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Tod im Strandhaus

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Emons Verlagerschienen am23.05.2024
Außergewöhnliche Typen und schwarzer Humor - spannendes Lesevergnügen zwischen Meer und Dünen. Ein Toter am Strand des Heiligenhafener Graswarders gibt Kommissar Heimdahl Rätsel auf. Der Mann gehörte zu einer Fastenwandergruppe, die in der Strandvilla nebenan wohnt. Heimdahl überredet seinen Freund Paul Lupin, sich der Gruppe anzuschließen und für ihn nach Hinweisen zu suchen. Die Spur führt Paul bis in die siebziger Jahre und zu einem legendären Hippiefestival, bei dem auch sein Vater auf der Bühne stand. Doch bevor Vater und Sohn Lupin erste Schlüsse ziehen können, schlägt der Täter erneut zu ...

Petra Tessendorf stammt aus Wuppertal und hat dort viele Jahre als Journalistin für lokale Medien gearbeitet, bevor ihr erster Roman erschien. Die acht Jahre, die sie in Ostholstein lebte, schenkten ihr tiefe Einblicke in Land und Leute an der Küste, die sie in ihren Geschichten verarbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, wo sie als Autorin, Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben tätig ist. www.petratessendorf.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextAußergewöhnliche Typen und schwarzer Humor - spannendes Lesevergnügen zwischen Meer und Dünen. Ein Toter am Strand des Heiligenhafener Graswarders gibt Kommissar Heimdahl Rätsel auf. Der Mann gehörte zu einer Fastenwandergruppe, die in der Strandvilla nebenan wohnt. Heimdahl überredet seinen Freund Paul Lupin, sich der Gruppe anzuschließen und für ihn nach Hinweisen zu suchen. Die Spur führt Paul bis in die siebziger Jahre und zu einem legendären Hippiefestival, bei dem auch sein Vater auf der Bühne stand. Doch bevor Vater und Sohn Lupin erste Schlüsse ziehen können, schlägt der Täter erneut zu ...

Petra Tessendorf stammt aus Wuppertal und hat dort viele Jahre als Journalistin für lokale Medien gearbeitet, bevor ihr erster Roman erschien. Die acht Jahre, die sie in Ostholstein lebte, schenkten ihr tiefe Einblicke in Land und Leute an der Küste, die sie in ihren Geschichten verarbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, wo sie als Autorin, Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben tätig ist. www.petratessendorf.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987071713
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum23.05.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse3421 Kbytes
Artikel-Nr.14973262
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


EINS

Freitag, 7. Oktober

Die sechs Leute am Strand standen im Kreis und vollführten mit dem Oberkörper langsame Drehungen, wobei sie die Arme weit ausstreckten, als wollten sie einen riesigen Ball einfangen. Paul drückte den Stempel des Kaffeebereiters hinunter. Sein Blick löste sich von den Leuten am Strand und fuhr den fernen Horizont entlang, da, wo das Meer in den Himmel überging. Ein leichter Seegang zeichnete Schaumkronen in die blaue See.

Alles war so friedlich und ruhig, doch die Wettervorhersagen waren weniger malerisch. Ein Sturmtief tanzte über dem Nordatlantik, von dem noch nicht genau gesagt werden konnte, wo es auf das Festland treffen würde. Sollte es sich weiter Richtung Schleswig-Holstein bewegen, dann wäre es in vier bis fünf Tagen hier. Also hatten sie noch Zeit, das Haus entsprechend zu sichern.

Paul goss sich den Kaffee ein, dabei ließ er langsam den Kopf kreisen, um die Verspannungen zu lösen, während die Leute draußen gerade das Bein anhoben und dann ausstreckten. Wie in Zeitlupe, dachte Paul, als bewegten sie sich nicht am Strand des Graswarders, sondern in der Schwerelosigkeit des Mondes. Während er einen Schluck trank, sah er der Gruppe weiter zu. Er fragte sich, was die drei Frauen und die drei Männer verband. Erst jetzt bemerkte Paul noch einen anderen Mann, der links weiter oberhalb des Strandes saß und den Leuten zusah, genau wie Paul von seinem Fenster aus. Er glaubte, den Mann zu kennen - war er nicht der Verwalter einer der benachbarten Strandvillen?

Eine der Frauen, eine feingliedrige, hochgewachsene Frau mit rotblonden Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren, leitete die Gruppe an. Jetzt gerade hielt sie inne und schien den anderen etwas zu erklären. Dabei führte sie eine Abfolge von Bewegungen vor, anmutig und elegant, dass allein das Zuschauen entspannend auf Paul wirkte.

Die anderen hörten aufmerksam zu, während sie sich lockerten und Arme und Beine ausschüttelten. Die Übungen schienen beendet zu sein, denn die Leute schlenderten nun am Strand entlang. Die Frau wandte sich noch einmal kurz um, bevor sie aus Pauls Sichtfeld verschwand. Auch der Mann, der in den Dünen gesessen hatte, erhob sich und ging in einigem Abstand hinter der Gruppe her.

Schattenboxen, dachte Paul. In seiner Straße in Hamburg gab es eine Schule dafür. Bisher hatte er sich allerdings nicht durchringen können. Diese Übungen waren ihm immer zu langsam vorgekommen, er selbst bevorzugte maximales Auspowern, beim Laufen oder auf dem Fahrrad. Und das würde er nachher machen, mit dem Rad den Küstenweg entlangfahren bis nach Havgart, um zu schauen, was Johann so trieb. Da fiel ihm ein, dass er gestern Abend sein Smartphone lautlos gestellt hatte, und ging in den Flur. Schon von Weitem sah er die Meldungen auf dem Display: sieben Nachrichten und fünfundzwanzig eingegangene Anrufe. Er öffnete die erste Nachricht:

Sofort melden, ein Unglück!

Die nächste war auch nicht besser:

Eine Katastrophe, alles ist aus 

Die restlichen Botschaften waren ähnlich apokalyptisch, »Tragödie«, »Schicksal«, aber was genau so tragisch und katastrophal war, ging daraus nicht hervor.

»Was ist jetzt schon wieder los?«, murmelte er, während er die Liste durchging. Nur eine Nachricht, die erste, stammte von Johann, die anderen waren von Ida und Olaf, ihren Kompagnons, mit denen sie den Hirschfänger betrieben. Irgendwas ist mit Johann passiert, schoss es Paul durch den Kopf, und er spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Er wählte Johanns Nummer und ließ es eine Ewigkeit klingeln, ohne dass dieser sich meldete. Dann versuchte er es bei Ida, mit demselben Ergebnis. Olafs Handy war ganz ausgeschaltet.

»Verfluchte Scheiße!« Paul lief aus der Küche, schnappte sich im Vorbeilaufen Jacke und Autoschlüssel und verließ das Haus.

Eigentlich hasste er es, wenn jemand zu schnell den schmalen Graswarderweg entlangfuhr, aber dieses Mal war es ihm egal. Während er links auf den Steinwarder abbog, gingen ihm all die Szenarien durch den Kopf, die ohnehin schon regelmäßig auftauchten, auch wenn er seinem quietschfidelen Vater gegenübersaß und der ihm zum Beispiel einen Vortrag darüber hielt, was man alles beachten musste, damit die Frikadellen beim Anbraten nicht auseinanderfielen. Dann fragte Paul sich, wie lange dieser gute Zustand wohl noch anhalten würde. Wie lange Johann noch allein in seinem kleinen roten Schwedenhäuschen in Havgart würde leben können. Jede Sekunde konnte etwas passieren, ein Schlaganfall, ein Herzinfarkt, ein Sturz, die angelassene Herdplatte, die zuerst die Dunstabzugshaube mitsamt dem Hängeschrank in der Küche ansengte und dann das ganze Haus in einem Flammenmeer zum Einsturz bringen könnte.

Oder aber, das war die andere Variante in Pauls Vorstellungswelt, der schleichende Verfall. Wie lange würde Johann noch seinen scharfen Verstand behalten? Von den Eltern einiger Bekannter wusste er, wie schnell eine Demenz sich fortentwickeln konnte, sodass die Betroffenen innerhalb kürzester Zeit sich nicht mehr selbst versorgen konnten.

Als er endlich die Autobahn erreicht hatte, drückte er das Gaspedal seines alten Porsches durch, währenddessen versuchte er immer wieder, Johann und Ida anzurufen. Bei Heimdahl brauchte er es gar nicht erst zu versuchen, der hätte sich längst gemeldet, wenn irgendetwas passiert wäre, das er mitbekommen hätte.

Paul wurde immer unruhiger, vermutlich waren sie alle in der Notaufnahme im Krankenhaus, um auf die Einschätzung der Ärzte zu warten. Kurz vor Oldenburg überlegte er, ob er direkt in die Klinik fahren oder zumindest dort anrufen sollte. Aber dann dachte er, dass dies Zeitverschwendung wäre. Es konnte ja auch gut sein, dass Johann die Treppe runtergefallen war und mit gebrochener Hüfte unten im Flur lag. Großer Gott, welch ein Leichtsinn, den alten Mann allein in diesem verwinkelten Haus mit der schmalen und steilen Treppe wohnen zu lassen.

Als Paul hinter der Strandstraße, die zum Weißenhäuser Strand führt, von der B202 rechts nach Havgart abbog, wuchs die Nervosität noch mehr. Ihm kamen wieder die Schattenboxer in den Sinn, und er dachte sich, dass diese vielleicht auch in Stresssituationen gelassener reagieren würden, als er das gerade tat.

Als er am Hirschfänger vorbeifuhr, drosselte er kurz das Tempo, dann dachte er sich, dass er später immer noch hineinschauen konnte. Zuerst musste er wissen, was mit Johann war. Er sah sofort, dass Johanns hellgrüner Capri draußen stand, die Schuppentür stand offen. Paul legte eine Vollbremsung hin, sprang aus dem Wagen und lief in den Schuppen, doch von Johann keine Spur. Die Motorhaube des roten Mini stand offen, Werkzeug lag auf dem Boden und auf dem kleinen Montagewagen, den er auch schon einmal in der Küche als Servierwagen benutzte, wenn Gäste da waren.

Paul machte kehrt und lief in Richtung des Hauses. Mehrere Stufen auf einmal nehmend sprang er die Treppe zur vorderen Veranda hoch und war so in Gedanken, dass er die gedehnten Klänge eines alten Bluessongs, virtuos auf der Mundharmonika gespielt, gar nicht wahrnahm. Als er die Tür aufriss, blickte er auf einen Johann, der mitten in der Küche stand, die Mundharmonika an den Lippen, wobei er den Takt mit dem Fuß mitklopfte und seinen Sohn mit den Augen verfolgte, der erst ratlos vor ihm stand, dann langsam den Kopf schüttelte und sich auf die Ofenbank fallen ließ, neben Kater Baptiste, der nur einmal kurz aufsah, um sofort wieder einzudösen.

Johann hatte nun sein Lied beendet, die Mundharmonika in die Brusttasche seines blauen Arbeitsoveralls gesteckt und warf Paul einen neugierigen Blick zu. »Ist dir der Leibhaftige auf den Fersen? Oder das Finanzamt?«

»Mann, Mann, Mann ...« Paul fischte das Smartphone aus der Hosentasche und hielt es seinem Vater entgegen. »Fünfundzwanzig Anrufe und abstruse Hiobsnachrichten! Ich hab gedacht, du liegst halb tot im Krankenhaus oder sonst irgendeine Katastrophe ist eingetreten.«

»Ist es ja auch«, erwiderte Johann seelenruhig. »Wenn nicht unbedingt in gesundheitlicher, so doch in wirtschaftlicher Hinsicht.«

Paul seufzte. Er kannte die Marotte seines Vaters, brenzlige Situationen durch Geschwurbel dieser Art zu verwässern. »Also, was ist passiert?«, fragte er nun betont gelangweilt.

»Der Hirschfänger soll verkauft werden.«

Paul riss die Augen auf. »Was?«

»Der Hirschfänger soll verkauft werden«, wiederholte Johann in demselben Tonfall. »Ida Rossi fand heute Morgen ein Schriftstück im Briefkasten unserer Gaststätte, in dem der Anwalt der Besitzer ebendies verkündet.« Er seufzte einmal auf. »Du kennst Ida, und du kannst dir vorstellen, wie viele Anrufe bei mir eingegangen sind. In der kurzen Zeit, wo ich nur mal schnell einkaufen war, hat sie den Speicherplatz meines Handys vermutlich gänzlich aufgebraucht.«

Paul erhob sich von der Ofenbank und blieb stocksteif stehen. »Verkauft? An wen? Wie konkret ist denn das Ganze?«

»Nun ja, es ist, wie es ist, der Eigentümer hat jemanden gefunden, der eine Summe zahlt, die das irdische Maß außer Kraft setzen soll, oder so ähnlich. So hat Ida es formuliert.«

Paul starrte seinen Vater immer noch an.

»Und selbst wenn du drei Porsche mit dem  H im Kennzeichen hättest, es würde noch nicht einmal für die Tresenplatte reichen«, setzte Johann das düstere Szenario fort.

Die Übernahme des Hirschfängers, dessen Vorbesitzer die alteingesessene Gaststätte aufgrund einer Familientragödie Anfang letzten Jahres aufgegeben hatten, die feierliche Neueröffnung, all das war im Grunde viel zu glatt gelaufen. »Das sind in der Tat beschissene...
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Petra Tessendorf stammt aus Wuppertal und hat dort viele Jahre als Journalistin für lokale Medien gearbeitet, bevor ihr erster Roman erschien. Die acht Jahre, die sie in Ostholstein lebte, schenkten ihr tiefe Einblicke in Land und Leute an der Küste, die sie in ihren Geschichten verarbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, wo sie als Autorin, Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben tätig ist.
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