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Das Geheimnis der Grashüpfer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am29.09.20211. Auflage
Grashüpfer können überallhin springen, aber nicht über ihren eigenen Schatten - das können nur die Menschen Als Maja das Haus ihrer Großeltern in Brandenburg erbt, entdeckt sie eine alte Truhe mit Erinnerungsstücken. Viele davon stammen von der Insel Usedom, und so folgt sie den Spuren, um mehr über die Vergangenheit zu erfahren. Und schon bald möchte Maja die Insel nicht mehr verlassen. Doch was soll mit dem Haus ihrer Großeltern geschehen? Als sie Nelly kennenlernt, die beruflich einen mutigen Schritt wagen möchte, könnte sich für beide Frauen ein neuer Weg eröffnen - auf dem das Glück und die Liebe eine Chance haben. Der vierte Band der ?Inselgärten-Reihe? von Bestseller-Autorin Patricia Koelle - über den Mut, immer wieder über seinen Schatten zu springen Dieses Buch ist ein in sich geschlossener Roman, den man eigenständig lesen kann.

Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. Neu erscheint gerade ihre Glückshafen-Reihe.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextGrashüpfer können überallhin springen, aber nicht über ihren eigenen Schatten - das können nur die Menschen Als Maja das Haus ihrer Großeltern in Brandenburg erbt, entdeckt sie eine alte Truhe mit Erinnerungsstücken. Viele davon stammen von der Insel Usedom, und so folgt sie den Spuren, um mehr über die Vergangenheit zu erfahren. Und schon bald möchte Maja die Insel nicht mehr verlassen. Doch was soll mit dem Haus ihrer Großeltern geschehen? Als sie Nelly kennenlernt, die beruflich einen mutigen Schritt wagen möchte, könnte sich für beide Frauen ein neuer Weg eröffnen - auf dem das Glück und die Liebe eine Chance haben. Der vierte Band der ?Inselgärten-Reihe? von Bestseller-Autorin Patricia Koelle - über den Mut, immer wieder über seinen Schatten zu springen Dieses Buch ist ein in sich geschlossener Roman, den man eigenständig lesen kann.

Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. Neu erscheint gerade ihre Glückshafen-Reihe.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104914244
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum29.09.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2096 Kbytes
Artikel-Nr.5712734
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1 Abschied und Anfang


Vor fünfzig Jahren hatte Maja die Stufen vor der Haustür meist mit einem Satz übersprungen, so leicht schien das Leben und so eilig hatte sie es gehabt hinauszukommen in den Garten, wo der Tag für sie bereit war.

Damals hatte nur dieser eine lange neue Tag Bedeutung gehabt, der sich mit der aufgehenden Sonne aus den Elbwiesen erhob. Kein Gestern. Kein Morgen. Nur das Jetzt. Der geheimnisvolle große Fluss lag für alle unerreichbar hinter dem metallenen Zaun, doch das grüngoldene wispernde Reich des Gartens und der Wiesen mit ihren zahllosen Blüten und Bewohnern wartete immer auf Maja. Deshalb nahm sie die Treppe vor lauter Ungeduld oft mit einem großen Sprung. Wenn sie es übertrieb, kam sie unten zu heftig auf, mit einem Ruck, der in den Knien und Fußgelenken schmerzte und ihren Kopf durchrüttelte. Einmal hatte sie sich dabei sogar in die Zunge gebissen.

»Bist halt kein Grashüpfer, Kind«, hatte Elsie dann mit sanftem Tadel und einem Lächeln gesagt. »Auch wenn der Opa dir das in den Kopf gesetzt hat.« Und dann hatte sie Maja über die Haare gestrichen und halb zu sich selbst gesagt: »Aber ich habe das früher auch so gemacht.«

»Und jetzt nicht mehr, Elsie?«

»Nein. Jetzt nicht mehr.«

Doch Maja hatte einmal durch das Fenster gesehen, wie Elsie es heimlich doch getan hatte. Wahrscheinlich, weil Frühling war und auch Elsie es nicht erwarten konnte, die ersten Pusteblumen zu finden.

 

Mittlerweile aber war Elsie achtundneunzig und sprang schon sehr lange nicht mehr. Und Maja schwang gerade die Sichel, um den überwucherten Weg für Elsies neuen Rollator freizumachen.

Mit der Sichel umzugehen war sie noch gewohnt. Das war nicht der Grund, warum ihr heute ähnlich zumute war wie damals, als wäre sie viel zu unsanft auf dem Boden gelandet und der harte Ruck hätte alle ihre Knochen und ihr Hirn schmerzhaft erschüttert.

Es lag vielmehr daran, dass vorgestern ihr endgültig letzter Arbeitstag gewesen war.

 

Ein halbes Leben lang war sie wie ihre Kolleginnen Tag für Tag mit ihrem kleinen Auto für den ambulanten Pflegedienst durch die Stadt gefahren und hatte sich um betagte Menschen gekümmert. Viele davon betreute sie seit Jahren, hatte mit ihnen gelitten und gelacht, geweint und gescherzt, ihnen Neuigkeiten erzählt, sie gewaschen, frisiert und verbunden, hatte ihnen zugehört und unendlich viel von ihnen gelernt.

Und jetzt war sie Frührentnerin. Mit achtundfünfzig, weil ihr Rücken einfach nicht mehr mitmachte. Maja hatte es so lange wie möglich hinausgeschoben, aber nun ging es nicht mehr. Es reichte noch für den Alltag und dafür, Elsie zu helfen, aber eben nicht mehr für den Dienst. Maja war längst nicht die Einzige unter den Altenpflegerinnen, der es so ging. Es war weder schlimm noch ungewöhnlich, aber sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, war schwer.

»Ich werde mich schon noch daran gewöhnen«, sagte sie zu dem Rotkehlchen, das zwischen den Brennnesseln hervorhüpfte und sie fragend ansah. »Schließlich habe ich ein Riesenglück. Ich habe Sebastian!« Wärme erfüllte sie, als sie an ihren Mann dachte und an die Liebe in seinen Augen, als er ihr gestern nachgewinkt hatte.

»Ich möchte übers Wochenende zu Elsie fahren«, hatte sie zu ihm gesagt. »Ist das in Ordnung für dich?«

Er hatte von seinen Büchern aufgesehen und den Stift aus der Hand gelegt. Er widmete ihr immer seine volle Aufmerksamkeit, auch nach all den Jahren. »Natürlich, mein Engel. Ich weiß doch, dass du jetzt Hummeln im Hintern hast. Fahr nur, es wird dir guttun. Und Elsie auch. Ich hole dich dann am Montag ab.«

»Das wäre wunderbar! Ich freu mich drauf.« Sie hatte ihn geküsst und war voller Dankbarkeit. Weil er da war. Immer. Weil sie sich nach all den Jahrzehnten so gut kannten, dass sie einander nichts mehr erklären mussten.

Sebastian hatte sich wieder in seine Studien vertieft. Er war ein wenig älter als Maja und schon seit zwei Jahren pensioniert. Historiker war er und hatte an der Uni gelehrt. Nun schrieb er an einem Buch und war immer noch glücklich und ausgefüllt.

Finanziell hatten sie auch nur selten Sorgen.

Doch anders als Sebastian fühlte Maja sich eben nicht ausgefüllt, schon nach einem Tag nicht mehr. Sie hatte jede Menge Projekte für diese neue Zeit geplant, aber sie war es doch gewohnt, sich nützlich zu machen und gebraucht zu werden! Die Kinder waren schon lange aus dem Haus. Nun war da eine Leere, die ihr Angst machte, auch wenn sie zuversichtlich war, dass sie irgendwie damit fertigwerden würde.

 

Im Augenblick half es, den Brennnesseln zu Leibe zu rücken, die den alten Plattenweg überwucherten. Der Garten war erschreckend verwildert. Sie hatte seit Jahren nie genug Zeit und Kraft dafür übrig gehabt. Das Grundstück war einfach zu weitläufig, und Maja war viel zu selten hier gewesen. Ihre Großmutter war gern unabhängig und immer noch wunderbar allein zurechtgekommen, mit der Hilfe einer Frau aus dem Dorf, die stundenweise ins Haus kam. Nachdem Elsie sich aber nun endlich bereit erklärt hatte, ihren Stock beiseitezustellen und den Rollator zu benutzen, sollte sie damit auch wenigstens diesen einen Weg wieder benutzen können. Zeit hatte Maja nun ja, und die Kraft musste sie sich eben einteilen, auch wenn es ihr seltsam vorkam.

Seltsam, weil sie hier in ihrem alten Paradies innerlich prompt wieder zum Kind wurde, sobald sie es betrat. Irgendein geheimnisvoller Prozess verschluckte die Zeit, die dazwischenlag. Hier war sie nicht älter geworden, egal, was der Spiegel und das Stechen in ihrer Wirbelsäule behaupteten. »Etwas läuft da schief mit dem Altern«, erklärte sie dem Rotkehlchen. »Äußerlich klappt es, aber innen funktioniert es nicht. Sogar Elsie geht das so. Hat sie gesagt.«

»Weißt du, Kind, ich komme mir so albern vor mit dem Stock, und mit dem Rollator erst recht«, hatte ihre Großmutter gerade vorhin mit einem verlegenen Lächeln erklärt. »Ich habe doch genau hier als kleines Mädchen mit meinem Reifen gespielt. Bin Roller gefahren, da auf dem Weg, und hab da hinten bei den Johannisbeeren meinen Puppen Kuchen serviert. Und später hab ich mit Clemens getanzt, bei Mondlicht, auf der Wiese und unten am Fluss. Auch wenn er nicht mehr da ist, ich fühle mich noch ganz genauso. Nur die Beine machen nicht mehr mit.«

»Stell dir halt vor, der Rollator wäre dein Roller«, hatte Maja mit einem Kloß im Hals vorgeschlagen. »Ich mach jetzt den Weg frei, dann wirst du sehen, wie flott du damit bist.«

Elsie hatte gelacht. Ihr Lachen klang auch nicht alt. »Na, dann mach mal, Kind.«

 

Dass Elsie sie aus alter Gewohnheit mitunter immer noch »Kind« nannte, trug wohl dazu bei, dass Maja sich hier selbst immer so jung fühlte, sogar heute, als frischgebackene Frührentnerin. Vielleicht auch, dass Maja nie »Oma« zu ihr gesagt hatte oder »Opa« zu Clemens. Darauf hatten sie sich geeinigt, als Majas Eltern vor so langer Zeit im Elbsandsteingebirge verunglückt waren. Maja war während jenes Urlaubs ihrer Eltern bei Elsie und Clemens gewesen. Und da war sie dann geblieben.

»Aber wenn Mama und Papa nicht mehr da sind, dann kann ich doch auch keinen Opa und keine Oma haben«, hatte Maja gesagt, sechsjährig und verstört, weil alles so falsch und durcheinander war. Ihre eine Welt war zerbrochen. Doch die andere war unerschütterlich. Elsie hatte sie fest in den Arm genommen. »Dann sagst du jetzt einfach Elsie und Clemens«, sagte sie. »Das ist immer noch eine Familie. Maja, Clemens und Elsie.«

 

An ihre Eltern konnte sich Maja nur dunkel erinnern. Ein Lachen, eine Geste, Beine in Strumpfhosen mit einer Laufmasche, der Geruch von Tabak, das Kratzen von Barthaaren beim Gutenachtkuss. An die Wohnung in Cottbus jedoch nicht. Ihr Zuhause war hier in der Prignitz gewesen, im Grunde schon immer. In dem großen alten Haus hinter dem Elbdeich mit den unzähligen Zimmern, den roten Klinkern und den alten Balken unter dem ausladenden Dach, unter das einfach alles passte. Nicht nur all die Mitbringsel aus Clemens´ Seefahrerzeit hatten hier reichlich Platz. Auch Trauer und Glück und Geborgenheit, erzählte Geschichten und Streiche, Kaffeegäste und Freunde und Feste, reiche Ernten und unzählige Haustiere, junge und alte Menschen, Erinnerungen, ein bisschen Strenge, Hoffnungen, Liebe und Träume. Es gab drinnen Stürme und natürlich auch draußen, wenn die Herbstwinde über den Deich fuhren, wie sie es auch jetzt bald wieder tun würden. Dann seufzte das Haus ein wenig, denn es war sogar noch viel älter als Elsie, und ruckelte sich gemütlich zurecht wie eine brütende Henne. Die Balken knackten, die Dielen erzählten von früher, und die Kälte blieb vor der Tür. Das Haus fürchtete sich nie vor dem Winter.

 

Aber ich vielleicht, zum ersten Mal, dachte Maja, während sie wieder die Sichel schwang. So viele lange, dunkle Tage, und das ohne die gewohnte Arbeit.

»Wie das wohl wird?«, fragte sie das Rotkehlchen, das immer noch neben ihr her hüpfte und nach aufgestörten Käfern Ausschau hielt. Auch eine Bachstelze flog heran, saß einen Augenblick mit wippendem Schwanz auf dem Weg, wo Maja die Steine bereits befreit hatte, und verschwand dann über die Wiese. Wohl wegen der Katze, die nun hinter den Sonnenblumen hervorschlich. Sie war dreifarbig. Eine Glückskatze! Maja hatte sie noch nie gesehen, aber es gab viele Katzen in der Gegend, immer wieder andere. Mäuse huschten genug umher, trotz der vielen Greifvögel. Vor allem, seit der Deich rückverlegt worden war und die Elbe wieder die Freiheit besaß, die Auen zu überfluten, gewann hier eine Vielzahl an Lebewesen...
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Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. Neu erscheint gerade ihre Glückshafen-Reihe.