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Verbrechen nebenan. Mord am Hellweg XI

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Grafit Verlagerschienen am22.08.2024
Bereits zum elften Mal versammelt »Mord am Hellweg«, Europas größtes Krimifestival, die Crème de la Crime der deutschsprachigen Krimiliteratur. Dieses Mal kommen die bekannten Krimistars dem »Verbrechen nebenan« auf die Spur. Was gibt es Schlimmeres, als wenn sich der nette Nachbar von gegenüber als grausamer Mörder entpuppt? Von blutig bis lustig - alles ist dabei! Mit Storys von: Christiane Dieckerhoff (Ahlen), Romy Fölck (Bad Sassendorf), Jan Beck (Bergkamen), Margarete von Schwarzkopf (Bönen), Anna Schneider (Dortmund), Eva Almstädt (Erwitte), Isabella Archan (Fröndenberg/Ruhr), Max Bentow (Gelsenkirchen), Frank Goldammer (Hagen), Zoë Beck (Hamm), Thomas Raab (Holzwickede), Herbert Dutzler (Iserlohn), Erwin Kohl (Kamen), Peter Godazgar (Lünen), Arno Strobel (Schwerte), Christiane Franke & Cornelia Kuhnert (Kreis Unna), Andreas Gruber (Kreisstadt Unna), Tatjana Kruse (Nicolaiviertel Unna), Ellen Dunne (Witten), Marc Raabe (Waltrop)mehr

Produkt

KlappentextBereits zum elften Mal versammelt »Mord am Hellweg«, Europas größtes Krimifestival, die Crème de la Crime der deutschsprachigen Krimiliteratur. Dieses Mal kommen die bekannten Krimistars dem »Verbrechen nebenan« auf die Spur. Was gibt es Schlimmeres, als wenn sich der nette Nachbar von gegenüber als grausamer Mörder entpuppt? Von blutig bis lustig - alles ist dabei! Mit Storys von: Christiane Dieckerhoff (Ahlen), Romy Fölck (Bad Sassendorf), Jan Beck (Bergkamen), Margarete von Schwarzkopf (Bönen), Anna Schneider (Dortmund), Eva Almstädt (Erwitte), Isabella Archan (Fröndenberg/Ruhr), Max Bentow (Gelsenkirchen), Frank Goldammer (Hagen), Zoë Beck (Hamm), Thomas Raab (Holzwickede), Herbert Dutzler (Iserlohn), Erwin Kohl (Kamen), Peter Godazgar (Lünen), Arno Strobel (Schwerte), Christiane Franke & Cornelia Kuhnert (Kreis Unna), Andreas Gruber (Kreisstadt Unna), Tatjana Kruse (Nicolaiviertel Unna), Ellen Dunne (Witten), Marc Raabe (Waltrop)
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987080203
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum22.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1367 Kbytes
Artikel-Nr.14920918
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Herbert Dutzler

Nicht schuldig in Iserlohn

»Senfsuppe?«

»Ja, Senfsuppe! Er verlangte, dass ich ihm original Iserlohner Senfsuppe koche, Frau Kommissarin. Und da ...«

»Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie Ihren Ehemann gespickt haben wie einen Hasenbraten, nur weil er von Ihnen verlangt hat, Senfsuppe zu kochen?«

»Na, das war es, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich koche ja gerne, nicht wahr? Meine Mutter ist Türkin, sie kam 1962 mit meinem Papa hier an, ganz am Anfang, sie waren unter den Ersten. Und ich koche Ihnen alles, was Sie wollen. Lieber türkisch, Imam bayildi, zum Beispiel. Auberginen, Reis, Pide, Gözleme, Huhn, aber keine Senfsuppe!«

»Frau Wellin, das ist kein Motiv für einen Mord. Das müssten Sie mir schon näher erklären.«

»Also, ich kann gerne ein wenig ausholen, nicht? Sie sehen ja selbst, wie es bei uns aussieht. Jeder Winkel vollgestopft mit Kram. Ich habe nur zwei Schubladen für meine Sachen, eine für die Unterwäsche, eine für Jeans und T-Shirts. Und meine warme Jacke draußen im Flur am Haken. Alles andere hatte er vollgeräumt über die Jahre ... Entschuldigen Sie!«

»Hier, ich hab ein Taschentuch für Sie. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«

»Also, wie ich ihn kennengelernt habe, da war das noch erträglich. Ein Sammler eben, hab ich gedacht. Ist ja irgendwie niedlich, wenn jemand so ein harmloses Hobby hat. Biergläser waren es zuerst und Bierdosen. Leere. Aus aller Herren Länder. England, Amerika, Japan. Er hat nicht mal getrunken, bloß gesammelt. Wir haben uns im Iserlohner Rathaus zum ersten Mal getroffen, in dem, was bald abgerissen wird. Er war Verwaltungsangestellter, ich in der Stadtbibliothek. Er war charmant und gut aussehend, ich habe mich geschmeichelt gefühlt, als er mich fragte, ob ich wohl einmal ins Kino gehen würde mit ihm. Und damals war er zurückhaltend, nicht fordernd, wie Männer es oft sind. Heute denke ich mir, er hat sich da eine Maske übergezogen. Ja, eine Maske.«

»Erzählen Sie weiter.«

»Ja, ich habe mich halt in ihn verliebt, nicht? Und als ich das erste Mal in seiner Wohnung war, hab ich mich schon ein wenig gewundert, dass seine Sammlungen so viel Platz eingenommen haben. Aber nur gewundert, nicht geärgert. Wir haben dann ... also, eine Beziehung ist entstanden. Ich bin bei ihm eingezogen, nach einem halben Jahr etwa, wir haben geheiratet, zwei Kinder gekriegt, alles ganz normal so weit. Es war, zu Beginn zumindest, sogar harmonisch.«

»Haben Sie ihn geliebt?«

»Ja, wirklich. Ob er ... man kann in Menschen nicht hineinschauen. Allerdings, wenn das Gespräch auf seine Sammlungen kam ... Also, als ich gemeint habe, die Kinder brauchen mehr Platz und auch die Sachen für die Kinder, Spielzeug und so, da hat er dichtgemacht. Wenn ich vorgeschlagen habe, dass er vielleicht seine Bierdosen einpackt in Kartons und meinetwegen bei seinen Eltern im Keller einstellt. Oder bei meinen, die hätten Platz gehabt. Da saß er da, krampfte die Fäuste zusammen und sagte kein Wort. Manchmal ist er einfach davongelaufen und erst spät nachts zurückgekehrt.«

»Man konnte also nicht mit ihm reden über diese Sammelleidenschaft?«

»Nein, konnte man nicht. Er hat nicht getobt, nicht geschrien, sich nicht verteidigt, er hat nur gekrampft und geschwiegen. Und dann ist es weitergegangen, da hat er die Tropfsteine entdeckt. Und die Fossilien. Und alles, was mit Höhlen zu tun hat. Ich hab mir da selber die Schuld gegeben, weil wir mit den Kindern einen Ausflug zur Dechenhöhle unternommen haben. Das war schon die Zeit, wo es eBay gab. Und das wurde natürlich kostspielig.«

»So?«

»Ja. Aus jeder Höhle in Deutschland wurden Tropfsteine gekauft, später hat er seine Sammelleidenschaft auf Europa ausgedehnt, schließlich auf die ganze Welt. Am Ende musste zu den Höhlen gereist werden, da fuhr er allein, und er hat Tropfsteine mitgebracht. Behauptet hat er, dass er sie gekauft hat, aber ich glaube, er hat manchmal einfach welche abgebrochen.«

»Abgebrochen?«

»Ja. Einmal wurde er in Slowenien festgenommen wegen so einem Vorfall. Er hat wohl einen Tropfstein aus einer Höhle schmuggeln wollen, und man hat es bemerkt. Da hat er dann ... also, mir hat er es ja nie gestanden, doch er verspätete sich, hatte keine Erklärung dafür, und einen Tag danach war es in der Zeitung. Das konnte nur er gewesen sein!«

»Frau Wellin, jetzt beruhigen Sie sich erst mal. Sie brauchen sich darüber nicht so aufzuregen, dass Sie keine Luft mehr kriegen, es ist ja ...«

»Ja, vorbei! Sie sagen es! Und ich bin froh darüber! Sie können sich ja ausmalen, dass die Tropfsteine noch mehr Platz benötigt haben. Da drüben waren sie drin. Ich hab alle gleich aus dem Fenster geworfen, nachdem ich ihn ... also, nachdem er weg war.«

»Das wissen wir. Das hat ja genug Aufsehen verursacht, und wir sind relativ schnell auf Sie gestoßen. Stellen Sie sich vor, was da hätte passieren können! Wenn man ... Wie haben Sie es überhaupt geschafft, diesen dreißig Kilo schweren Stalaktiten aus dem Fenster ...?«

»Ich weiß es nicht mehr, Frau Kommissarin. Da war diese unglaubliche Wut in mir, dieser Zorn ...«

»Hier liegt ja noch so einiges ...«

»Ja sicher. Ich konnte nicht alles aus dem Fenster werfen, bevor sie auftauchten. Also, die Streifenpolizisten, nicht, die waren ja als Erste vor Ort. Ich war wie von Sinnen und auch froh, dass sie da waren und auf mich aufgepasst haben. Also, wie gesagt, zuerst waren es die Tropfsteine. Darüber ist er auf die Fossilien gestoßen, und das ist noch ein viel weiteres Feld.«

»Wann war das?«

»Das war so ungefähr, als die Kinder ausgezogen sind. Kurz nacheinander, unser Sohn hat zu arbeiten begonnen, unsere Tochter ging an die Uni. Sie haben sich nur noch selten zu Hause blicken lassen. Und kaum waren sie weg, hat er sein Zeug in ihren Zimmern gelagert. Da kam natürlich auch noch die Literatur dazu.«

»Literatur?«

»Er hat sich jedes nur denkbare Buch über Tropfsteine und Fossilien besorgt. Und nicht nur das, dazu Magazine, Zeitschriften, Zeitungen. Das Schlafzimmer, das müssen Sie sich einmal ansehen. Das ist vollgestapelt mit dem Iserlohner Kreisanzeiger. Ganze Jahrgänge davon, er hat keine einzige Ausgabe weggeworfen. Und als sich unsere Tochter einmal erlaubt hat, die Gräten vom Fisch in ein Zeitungsblatt zu wickeln, ist er durchgedreht. Das war das erste Mal, wo er so herumgeschrien hat, dass ich Angst hatte, die Nachbarn würden die Polizei rufen. Wegen einer einzigen Zeitungsseite! Da werden Sie verstehen, dass unsere Tochter seitdem die Wochenenden in ihrem Studentenzimmer verbracht hat.«

»Hm.«

»Und gleichzeitig hat er seine Arbeit aufgegeben. Er behauptete, er braucht seine Zeit für die Forschung. Die Forschung! Dass ich nicht lache! Er - ein Forscher! Ein Zwangsneurotiker, das ja, aber nie im Leben ein Forscher!«

»Vielleicht ... Ich sehe zahlreiche Bücher über regionale und lokale Geschichte.«

»Von den Tropfsteinen und Fossilien ging es weiter zur Geschichte. Vor allem zur Geschichte von Iserlohn und unserer Gegend. Ich musste alles allein stemmen, das glauben Sie nicht! Ich habe weiter brav in der Bibliothek gearbeitet, ich habe ja Bibliothekswissenschaften studiert. Das war die Zeit, wo meine Kolleginnen mir schon zugeredet haben, ihn zu verlassen. Weil sie gewusst haben, wie es um uns steht. Dass er keine Arbeit hat und so. Und er lief ihnen ja ständig über den Weg, ob in der Bibliothek, im Stadtmuseum oder im Stadtarchiv. Ungepflegt, verwahrlost fast. Er ist nicht mehr zum Friseur und hat sich einen Rauschebart wachsen lassen. Meine Mama, als Türkin, das müssen Sie verstehen, die ist ja ganz für die Familie und total gegen Scheidung, sogar sie meinte mal, das ist kein Leben mehr für ihre Tochter und sie kennt da einen netten Türken, einen Polizisten, der sucht eine Frau. Meine Mutter!«

»Haben Sie selbst an Trennung gedacht?«

»Ehrlich gesagt, erst wie das mit den Nadeln anfing. Und mit dem Draht. Sie können es nicht wissen, Frau Kommissarin, Sie kommen ja ... woher kommen Sie eigentlich?«

»Aus Bayern.«

»Ja, man hört es. Also, Sie werden das wohl nicht wissen, mit dieser Draht- und Nadelindustrie bei uns. Dann werden Sie das nicht verstehen. In dieser Stadt, da drehte sich alles um Draht, um Nadeln, Ketten, Angelhaken und so weiter. Vor dem Stadtmuseum, da steht sogar ein Denkmal mit ein paar Gliedern einer Ankerkette von einem Supertanker, die in Iserlohn gefertigt wurde. Und im Londoner Tower, da hing mal ein Kettenhemd aus lauter kleinen Eisenringen, die aus Iserlohn stammten.«

»Können wir wieder zur Sache ...?«

»Ach ja, sicher. Das war also das nächste Sammelgebiet. Nadeln, Ketten, Angelhaken. Soll ich Ihnen zeigen ...? Ist alles im Flur. Wo andere Leute Handschuhe, Mützen und Hüte aufbewahren, da ist alles voller Nadeln, Kettenglieder und Angelhaken. Tausende verschiedene. Kürschnernadeln, Polsterernadeln, Grammofonnadeln. Können Sie alles auf eBay kaufen. Und das hat er auch getan. Da fehlten nur die historischen Nadeln, die alten, die man hier früher hergestellt hat. Und er ist so weit gegangen, sie sich bei einem Einbruch ins Stadtmuseum zu verschaffen.«

»Sie meinen also, dieser Einbruch vor zwei Jahren, da sind tatsächlich Nadeln gestohlen worden, Briefchen, in die man Nadeln verschiedener Größen gesteckt hatte. Für die Handelsreisenden, die sie in ganz Europa ...«

»Genau die. Wissen Sie übrigens, dass diese Nadelbriefchen von Kindern in Heimarbeit angefertigt wurden, im 19. Jahrhundert? Schrecklich! Die hat...
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Autor

Als Autorin und Lektorin kennt Nadine Buranaseda beide Seiten des Schreibtischs, namhafte Verlage vertrauen ebenso auf ihre Expertise wie DebütantInnen und bekannte AutorInnen.Sigrun Krauß leitet das Kulturbüro der Kreisstadt Unna und hat zusammen mit Herbert Knorr 2002 die Biennale 'Mord am Hellweg' ins Leben gerufen.Heiner Remmert ist Literaturwissenschaftler und Nachfolger von Herbert Knorr sowohl in der Festivalleitung des größten europäischen Krimifestivals als auch als Leiter des Westfälischen Literaturbüros in Unna e. V.