Prinzen beugen musste.

»So ist es beschlossen, dass Uns nur noch eine Beschwörung hilft«, stellte Prinz Sahir befriedigt fest. »Nun denn. Bringen Wir es hinter uns.«

Natürlich wusste Prinz Sahir, wie man Geister beschwor. Als Prinz und zukünftiger König gehörte dieses Wissen zu seiner Erziehung. Man bekam als erklärter Gott eines Volkes ganz anderen Zugang zu dem, was in seiner Gattung als Ewigkeitsschmiede bekannt war. Normalerweise hätte er diese Aufgabe einem Minister überlassen, weil man sich dabei stets der Gefahr anschließender Besessenheit durch Geister aussetzte. Ein untragbares Risiko! Doch seine ihm unterstellten Minister weilten im fernen Marokko und er hatte in den letzten fünfzig Jahren im freiwilligen Berlin-Exil gern auf sie verzichtet. Also würde Sahir auch heute nicht Demirci Beg, den Diplomaten seines Vaters König Murat XXXVI., im Stollen unter der russischen Gesandtschaft um Hilfe ersuchen. Als ob Prinz Sahir nicht Manns genug war, selbst Entscheidungen zu treffen! Es schien, als zuckten unwillkürlich Falten über seine Stirn, als fragte er sich, wieso er sich an das Exil erinnerte, jedoch nicht an seine Tätigkeit als Graveur.

Dienstbeflissen zog Sir Elliot die dicken Brokatvorhänge vor die großen Fenster und verriegelte die hohen Türen. Ein lächerliches Unterfangen, da jedes Geisterwesen mühelos durch Holz und Glas gehen konnte. Blieb zu hoffen, dass der Prinz die Zeichen, die er nun mit Kreide auf den Ebenholztisch malte, sorgfältig zog und der Himeric den Bannring wirklich nicht verlassen konnte, sollte er sich manifestieren.

»Ich mag die Vorstellung nicht, dass es keinen Geisterkamin gibt«, stellte Frau Daliborka fest. »Ihr wisst schon, Sir Elliot, das ist ein gesicherter Schlot, durch den die Geister in die Kammer eindringen und entweichen, ohne die lebenden Anwesenden angreifen zu können.«

»Mir ist der Aufbau einer zwergischen Bleikammer bekannt«, rief er über die Schulter, weil er gerade zwei Oberlichter mit einem dunklen Tuch abhängte.

»Genug der Worte!«, rief Prinz Sahir ungeduldig. »Baronka Daliborka, Sir Elliot! Bezieht vor dem Kamin Aufstellung. Dann könnt Ihr, sollte der Geist sich auf Euch stürzen, nach einem brennenden Span greifen, um Euch zu verteidigen.«

In Sir Elliot regte sich heftige Ablehnung. Ihm stellte sich die Frage, ob er überhaupt befugt war, einer Séance dieser Art beizuwohnen. Sollte er nicht vorsichtshalber eine Erlaubnis seines direkten Vorgesetzten Sir Morrogoth of Cumbria per Telegramm einholen? Letztlich entschied er sich dagegen, weil sein Herr in Venedig weilte und Prinz Sahir die Wartezeit bis zum Eintreffen der Antwort sicher nicht gebilligt hätte. Aber wohl war ihm nicht dabei.

Die Séance verlief unspektakulär. Prinz Sahir murmelte und malte mit den Händen Zeichen in die Luft, bis ein wenig Nebel aus dem zwergischen Zauberkreis waberte. Gespannt warteten die drei Anwesenden auf die Manifestation einer Gestalt oder das Ertönen einer Stimme. Nichts dergleichen geschah. Schließlich brach der Prinz die Beschwörung enttäuscht ab. Der Nebel löste sich auf.

Sir Elliot...
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