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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am18.03.2014
Kitty hat vor allem Angst - vor der Schule, vor den Lehrern &dots; Sven ist der Einzige, der merkt, dass Kitty wirklich Hilfe braucht. Aber da ist es schon fast zu spät. Brigitte Blobel erzählt in ihrem packenden Roman die Geschichte eines Mädchens, das sich 'ritzt'. Was harmlos anfängt, nimmt schließlich fast ein tödliches Ende. Ein packender Roman zum einen sehr wichtigen Thema - ca. 800.000 Jugendliche in Deutschland - meistens Mädchen - reagieren auf Probleme, indem sie sich selbst verletzen.

Brigitte Blobel wurde 1942 in Hamburg geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Nach dem Abitur studierte sie englische und französische Literatur, Theaterwissenschaften sowie Politik und Zeitungs-Wissenschaften. Sie arbeitete in Frankfurt als Redakteurin für Associated Press und hat zwei Kinder großgezogen. Brigitte Blobel ist in dritter Ehe mit einem Spiegel-Journalisten verheiratet und lebt nach vielen Jahren auf Mallorca jetzt wieder in ihrer Geburtsstadt Hamburg. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin schreibt sie Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die bereits mehrfach ausgezeichnet wurden.
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Produkt

KlappentextKitty hat vor allem Angst - vor der Schule, vor den Lehrern &dots; Sven ist der Einzige, der merkt, dass Kitty wirklich Hilfe braucht. Aber da ist es schon fast zu spät. Brigitte Blobel erzählt in ihrem packenden Roman die Geschichte eines Mädchens, das sich 'ritzt'. Was harmlos anfängt, nimmt schließlich fast ein tödliches Ende. Ein packender Roman zum einen sehr wichtigen Thema - ca. 800.000 Jugendliche in Deutschland - meistens Mädchen - reagieren auf Probleme, indem sie sich selbst verletzen.

Brigitte Blobel wurde 1942 in Hamburg geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Nach dem Abitur studierte sie englische und französische Literatur, Theaterwissenschaften sowie Politik und Zeitungs-Wissenschaften. Sie arbeitete in Frankfurt als Redakteurin für Associated Press und hat zwei Kinder großgezogen. Brigitte Blobel ist in dritter Ehe mit einem Spiegel-Journalisten verheiratet und lebt nach vielen Jahren auf Mallorca jetzt wieder in ihrer Geburtsstadt Hamburg. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin schreibt sie Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die bereits mehrfach ausgezeichnet wurden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401803623
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum18.03.2014
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1395285
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

Sie sitzen auf der Bank in der Lietzenauer Straße und warten. Weil die Bank - drei zusammengenagelte Bretter auf zwei Betonklötzen - vom Regen nass ist, hat Sven eine Zeitung aus der Tasche gezogen und sie ausgebreitet. »Damit deine Klamotten nicht nass werden«, hat er zu Kitty gesagt.

Kitty hat gelächelt und sich brav hingesetzt. Es wäre ihr egal gewesen. Jeans werden auch wieder trocken. Sie sind an diesem Tag schon zweimal in den Regen gekommen.

Sven hat zwei Currywürste für sie besorgt, schon klein geschnitten, auf einem Pappteller, mit Currysoße und einem Klecks Mayo. Dazu für jeden ein trockenes Brötchen. Die Krumen sitzen Kitty immer noch in der Kehle. Sie hat Durst, aber keine Lust, aufzustehen und am Kiosk eine Cola zu kaufen, sie hat eigentlich zu überhaupt nichts Lust. Sie sitzt da, die Schultasche zwischen den Füßen, die Arme auf die Knie gestützt, und starrt vor sich hin. Im Rinnstein hat sich Wasser angesammelt, der Gully ist verstopft. Auf der Pfütze schwimmt ein kleines Papierschiff. Das hat Sven gebastelt, aus einer Viertel Zeitungsseite. Das Schiffchen saugt sich voll Wasser, wird immer schwerer. Kitty rechnet jeden Augenblick damit, dass es untergeht. Der Bug ist schon unter Wasser. Sie weiß, dass sie losheulen wird, wenn das Schiff untergegangen ist. Und sie weiß auch, dass sie das nicht zulassen darf. Wegen so einer Sache heulen. Aber ein kleines Papierschiff, das so tapfer auf dem Wasser herumsegelt, um dann doch unterzugehen, das ist doch todtraurig â¦

Sven stößt Kitty sanft in die Seite. »Mensch«, sagt er, »mach nicht schon wieder so ein Gesicht!«

»Ich mach doch gar kein Gesicht«, Kitty reißt sich zusammen. Sie lächelt Sven an. »Ehrlich, es geht mir gut.«

»Haha«, sagt Sven, »du hast schon mal bessere Witze gemacht.«

»Dein Schiff geht gleich unter«, sagt Kitty, um ihn abzulenken.

»Klar, ist ja Zeitungspapier. Das saugt sich schnell mit Wasser voll.« Er mustert Kitty. Er runzelt die Stirn, überlegt. »Soll ich es retten?«

Kitty nickt. Sofort steht Sven auf, schiebt den Ärmel seiner Jeansjacke zurück und fischt das Segelschiff aus der Pfütze. Er setzt es auf dem Kopfsteinpflaster neben Kittys rechten Fuß ab. »Okay?«, fragt er.

Kitty beugt sich vor, nimmt das Schiff, kippt es um und lässt das Wasser herauslaufen. »Ja, okay«, sagt sie. Sven atmet tief durch. »Oh Mann. Du bist ganz schön kompliziert, weißt du das? Ich hab schon gedacht, du würdest wegen diesem Schiffchen anfangen zu heulen. Bloß, weil das in der Pfütze absäuft.«

»Quatsch«, sagt Kitty. »Ich heul doch nicht wegen so was.« Gegenüber der Mietblocks, in dem Kitty wohnt. Roter Klinker, weiße Fenster, der Eingang mit grauen Granitsteinen eingefasst. Die Eingangstür hat oben Glasscheiben, eine ist zersprungen. Der Glaser sollte schon vor Wochen kommen, die Mieter sind alle sauer deswegen. Aber dem Besitzer ist es offenbar egal. Manchmal geht in dem Flur das Licht an. Im Dreißigsekundentakt geht es dann wieder aus. Der Hausbesitzer spart Strom. Es ist Anfang März, fünf Uhr Nachmittags und fast schon dunkel. Es ist den ganzen Tag nicht richtig hell geworden. Die Nebelschwaden hängen so tief, dass man nicht einmal die Spitze des Kirchturmes sieht. Kitty hat an diesem Vormittag eine Englischarbeit geschrieben. Man sollte eine Geschichte, die im Präsens geschrieben war, in die Vergangenheit übertragen. Der Titel: »Sunshineparadise«. Eine Geschichte über Kalifornien und das tolle Leben da am Pazifik, meterhohe Wellen und Kids, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als mit ihren Surfbrettern gegen die Wellen anzuschwimmen, sich dann eine Weile treiben lassen, auf eine Riesenwelle warten, auf dem Wellenkamm mitkraulen, aus der Hocke aufstehen und an den Strand reiten. Wie Cowboys. Kitty kann sich unter einem Sunshineparadise nichts vorstellen. Eines weiß sie aber genau: Leipzig ist nicht so. Kein Sunshineparadise, da, wo sie geboren wurde, wo sie immer noch lebt. Ohne Chance, dass sich daran je etwas ändern würde.

Nur einmal hat sie eine Ahnung gehabt, wie das Leben auch sein könnte. Wenn es schön ist. Wenn man sich gut fühlt, vollkommen mit sich und der Welt im Reinen ist. Wenn man morgens aufwacht und das Fenster aufreißt, die Arme ausbreitet und einfach nur lächelt, weil alles so schön ist.

Das war in Ahrenshoop gewesen, auf Hiddensee. Dem schönsten Fleckchen von Europa, wie ihre Mutter immer sagte. Dabei hatte sie von Europa nichts anderes gesehen als Deutschland. Aber vielleicht stimmte es sogar: Sie waren in den Sommerferien nach Hiddensee gefahren, auf einem alten Pferdefuhrwerk über den Deich und dann in die Pension, in der sie die Zimmer gemietet hatten. Ihr Zimmer war im Erdgeschoss und hatte eine Tür in den Garten und eine andere Tür in ein Zimmerchen, das die Vermieterin »Waschkabinett« nannte. Mit blau-weißer Tapete und einer Badewanne auf Füßen. Über der Badewanne ein Messingring, an dem der Badevorhang herunterfiel. Wenn sie morgens aufwachte, stieß sie als Erstes die Holzklappen vor dem Fenster auf. Um zu sehen, ob die Sonne schien. Und sie schien immer, jeden einzelnen Tag in diesen Ferien. Der Raps blühte und durch das Weizenfeld ging ein Wind. Man hörte das Wiehern der Pferde auf der Nachbarkoppel und oben am Himmel die Möwen, die sich vom Seewind tragen ließen, höher und höher, und ihre heiseren Schreie. Das war wunderbar gewesen. Das Frühstück unter dem Apfelbaum. Ihre Mutter immer so vergnügt, in bunten Kleidern und barfuß. Und ihr Vater fuhr mit den Fischern aufs Meer, zum Dorschefangen. Frühmorgens verließ er das Haus, wenn es dämmerte, und kam Mittags zurück. Stolz wie Oskar, wenn sie einen guten Fang gehabt hatten. Wie sie stundenlang am Meer entlanggegangen war. Muscheln sammeln. In den Dünen sitzen und träumen, dieses kleine Haus hinter den Dünen, mit dem Strohdach, wäre das eigene. Und dann müsste sie nie wieder zurück nach Leipzig. Nie wieder Schule. Nie wieder graue Häuser, grauer Himmel und graue Gedanken â¦

»Also«, sagt Sven entschlossen, »packen wir s?«

Er steht auf und knöpft die Jeansjacke zu.

Kitty rührt sich nicht. Sie blickt auf die Fenster im dritten Stock, rechts vom Treppenaufgang. Das ist ihre Wohnung. Da sind jetzt ihre Eltern. Ihre Mutter in der Küche. Das Küchenlicht brennt. Manchmal sieht sie den Schatten ihrer Mutter. Im Wohnzimmer flimmert der Fernseher. Dies bläulich flackernde Licht, das nur Fernsehbildschirme aussenden, kann man immer von allen anderen Lichtquellen unterscheiden.

Kitty hat gesehen, wie ihre Eltern nach Hause gekommen sind. Zuerst ihre Mutter. Das war gegen zwei. Sie hatte zwei Plastiktüten von ALDI dabei. Vielleicht hatte sie Kittys Lieblingsjoghurt gekauft. Joghurt mit Vanillegeschmack. Mittwochs ist immer Einkaufstag. Da hat sie früher Feierabend. Ihre Mutter in der schwarzen Uniform. Kittys Mutter arbeitet bei den schwarzen Sheriffs. Vorher war sie bei der Polizei, noch vor der Wende. Volkspolizistin. Jetzt arbeitet sie für eine private Sicherheitsfirma. Sie kontrollieren den Eingangsbereich eines großen Kaufhauses. »Was glaubst du, was da für Kriminelle rumhängen«, sagt ihre Mutter ⦠Eine Pistole trägt sie nicht bei der Arbeit, nur einen Schlagstock. Die Pistole liegt zu Hause im Nachttisch. Der ist immer abgeschlossen. Zu der schwarzen Uniform trägt ihre Mutter weiße Hemdblusen, die wie Männeroberhemden geschnitten sind. Aus Baumwolle. Jeden Abend bügelt sie eine Bluse für den nächsten Tag und ein T-Shirt oder ein Hemd für Kitty. Kitty liebt XXL-Leinenhemden. Morgens, wenn sie das Haus verlässt, stellt Kittys Mutter die Waschmaschine an. Einmal hat es im Haus einen Wasserschaden gegeben, weil die Waschmaschine der Nachbarn kaputt war. Aber Kittys Vater sagt, das kann bei ihnen nicht passieren. Das ist eine Markenwaschmaschine. Mit Garantie.

Die Uniform musste Kittys Mutter nicht selber kaufen, sie wird von der Firma gestellt.

Jeder Mitarbeiter erhält zwei Hosen, eine Jacke und einen Regenmantel. Im Winter trägt ihre Mutter eine dicke Strickjacke unter der Uniformjacke. Ein Mantel, sagt sie, würde das Bild verfälschen. Dann sieht ja keiner, wer ich bin. Dann hat keiner Respekt.

Um drei Uhr ist Kittys Vater von der Arbeit gekommen. Er ist bei der Bahn beschäftigt, im Rangierwerk. Leute wie er, sagt er immer, sorgen dafür, dass die Menschen sicher von A nach B kommen. Dass Züge nicht aufeinander losrasen, sondern aneinander vorbei. Früher hat Kitty oft von zwei Zügen geträumt, die direkt aufeinander zurasen. Und dann gab es einen Knall und einen Feuerball und sie ist mit einem Schrei aufgewacht. Als sie klein war, hatte ihr Vater sie oft mitgenommen ins Stellwerk. Und ihr die Pläne von all den Zügen gezeigt und die kleinen Tafeln mit all den Lämpchen und Glühbirnen, die angaben, wo gerade welcher Zug unterwegs war. Er hat gelacht und Kitty geküsst, wenn sie gesagt hat »wenn ich groß bin, werde ich Lokführerin«. Aber dann hat es einen Unfall gegeben. Da ist ihr Vater drei Tage und drei Nächte nicht nach Hause gekommen, es hat das totale Chaos geherrscht. Nachher haben sie in...
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Autor

Brigitte Blobel wurde 1942 in Hamburg geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Nach dem Abitur studierte sie englische und französische Literatur, Theaterwissenschaften sowie Politik und Zeitungs-Wissenschaften. Sie arbeitete in Frankfurt als Redakteurin für Associated Press und hat zwei Kinder großgezogen. Brigitte Blobel ist in dritter Ehe mit einem Spiegel-Journalisten verheiratet und lebt nach vielen Jahren auf Mallorca jetzt wieder in ihrer Geburtsstadt Hamburg.Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin schreibt sie Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die bereits mehrfach ausgezeichnet wurden.