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Im Vaterleib

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
239 Seiten
Deutsch
Folio Verlagerschienen am28.02.20231. Auflage
'Nur dir, Adele, ist das unausgegorene Meisterwerk gelungen, eine Tochter, aber keine Hütte zu haben ...' Es gibt Begegnungen, die uns im Innersten treffen: Als Adele Nicola, den Kinderarzt ihrer zweijährigen Tochter, kennenlernt, glaubt sie, endlich angekommen zu sein. Doch Nicola, ein Mann der schönen Worte, ist gebunden und kann sich nicht entscheiden. Seine vielen hübschen Nachrichten wirft sie bald samt Erinnerungen wie eine gebrauchte Zahnbürste in den Müll. Da kehrt Adele in ihre Vergangenheit zurück, in das süditalienische Dorf ihrer Kindheit, aus dem sie nach Rom geflüchtet ist. Zurück zur Geschichte ihrer Familie, ihres Vaters - in ein Zuhause, in dem die Münder nur geöffnet wurden, um zu essen, zu schweigen und zu verschweigen. Wo sich Adele nur Gehör verschaffen konnte, indem sie Eis, Pizza und Worte auskotzte. Gamberale dringt zum Ursprung unserer Fragen vor: Wie werden wir, was wir sind? Wie, verdammt, lernen wir zu lieben? Über 80.000 verkaufte Exemplare im Original! • Über den Drang, anders zu handeln, als uns vorgelebt wurde • Von der Sehnsucht nach einer neuen Form von Familie und Zuhause • Über schonungslose Offenheit und die eigene Neuerfindung 'Meinen Romanen vertraue ich an, wie besessen ich bin von der menschlichen Alchemie, von all dem Guten und Bösen, das entfesselt wird, wenn Menschen miteinander in Beziehung treten.' (Chiara Gamberale)

Chiara Gamberale, geboren 1977 in Rom, veröffentlicht, seit sie 22 ist, erfolgreich Romane. Sie sagt von sich, sie habe alle Formen der Analyse erprobt und auch vor Hypnose nicht haltgemacht, um die Tiefe der menschlichen Reaktionen und Empfindungen zu ergründen. Sie moderiert Fernseh- und Radiosendungen und leitet das Literaturfestival Procida Racconta auf der gleichnamigen italienischen Insel.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR17,99

Produkt

Klappentext'Nur dir, Adele, ist das unausgegorene Meisterwerk gelungen, eine Tochter, aber keine Hütte zu haben ...' Es gibt Begegnungen, die uns im Innersten treffen: Als Adele Nicola, den Kinderarzt ihrer zweijährigen Tochter, kennenlernt, glaubt sie, endlich angekommen zu sein. Doch Nicola, ein Mann der schönen Worte, ist gebunden und kann sich nicht entscheiden. Seine vielen hübschen Nachrichten wirft sie bald samt Erinnerungen wie eine gebrauchte Zahnbürste in den Müll. Da kehrt Adele in ihre Vergangenheit zurück, in das süditalienische Dorf ihrer Kindheit, aus dem sie nach Rom geflüchtet ist. Zurück zur Geschichte ihrer Familie, ihres Vaters - in ein Zuhause, in dem die Münder nur geöffnet wurden, um zu essen, zu schweigen und zu verschweigen. Wo sich Adele nur Gehör verschaffen konnte, indem sie Eis, Pizza und Worte auskotzte. Gamberale dringt zum Ursprung unserer Fragen vor: Wie werden wir, was wir sind? Wie, verdammt, lernen wir zu lieben? Über 80.000 verkaufte Exemplare im Original! • Über den Drang, anders zu handeln, als uns vorgelebt wurde • Von der Sehnsucht nach einer neuen Form von Familie und Zuhause • Über schonungslose Offenheit und die eigene Neuerfindung 'Meinen Romanen vertraue ich an, wie besessen ich bin von der menschlichen Alchemie, von all dem Guten und Bösen, das entfesselt wird, wenn Menschen miteinander in Beziehung treten.' (Chiara Gamberale)

Chiara Gamberale, geboren 1977 in Rom, veröffentlicht, seit sie 22 ist, erfolgreich Romane. Sie sagt von sich, sie habe alle Formen der Analyse erprobt und auch vor Hypnose nicht haltgemacht, um die Tiefe der menschlichen Reaktionen und Empfindungen zu ergründen. Sie moderiert Fernseh- und Radiosendungen und leitet das Literaturfestival Procida Racconta auf der gleichnamigen italienischen Insel.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783990371411
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.02.2023
Auflage1. Auflage
Seiten239 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1005 Kbytes
Artikel-Nr.11129757
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Ich fand es immer rührend, mir die Menschen vorzustellen, die zum ersten Mal einen anderen Menschen treffen, bei dem die Floskel, die sie bemühten, um dem, was ihnen widerfuhr, ein Gewicht zu geben, tatsächlich einen Sinn erhält, plötzlich kommt sie ihnen wie von selbst: Er hat mein Leben verändert. Sogar jetzt, in der unmöglichen Stille, die aus den nackten, stummen und verschreckten Straßen hereindringt, eine Stille, die heute Nacht nicht einmal das Telefon durchbrechen wird, um mir das Eintreffen einer Nachricht zu signalisieren, und dann noch einer und noch einer, steigt sie auf. Die Sehnsucht. Denn niemand sagt uns ein paar Stunden vorher Bescheid: Gleich triffst du den Mann, gleich triffst du die Frau, die dein Leben verändern wird. Also gehen wir nervös wie immer oder genervt wie immer in den Tag, angezogen wie immer, vereinnahmt von einem Gedanken, der uns einfach keine Ruhe zu lassen scheint. Und den wir schlagartig für immer fallenlassen, denn: Da ist er, da ist sie.

Als ich Nicola begegnete, konnte ich nur daran denken, dass Frida mit etwas mehr als zwei Jahren anfing, bei den Wörtern, die sie zusammenbekam, ins Stolpern zu geraten.

Ma-Ma-Ma-Mama, Brei.

Wi-wi-will Schnuller.

Schnu-Schnu-Schnuller, Mama.

Und ihre Sätzchen blieben dennoch spärlich im Vergleich zu denen der anderen Kinder.

Deshalb hatte ich mich an den Kinderarzt gewandt, den der Mama-Chor der Kinderkrippe in den Himmel lobte, er ist der beste, sagten alle, obendrein spezialisiert in Kinderneuropsychiatrie. Klar, billig ist er nicht. Aber für die Routineuntersuchungen reicht die zuständige Kinderärztin, und zweimal im Jahr oder bei heikleren Fragen geht man zu ihm. Nicola Attanasio.

Sein Wartezimmer war ganz anders als das der zuständigen Kinderärztin mit Pluto- und Micky-Maus-Tapete, einem neonorangefarbenen Plastiktischchen, hellblauen und rosa Stühlchen und auf dem Boden verstreutem Spielzeug, Matchboxautos ohne Räder, armlose Puppen, die Haare verfilzt, ein Auge zugefallen. Der Raum war groß und hell, beherrscht von einem abstrakten Gemälde, das eine ganze Wand einnahm und an das Meer erinnerte, es gab zwei Sessel aus Edelstahl und schwarzem Leder, ein bananenförmiges weißes Sofa, einen Kilim, der von weit her zu kommen schien, und ein Bord, das bis auf ein paar Bücher des Kinderbuchverlages Topipittori, den auch ich durch ihn bald lieb gewinnen sollte, so gut wie leer war.

Ich bin vor über zwanzig Jahren nach Rom gekommen, und jedes Mal, wenn ich an einem solchen Ort landete, in der Wohnung eines Programmautors, der Freundin einer Freundin oder irgendeines Typs, fühlte ich mich, als müsste es gleich regnen, aber es regnet nicht, alles klebt, die Achseln, die Haare, die Kleider: diese Feuchtigkeit. Jede nüchterne Umgebung, gerade so unordentlich, dass sie wohnlich oder besonders geschmackvoll eingerichtet wirkte - begünstigt durch etwas, das mir unweigerlich entging, jedoch, wie dieser Kilim, von weit her kam, von einem Kontinent, der gleichwohl im Nirgendwo lag und sich im Blut des Wohnungsinhabers verlor -, brachte mich zurück in das Haus meiner Eltern, das wir bezogen hatten, nachdem mein Vater den Supermarkt eröffnet hatte, zu dem glänzenden Fliesenboden, ausgesucht von meiner Mutter, weil er leicht zu wischen war, zu den auf dem Fernsehmöbel aufgereihten Swarovski-Vögelchen und dem Bild im Eingangsflur, ein Aquarell des Monte Panettone von Tonino Capracotta, einem Professor für technisches Zeichnen, der aus der Kleinen Stadt in unser Dorf gezogen war.

Der Vergleich dieses Hauses mit den anderen, auch wenn es kein richtiger Vergleich war - es war etwas weniger Hartes, aber umso Unerträglicheres -, löste in mir einen Schwindel aus, der jede Möglichkeit, dem Menschen, der ich war, zu trauen, ins Trudeln brachte.

Doch kaum betraten Frida und ich Dottor Attanasios Praxis, überkam mich die wohlige Ahnung, bereits dort gewesen zu sein. Ich sollte eine Weile brauchen, um den Grund zu begreifen (der peinlich aufgeräumte Schreibtisch, die in einem Regal aufgereihten Auszeichnungen, der Silberrahmen, aus dem ein kleiner Junge und ein kleines Mädchen zahnlos hervorlächelten â¦), und vielleicht begreife ich es erst heute Nacht wirklich, während ich seine Zahnbürste, die Boxershorts und ein T-Shirt aus seiner Schublade meines Kleiderschranks hervorhole und nicht weiß, ob ich sie in den Sack für Biomüll oder in den für Restmüll werfen soll - für die Erinnerungen, die wir loswerden sollten, bräuchte es einen extra Sack.

Allen voran die erste: er, der vom Schreibtisch aufsteht, auf uns zukommt, groß, mit Schultern so breit wie eine wartende Umarmung, und sofort alles an sich zieht. Das bananenförmige Sofa draußen, den Silberrahmen drinnen, das Bedürfnis zu verstehen, jede Spur von Feuchtigkeit. Menschen mit großer Nase habe ich schon immer vertraut - Dante, Caterinas Großmutter, meiner Lehrerin Marinelli. Meinem Vater. Dieser Mann weiß bestimmt, wie man Frida helfen kann, habe ich wohl gedacht.

Über dieser knolligen Nase bewegten sich rastlos die schmalen, grünen Augen, sein Gesicht sah aus wie aus einem dieser Schnippelbücher, mit denen ich Frida beschäftigte, suche dir ein Paar Augenbrauen, eine Stirn, ein Kinn aus und setze sie zusammen, ein misslungenes Gesicht, bei dem das Kinn kein bisschen zu der Stirn und den Augenbrauen passte. Dennoch sollte ich dieses misslungene Gesicht drei Monate später beim Schlafen betrachten und flüstern: Du bist es, dich habe ich gesucht, endlich habe ich dich gefunden.

Guten Abend, sagte er zu mir.

Ciao, meine Süße, sagte er zu Frida. Sie schien wie immer ganz woanders zu sein, in einer Art Wartezimmer zur Welt, ein flauschiger Ort, der mir von Anfang an harmlos erschienen war und der sie immer zum Lächeln brachte.

Ich hingegen fing wie üblich an, ohne Punkt und Komma draufloszuplappern. Seit meiner allerersten Menstruation tue ich das immer: Bis dahin war ich so gut wie stumm gewesen, sagte nur ja, nein, ist gut, danke, doch ab da fing ich an, mein Gegenüber völlig ungewollt, wie mir schien, mit Wörtern niederzubügeln - eine ziemlich clevere Art, sich vor Beziehungen zu drücken und zugleich rüberzukommen, als wäre man für Vertraulichkeiten total offen, behauptete Dottoressa Della Penna.

Von Wörtern redete ich auch jetzt: von denen, über die meine Tochter stolperte, und denen, die sie noch nicht sagte, die anderen Kinder aber schon.

»Also habe ich um ein Treffen mit den Erzieherinnen der Krippe gebeten, und die haben mich beruhigt und mir versichert, Frida zeige keinerlei besorgniserregende Auffälligkeiten, sie isst, interagiert, spielt, deren Meinung nach versteht sie alles und ist wohl nur ein bisschen faul, aber dann hat eine der Erzieherinnen angemerkt, die Vaterfigur würde zweifellos zur Sprachentwicklung beitragen, und da, tja, Dottore, hat sich alles in mir zusammengezogen. Inwiefern?, habe ich sie gefragt, wollen Sie damit sagen, meine Tochter sei kognitiv zurückgeblieben, weil sie nur mit ihrer Mutter aufwächst? Um Himmels willen, das wollte ich damit nicht sagen, ist sie hastig zurückgerudert. Was wollten Sie dann sagen?, habe ich nachgebohrt. Glauben Sie mir, ich war kein bisschen beleidigt, ich wollte das nur verstehen, denn wissen Sie, Frida hat nun einmal keinen Vater, sie gehört mir, mir allein.«

Er unterbrach mich und legte mit den üblichen Fragen los, an die ich mich im Laufe zweier Jahre gewöhnt hatte.

»Ja, in Spanien.«

»Am Institut Bernabeu in Alicante.«

»Künstliche Befruchtung.«

»Ich kenne den Arzt nicht persönlich.«

»Beim ersten Versuch. Ich weiß nicht, ob ich sonst den Mut gehabt hätte, es noch einmal zu versuchen, das war alles andere als eine rationale Entscheidung.«

»Aber das ist eine andere Geschichte.«

»Am fünfundzwanzigsten November zweitausendsechzehn.«

»Wir leben allein.«

»Kein Kindermädchen.«

»Viele Freunde.«

»Hin und wieder kommen meine Eltern aus ihrem Dorf herauf und gehen mir zur Hand.«

»Ich habe sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt bei der Krippe angemeldet, da war sie zehn Monate alt.«

Er fragte, ich antwortete, er senkte nie den Blick, ich ebenso wenig, Frida spielte mit meinem Schlüsselbund.

»Fühlen Sie sich sehr allein?«

»Nicht wirklich. Es ist, als wäre ich allein, aber zu zweit.«

»Eltern zu werden ist eine Frage der Anpassung ⦫

»Stimmt.«

»Das ist von Bettelheim. Er war der Ansicht, dass viele Ehen scheitern liege daran, dass die Menschen im Kindesalter nicht gelernt hätten, sich den Eltern anzupassen, weil die sich nicht an sie angepasst hätten.«

»Und was...
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Autor

Chiara Gamberale, geboren 1977 in Rom, veröffentlicht, seit sie 22 ist, erfolgreich Romane. Sie sagt von sich, sie habe alle Formen der Analyse erprobt und auch vor Hypnose nicht haltgemacht, um die Tiefe der menschlichen Reaktionen und Empfindungen zu ergründen. Sie moderiert Fernseh- und Radiosendungen und leitet das Literaturfestival Procida Racconta auf der gleichnamigen italienischen Insel.