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Brücken bauen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
128 Seiten
Deutsch
Atrium Verlag AGerschienen am13.03.20241. Auflage
Gemeinsam in die Zukunft statt gegeneinander: ein klares Plädoyer für ein faires Miteinander der Generationen Generationenkonflikte gab es schon immer. Doch der derzeit vorherrschende ist geprägt von einem erheblichen Machtgefälle, während gleichzeitig ein enormer gesellschaftlicher Wandel gestemmt werden muss, wenn wir die Klimakatastrophe abwenden und unsere Zukunft bewahren wollen. Barbara Streidl zeigt, welche Kraft wir freisetzen können, wenn die Generationen ihre Differenzen überwinden und gemeinsam an einem Strang ziehen. Es wird deutlich, dass wir einen neuen Generationenvertrag benötigen, wenn wir die enormen Herausforderungen unserer Gegenwart meistern wollen.

Barbara Streidl, geboren 1972, ist Journalistin und Musikerin und lebt in München. Sie arbeitet für den Bayerischen Rundfunk und andere Medien. Zu ihren Schwerpunkten zählen frauenpolitische Fragen und ein wachstumskritischer Blick auf die Welt. Regelmäßig hostet sie Podcasts und veröffentlicht Sachbücher.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextGemeinsam in die Zukunft statt gegeneinander: ein klares Plädoyer für ein faires Miteinander der Generationen Generationenkonflikte gab es schon immer. Doch der derzeit vorherrschende ist geprägt von einem erheblichen Machtgefälle, während gleichzeitig ein enormer gesellschaftlicher Wandel gestemmt werden muss, wenn wir die Klimakatastrophe abwenden und unsere Zukunft bewahren wollen. Barbara Streidl zeigt, welche Kraft wir freisetzen können, wenn die Generationen ihre Differenzen überwinden und gemeinsam an einem Strang ziehen. Es wird deutlich, dass wir einen neuen Generationenvertrag benötigen, wenn wir die enormen Herausforderungen unserer Gegenwart meistern wollen.

Barbara Streidl, geboren 1972, ist Journalistin und Musikerin und lebt in München. Sie arbeitet für den Bayerischen Rundfunk und andere Medien. Zu ihren Schwerpunkten zählen frauenpolitische Fragen und ein wachstumskritischer Blick auf die Welt. Regelmäßig hostet sie Podcasts und veröffentlicht Sachbücher.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783037922279
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum13.03.2024
Auflage1. Auflage
Seiten128 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1153 Kbytes
Artikel-Nr.14131985
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Einleitung Erst mal zuhören, bitte

Kurz bevor ich angefangen habe, dieses Buch zu schreiben, ist meine Mutter in die Wohnung über mir gezogen. Mit 19 habe ich mein Elternhaus verlassen, mit 50 lebe ich wieder in einer häuslichen Gemeinschaft mit meiner Mutter - auch wenn wir uns Bad und Küche nicht wie früher teilen. Die Entscheidung dafür haben wir gemeinsam gefällt. Mein Mann und meine Söhne (geboren 2007 und 2011), die mit mir in der Wohnung im ersten Stock leben, hatten natürlich ein Mitspracherecht. Neben der Vernunft, die auf kürzere Wege, leichtere Absprachen, einen Ausweg aus der Alterseinsamkeit und vieles mehr setzt, stimmt heute auch mein Gefühl diesem Schritt zu.

Es ist schön, dass meine Mutter so nah ist. Nach einem anstrengenden Arbeitstag sitze ich gerne auf ihrem Sofa und plaudere mit ihr über die Wunderwelt der Häkelanleitungsvideos im Internet. Sie freut sich, täglich zu uns zum Mittagessen zu kommen, das meist mein Mann kocht, und hat immer einen neuen Zettel mit Fragen dabei: »Kennt ihr den Roman zum Film Die Caine war ihr Schicksal von Herman Wouk?« oder »Helft ihr mir, den Balkon winterfest zu machen?« Mein jüngerer Sohn hat das Lateinlernen in die Wohnung seiner Großmutter verlagert. Mein älterer Sohn hilft bei Computerproblemen und handwerklichen Aufgaben. Und ich versuche Antworten auf Fragen zu finden, recherchiere ärztliche Praxen in der Umgebung und versorge sie mindestens einmal pro Woche mit Spinatpfannkuchen.

Seit meine Mutter im selben Haus lebt wie ich, kann ich noch besser nachvollziehen, wie feindselig die Alltagswelt auf ältere Menschen wie sie wirkt: Termine in ärztlichen Praxen werden fast nur noch online vergeben. Bankfilialen sind rar, auch in der Großstadt. Wer noch die papierenen Überweisungsträger verwendet, muss diese zur Filiale bringen oder per Post schicken und für jeden Auftrag eine Gebühr zahlen. Selbst wenn es darum geht, einen Geschenkgutschein einzulösen, gibt es Stolperfallen: Onlineregistrierung, Zweifach-Authentifizierung, Codeeingaben und zwischendurch noch beweisen, dass man ein Mensch ist und Fahrräder, Brücken oder Zebrasteifen auf pixeligen Fotos markieren kann. Um schließlich einen Umzug zu stemmen - inklusive Ummeldung von Telefon-/Internetanschluss (Onlineformular plus Hotline mit erheblichen Wartezeiten), Besuch im Bürgerbüro (nur mit vorab online vereinbartem Termin) und Austausch mit dem Umzugsunternehmen -, braucht es wirklich einen eisernen Willen und viel Unterstützung. Die konnten wir Kinder und Enkel meiner Mutter geben. Sonst hätte sie es wohl nicht geschafft. Unsere smarte Welt ist nicht nur von Digital Natives[1] bevölkert, das wird mir in solchen Momenten immer wieder bewusst, sondern auch von analogen Alten.

 

Ob Digitalisierung oder Klimakrise, Pandemie, Bildung oder die Aufteilung von Ressourcen: Der enorme gesellschaftliche Wandel stellt uns vor gewaltige Herausforderungen, die für mehr Zündstoff zwischen den Generationen sorgen als je zuvor. Statt gemeinsam für die Zukunft und einen solidarischen Generationenvertrag zu kämpfen, wimmelt es in unserer Gesellschaft nur so von Vorwürfen zwischen Alt und Jung. Wir hören einander nicht zu, wir reden übereinander statt miteinander oder aneinander vorbei. Und so vertiefen sich die Gräben. Der Generationenkonflikt hat in unserem Krisenjahrzehnt eine neue Dimension angenommen. Es ist höchste Zeit, Brücken zu bauen und die dicken Bretter, die gebohrt werden müssen, gemeinsam zu bohren. Und zwar nicht nur für das Hier und Jetzt, sondern auch für das Morgen und Übermorgen, da die Jungen den Alten zahlenmäßig nicht ebenbürtig sind. Noch 1990 waren 13 Prozent der Einwohner:innen in Deutschland 67 Jahre alt oder älter. 2022 ist schon ein Fünftel in diesem Alter. Im selben Zeitraum ist der Anteil der Jüngeren, unter 20-Jährigen, gesunken: von 22 auf 19 Prozent.[2]

Dass sie weniger sind und mehr im Fokus der Gesamtgesellschaft stehen, das ist den meisten in der jüngeren Generation klar. Sie reagieren darauf, indem sie an vielen Stellen die Spielregeln verändern: Ein Bewusstsein für den Klimawandel ist für sie selbstverständlich und vielen auch bei der Partner:innenwahl wichtig.[3] Überhaupt möchten sich immer mehr Personen zwischen 18 und 24 Jahren nicht auf ein Geschlecht festlegen. Sie betrachten die Aufteilung unserer Welt in »Mann« und »Frau« kritisch und hinterfragen auch die damit einhergehenden Rollenzuschreibungen: Gründen zwei Männer eine Familie, ist nicht gleich klar, wer sich um die Kinder kümmert.[4] Daneben ist die Work-Life-Balance, also ein möglichst harmonisches Gleichgewicht zwischen Erwerbstätigkeit und Privatleben, mehr Mission als Modebegriff für die Jüngeren, was den Älteren häufig auf die Nerven geht.

Bestehendes nicht deswegen zu akzeptieren, weil es besteht: Das ist ein wichtiges Merkmal für jede junge Generation - ebenso wie die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Diese Bereitschaft wurde in der Coronazeit auf eine harte Probe gestellt. Schnell war beschlossen worden, dass die jungen Menschen zurückstecken müssen. Dass ihr Alltagsleben - um die Älteren, die Alten, die Hochbetagten und die Vorerkrankten zu schützen - am konsequentesten zum Stillstand gebracht werden muss. Die Folgen sind noch immer zu spüren.

Eng mit der Pandemie verbunden ist das Thema Bildung, weil in dieser Zeit die größten Schwachstellen des Systems sichtbar wurden: Die Digitalisierung war strukturell und flächendeckend verschlafen worden, Lehrkräfte fehlten oder befanden sich am Ende ihrer Kräfte. Wie unter einem Brennglas zeigte die Pandemie auch, dass race[5] und class[6] einen großen Einfluss auf die Bildungsbiografie haben: Chancengleichheit für alle Schüler:innen fehlt im Klassenzimmer und beim Lernen zu Hause. Dafür braucht es nachhaltige und kompetente Unterstützung vonseiten der Eltern. Die diese aber nicht immer leisten können - und so erben viele den Bildungsstatus ihrer Eltern. Ein Erbe, das teuer werden kann.

Teuer sind auch die Auswirkungen der Klimakatastrophe, die die heutige junge Generation zu erben droht. Mit einer Verfassungsbeschwerde sind zum Teil noch minderjährige Aktivist:innen 2020 nach Karlsruhe gezogen und haben in einem historischen Beschluss Recht bekommen: Nichts Geringeres als die Freiheit gilt es zu schützen! Denn wenn heute zu wenig für den Klimaschutz getan werde, würde das zu drastischen Maßnahmen in der Zukunft führen, so das Gericht.[7] Zuzulassen, dass unsere Freiheit heute die Freiheit von morgen stark einschränkt, das ist nach diesem Beschluss keine Option mehr für die Bundesregierung.

Schließlich geht es noch um die Frage nach dem Erbe, das eine Generation einer nachkommenden überlässt, auch hinsichtlich der gerechten Umverteilung von Besitz. Ähnlich wie im Bereich Bildung ist auch der Wohlstand einer Person stark mit race und class verbunden: Wer dort aufwächst, wo es etwas gibt, hat gute Chancen, davon etwas abzubekommen. Wer das nicht tut, geht leer aus. Somit bleiben die, die nicht erben, deren Eltern keine Häuser oder Unternehmen besitzen, außen vor.

 

Also: Stoff gibt es genug, um zu streiten. Aber die Voraussetzung für einen guten Streit ist die Bereitschaft, dem Gegenüber mit Respekt zu begegnen. Als Moderatorin von politischen Diskussionen habe ich zahlreiche Gespräche zum Thema Generationenkonflikt begleitet. Häufig sitzt da ein Forscher neben einer Politikerin; beide befinden sich in ihrer Lebensmitte und sind sich darüber einig, was junge Menschen wollen und sollen. Ich schätze ihre Expertise, bedauere dabei aber, dass diejenigen, um die es geht, keine Stimme haben, sondern pauschal eingeschätzt und beurteilt werden. Ja, es ist anstrengend und nicht selten kompliziert, alle an einen Tisch zu bringen und mit derselben Redezeit auszustatten. Aber für ein Miteinander auf Augenhöhe ist das unerlässlich. Nur, wenn die verschiedenen Generationen ihre Differenzen überwinden, können sie gemeinsam in die Zukunft gehen.

In diesem Buch finden Sie deshalb immer wieder Forderungen an Politik und Gesellschaft, die auf den Punkt bringen, was getan werden muss, um den Generationenkonflikt zu überwinden. Einige eignen sich dazu, auf T-Shirts gedruckt zu werden, mit anderen können Sie auf dem nächsten Generationentreffen oder Familienfest Position beziehen. Hier kommt die erste:


Wir müssen respektvoll miteinander umgehen.


Das ist die notwendige Voraussetzung, um Brücken bauen zu können. Brücken über den Graben zwischen Alt und Jung. Brücken, die die Generationen miteinander verbinden. Denn in diesem Krisenjahrzehnt brauchen wir auf Fragen wie diese Antworten, die wir nur gemeinsam finden können: Wo gehen die Jungen hin? Wo gehen wir Älteren hin? Und was wollen wir für die Jüngeren zurücklassen?

Wir müssen den Generationenvertrag neu verhandeln und dürfen uns nicht wegducken vor der Verantwortung für das, was von uns bleibt. Denn unser schönes und bequemes Hier und Jetzt bedeutet eben nicht, dass unsere Kinder und Enkelkinder auch oder noch ein gutes Leben führen können. In Sachen Bildung, faires Wirtschaften und Klimapolitik gibt es längst klare Forderungen, die Alt und Jung...
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