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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
214 Seiten
Deutsch
Amrûn Verlagerschienen am21.10.20231. Auflage
Horror trifft Dystopie! Die legendäre und mehrfach prämierte Anthologiereihe Mängelexemplare meldet sich mit einer neuen Ausgabe zurück. Kein neuer Anfang. Am Ende der Zeit erwartet uns kein neuer Anfang. Die Menschheit rast mit Vollgas ins Verderben. Augen zu und durch - bis wir in einer Welt erwachen, die nicht mehr so ist, wie wir sie kannten. Der Kampf ums Überleben beginnt ... Mängelexemplare: Am Ende der Zeit Das sind zwölf dystopische Kurzgeschichten und ein verzweifelter Wissenschaftler, bei dem die Uhren anders ticken. Die offizielle Fortsetzung der erfolgreichen Anthologie Dystopia, die 2014 als beste Kurzgeschichtensammlung des Jahres ausgezeichnet wurde. Mit Carolin Gmyrek, Vincent Voss, Tobias Bachmann, Lilly Rautenberger, Andreas Zwengel, Arthur Gordon Wolf, Xander Morus, Lisanne Surborg, Sonja Rüther, Jana Oltersdorff, Thomas Backus sowie Stefan Cernohuby und Constantin Dupien ---- Mängelexemplare V ist eine Anthologie-Dilogie. Der Schwesternband Hinter den Fenstern ist ebenfalls im Amrûn Verlag erschienen.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR3,99

Produkt

KlappentextHorror trifft Dystopie! Die legendäre und mehrfach prämierte Anthologiereihe Mängelexemplare meldet sich mit einer neuen Ausgabe zurück. Kein neuer Anfang. Am Ende der Zeit erwartet uns kein neuer Anfang. Die Menschheit rast mit Vollgas ins Verderben. Augen zu und durch - bis wir in einer Welt erwachen, die nicht mehr so ist, wie wir sie kannten. Der Kampf ums Überleben beginnt ... Mängelexemplare: Am Ende der Zeit Das sind zwölf dystopische Kurzgeschichten und ein verzweifelter Wissenschaftler, bei dem die Uhren anders ticken. Die offizielle Fortsetzung der erfolgreichen Anthologie Dystopia, die 2014 als beste Kurzgeschichtensammlung des Jahres ausgezeichnet wurde. Mit Carolin Gmyrek, Vincent Voss, Tobias Bachmann, Lilly Rautenberger, Andreas Zwengel, Arthur Gordon Wolf, Xander Morus, Lisanne Surborg, Sonja Rüther, Jana Oltersdorff, Thomas Backus sowie Stefan Cernohuby und Constantin Dupien ---- Mängelexemplare V ist eine Anthologie-Dilogie. Der Schwesternband Hinter den Fenstern ist ebenfalls im Amrûn Verlag erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783958695412
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.10.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.5
Seiten214 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1415 Kbytes
Artikel-Nr.13124175
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Till und Aria

Vincent Voss

»Verdammt, Till!« Sie stößt ihn von sich und versucht zu retten, was zu retten ist, nachdem er sich in ihr ergossen hat.

»Ich ..., scheiße ..., ich ...«, stammelt er.

»Du wolltest aufpassen, du Idiot!«

-

»So eine Scheiße!«, flucht sie, aus dem Anbau der Garage, die sie als Unterschlupf für die letzten paar Tage auf ihrem Weg nach Norden an die Küste genutzt haben. »Und wir haben kein Wasser dafür! Du verdammter Idiot«, hört er sie und sieht sich um, ob er irgendwie helfen kann. Kann er nicht. Sie haben kein Wasser, weil es kein Wasser gibt. Ein Tuch vielleicht, aber er hört bereits, wie Aria Stoff zerreißt. Er steht auf, sieht ihr zu, wie sie versucht, sich im flackernden Kerzenlicht den Intimbereich zu säubern.

»Geh und sieh woanders hin!«, verscheucht sie ihn und saugt so viel Sperma wie möglich mit dem Lappen auf. Abgewandt verweilt er im Eingang, der nur durch einen Plastikvorhang beide Räume trennt.

»Es tut mir leid. Wirklich!« Sie hebt den Blick, er sieht immer noch weg. Aria schüttelt den Kopf. Letztlich muss sie ihm verzeihen, eine andere Option gibt es nicht, wenn sie überleben wollen.

Am nächsten Tag ziehen sie weiter. Aria wird von einer inneren Unruhe gepackt. Eigentlich hatten sie noch ein paar Tage in der Nähe von Handorf südlich der Elbe bleiben wollen, um dann die Elbe über die 404 zu überqueren. Hamburg planten sie im Osten zu umgehen, große Städte sind gefährlich. Alphas, Betas und Plünderer stritten sich um Wasser und Nahrung. Aber in der Nähe von und in Hamburg hatte sich damals 23/24 der Widerstand aufgebaut, und sie und Till haben gehört, dass es in Dänemark noch eine sichere Enklave für Menschen geben soll. Arias zweite Flucht. 2015 war sie mit ihrer Mutter aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Ihr Vater und einer ihrer Drillingsbrüder waren im Mittelmeer ertrunken. Nach knapp einem Jahr Aufenthalt in der Landesunterkunft Rendsburg sind sie dann endlich nach Henstedt-Ulzburg umverteilt worden. Dorthin wollen sie jetzt erst einmal, weil sie sich da auskennt und Ideen hat, wo es noch Nahrung und Wasser geben könnte. Und Ruhe, denn die haben sie bitter nötig.

In der Dämmerung erreichen sie die Elbbrücke Geesthacht. Sie hatten lange gestritten, wo und wie sie die Elbe überqueren wollen, und sich schließlich für die Brücke entschieden. Erst einmal wollen sie die Lage auskundschaften. Es ist Mitte Juni, also bleibt es lange hell. Ob das ein Vor- oder Nachteil ist, wissen sie nicht. Für die Alphas vielleicht ein Vorteil, weil sie wie Menschen sehen. Die Betas nehmen anders wahr, da sind sich Till und Aria sicher. Eher über den Geruch. Sie scheinen Menschen besonders gut riechen zu können, allerdings stinken sie selbst bestialisch nach Pilzen und moderndem Fisch und kündigen sich damit schon lange vor ihrem Erscheinen an. Neben der Brücke in Marschacht finden sie einen ehemaligen Hof. Hinter einem Lkw spannen sie eine Plane auf, tarnen sie mit Ästen und Zweigen, verstecken sich und spähen auf die Brücke. Sie wollen sehen, ob sie von Gangs bewacht würde oder ob die Infiltrierten sie nutzen.

Es fängt an zu nieseln, sie ziehen sich ihre Regenjacken an, aber es bleibt ruhig, bis es dunkel wird. Sie warten den Guss ab. Mit dem Regen war damals die Veränderung gekommen. Phase I der weltweiten Infiltration, die Menschen in Alphas verwandelt hatte. Was auch immer der Regen mit sich trägt, sie müssen sich davor schützen. Nach Mitternacht hört es auf, die Wolken verziehen sich am Himmel.

»Wollen wir?«, fragt sie ihn leise. »Oder wir warten bis morgen?« Sie lauscht in sich hinein.

»Nein, ich will weiter.«

»Dann gehen wir.«

Er späht ein weites Mal mit dem Fernglas nach Gefahren, dann stehen sie auf. Alles wirkt friedlich. Sie gehen die Böschung hinauf und dann das kurze Stück Straße bis zum Beginn der Brücke. Der Mond scheint zu dreiviertel und schärft die Konturen der verwaisten Fahrzeuge. Nur das Rauschen der Elbe ist zu hören und ihre leisen Schritte auf dem Asphalt. Bei einiges Autos stehen die Türen offen. Sie sehen kurz nach Wasser oder Essbaren, aber sie finden nichts. Bei einem Taxi steckt der Schlüssel. Sie könnten einsteigen und losfahren, aber das Geräusch eines Autos würde kilometerweit zu hören sein und sie anlocken. Alle anlocken. Wer überleben will, geht zu Fuß. Nachdem sie die Hälfte der Brücke, knapp 100 Meter, überquert haben, verharrt Aria. Sie hört etwas. Hinter ihnen. Sie finden Deckung hinter einem Wagen und spähen nach dem Geräusch. Sie können es nicht einordnen, bis Till etwas erkennet.

»Rehe!« Sie jagen im Sprint auf die Brücke, ihre Hufe schlagen auf den Asphalt und hallen nach. Vier, fünf Tiere, ein Kitz ist dabei. Die Tiere halten auf sie zu, und ohne viel über sie zu wissen, erkennen Till und Aria, dass die Rehe in panischer Angst fliehen. Ein kurzer Blick zwischen beiden reicht. Sie laufen los, die Rehe hinter ihnen her und dahinter ... Gefahr! Sie hören hinter sich die Tiere schnaufen und ihre Hufe immer lauter auf den Brückenboden schlagen. Sie überholen Aria und Till, Aria glaubt kurz, ihre Wärme spüren zu können. Sie dreht sich um, kann sie sehen und nun auch riechen. Betas! Sie rennen auf die Brücke. Und jetzt schreien sie. Jagdschreie. Wer einmal vor Betas fliehen musste, erschauert. Wer hört, wie sie einen lebendigen Menschen zerreißen und fressen, wird davon in seinen Träumen verfolgt.

»Lauf!«, ruft Till. Er ist etwas schneller als sie, aber er wartet, bleibt auf gleicher Höhe, sieht sich immer wieder um.

»Wir müssen ein Auto nehmen!«

»Nein!«, sagt sie, sieht sich ebenfalls um, entscheidet sich dann für ein Auto. Ein Dutzend Betas. Ausgehungerte Betas. Sie haben keine Chance zu entkommen.

»Wie?« fragt sie. Zurück zum Taxi können sie nicht mehr, aber es ist nicht sicher, ob in einem anderen Fahrzeug ein Schlüssel stecken würde. Aria hatte die Deutschen gut genug kennengelernt, um zu wissen, dass ihnen Autos heilig waren.

»Wir haben nur einen Versuch«, keucht sie, ihr Blick huscht von einem Fahrzeug zum anderen. Wie sollen sie im Laufen und bei der Dunkelheit erkennen, ob ein Schlüssel steckt? Sie sieht, dass Till nickt, im Zickzack von Auto zu Auto kreuzt. Die Betas knurren wie Raubtiere, schreien, einige haben primitive Waffen wie Eisenstangen und Knüppel dabei und schlagen damit auf die Karosserien.

Das Rehkitz ist in Sicherheit, denkt Aria und ist von dem Gedanken überrascht. Till zieht seinen Revolver. Jetzt ist es eh zu spät, leise zu sein. Aria läuft an ihm vorbei von Auto zu Auto, zuckt zusammen, als sie den ersten Schuss hört.

»Kommt schon, ihr scheiß Deutschen! Lasst doch mal den Schlüssel stecken«, flucht sie, hetzt von Tür zu Tür und verharrt wie vom Blitz getroffen bei einem roten Wagen. Die Tür ist verschlossen, aber der Schlüssel steckt. Auf der Rückbank sitzen zwei Skelette. Kleine Skelette und eines hält zusammengesunken ein Kuscheltier in den Händen. Einen Pinguin.

Aria schluckt, zögert aber nicht. Mit dem Knauf ihres Revolvers schlägt sie die Fahrerscheibe ein, zwängt sich auf den Sitz, schickt mit geschlossenen Augen ein Stoßgebet gen Himmel und dreht den Schlüssel. Der Motor startet. Sie weiß nicht, wie sie die Kindersicherung entriegelt, also lässt sie die Scheibe auf dem Beifahrersitz hinunter.

»Komm schon!«, ruft sie zu Till. Ihre Stimme überschlägt sich. Wieder fällt ein Schuss. Sie lenkt den Wagen auf die Mitte der Fahrbahn, lässt ihn langsam im ersten Gang kommen, dreht sich um, sucht Till. Sie sieht ihn einige Meter hinter sich laufen, die Betas haben aufgeholt.

»Verdammt, sind die schnell!« Aria lenkt jetzt mit der Linken, fischt mit der rechten Hand nach ihrem Revolver und zielt zwischen den Kinderskeletten durch das Heckfenster auf die Konturen der Infiltrierten. Till schießt wieder, einer der Betas wird zurückgeworfen, fängt sich, rudert mit den Armen, läuft weiter mitten in eine offenstehende Tür hinein. Einer weniger. Weniger von wie vielen? Zwölf, dreizehn?

»Till!« Sie kreischt. Aria hasst es, wenn sie so ist. So panisch. Sie beschleunigt den Wagen, er soll merken, dass sie keine Zeit haben.

»Ja!«, ruft er zurück, sprintet dem Auto nach, greift an den Türgriff, will die Tür öffnen, aber sie bleibt verschlossen.

»Kindersicherung!« Was für ein deutsches Wort, denkt Aria, als sie es sich erklären hört. Till versucht hineinzuspringen, aber mit seinem Rucksack passt er nicht durch die Öffnung.

»Schmeiß ihn weg!« Natürlich schmeißt er ihn nicht weg, läuft und nimmt den Rucksack vom Rücken, wirft ihn in den Wagen. Die Betas sind dicht hinter ihm. Aria schießt. Immer noch schließen sich ihre Augen dabei für einen Moment. Als sie sie nach einer Zehntelsekunde wieder öffnet, hat das eine Skelett, das mit dem Pinguin, keinen Kopf mehr. Till ist zur Hälfte drin, versucht, sich auf den Beifahrersitz zu zwängen. Sie drückt auf das Gaspedal und hat das Gefühl, dass sie gerade noch so einmal entkommen sind. Kurz hinter der Brücke auf der Straße nach Geesthacht sieht sie mehrere Augen das Scheinwerferlicht reflektieren. Die Rehe verharren kurz und fliehen dann in das Dickicht. Aria lacht und weint zugleich.

In Geesthacht hören sie das typische Knistern der Alphas. Als würde man bei Regen unter Hochspannungsleitungen stehen. Und dann sehen sie sie. Alphas stehen nur herum oder wandern orientierungslos umher. Till glaubt, dass sie geerntet werden. Von Außerirdischen. Aria weiß nicht, was sie glauben soll. Sie schleichen durch die Altstadt, den...

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