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Lösegeld für einen Hund

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
432 Seiten
Deutsch
Diogenes Verlag AGerschienen am26.02.20201. Auflage
Lisa, der verhätschelte Pudel eines kinderlosen New Yorker Ehepaars, verschwindet. Der Kidnapper fordert nicht nur Lösegeld. Die Hundebesitzer sollen stellvertretend büssen für alle, die ihn zu dem gemacht haben, der er heute ist. Der Routinefall gerät in die Hände eines blutjungen Streifenpolizisten, den die verschiedensten Motive bewegen, sich seiner anzunehmen. Aus einem fast harmlosen Streich erwächst eine beklemmende und gewalttätige Tragödie um Leben, Liebe und Tod.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR21,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextLisa, der verhätschelte Pudel eines kinderlosen New Yorker Ehepaars, verschwindet. Der Kidnapper fordert nicht nur Lösegeld. Die Hundebesitzer sollen stellvertretend büssen für alle, die ihn zu dem gemacht haben, der er heute ist. Der Routinefall gerät in die Hände eines blutjungen Streifenpolizisten, den die verschiedensten Motive bewegen, sich seiner anzunehmen. Aus einem fast harmlosen Streich erwächst eine beklemmende und gewalttätige Tragödie um Leben, Liebe und Tod.

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling ?Zwei Fremde im Zug?, dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257608311
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum26.02.2020
Auflage1. Auflage
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse967 Kbytes
Artikel-Nr.5081965
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Greta zeigte Ed den Brief, sowie er zur Tür hereinkam. »Ich mußte ihn einfach aufmachen, Eddie, ich wußte ja, daß er von diesem ... diesem Unmenschen ist.«

Das Kuvert war wie immer an Mr. Edward Reynolds adressiert. Es war der dritte Brief. Greta hatte ihn deswegen eigens im Büro angerufen, ihm den Brief allerdings nicht am Telefon vorlesen wollen. Er war mit Kugelschreiber in Blockbuchstaben geschrieben und lautete:


Sehr geehrter Herr oder »Gentleman«,

Sie finden sich wohl richtig toll, was? Also ich finde Leute wie Sie einfach mies, und das gilt nicht nur für mich, sondern eine Menge anderer Leute sehen das genauso. Sie denken, Ihnen kann keiner. Weil Sie was Besseres sind, denken Sie. Von wegen der schicken Wohnung und dem geschniegelten Köter. Dabei sind Sie nichts weiter wie ein mieser kleiner Roboter. Ihre Tage sind gezählt. Sie und was »Besseres« - was bilden Sie sich ein?

Ohne Namen (denn Namen sind Schall und Rauch - haha!)


»O mein Gott!« Mit verkrampftem Lächeln hielt Ed seiner Frau Brief und Umschlag hin. Doch da Greta nicht reagierte, legte er beides auf den Stutzflügel links neben sich. Dann endlich bückte er sich nach dem schwarzen Pudel, der schon die ganze Zeit ausgelassen um ihn herumtanzte, und packte ihn bei den Vorderpfoten. »Ja, Lisa, hallo!«

Greta raffte Brief und Kuvert so hastig vom Flügel, als könnte das Instrument davon Schaden nehmen. »Und du meinst nicht, daß wir die Polizei verständigen sollten?«

»Aber nein, Schatz, ich bitte dich. Laß dich doch nicht verrückt machen. Wer solche Briefe schreibt, will sich irgendwie abreagieren, weiter nichts. Der Kerl belästigt uns, sicher, aber er wird uns nichts tun.«

Ed hängte seinen Mantel auf, ging ins Bad und wusch sich die Hände. Und während der Wasserstrahl den Seifenschaum fortspülte, dachte er: Ich wasche mir nicht nur den Subway-Schmutz von den Händen, sondern auch den von diesem verfluchten Brief. Wer war der anonyme Hetzer? Vermutlich jemand aus der Nachbarschaft. Vor zwei Wochen hatte Ed sich bei George, einem der Doormen, erkundigt, ob irgendein Fremder nach ihm gefragt habe oder ob George jemand aufgefallen sei, irgendwer - egal, ob Mann oder Frau - der neuerdings ums Haus herumstrich, aber George hatte beides verneint. Trotzdem hatte er bestimmt auch bei seinen Kollegen nachgefragt. War es am Ende jemand aus seinem Verlag? Unvorstellbar, dachte Ed. Doch man konnte nie wissen, oder? So ein anonymer Schmierfink konfrontierte einen ja gerade nicht frei heraus, gab sich nicht als Widersacher zu erkennen. Andererseits waren diese anonymen Briefe so unbeholfen formuliert, daß Ed sie niemandem bei C. & D. zugetraut hätte, nicht einmal den Männern von der Putzkolonne. Ed ärgerte sich über die Briefe, aber Greta machten sie angst, und um sie nicht noch mehr zu verunsichern, mochte Ed nicht einmal seinem Ärger freien Lauf lassen. Und vielleicht hatte er ja auch selber ein bißchen Angst. Irgend jemand hatte sich ausgerechnet ihn als Adressaten herausgegriffen. Oder war er vielleicht gar nicht der einzige? Gab es in seinem Viertel noch andere, die die gleichen Drohbriefe bekamen wie er?

»Was zu trinken, Schatz? Lisa kann ruhig noch ein bißchen warten«, sagte Greta.

»Also gut. Dann einen Whisky. Einen kleinen.« Manchmal führte er den Hund gleich, wenn er heimkam, aus, manchmal erst nach einem Drink.

Greta ging in die Küche. »Wie war dein Tag?«

»Durchwachsen. Den ganzen Nachmittag Sitzung.«

Lisa, die genau wußte, daß es Zeit für ihren Abendspaziergang war, sprang mit einem neckischen »Wuff!« an ihm hoch. Sie war ein Zwergpudel mit goldbraunen Augen, nicht aus allerbester Zucht, aber doch immerhin reinrassig und obendrein sensibel und folgsam - letzteres offenbar eine angeborene Tugend, denn weder Ed noch Greta hatten viel Zeit darauf verwandt, sie abzurichten.

»Und? Wie war die Sitzung?« Greta brachte Ed einen Scotch mit Wasser und Eis.

»Ging so. Keine großen Reibereien.« Es war die monatliche Lektoratssitzung gewesen. Trotz ihrer Ängste wegen des anonymen Briefes gab Greta sich alle Mühe, die Zeit vor dem Abendessen so unbefangen zu verplaudern wie an jedem anderen Tag. Was Ed ihr hoch anrechnete. Er war Sachbuchlektor bei Cross & Dickinson in der Lexington Avenue, zweiundvierzig Jahre alt und arbeitete seit sechs Jahren bei seinem jetzigen Verlag.

Ed setzte sich auf das dunkelgrüne Sofa und klopfte einmal auf das Polster neben sich: das Zeichen für Lisa, daß sie zu ihm hinaufspringen durfte. »Soll ich noch was besorgen?« fragte Ed wie fast jeden Abend, bevor er den Hund ausführte.

»Ach ja, Schatz, saure Sahne. Die hab ich vergessen. Und ich brauch sie für den Nachtisch.«

Unten am Broadway gab´s ein Deli, ein kleines Lebensmittelgeschäft.

»Was gibt´s denn zum Essen?«

»Corned beef. Riechst du´s nicht?« Greta lachte.

Ed hatte es gerochen und wieder vergessen. Eins seiner Leibgerichte. »Das liegt daran, daß du den Kohl noch nicht aufgesetzt hast.« Er stellte sein Glas hin und stand auf. »Okay, Lisa?«

Lisa sprang vom Sofa und trippelte in der Diele herum, als suche sie nach ihrer Leine, die innen am Garderobenschrank hing.

»In zwanzig Minuten sind wir zurück«, sagte Ed. Er wollte schon nach seinem Mantel greifen, ließ ihn dann aber hängen.

Der Fahrstuhl wurde automatisch betrieben, aber unten in der Halle saß wie immer ein Doorman - heute abend George, ein stämmiger Schwarzer.

»Na, wie geht´s, Lisa?« George bückte sich und wollte sie streicheln, doch Lisa drängte so ungestüm ins Freie, daß sie ihm nur einen knappen Luftsprung zur Begrüßung gönnte, bevor sie energisch an ihrer Leine riß und Ed hinter sich her auf die Straße zerrte.

Ed, der sich müde und irgendwie deprimiert fühlte, beneidete Lisa an diesem Abend um ihre Vitalität. Sie lief nach rechts, Richtung West End und Deli, und kauerte sich zwischendurch zum Pinkeln in den Rinnstein. Ed überlegte, ob er zuerst die Sahne besorgen sollte; nein, lieber gleich in den Park, damit Lisa sich erst mal richtig austoben konnte. Also bei Franz Sigels Reiterstandbild die Steintreppe hinunter, an der Ampel über den Riverside Drive, und dann konnte er Lisa von der Leine lassen. Es war kurz nach sieben, und jetzt im Oktober wurde es da schon dunkel. Am anderen Ufer des Hudson flammten bereits die ersten Leuchtreklamen auf. Letztes Jahr um diese Zeit war Margaret noch am Leben, dachte Ed. Seine Tochter. Denk nicht mehr daran, ermahnte er sich. Mit achtzehn. Was für eine Tragödie. Komischerweise boten solch leere Floskeln noch am ehesten Trost. Er wußte auch, warum; weil er es nicht fertigbrachte, sich eingehend mit ihrem Tod auseinanderzusetzen, damit, daß sie nicht mehr da war, mit dem sinnlosen Opfer, der Schmach und so weiter. Sofern er denn überhaupt imstande war, sich eingehend mit einem Problem auseinanderzusetzen. Was vielleicht nicht der Fall war. Womöglich versuchte, ja, wagte er es deshalb nicht, über seine begabte Tochter nachzudenken, die sich mit einer Bande Halbstarker eingelassen hatte und an Drogen gestorben war - halt, nein, sie war bei einer Schießerei ums Leben gekommen. Wie kam er auf Drogen? Nun ja, sie hatte Drogen ausprobiert, aber umgebracht hatten die sie nicht. Der Schuß hatte sie getötet. In einer Bar in Greenwich Village. Die Polizei hatte jeden aus der Bande, der eine Waffe trug, festgenommen. Wer den tödlichen Schuß abgegeben hatte, blieb trotzdem ungeklärt, und Ed war es eigentlich auch egal. The Plastic Arms, so hatte die Bar geheißen. Geschmacklos. War nicht mal witzig, dieser Name. Nach dem Abend mit der Randale, der Schießerei, der Razzia hatten sie die Bar dann auch umbenannt.

Ed gab sich einen Ruck. »Lisa, altes Mädchen«, sagte er, »heute abend wollen wir mal wieder apportieren üben.«

Doch er hatte ihren blauen Gummiball nicht dabei. Und einen Stein, dem Lisa mit Freuden nachgejagt wäre, wollte er nicht nehmen, denn Steine waren nicht gut für ihr Gebiß.

»Verdammt, Lisa, ich hab deinen Ball vergessen.«

Lisa sah erwartungsvoll zu ihm auf und bellte. »Wirf halt irgendwas!«

Ed bückte sich nach einem Stück Holz, einem kurzen, dicken Knüppel, schwer genug für einen lohnenden Wurf. Lisa sauste wie der Blitz hinterher. Als sie den Stock zurückbrachte, foppte sie Ed erst ein bißchen und tat so, als wolle sie ihn nicht hergeben, aber dann ließ sie ihn doch fallen, weil sie das Spiel fortsetzen wollte.

Ed warf ein zweites Mal. Saure Sahne, dachte er. Die darf ich nicht vergessen.

»Aus jetzt, Lisa!« rief Ed zu dem dunklen Gebüsch hinüber, in dem Lisa auf der Suche nach ihrem Stock verschwunden war. Er klatschte in die Hände, und als der Hund trotzdem nicht parierte, stapfte Ed auf die Sträucher zu. »Gib´s auf, altes Mädchen!« Bestimmt konnte sie den Stock nicht finden und schnüffelte nun endlos im Unterholz herum.

Doch im Gebüsch war sie nicht. Ed wandte sich um. »Lisa?« Er pfiff nach ihr.

Oben am Riverside Drive heulten die Automotoren auf, als eine Ampel von Rot auf Grün umsprang.

»Lisa!«

Ed ging zur Straße hoch und suchte den Gehsteig ab. Aber was sollte Lisa hier oben? Also machte er kehrt, lief die grasbewachsene Böschung wieder hinunter, zurück zu dem niederen Gehölz, in dem der Hund verschwunden war. »Lisa, bei Fuß!«

Schlagartig war es finster geworden.

Ed orientierte sich an dem Reiterstandbild und ging den Weg zurück, den er gekommen war.

Ob sie ohne ihn heimgelaufen war? Blödsinn! Trotzdem überquerte...
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Autor

Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling >Zwei Fremde im Zug