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Vorabbericht in Sachen der Zona Cesarini

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
259 Seiten
Deutsch
Folio Verlagerschienen am15.03.20241. Auflage
Die unglaubliche Geschichte eines jugendlichen Zirkusartisten und späteren Fußballstars. Wenige Monate alt, wird 1907 Renato Cesarini als Baby in Buenos Aires von Bord getragen. Vier Wochen Fahrt unter Deck liegen hinter ihm und den mehr als tausend zusammengepferchten italienischen Emigrant:innen. In einem Jahrhundert voller Widersprüche wird Cesarini mehrmals den Atlantik überqueren, hin und zurück. In immer neuen Schuhen seines Vaters, eines neapolitanischen Schuhmachers, dribbelt er sich vom kindlichen Taschendieb und Zirkusakrobaten aus der Boca zum Fußballstar zweier Nationalmannschaften (ARG/ITA), wird Champagnertrinker, nächtlicher Szenegänger sowie Betreiber einer Tangueria in Torino. In Gesellschaft von Agenten, Boxweltmeistern, einer Mussolini-Geliebtenund seines Affen Scimmi. Ein wildes Leben schillernd erzählt, leichtfüßig wie ein italoargentinischer Tango.

Kurt Lanthaler, geboren 1960 in Bozen/Bolzano, lebt seit 1987 in Berlin. Schreibt Romane, Lyrik, Theaterstücke. Installationen. Übersetzte Roberto Alajmo und Peppe Lanzetta aus dem Italienischen. Nach seinen Romanen 'Napule' und 'Das Delta' greift er hier erneut, durchaus wieder »filmisch«, einen italienischen Stoff auf. Bei Folio ist erschienen: 'Der Nörgg, das Purzinigele und die Nichte der Nixe' (2022).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextDie unglaubliche Geschichte eines jugendlichen Zirkusartisten und späteren Fußballstars. Wenige Monate alt, wird 1907 Renato Cesarini als Baby in Buenos Aires von Bord getragen. Vier Wochen Fahrt unter Deck liegen hinter ihm und den mehr als tausend zusammengepferchten italienischen Emigrant:innen. In einem Jahrhundert voller Widersprüche wird Cesarini mehrmals den Atlantik überqueren, hin und zurück. In immer neuen Schuhen seines Vaters, eines neapolitanischen Schuhmachers, dribbelt er sich vom kindlichen Taschendieb und Zirkusakrobaten aus der Boca zum Fußballstar zweier Nationalmannschaften (ARG/ITA), wird Champagnertrinker, nächtlicher Szenegänger sowie Betreiber einer Tangueria in Torino. In Gesellschaft von Agenten, Boxweltmeistern, einer Mussolini-Geliebtenund seines Affen Scimmi. Ein wildes Leben schillernd erzählt, leichtfüßig wie ein italoargentinischer Tango.

Kurt Lanthaler, geboren 1960 in Bozen/Bolzano, lebt seit 1987 in Berlin. Schreibt Romane, Lyrik, Theaterstücke. Installationen. Übersetzte Roberto Alajmo und Peppe Lanzetta aus dem Italienischen. Nach seinen Romanen 'Napule' und 'Das Delta' greift er hier erneut, durchaus wieder »filmisch«, einen italienischen Stoff auf. Bei Folio ist erschienen: 'Der Nörgg, das Purzinigele und die Nichte der Nixe' (2022).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783990371558
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum15.03.2024
Auflage1. Auflage
Seiten259 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2605 Kbytes
Artikel-Nr.14178036
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Anbei also

Le Meriche, 1906 - 1929

Im Takt der Worte auf das Leder
Dieses elende Schiffsdurcheinander
Kein Meer mehr. E poi il mare
Die Jolanda, das Wrack, und die Virginia
Erste Schritte, wenn auch nicht eigne
Nonnonino und die Windrose
Cesarinis Großmutter mütterlicherseits
Landgang eines Säuglings
Weil es mir gerade einfällt
So lebte es sich, e si viveva
Cesarinis Großvater väterlicherseits
Unterwegs in der Boca, unterwegs
Zio Gio, Nonnonino, ein gewisser Chinchella
Vom Grito de Alcorta
Ein Schiff kommt und ...
Vorm Zirkus
Tangobitte
Abbastanza buono il tuo tango, sowas
Gleichzeitig, zumindest eine Zeit lang
Verlobungsauftrag
El argentino es un italiano que habla español
Orsis erster Arbeitstag

Genova e Torino, febbraio del 1930

Cesarinis zweite Seefahrt
Cesarinis erstes Verschwinden
Gemelli-Bericht 01. Vom Abhandenkommen
Cesarinis erste Nacht, und der Morgen danach
Ostriche in Spagna - Austern in Spanien
Drei Meldungen, eine Zeitung
Nach ausgedehntem Nachmittagsschlaf
Ein Cinzano, zwei Mineral
Es fallen mir Geschichten
Die Schuld der Schulter (das alles)

L'epicentro. Domenica, 13. 12. 1931

Im Nachhinein, ein Leben
La folla, die Menschenmasse
La Zona Cesarini, raccontata da lui stesso
Die Zona Cesarini, in der Presse und den Lexika
Man kann Geschichte insgesamt
Alarme in Zona Cesarini
Gemelli-Bericht 02. Vom Abseitigen

Il Quinquennio del Ventennio

Fünf Jahre, die Zwanzig und die Tausend
Tranquilli, keine Sorge
Gemelli-Bericht 03. Vom Wiederverschwinden
Palace Hotel Merano, Donna Rachele
Diese Seefahrt der Sarfatti
Scompare Ettore, es verschwindet
Wie man auch an Erinnerungen
Stille Tage und ein letzter Tango in Torino

Y de nuevo en Buenos Aires, 1935 ff.

Buenos Aires, impossibile
Da gehen die Geschichten
Die erste Filmaufnahme und eine Fotografie
Ein deutlich seriöseres Business

Un' altr' Italia, otra vez, 1946 ff.

Cesarini kommt zurück, und zwar schon
Lesarten, diverse
Lucky a Genova, und ich nicht in Torino
Das bißchen, was ich über Moral weiß

... und Wiedergänger, 1949 - 1969

Schlangenmensch und Seiltänzer
In Saloniki nennt man Barfüßer sparsam
Resultat einer gewissen Verwirrung
Gemelli-Bericht 04. Vom Ansatz
Heimatlose Gesellen, einheitliche Feldtheorie
Die Worte im Takt al ritmo del mare

Fortschreibung

Warhafftige Historien einer Wunderbaren Schiffart, 1535
Lombroso y el origen del argot, 1894
Este informe preliminar, dieser Vorabbericht, 1917
Gramscis Pferdeschwanz, 1932
Ni una sola gota de sangre indígena, 1933
Nuestro Norte es el Sur, 1941
Zwei komplette Nationalmannschaften, 1978
Nachgeholte Biographien
Quellen, und Literatur

Postscriptum
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Leseprobe

Im Takt der Worte auf das Leder

Damals, als ich mit meinen Eltern in Genova auf das Schiff nach Südamerika ging, damals, im späten Jahre 1906, wie ich heute weiß, als Vattern beschlossen hatte, nun sei es genug mit dem Gewürge und Gewuste, und es sei genug mit diesem italischen Land, das weder ihn noch seine Frau noch seinen Sohn ernähren konnte, an dem schon schlimm genug war, daß er der einzige und noch dazu ein Schwächling war - und nicht nur ein stummer Zwerg -, und es sei, hatte Vattern beschlossen, vor allem genug damit, sich für sein spaghettidünnes Kind schämen zu müssen, nur weil man ihm nicht regelmäßig Spaghetti oder gar Penne auf den Tisch stellen ... Manno, lascia stà, laß das, sagte Muttern, und misch dich nicht ein, der trinkt ja noch. Und, anders als du, Milch. Vattern aber konnte, einmal in Wut geraten, nicht mehr aufhören mit seinem halblauten Lamento, und zu Zeiten, als er noch Schuster war, und also ein Leben lang, wenn auch wenig erfolgreich, bis auf die Schuhe, die er mir ein Leben lang gemacht ... und so hämmerte er im Takt der Worte auf das Leder ein, wenn man Leder weich bekommt, muß man doch dieses verdammte Leben auch weich bekommen, bevor einem la chiánta, die Sohle, zum letzten Mal löchrig geworden ist, eine ewige Litanei, die meines Vaters, wobei er in napuletanisch litanisierte, und also la chianta statt la suola, während Mutter, um die Tränen zurückzuhalten, sich in den Rosenkranz, den sie gar nicht besaß, vergrub, Avemaria undsoweiter, dabei fluchte sie sonst, wenn ihr gerade nicht nach Weinen war, auf das Gebete, aber mir ist lieber, das Kind wächst mit einer betenden Mutter auf als mit einer weinenden, worauf der Mann nur den Kopf geschüttelt hat, Blödsinn, babbeóna, ma che stai a dicere, was redest du da, Frau. Ich red weniger als du, Mann, sagte sie dann, du führst die ganze Zeit deine Litanei im Mund, ein ewiges Gebißgewackel und Lamentieren, noch sind wir nicht verhungert, Mann, also laß es gut sein und laß mich weinen, wenn ich schon muß. Und Mann, statte ´mbbene, mascúlo, laß gut sein, Männeken. Wenn sie ihre engen vier Mauern verließen, unseren Basso in der Boca von Buenos Aires, dieses Italien in den Meriche, waren sie platzeinnehmend stolze Leute. Kein Lamento über seine Lippen, kein Rosenkranz über ihre.

Nicht einmal, als ihnen auf dem Schiff übel geworden war, irgendwo im Atlantik, auf dem rußfauchenden piroscafo immezzo del Talantico, wir hatten seit Tagen keinen Himmel mehr zu sehen bekommen in den wenigen Minuten, die man uns aufs Deck hinauf ließ aus dem Verlies der dritten Klasse, um endlich etwas Luft zu holen, ich aber weiß nichts davon, ich war Säugling (selbst das hat man mir nur erzählt, und ich muß es glauben), ein schönes Kind, che bammíno. Che bellezzetúddene? sagte ihr Mann dann immer, was für ein Kind, was für eine Schönheit denn? Tι κακαÏάναÏα, che cacafánara, was für ein langweiliger Blödsinn, sagt seine Frau, ein schönes Kind, natürlich, wir haben dich jedesmal, sobald uns der Weg an Deck erlaubt, dermaßen eingewickelt, daß kaum mehr deine Nasenspitze zu sehen war, und trotzdem sagten alle, was für ein schönes Kind, während ich dich so fest als möglich hielt und dein Vater mich, dann doch, und damit auch dich, irgendwie, der Talantico stürmte allgewaltig, che burrásca, daß nichts zu sehen war außer dem Wasser in der Luft, und davon viel. Und die Frischluft, wegen der wir uns aus dem Unterdeck der Dritten hochgekämpft hatten über die taumelnden Stiegen, das Kind braucht ein paar Mäuler Frischluft, Sonne bräuchte es auch, aber wo ist hier Sonne, da war sogar in Genova noch mehr Sonne, und das heißt was, wer weiß, was sie uns von den Meriche und diesem Amerika alles erzählt haben, wer weiß, ob es wahr ist, die Luft an Deck jedenfalls ließ sich kaum atmen, so voller Wasser war sie, wir fürchteten, du ertrinkst uns mit jedem deiner Atemzüge, und sind jedesmal nach wenigen Augenblicken wieder unter Deck geflüchtet, naß und klamm, und wenn man nicht gerade mit den taumelnden Eisenabgängen zu kämpfen hatte, und dem Salz allüberall, das das Meer hinterlassen, und dem anderen, das die Leute an Bord von sich gelassen, und regelmäßig dann mit einem taumelnden Magen über die taumelnden Planken, und hätte ich dich nicht stillen müssen, ich hätte gar nichts mehr gegessen, deinem Vater ging es noch schlechter als mir, grün im Gesicht und blau wie frischgegerbtes Leder, doch da war nichts mit Blaumachen, er hatte gleich am ersten Tag an Bord seine Schuhflickerdienste angeboten, der scarpare. Und du warst natürlich für alle die crijatura de lo scarpare, die Kreatur des Schuhflickers.

Und so wandert er durch die Dritte, ganz grün im Gesicht, aber bemüht, sein angelerntes Napuletanisch so zu sprechen, als sei er nicht eigentlich in den Bergen abseits Napules geboren, da kommt einer aus einem Verlorenenseelenort namens Maiorano di Monte und tut dann, als wär er ein Meeranwohner, du Bergmajoran du, Mann, und somit eben kein echter guappo und kein Napuletane nicht, dafür ein echter Flickschuster, der scarpare, das ja, auch wenn er es weder in Napule noch sonstwo zu einem Geschäft gebracht hat, keiner Werkstatt, keinem Nichts, werkelt auf seinen Knien, aber jetzt, jetzt ist er der scarpare, der Schuster, auf diesem Schiff, der Mann, und perdío und bei Gott, es waren genug Schuhe an Bord, die es nötig gehabt hätten, ihr könnt doch nicht, als Schuster ist man Geschäftsmann, und der Mann war ein bemühter, aber letztendlich lausiger Geschäftsmann und ein guter Schuster, nur die Zeiten, die waren nicht so gut, ihr könnt doch nicht mit solchen verlotterten Schuhen ein neues Leben beginnen, und ihr wollt in diesen Meriche ja ein neues Leben beginnen, oder?, es möcht ja keiner in seinem alten verbleiben, da es eben kein Leben, also gönnt auch euren Schuhen ein neues Leben, oder wenigstens, um Himmels willen, per l´amor del ciel, einen kleinen Flicken, und noch während der Mann über seinem ersten Schiffsschuh saß, den er, in diesem Fall durchaus liebevoll, mein merikanischer Schuh nannte, der ihm Glück bringen sollte und den er deswegen, genauso wie seinen Paarzwilling, gratis flicken wollte, was er auch sofort getan hätte mit seinen flinken Schuhmacherhänden, wenn ihm nicht bereits über diesem ersten Schuh schlecht geworden wäre von der See, buchstäblich in den Schuh hinein, und die folgenden Tage war es nicht anders, auch wenn er inzwischen gewarnt war und den Kübel rechtzeitig fand.

Aber, sagt der Mann, bei allem was recht ist, ich habe diesen Schuh geputzt, und ich habe diesen Schuh und den anderen, ich habe dieses Paar zu Ende gearbeitet, es hat länger gedauert als üblich, ja, per l´amor del ciel, aber das war nicht weiter wichtig, erstens lag der Schuhträger selbst auch krank flach und brauchte also momentan gar keine Schuhe und konnte sie so schonen für ihren merikanischen Weg und zweitens war der arme Teufel, dem meine Rede an die Landsleute doch ziemlich in die Knochen gefahren war, weil er sie ernst genommen hatte, obwohl es nichts als eine Reklamerede für mein Schuhmachergeschäft war, das auf diesem Schiff genau wie sonst auch im besten Falle im Schuheflicken bestehen konnte, der arme Teufel war heilfroh, weil er so umsonst an sozusagen neue Schuhe kam, jedenfalls an die besten, die er je besessen hatte, immerhin hatte er mir ganz das Aussehen eines scarpesalotas, und für die unter uns, die kaum ein Napuletanisch verstehen, Frau, weil sie dermaßen ungebildet sind mit ihrem Herkommen aus ihrer griechischen Ziegengegend, ist ein scarpesalota einer vom Dorfe ganz hinten in den calabbrischen Bergen, wo die Leut dort, wie wir wissen, wieder anders sprechen und zudem meist zu Fuß gehen, es sei denn, sie gingen zu Grabe, nachdem sie zuvor sich verehelicht, nachdem sie getauft, i povercristi, die armen Hunde, und auch deshalb, so bin ich nunmal, Frau, nichtwahr, nevvero, habe ich an nichts gespart bei diesen Schuhen, schließlich sollten sie mir Glück bringen, und daß sie mich so viel Zeit gekostet haben wegen der verdammten See, nahm ich als zusätzlichen Glückswink, sie würden mir eben lange Glück bringen, meine ersten merikanischen, dem Magen und dem Meer abgetrotzten Schuhe.

Sollen sie Ihnen und Ihrer Frau und Ihrem wunderhübschen Kind vor allem viel Glück bringen, sagte der arme Teufel, als er seine Schuhe wieder in die Hand nahm, sagt der Mann, wenn sie Ihnen Glück bringen, werden sie mir auch Glück bringen, er hat diese Schuhe dann bis zu der Stunde, als der Hafen von Buenos Aires endlich in der Morgendämmerung vor uns auftauchte, um den Hals getragen, und wann immer und wo immer ihnen Gefahr drohen konnte, durch Mitmenschen und Meereswogen in dieser recht chaotischen Anlandung, hat er sie unter seiner Jacke versteckt und die Arme um sie geschlungen, meineseine merikanischen Schuhe, und wir dann, sagt man mir, wir drei, dem Mann und den Schuhen hinterher, ein unübersehbarer Haufen an crijature, eine ewig sich hinziehende Schlange, wir waren angekommen und wir wußten noch nicht, wo...
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Autor

Kurt Lanthaler, geboren 1960 in Bozen/Bolzano, lebt seit 1987 in Berlin.
Schreibt Romane, Lyrik, Theaterstücke. Installationen. Übersetzte Roberto Alajmo und Peppe Lanzetta aus dem Italienischen. Nach seinen Romanen "Napule" und "Das Delta" greift er hier erneut, durchaus wieder »filmisch«, einen italienischen Stoff auf.
Bei Folio ist erschienen: "Der Nörgg, das Purzinigele und die Nichte der Nixe" (2022).