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Mord am Lago Maggiore

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
384 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am25.04.2024
Der traumhafte Lago Maggiore als Kulisse für ein perfides Verbrechen: Eigentlich dürfte an einem idyllischen Ort wie Ascona gar kein Mord geschehen, und doch liegt Herbert Kummer vergiftet in seiner luxuriösen Villa. Tabea, die Schwiegertochter des Opfers, will nicht untätig bleiben und stürzt sich in heimliche Ermittlungen. Dabei deckt sie ein Geheimnis nach dem anderen über ihren Schwiegervater auf - und weckt nicht nur den Unmut der ermittelnden Kommissarin, sondern auch den des Mörders.

Alexandra Holenstein, im Südwesten Deutschlands geboren, lebt seit mehr als vier Jahrzehnten im Tessin, nahe dem Lago Maggiore. Nach einem erfüllten Berufsleben als Deutschlehrerin hat sie sich dem Schreiben von Romanen zugewandt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDer traumhafte Lago Maggiore als Kulisse für ein perfides Verbrechen: Eigentlich dürfte an einem idyllischen Ort wie Ascona gar kein Mord geschehen, und doch liegt Herbert Kummer vergiftet in seiner luxuriösen Villa. Tabea, die Schwiegertochter des Opfers, will nicht untätig bleiben und stürzt sich in heimliche Ermittlungen. Dabei deckt sie ein Geheimnis nach dem anderen über ihren Schwiegervater auf - und weckt nicht nur den Unmut der ermittelnden Kommissarin, sondern auch den des Mörders.

Alexandra Holenstein, im Südwesten Deutschlands geboren, lebt seit mehr als vier Jahrzehnten im Tessin, nahe dem Lago Maggiore. Nach einem erfüllten Berufsleben als Deutschlehrerin hat sie sich dem Schreiben von Romanen zugewandt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987071577
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum25.04.2024
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3677 Kbytes
Artikel-Nr.14507466
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3

Tabea

Ascona - im Mai

»Du hast zwischen den Tomatensetzlingen zu wenig Abstand gelassen.« Herbert, den ich nicht hatte kommen sehen, stand neben dem Beet. Mit seiner stattlichen Größe erschien er mir aus meiner kauernden Perspektive wie das personifizierte Jüngste Gericht. »Das wird so nichts«, dröhnte das Sprachrohr Gottes.

Ich konnte mich nicht erinnern, Herbert je bei irgendeiner Gartenarbeit gesehen zu haben. Dafür war nämlich seit Langem Giuseppe zuständig, der mir auch das Stück Rasen nahe der unteren Grundstücksgrenze im Halbschatten der Kamelien zu einem Beet von sechs Metern Länge und vier Metern Breite umgestochen hatte. Nicht das geeignetste Stück Land - da gab es in Herberts Garten Besseres -, aber nun mal das, was mir der Hausherr zugestanden hatte.

»Welchen Abstand hast du denn bei deiner letzten Tomatenpflanzung gehalten?«, fragte ich mit unschuldiger Miene, in deren Genuss Herbert allerdings nicht kommen konnte, da ich mein Augenmerk erneut auf mein vollbrachtes Werk und auf das nächste Pflänzchen gerichtet hatte, das in exakt dem gleichen Abstand wie die anderen vier gesetzt werden sollte.

»Und was kommt da noch alles rein?« Herbert war ein versierter Nichtantworter, wenn es ihm in den Kram passte. Intensives Hecheln zeugte davon, dass auch Bruno, sein gut genährter Basset, der Inspektion beiwohnte.

»Vieles«, teilte ich der dunklen Erde und dem frisch geschaufelten Pflanzloch mit.

Vor drei Wochen hatten wir unsere neue Wohnung im Untergeschoss der Villa Felicità bezogen. Drei Wochen, in denen mir erste Häppchen von Herberts Willkommenskultur serviert worden waren.

»Ich habe Giuseppe gekündigt.« Auch im fließenden Themenwechsel war Herbert geübt.

»Wieso das denn?« Es war höchste Zeit, mich aus meiner kauernden Position zu erheben. Dafür gab es drei Gründe. Der erste: Herbert sollte nicht länger zu mir herabschauen dürfen. Der zweite: Meine Knie taten mir weh. Der dritte: Warum zum Teufel hatte mein Schwiegervater seinem seit so vielen Jahren zuverlässig und vermutlich unterbezahlt bei ihm arbeitenden Gärtner gekündigt?

»Warum?«, wiederholte ich, strich meine erdigen Hände an den hinteren Taschen meiner für die Temperatur viel zu warmen Jeans ab und sah Herbert an. Leider immer noch mit Unten-oben-Gefälle, denn ich reichte ihm nur bis zu den Schultern.

»Setzen wir uns irgendwo hin. Dann erzähle ich es dir«, sagte Herbert. »Wir müssen hier nicht in der prallen Sonne Wurzeln schlagen.« Er war es, der bestimmte. Ich mochte seine Imperative nicht, aber meine Neugier siegte.

Wir erklommen die Anhöhe zu dem Teil des Anwesens, den Herberts Eltern in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts als eine Art Lustgarten gestaltet hatten. Vorbei an einer verwitterten Nackten, die inmitten eines Teiches unaufhörlich Wasser aus einer ihren Schoß sittsam bedeckenden Amphore fließen ließ. Vorbei an tanzenden Engeln, über deren Häupter sich moosiges Grün zog, und vorbei an einem Pavillon mit Sitzbank für zwei, auf der ich mich mit Herbert nur unter Androhung der Todesstrafe niedergelassen hätte.

Auch Herbert schien dies nicht der geeignete Ort für ein Tête-à-Tête mit seiner Schwiegertochter. Mit dem keuchenden Bruno als Nachhut steuerte er eine im Schatten von dichtem Magnolienblattwerk stehende Holzbank an.

»Die müssten wir mal abschleifen und neu streichen«, informierte er mich, bevor er sich auf der Bank mit der abblätternden roten Farbe niederließ und mir mit einer Kopfdrehung zu verstehen gab, es ihm nachzutun.

Wie folgsame Adjutanten nahmen Bruno und ich zeitgleich Platz. Ersterer mit einem Plumps zu Herrchens Füßen, Letztere an Herberts Seite.

Wer war »wir«? Das Abschleifen von Bänken gehörte nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. »Also, du wolltest mir erzählen, warum du Giuseppe entlassen hast.« Mich bei Herbert meiner Lehrerinnenstimme zu bedienen hatte sich bewährt. Schließlich saß ich nicht zu meinem Privatvergnügen neben ihm. Auch wenn ich zugeben musste, dass die Bank vortrefflich platziert war. Es war ein Ort, den ich mir für meine kleinen Rückzüge merken wollte. Wie auf einer Theaterbühne mit seitlich gerafften Vorhängen zeigte sich zwischen zwei hochgewachsenen Kampferbäumen nichts Geringeres als der Lago Maggiore. Ein Seidentuch in changierendem Blau, umrandet von den mit allen möglichen Grüntönen prahlenden Ufern der gegenüberliegenden Seeseite und den Bergen des Gambarogno.

Dem Mann neben mir schien das sich vor ihm ausbreitende Panorama keine Regung zu entlocken. Aber im Grunde fiel mir sowieso nichts ein, was Herbert zu nennenswerten Gefühlsäußerungen bewog. Vom liebevollen Ziehen an Brunos fünfzig Zentimeter langen Hängeohren, dem Kraulen seiner fettunterlegten Halskrause und dem kaum hörbaren »Braver Bruno« mal abgesehen.

»Ich habe mir gedacht«, Herbert räusperte sich, »dass es Giuseppe auf seine alten Tage verdient hat, ein bisschen kürzerzutreten und nicht mehr alle drei Tage aus Italien hierherfahren zu müssen. Wir sind jetzt zu dritt, gesund und kräftig, und können die Gartenarbeit selbst in die Hand nehmen. Du hast ja schon gezeigt, wie dir das Grünzeug im Blut liegt.« Herbert wies auf das erdige Feld unterhalb unseres Sitzplatzes, wo ich gemäß seinen Kommentaren noch vor wenigen Minuten meinen Dilettantismus zur Schau gestellt hatte. Grünzeug mochte ich, aber im Blut lag mir nichts dergleichen.

»Giuseppe ist jünger als du.« Der Hinweis schien mir angebracht. »Hat er denn gesundheitliche Probleme?«

»Nicht dass ich wüsste, aber so weit muss es gar nicht erst kommen. Lassen wir ihn in seinem Häuschen in Cannobio in Ruhe seinen Lebensabend genießen. Meinst du nicht auch, Bruno?« Herbert strich dem Basset über den weißen Fellstreifen zwischen den Ohren. Der nach seiner Meinung Gefragte brummte und rollte sich zur Seite.

Auch ich hätte das Gespräch mit meinem Schwiegervater gern beendet. Ohne Brummen und Rollen, dafür mit Aufstehen und Verschwinden.

Still für mich fasste ich zusammen: Ludwig und ich sollten die neuen Gärtner in der Villa Felicità werden. Das von Herbert eingestreute »Wir« war reines Blendwerk. Keine Sekunde lang bezog er sich selbst in die eben ernannte Arbeitstruppe ein. Und Giuseppes glückliches Rentnerdasein im italienischen Cannobio lag ihm so wenig am Herzen wie die Zürcher Lehrtätigkeit seiner Schwiegertochter und deren noch bis Juli dauernde Tage der Abwesenheit. Nicht ein einziges Mal hatte er sich danach erkundigt.

»Was sagt Giuseppe dazu?«

»Was soll er schon sagen? Er versteht natürlich, dass es hier nicht vier Leute braucht, die an Büschen und Bäumen rumschnipseln. Ist ja auch nicht sofort. Ab und zu wird er schon noch kommen. Fürs Grobe. Auf, auf, Bruno!«

Herbert hatte gesprochen. Fürs Grobe. Mit ausholenden Schritten marschierte er davon, die Füße immer auf den Granitplatten, nie dazwischen oder daneben. Nur Bruno, der hinter ihm hertrottete, durfte die trittgenaue Gehordnung missachten.

Jetzt, da ich allein war, wollte ich noch ein wenig sitzen bleiben.

Nicht weit von mir, nahe dem nachbarlichen Grundstück, sah ich Giuseppe auf einer Klappleiter stehen. Rabiat, als habe er es mit einem niederzuzwingenden Eindringling zu tun, zerrte er an ein paar Brombeerruten, die sich erlaubt hatten, frech aus der Kirschlorbeerhecke herauszuragen. Aus einer Regung heraus winkte ich ihm zu. Obwohl es mir schien, als habe er zu mir hingeschaut, winkte er nicht zurück. Kurz darauf schob er seinen Strohhut zurecht, stieg von der Leiter und ging leicht hinkend davon.

Ich dachte an meine Tomatenpflanzen unten am Rand des Beetes. Sie mussten aus ihren Torftöpfchen befreit, in die Erde gesetzt und angegossen werden.

***

»Zu mir hat er nichts davon gesagt. Was denkt er sich dabei? Wir sind nicht seine Lakaien.« Ludwig kippte den im Glas verbliebenen Limoncino, selbst gebrautes Einzugsgeschenk von Herberts Haushaltshilfe Matilda, in einem Zug hinunter.

»Das wundert mich nicht. Herberts Art zu kommunizieren ist gewöhnungsbedürftig.« Eine himmelschreiende Beschönigung. Das war das Wohltuende in einer Beziehung. Ärgerte sich der eine, konnte sich die andere entspannen. Und umgekehrt.

Just in diesem Moment nahm mir Ludwig den Part der Empörung ab. Alles an ihm verströmte Unmut, von der in Falten gelegten Stirn bis zu den zusammengepressten Lippen. Nachdem ich ihm vom gekündigten Giuseppe und Herberts Ansinnen erzählt hatte, uns ersatzweise als Gärtner einzuspannen, war seine Stimmung von beschwingt zu not amused gekippt.

Vor einigen Stunden war er munter pfeifend von seinem ersten wirklich lukrativen Auftrag bei einem gut betuchten Kunden heimgekommen. Frau Zimmerli hatte Ludwig aufgrund einer Empfehlung kontaktiert. Das Ehepaar Zimmerli wollte das neu gestaltete Interieur seiner Villa im nahen Ronco nämlich auch dem weiter gestreuten Freundes- und Bekanntenkreis sichtbar machen. Schließlich musste sich die nicht geringe Investition lohnen. Was hatten sie davon, wenn außer ihnen kaum jemand sah, was sie sich leisten konnten?

Einen ganzen Tag lang hatte Ludwig Raum für Raum, Möbelstück für Möbelstück und die am Pool posierende Hausherrin fotografiert. Wir hatten uns über einem Teller Spaghetti all´Arrabbiata gefragt, wer wohl alles der Folter unterzogen würde, die komplette Bildersammlung nicht nur anschauen, sondern auch noch mit vielen Ahs und Ohs bestaunen zu müssen. Unser Mitgefühl hielt sich in Grenzen. Was zählte, war Ludwigs Einstieg ins lokale Geschäft. Schon mehrmals waren wir seit unserem Umzug nach Ascona auf unserem Terrassenplatz (ohne direkte Aussicht auf den...
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