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Mein Leben mit Virginia

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Schöffling & Co.erschienen am28.08.2023
»Wenn jemand mich hätte retten können, wärest Du es gewesen«, schrieb Virginia Woolf in ihrem Abschiedsbrief an Leonard Woolf, bevor sie sich 1941 das Leben nahm. Niemand ist der wohl bedeutendsten Schriftstellerin des 20. Jahrhunderts so nahegekommen wie ihr Mann. Hier sind die Auszüge aus seiner Autobiografie versammelt, indenen er über die beinahe dreißig Ehejahre mit ihr berichtet. Es ist die Zeit, in der das Paar sich regelmäßig mit der Gruppe befreundeter Künstler*innen und Intellektueller trifft, die als »Bloomsbury Group« berühmt wurde. 1917 kauften die beiden sich eine Handpresse, so klein, dass sieauf dem Küchentisch Platz fand, um sich anhand einer Broschüre selbst das Drucken beizubringen - der Grundstein für ihren eigenen Verlag, die Hogarth Press, in dem Virginias große Werke erschienen. Was bedeutet es für eine Schriftstellerin, zugleich die eigene Verlegerin zu sein? Wie viel verdientendie Woolfs an heute so berühmten Romanen wieOrlando oder Mrs Dalloway? Mit großer Offenheit berichtet Leonard auch über die extremen Höhen und Tiefen im Schreibprozess seiner Frau, ihre Selbstzweifel und seine Sorge um ihren psychischen Zustand, die das Zusammenleben der Woolfs vom Beginn der Ehe an prägte. Sein Bericht offenbart,welch ein Fixpunkt Virginia in seinem Leben war;ihrem Wohlergehen widmete er sich voll und ganz, aus Liebe und auch aus tiefer Bewunderung: »Virginia ist der einzige Mensch, den ich gut gekannt habe, der die Eigenschaft hatte, die man Genie nennen muss.«

Leonard Woolf (1880-1969) studierte am Trinity College in Cambridge, wo er mit einer jungen Generation von Ku?nstler*innen und Intellektuellen in Kontakt kam. Dazu gehörte auch Thoby Stephen, der ihn mit seiner Schwester Virginia bekannt machte. Sieben Jahre später, Woolf war gerade aus dem Kolonialdienst in Ceylon zuru?ckgekehrt, traf er Virginia bei einem Abendessen wieder und verliebte sich in sie. 1912 heiratete das Paar. Nach Virginia Woolfs Suizid im Fru?hjahr 1941 widmete er den Großteil seiner Zeit dem Schreiben seiner fu?nfbändigen Autobiografie, die in den Jahren zwischen 1960 und 1969 erschien und die vonvielen als sein bedeutendstes Werk angesehen wird.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR21,99

Produkt

Klappentext»Wenn jemand mich hätte retten können, wärest Du es gewesen«, schrieb Virginia Woolf in ihrem Abschiedsbrief an Leonard Woolf, bevor sie sich 1941 das Leben nahm. Niemand ist der wohl bedeutendsten Schriftstellerin des 20. Jahrhunderts so nahegekommen wie ihr Mann. Hier sind die Auszüge aus seiner Autobiografie versammelt, indenen er über die beinahe dreißig Ehejahre mit ihr berichtet. Es ist die Zeit, in der das Paar sich regelmäßig mit der Gruppe befreundeter Künstler*innen und Intellektueller trifft, die als »Bloomsbury Group« berühmt wurde. 1917 kauften die beiden sich eine Handpresse, so klein, dass sieauf dem Küchentisch Platz fand, um sich anhand einer Broschüre selbst das Drucken beizubringen - der Grundstein für ihren eigenen Verlag, die Hogarth Press, in dem Virginias große Werke erschienen. Was bedeutet es für eine Schriftstellerin, zugleich die eigene Verlegerin zu sein? Wie viel verdientendie Woolfs an heute so berühmten Romanen wieOrlando oder Mrs Dalloway? Mit großer Offenheit berichtet Leonard auch über die extremen Höhen und Tiefen im Schreibprozess seiner Frau, ihre Selbstzweifel und seine Sorge um ihren psychischen Zustand, die das Zusammenleben der Woolfs vom Beginn der Ehe an prägte. Sein Bericht offenbart,welch ein Fixpunkt Virginia in seinem Leben war;ihrem Wohlergehen widmete er sich voll und ganz, aus Liebe und auch aus tiefer Bewunderung: »Virginia ist der einzige Mensch, den ich gut gekannt habe, der die Eigenschaft hatte, die man Genie nennen muss.«

Leonard Woolf (1880-1969) studierte am Trinity College in Cambridge, wo er mit einer jungen Generation von Ku?nstler*innen und Intellektuellen in Kontakt kam. Dazu gehörte auch Thoby Stephen, der ihn mit seiner Schwester Virginia bekannt machte. Sieben Jahre später, Woolf war gerade aus dem Kolonialdienst in Ceylon zuru?ckgekehrt, traf er Virginia bei einem Abendessen wieder und verliebte sich in sie. 1912 heiratete das Paar. Nach Virginia Woolfs Suizid im Fru?hjahr 1941 widmete er den Großteil seiner Zeit dem Schreiben seiner fu?nfbändigen Autobiografie, die in den Jahren zwischen 1960 und 1969 erschien und die vonvielen als sein bedeutendstes Werk angesehen wird.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783731762430
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.08.2023
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1587 Kbytes
Artikel-Nr.12314900
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Die Mondsichel über Holford Coombe im Jahr 1913 war dieselbe, die Dorothy 1798 gesehen hatte, und ich glaube eigentlich nicht, dass sich Nether Stowey, Holford und das Tal seit jenem Frühlingsabend, als die Wordsworths mit Coleridge zum Minor s House gingen, sehr geändert hatten. Wenn sie an diesem Abend ins Plough Inn gekommen wären und mit uns gegessen hätten, hätten sie es wahrscheinlich genauso vorgefunden wie hundertfünfzehn Jahre zuvor.

Es war altmodisch, aber außerordentlich liebenswert. Die Leute, die es führten - ihren Namen habe ich vergessen -, waren alteingesessene Holforder Bauern. Ich kannte sie gut, weil ich schon früher bei ihnen gewohnt hatte. Nach einigen Tagen erkannten sie, in welchem Zustand Virginia sich befand, und sie reagierten mit großer Güte, Feingefühl und Rücksicht. Ich glaube nicht, dass es heutzutage noch irgendwo in Großbritannien einen Gasthof wie das Plough Inn von 1913 gibt. Das Essen war köstlich, die reine englische Küche, die den Vergleich mit den besten Küchen der Welt nicht zu scheuen braucht, die aber von denjenigen, die seit hundertfünfzig Jahren grundsätzlich alle englischen Gerichte verachten, nie erlebt wurde. Etwas Besseres als so ein Somerset-Frühstück mit Brot, Butter, Sahne und Eiern auf Schinken konnte es nicht geben, um den Tag zu beginnen. Rind-, Hammel- und Lammfleisch waren immer fabelhaft und hervorragend zubereitet; die riesigen Schinken, die sie selbst räucherten und die in der Küche von den Deckenbalken hingen, waren so vortrefflich, dass wir uns noch über Jahre ab und an einen schicken ließen, und wir fanden ihn jedes Mal genauso gut oder noch besser als den Pfirsichschinken aus Virginia, den man für Unsummen bei Fortnum and Mason kaufte. Und die Getränke, die sie servierten, konnten vielleicht nicht unbedingt mit einem Ch. Margaux oder La Romanée oder beispielsweise einer Deidesheimer Kieselberg Trockenbeerenauslese standhalten, aber es gab Bier und Apfelwein, die nur ein engstirniger, übertrieben wählerischer Trinker verachtet hätte.

In der ersten Woche in Holford ging es mit Virginias Gesundheit auf und ab. Sie beteuerte, vollkommen gesund zu sein, dabei schlief sie schlecht und konnte nur unter größten Schwierigkeiten dazu gebracht werden, etwas zu essen. Außerdem litt sie mit Sicherheit unter Wahnvorstellungen, denn sie glaubte zum Beispiel, dass die Leute sie auslachten. Wenn sie nicht schlafen konnte, gab ich ihr eine meiner Veronal-Tabletten. Nach sieben Tagen ging es ihr deutlich schlechter - die Depressionen verstärkten sich. Für eine Person war es eine beträchtliche Belastung, sich um sie zu kümmern, denn man musste dauernd, Tag und Nacht, wachsam sein, ohne ihr dabei das Gefühl zu vermitteln, dass sie überwacht wurde.

Ich hatte mit Ka Cox, einer guten Freundin von uns (sie heiratete später Will Arnold-Forster), verabredet, dass ich ihr, wenn ich der Situation allein nicht mehr gewachsen wäre, ein Telegramm schicken würde, um sie herbeizuholen. Nach dieser ersten Woche war mir klar, dass es zu riskant war, allein auf Virginia aufzupassen, und ich telegrafierte ihr. Sie kam am 2. September, aber obwohl sie hervorragend war, konnte man eigentlich nichts mehr machen. Wir lebten absolut ruhig, gingen ein wenig spazieren und lasen. Aber es wurde immer schlimmer, und wir konnten Virginia nicht dazu bewegen, etwas zu essen oder zu ruhen - das Einzige, was ihr gutgetan hätte. Nach wenigen Tagen waren Ka und ich uns einig, dass es zu gefährlich war, in Holford zu bleiben, und dass ich sie überreden müsste, in London einen Arzt aufzusuchen.

Was dann geschah, zeigt, dass der menschliche Geist, krank oder gesund, verwirrt oder klar, außerordentlich unberechenbar funktioniert. Ich ging zu Virginia und sagte, dass wir meiner Meinung nach nicht länger in Holford bleiben könnten; ich hielte sie für ebenso krank wie ihr Arzt, und sei überzeugt, dass sie sich, wie schon früher, erholen würde, wenn sie sich bemühte, zu essen und zu ruhen, während sie der Meinung sei, gesund zu sein, und ihren Zustand auf eigenes Verschulden zurückführe und glaube, Essen und Ruhen mache sie krank. Ich schlug vor, dass wir sofort nach London fahren sollten, um einen anderen Arzt zu konsultieren - irgendeinen, den sie selbst wählen könnte. Ihm sollte sie ihre Beobachtungen schildern und ich die meinen; wenn er dann sagte, sie sei nicht krank, würde ich seine Diagnose akzeptieren und nicht mehr wegen Essen, Schlafen und Sanatoriumsaufenthalten in sie dringen; aber wenn er sagte sie sei krank, dann sollte sie seine Diagnose akzeptieren und sich der Behandlung unterziehen, die er verordnete.

Anfangs lehnte Virginia den ganzen Plan ab. Aber nach längeren Debatten willigte sie ein. Als ich sie fragte zu welchem Arzt sie gehen wollte, verblüffte sie mich, indem sie spontan sagte, sie wollte zu Head. Es erschien mir in diesem Moment wie ein Wunder. Ich wollte ja, dass sie zu Head ginge, aber ich hatte unüberwindliche Schwierigkeiten erwartet, sie dazu zu bewegen, ihn zu konsultieren. Sie konnte unmöglich wissen, dass ich schon bei ihm gewesen war; denn wenn sie es gewusst hätte, hätte sie das in ihrem augenblicklichen Zustand natürlich gegen ihn eingenommen. Als sie sagte, sie wolle zu Head, glaubte ich einen Moment, sie hätte meine Gedanken gelesen, hätte diesen Gedanken meinem Kopf entnommen. Ich glaube nicht, dass sie meine Gedanken, im Sinne von Gedankenlesen, erriet. Wir wussten häufig instinktiv, was der andere gerade dachte, wie so oft, wenn zwei Menschen ständig und vertraut zusammenleben. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass das mit Gedankenübertragung im eigentlichen Sinne zu tun hatte. Wir dachten manchmal zur gleichen Zeit über die gleichen Dinge nach, auch wenn wir nicht darüber sprachen, und konnten deshalb in einem bestimmten Augenblick erraten, was den anderen in genau diesem Moment beschäftigte. Was sie dazu bewog, Head zu wählen, war wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Roger ihn als klugen Arzt und auch klugen Menschen zu bezeichnen pflegte - und diese beiden Dinge gehören durchaus nicht unbedingt zusammen.

Ich bat Head per Telegramm um einen Termin, und am Montag, dem 8. September, nachmittags, nahmen wir den Zug von Bridgewater nach London. Diese Reise hatte einerseits den grässlichen Charakter völliger Normalität und andererseits zugleich den eines scheußlichen Traums, eines Albtraums. Virginia befand sich im Zustand finsterer Verzweiflung, und ich wusste um die Gefahr, dass sie jeden Moment versuchen könnte, aus dem Zug zu springen, um sich umzubringen. Wir erreichten London jedoch unversehrt und verbrachten die Nacht am Brunswick Square. Am nächsten Nachmittag suchten wir Head auf. Ich gab meine Darstellung dessen, was geschehen war, und Virginia gab ihre. Er sagte ihr, dass sie sich vollkommen über ihren Zustand täuschte; sie sei krank, krank wie jemand mit einer Erkältung oder Typhus, aber wenn sie seinem Rat folgte und täte, was er ihr verordnete, dann würden sich die Symptome verlieren; sie würde wieder gesund werden und denken und schreiben und lesen können; sie sollte in ein Sanatorium gehen und ein paar Wochen im Bett bleiben und ruhen und essen.

Wir kehrten zum Brunswick Square zurück, und dann passierte eine Katastrophe. Vanessa kam und unterhielt sich mit Virginia, die ein bisschen Mut gefasst zu haben schien. Da Savage nicht wusste, dass wir Head aufgesucht hatten, war für Head eine etwas peinliche Situation entstanden, und er bat mich, Savage aufzusuchen und ihm zu erklären, wie es dazu gekommen war, dass ich Virginia zu ihm gebracht hatte; er wollte, dass ich für den nächsten Tag eine Unterredung mit Savage für ihn vereinbarte. Ich ging also zu Savage und ließ Ka bei Virginia. Bei Savage erreichte mich um 18.30 die telefonische Nachricht von Ka, Virginia sei in tiefen Schlaf gefallen. Ich eilte zum Brunswick Square zurück und stellte fest, dass Virginia schwer atmend und bewusstlos auf ihrem Bett lag. Sie hatte die Veronaltabletten aus meiner Schachtel genommen und eine sehr große Dosis geschluckt. Ich rief Head an; er kam und brachte eine Krankenschwester mit. Zum Glück war Geoffrey Keynes, Maynards Bruder, heute Sir Geoffrey, damals ein junger Arzt, gerade im Haus. Er und ich fuhren in seinem Wagen so schnell es ging ins Krankenhaus, um eine Magenpumpe zu besorgen. Diese Fahrt hatte, wie alles andere jener Tage, etwas Albtraumhaftes. Es war ein wunderschöner sonniger Tag; wir rasten mit Vollgas durch den Verkehr, Geoffrey schrie den Polizisten zu, dass er Arzt sei - »Dringend, dringend!« -, und sie ließen uns durch, als ob wir die Feuerwehr wären. Ich weiß nicht, wie spät es war, als wir wieder am Brunswick Square ankamen, aber Head, Geoffrey und die Schwester arbeiteten schwer bis kurz vor ein Uhr morgens. Am nächsten Morgen (Mittwoch) um neun kam Head wieder und sagte, Virginia sei jetzt so gut wie außer Gefahr. Erst am Donnerstag erlangte sie das Bewusstsein wieder.

Die Verantwortung für die Katastrophe lag nicht bei Ka, sondern bei mir. In Holford hatte ich meine Reisetasche mit dem Veronal immer verschlossen gehalten. Im Tumult von Ankunft und Einfinden am Brunswick Square und der Unterredung mit Head muss ich vergessen haben, sie wieder abzuschließen. Als ich zu Savage ging, legte sich Virginia aufs Bett, und Ka ließ sie ganz richtig allein, damit sie, wenn möglich, ein bisschen schlafen konnte. Meine Tasche stand in dem Zimmer, und sie muss herausgefunden haben, dass sie nicht verschlossen war, und das Veronal genommen haben. Als wahrheitsliebender Autobiograf muss ich wohl zwei Dinge niederschreiben, die mich im Zusammenhang mit dieser Katastrophe psychologisch gesehen in ein schlechtes Licht setzen. Obwohl ich den Anlass gegeben hatte, fühlte...

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Autor

Leonard Woolf (1880-1969) studierte am Trinity College in Cambridge, wo er mit einer jungen Generation von Künstler*innen und Intellektuellen in Kontakt kam. Dazu gehörte auch Thoby Stephen, der ihn mit seiner Schwester Virginia bekannt machte. Sieben Jahre später, Woolf war gerade aus dem Kolonialdienst in Ceylon zurückgekehrt, traf er Virginia bei einem Abendessen wieder und verliebte sich in sie. 1912 heiratete das Paar. Nach Virginia Woolfs Suizid im Frühjahr 1941 widmete er den Großteil seiner Zeit dem Schreiben seiner fünfbändigen Autobiografie, die in den Jahren zwischen 1960 und 1969 erschien und die vonvielen als sein bedeutendstes Werk angesehen wird.Ilse Strasmann übersetzt Biographien und andere Sachbücher, aber auch Comictexte aus dem Englischen und Französischen.