Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Totenhand. Band 2

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
apebook Verlagerschienen am18.06.20231. Auflage
Die Geschichte um den jungen Edmond Dantès, der durch ein Komplott von missgünstigen Neidern aus dem höchsten Glück in den tiefsten Abrgund geschleudert wird und schließlich, nach vierzehn Jahren unverschuldeter Kerkerhaft zurückkehrt, um als mysteriöser Graf von Monte Christo Rache zu üben an seinen Peinigern, ist den meisten bekannt. Doch kaum jemand weiß, dass es eine Fortsetzung dieser Geschichte mit gleichsam umgekehrten Vorzeichen gibt. Hier nun wird der ehemalige Rächer zum Ziel der Vergeltung, denn seine erbarmungslosen Handlungen haben ihrerseits die Schicksale Unschuldiger beeinflusst. Und so setzt sich die Geschichte der Rache fort... Dieses ist der zweite von drei Bänden.mehr

Produkt

KlappentextDie Geschichte um den jungen Edmond Dantès, der durch ein Komplott von missgünstigen Neidern aus dem höchsten Glück in den tiefsten Abrgund geschleudert wird und schließlich, nach vierzehn Jahren unverschuldeter Kerkerhaft zurückkehrt, um als mysteriöser Graf von Monte Christo Rache zu üben an seinen Peinigern, ist den meisten bekannt. Doch kaum jemand weiß, dass es eine Fortsetzung dieser Geschichte mit gleichsam umgekehrten Vorzeichen gibt. Hier nun wird der ehemalige Rächer zum Ziel der Vergeltung, denn seine erbarmungslosen Handlungen haben ihrerseits die Schicksale Unschuldiger beeinflusst. Und so setzt sich die Geschichte der Rache fort... Dieses ist der zweite von drei Bänden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961305766
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum18.06.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.7
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12044892
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I. Das Kolosseum.

Das berühmte Amphitheater, in welchem einst zur Belustigung der Römer die Martern der Christen stattfanden, scheint den Namen, unter welchem man es seit einigen Jahrhunderten bezeichnet, von einer riesigen Statue Neros angenommen zu haben, die am Fuße dieses Gebäudes errichtet war.

Benedetto erstieg die Stufen, welche zu den Trümmern der kaiserlichen Tribüne führen und ließ von dort seine Blicke über das weite Amphitheater schweifen, als ob sein Auge die Dunkelheit zu durchdringen vermöchte, welche die Nacht hervorrief und die sich über die Trümmer des römischen Prunkes gelagert hatte.

An den Orten, welche der Mond minder hell beschien, glänzten einige Fackeln in dem Mittelpunkte kleiner Gruppen von Kunstliebhabern, denen ein Cicerone den Bau des prachtvollen, im Verfall begriffenen Gebäudes erklärte. Der Sohn Villeforts stieg die Estrade hinab, welche zu der kaiserlichen Tribüne geführt hatte und vermied dabei das Zusammentreffen mit jenen Gruppen Neugieriger, indem er sich mitten durch die Ruinen hindurch jenem Teile zuwendete, welcher Zirkus der Tiere genannt wird und jetzt ganz verödet zu sein schien. Der Schall von Schritten machte indes, daß er stehen blieb und sich im Schatten einer riesigen Säule verbarg.

Bald darauf zeigte sich ein Mensch, in einen braunen Mantel gehüllt, den Augen Benedettos, beleuchtet durch einen der matten Strahlen des Mondes. Dieser Mensch hatte die Augen auf die rötliche und flackernde Flamme eines der Cicerone gerichtet, die in einer geringen Entfernung brannte.

»Sie ist es,« murmelte der Unbekannte, der mit wirrem Blicke den Bewegungen der Flamme folgte; »sie ist es - das Weib, das ich nicht vergessen kann, selbst nicht einen einzigen Augenblick! Weh mir! Wohin soll ich, durch dieses Fieber verführt, geraten! Ha, Eugenie d'Armilly - Du mußt mein sein!«

»Das ist Vampa!« sagte Benedetto bei sich selbst in dem Augenblick, in welchem der Bandit, ängstlich umherblickend, sein Gesicht den Strahlen des Mondes preisgab, indem er es der Richtung zuwendete, in welcher Benedetto sich verborgen hatte.

Das Licht der Fackel, welches in diesem Teile der Ruinen funkelte, begann sich dem Zirkus der Tiere zu nähern, und Vampa erbebte unwillkürlich, indem er auf die Säule zuschritt, hinter welcher Benedetto stand.

In diesem Augenblicke erschienen an dem Eingange des Zirkus zwei Frauengestalten, denen der unermüdliche Cicerone voranschritt, welcher den Arm mit der Fackel ausstreckte, deren flackerndes Licht seine unsicheren Strahlen in die Tiefe des Zirkus sendete, in welche diese Frauen ihre neugierigen Blicke senkten.

»Sehen Sie hier,« sagte der Cicerone, »dort war der Käfig der Tiere, in welchem sie ihr wildes Geheul der Wut und des Hungers ausstießen, bevor sie in die Arena geführt wurden, aus der sie sich dann zurückzogen, gesättigt durch das Gemetzel, den Rachen mit Blut gefärbt, das Auge feuersprühend und drohend. Weiterhin,« fuhr der Cicerone fort, indem er auf einen Ort deutete, der durch den Mond beschienen wurde, »lag die Tür, durch welche die Verurteilten eintraten, um nicht mehr wieder hinauszugehen. - Da war die Tribüne der Kaiser, von wo sie auf die Wut der wilden Tiere herabsahen und mit kalter Verachtung die flehenden Bitten der Christen und Sklaven vernahmen, die zu diesem kriegerischen und barbarischen Spiel verurteilt waren.«

Der Cicerone schwieg, indem er den Arm mit der Fackel noch erhoben hielt, während die beiden jungen Frauen sich gegenseitig umschlungen hielten und den Gefühlen überließen, welche der Ort, die Szene und die durch den Führer gegebenen Erklärungen in ihnen hervorgerufen hatten.

»Luise,« sagte die jüngere, »ich habe große Lust, dort hinabzusteigen an den Ort, an welchem so viele Opfer in den letzten Qualen der Todesfurcht und unter den Krallen der entsetzlichen Tiere Asiens und Afrikas zitterten; ich will nachdenken, auf dem Boden, benetzt durch das Blut und die Tränen so vieler tausend Weiber, welche sich zum letztenmal umarmten, einen Sohn, eine Tochter, eine Freundin innig an sich schließend, indem sie versuchten, sie gegen den Zahn der wilden Tiere zu schützen. Komm, Luise - komm, meine Freundin!«

Der Cicerone richtete einen fragenden und scharfen Blick auf die beiden Frauen, blieb indes regungslos stehen, den Befehl erwartend, sie zu begleiten; aber die beiden Freundinnen gaben ihm dies Zeichen nicht, und daran gewöhnt, den Launen der Besucher sich zu fügen, begnügte er sich damit, durch die Fackel die Stufen der Treppe zu beleuchten; dann setzte er sich, lehnte die Fackel gegen die Steine und erwartete geduldig die Rückkehr der Damen, indem er die Zeit dazu verwendete, zwischen den Fingern seiner rechten Hand die Perlen eines Rosenkranzes hindurchgleiten zu lassen, während er mit der linken eine Zigarre hielt, die er mit allen Zeichen des vollständigsten Genusses rauchte.

Eugenie Danglars und Luise d'Armilly gelangten zu dem Zirkus, dessen Ausdehnung der entschlossene Blick der ersteren prüfte, während die zweite sich damit begnügte, auf denselben einen flüchtigen und schüchternen Blick zu richten, einen jener Blicke, welche sie außerhalb der Bühne charakterisierten.

»Du zitterst, teure Freundin?« fragte Eugenie, »und weshalb? - Bedenkst Du denn nicht, daß wir ganz allein sind? - Tun die traurigen Erinnerungen dieses Ortes Dir weh? - Ich gestehe, daß ich unrecht hatte, Dir diesen nächtlichen Besuch in dem Kolosseum vorzuschlagen! Ich glaubte, Du wärest minder leicht zu erschrecken, minder schüchtern. Ach, wer hätte denn wohl auch glauben können, daß der Schatten der Nacht und eine gewaltige Granitmasse die Macht hätten, so Deine Seele zu erschüttern? Und ich, die ich die Nacht so lieb habe, fühle mich in der Mitte dieser Trümmer unendlich wohl! Dieses erhabene, feierliche Schweigen, diese majestätischen Schatten, welche die riesigen Säulen des Gebäudes werfen, die von Jahrhundert zu Jahrhundert mit Bewunderung betrachtet wurden - die Erinnerungen, welche jeder dieser Steine, dieser Boden, diese Arena, hervorruft, dieser wahre Schauplatz, wo der Despotismus und die Leiden sich mit ihren unvergänglichen Diademen schmückten - das alles steht in so vollkommener Harmonie zu meiner Seele! - Ach, Luise, wenn Du jemals so geliebt hättest, wie ich liebe, wenn Du nur ein einziges Mal alle Deine Gedanken auf ein Wesen geheftet hättest, welches das Geschick, durch eine seiner Launen mit unserem Geiste verkettet und sozusagen einen wesentlichen Teil von uns selbst bildet - ach ja, dann würdest auch Du die Schatten, das Schweigen der Nacht, die Einsamkeit, lieben!«

Vampa vernahm begierig diese Worte Eugenies. Benedetto hörte deutlich die heftigen schnellen Schläge von dem Herzen des römischen Banditen; denn wie wir bereits sagten, war die Säule, hinter der Benedetto sich verborgen hatte, eben die, an welche der berüchtigte Bandit sich lehnte.

»Eugenie,« sagte Luise, »ich begreife, welches Gefühl dieses Schweigen, diese Schatten, die Einsamkeit, in Deiner Seele erwecken, die, frei von jedem andern Bilde, sich ganz den Betrachtungen dessen überläßt, durch welches es allein erfüllt wird; aber ich, die ich nicht hier unter dem Eindrucke dieses ausschließlichen Gefühls stehe, welches alle Gedanken beherrscht und in sich einschließt, ich, die ich nicht die Kraft und Entschiedenheit Deines Charakters besitze, ich zittere und bebe bei dem geringsten Flüstern der Luft. Jeder Stein flößt mir Furcht ein; aus jedem glaube ich eine unheimliche Gestalt hervorsteigen zu sehen, welche auf uns ihre drohenden Blicke schleudert, wie die der wilden Tiere. - Ja, siehst Du, ich bin furchtsam - ich bin schwach - ich gleiche allen Frauen - ich weiche nur in einem Gefühle von ihnen ab: Ich liebe nicht.«

Ohne auf die Freundin zu hören, schritt Eugenie melancholisch und träumerisch durch den Zirkus; Luise sah sich gezwungen, ihr zu folgen.

»Eugenie! Eugenie!« rief plötzlich Luise, indem sie mit zitternder Hand den Arm Eugenies erfaßte.

»Erschreckt Dich irgend eine Vision, meine Liebe?« fragte Eugenie, indem sie sich von dem Griff losmachte.

»Ach nein,« erwiderte Luise nach einer Pause und indem sie eine Anstrengung machte, um zu sprechen; »es ist nicht eine bloße Vision.«

»Deine Hand ist eiskalt,« flüsterte Eugenie; »solltest Du Dich fürchten?«

»Ich möchte diese Furcht nicht hegen - aber ich kann sie nicht besiegen.«

»Laß hören; was versetzt Dich denn in diese auffallende Unruhe?«

»Sieh nur,« sagte Luise dumpf, indem sie auf eine der Säulen deutete; »dort steht ein Mann.«

»Wo?«

»Da, an der vierten Säule links, vor dem Portikus.«

»Ich sehe nichts,« erwiderte Eugenie, indem sie mit dem Auge der Hand Luises folgte.

»Er wird sich ohne Zweifel verborgen haben. Aber ich habe mich nicht getäuscht, dessen bin ich gewiß. Ich habe dort - dort - das Gesicht eines Menschen gesehen.«

»Ach, es wird nur Einbildung gewesen sein; es war ohne Zweifel der Schatten einer Säule; ich wette, es war ein Riese.«

»Eugenie! Eugenie! Laß uns gehen!«

Luise ergriff aufs neue den Arm Eugenies, wendete sich rasch gegen die Treppe, um dahin zurückzukehren, aber sie wich plötzlich zurück, indem sie einen leisen Schreckensschrei ausstieß.

»O mein Gott!« flüsterte Eugenie.

Luigi Vampa stand vor den beiden Sängerinnen.

Regungslos, als wäre er eine Bildsäule, hielt der Bandit seinen Blick fest auf das Gesicht Eugenies geheftet, seinen scharfen, durchbohrenden Blick, und dieser schien mehr zu sagen, als die beredtesten Lippen auszusprechen vermocht...
mehr