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Mit den Augen meiner Schwester

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
496 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.05.2012
Eine unvergessliche Schwesterngeschichte vom Weglaufen und Nach-Hause-Finden
Als Kind konnte Liza Haven es kaum erwarten, ihrem beschaulichen Heimatort Stoneguard zu entfliehen. Lange war sie schon nicht mehr dort - seit jenem schrecklichen Weihnachtsfest, als die Mutter Lizas Schwester Lee zu ihrer Nachfolgerin in der familieneigenen Eiscreme-Manufaktur bestimmte. Als Liza nun nach Jahren in Amerika nach England zurückkehrt, muss sie feststellen, dass ihre scheinbar perfekte Schwester sich aus dem Staub gemacht hat. Unbeabsichtigt schlüpft sie in Lees Rolle und erkennt, dass deren Leben nicht so leicht und sorgenfrei ist, wie sie immer angenommen hatte. Ihren kleinen Heimatort hingegen findet sie gar nicht mehr so übel - Lees festen Freund Will übrigens auch nicht ...

Julie Cohen wurde in Maine, USA, geboren und verbrachte ihre Kindheit zwischen Büchern in der Bibliothek. Sie studierte Literatur an der Brown und der Cambridge University, und wenn sie nicht gerade an ihren Romanen arbeitet, leitet sie Schreibworkshops. Sie lebt mit ihrer Familie und ihrem Hund in Berkshire, England.
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Produkt

KlappentextEine unvergessliche Schwesterngeschichte vom Weglaufen und Nach-Hause-Finden
Als Kind konnte Liza Haven es kaum erwarten, ihrem beschaulichen Heimatort Stoneguard zu entfliehen. Lange war sie schon nicht mehr dort - seit jenem schrecklichen Weihnachtsfest, als die Mutter Lizas Schwester Lee zu ihrer Nachfolgerin in der familieneigenen Eiscreme-Manufaktur bestimmte. Als Liza nun nach Jahren in Amerika nach England zurückkehrt, muss sie feststellen, dass ihre scheinbar perfekte Schwester sich aus dem Staub gemacht hat. Unbeabsichtigt schlüpft sie in Lees Rolle und erkennt, dass deren Leben nicht so leicht und sorgenfrei ist, wie sie immer angenommen hatte. Ihren kleinen Heimatort hingegen findet sie gar nicht mehr so übel - Lees festen Freund Will übrigens auch nicht ...

Julie Cohen wurde in Maine, USA, geboren und verbrachte ihre Kindheit zwischen Büchern in der Bibliothek. Sie studierte Literatur an der Brown und der Cambridge University, und wenn sie nicht gerade an ihren Romanen arbeitet, leitet sie Schreibworkshops. Sie lebt mit ihrer Familie und ihrem Hund in Berkshire, England.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641076559
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum09.05.2012
Seiten496 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1798 Kbytes
Artikel-Nr.1151081
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Der Geburtstag

Ich saß in einem Goldlamékleid, das mir kaum über den Hintern reichte, auf der Felskante und ließ die Beine über dem Abgrund baumeln. Meine nackten Oberschenkel waren von Gänsehaut überzogen. Um die Schultern hatte ich mir eine Winterjacke gelegt, und meine blonde Perücke kauerte neben mir wie ein kleines, extrem langhaariges Tier, ein mutiertes Meerschweinchen vielleicht.

Unter mir erstreckten sich die Gelb- und Brauntöne der Wüste wie ein weites, trockenes Meer. Kakteen und Felsbrocken warfen lange blaue Schatten. Es sah kalt aus, aber nicht so kalt, wie mein Körper sich anfühlte. Die Sonne kam eben erst über die Bergspitze gekrochen, und das Filmteam, das zu dieser gnadenlos frühen Stunde mit dem Bus aus Barstow angekarrt worden war, scharte sich um seine Ausrüstung. Alle steckten in Pullis und Anoraks, umklammerten Pappbecher mit Kaffee und waren in Dampfschwaden eingehüllt.

Ich gähnte und zappelte mit den Füßen in den flachen Mokassins. Es war ein ganz schönes Stück von hier bis nach unten in den Wüstensand. Die Leute dachten immer, Filme zu drehen wäre total aufregend und glamourös, erst recht für eine Stuntfrau, aber größtenteils bestand es aus endloser Warterei zu unmöglichen Uhrzeiten. Ich hätte gut noch ein, zwei Stunden Schlaf vertragen können. In meiner Jackentasche wühlte ich nach den extrastarken Pfefferminzpastillen und wollte mir gerade eine in den Mund stecken, als ich hinter mir das Knirschen von Kies hörte.

»Schickes Kleid«, sagte Allen.

»Ein Schneeanzug wäre mir lieber.«

»Hast du da drin zufällig ein bisschen Hühnerbrust? Ich hab noch nicht gefrühstückt.«

Ich schielte in meinen Ausschnitt, der mit keinerlei Einlagen getunt war, weder vom Typ Hühnerfilet noch sonstigen. Die Dinger hasste ich noch mehr als die Perücken; es gab nichts Blöderes, als mitten in einer Kampfszene seinem Gegner einen Teil der eigenen Oberweite ins Gesicht zu schleudern. »Gott sei Dank steht heute kein Geflügel auf der Karte. Die Heldin hat nur Körbchengröße B.«

Ich hörte ihn hinter mir über die Leitplanke klettern. »Bist du sicher, dass das nicht gefährlich ist?«

»Nein. Aber genau das ist ja der Spaß daran.«

Sein großer, vertrauter Körper ließ sich neben mir auf der Felskante nieder. »Ich hab dir noch einen Kaffee mitgebracht.«

»Danke. Kann ich gut gebrauchen.« Ich nahm ihm den dampfenden Becher ab, und er sorgte dafür, dass unsere Finger sich dabei berührten.

»Hübscher Ausblick.«

Ich zuckte die Achseln. »Wüste eben.«

»Eigentlich meinte ich deine Beine.«

Ich musste lachen. Allen konnte ohne mit der Wimper zu zucken von Wolkenkratzern springen, er konnte mich in einem fairen Kampf niederringen, und er konnte mich immer zum Lachen bringen, selbst wenn mir nicht danach war - wie gestern Abend zum Beispiel. Jetzt rubbelte er sich mit der Hand durch die kurzen schwarzen Haare und dann über die Stoppeln an seinem Kinn.

»War lustig gestern«, sagte er.

»Ja.«

»Allerdings bin ich ein bisschen angeschlagen. Du?«

»Mir geht´s gut.«

»Du wirkst ein bisschen nervös.«

»Tja, ich hänge hier über dem Abgrund.«

Er lachte sein kehliges texanisches Lachen. »Ich glaube nicht, dass es daran liegt.«

»Nein, ich warte nur darauf, dass das Auto endlich kommt«, sagte ich, was mindestens ein Drittel der Wahrheit war. »Ich kann es kaum erwarten, es zu sehen.«

»Ja, der Wagen ist mit Sicherheit ein Traum. Liza, mir hat es gestern ehrlich gut gefallen.«

Daraus, wie er das sagte, wie er mit den Fingerspitzen über die Gänsehaut auf meinem Bein strich, schloss ich, dass er nicht das Trinkgelage mit dem Team im Purple Armadillo meinte, sondern das, was hinterher in seinem Hotelzimmer passiert war.

»Es war sehr schön«, sagte ich, und ich meinte es auch so. »Danke.«

Ich lächelte ihn von der Seite an. Er hatte sich zu oft die Nase gebrochen, um gut auszusehen, aber ich mochte die Fältchen um seine Augen, wenn er grinste, und ich mochte seine Hände, und ich mochte, wie er mich gestern Nacht vor der Einsamkeit bewahrt hatte. Er war einer von den Guten, auch wenn er auf der Leinwand meistens den Bösewicht doubelte. Umgänglich und gelassen und viel zu nett für mich.

»Ist das jetzt ein Scherz oder nicht?«, fragte er.

»Wie bitte?«

»Heute ist der erste April. Hast du nicht heute Geburtstag? Oder war es gestern? Bei der ganzen Feierei hab ich den Überblick verloren.«

»Ach so. Nein, heute. Ich werde heute dreißig. Gestern hatte meine Schwester.« Man hätte annehmen sollen, dass die Kälte und der Kater und das angenehme Ziehen in den Muskeln nach einer Nacht voller anstrengendem, athletischem Sex mich betäubt hätten gegen den leichten Stich in der Herzgegend und das schlechte Gewissen, das ich empfand, wenn ich Lee erwähnte.

»Das ist cool. Ihr wurdet mit einem Tag Abstand geboren?«

»Nein, nur zehn Minuten, kurz vor und kurz nach Mitternacht. Sie hat am einunddreißigsten März Geburtstag und ich am ersten April.«

»Zwillinge? Seht ihr genau gleich aus?« Er zog mit übertrieben anzüglicher Miene eine Augenbraue hoch.

»Das kannst du dir abschminken. Wir sind vollkommen verschieden, und wir teilen uns keine Männer.«

»Zwillinge mit unterschiedlichen Geburtstagen. Dann durftet ihr immer zwei Partys feiern?«

»Eine war mehr als genug.«

»Schade, dass du dieses Jahr arbeiten musst. Sie fehlt dir bestimmt, oder?«

»Sie hat zu tun. Und ich ... hab sie eine Weile nicht gesehen.« Ich hob einen Stein auf und warf ihn in den Abgrund. Ich sah ihm nach, wie er von einem Grasbüschel abprallte und dann außer Sicht geriet. »Ich wünschte, die würden sich beeilen und endlich mit dem Enzo hier aufkreuzen. Wenn wir noch lange warten, ist das Licht weg, und ich will nicht morgen schon wieder so früh aufstehen.«

»Habt ihr euch gestritten?«

»Offen gestanden möchte ich nicht darüber sprechen, Al.«

»Ich habe vier Brüder, und wir haben uns ständig gestritten. Aber dann haben wir uns geprügelt und sind hinterher ein paar Bier trinken gegangen. Mädchen sind da anders, schätze ich mal.«

»Meine Schwester steht nicht so auf Prügeleien oder Bier. Hey, da ist ja der Laster.« Ich zeigte auf ein silberfarbenes Fahrzeug in der Ferne, das auf der Wüstenpiste eine Staubwolke hinter sich herzog. Als ich Anstalten machte aufzustehen, hielt Allen mich am Handgelenk fest.

»Ich habe nachgedacht, Liza.«

Oh nein. Mein Magen zog sich zusammen.

»Es kommt mir albern vor, dass wir beide in L. A. wohnen und uns außerhalb der Arbeit nie sehen. Wir sollten uns öfter mal treffen.«

»Al, ich mag dich. Und gestern war wirklich schön, aber mehr auch nicht. Wir haben getrunken, ich war ein bisschen einsam, wir haben die Nacht zusammen verbracht. Belassen wir es dabei, okay?«

Er zuckte die Achseln. »Du müsstest nicht einsam sein. Wir haben viel gemeinsam, wir wohnen in derselben Stadt, es klappt gut im Bett. Einen Versuch wäre es doch wert.«

Ich holte tief Luft. »Al, du weißt, dass das nicht mein Ding ist.«

»Gestern Nacht schien es aber dein Ding zu sein.« Er strich mit dem Daumen an meinem Arm hoch, der unter der Jacke nackt war. »Denk ein paar Minuten drüber nach.«

»Das muss ich nicht. Du bist Stuntman, ich bin Stuntfrau, wir arbeiten in denselben Filmen - es wäre so bequem, stimmt´s? Und es ist ja auch nett und so, aber irgendwie zu gefahrlos. Ich kenne dich in- und auswendig und du mich. Es ist, wie so zu tun, als würde man kämpfen.«

»Das muss nicht so sein. Ich glaube, wir könnten wirklich etwas aufbauen, Liza. Wir könnten ein gutes Team abgeben.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Teammensch. Ich bin gern allein.«

»Gestern hast du gesagt, du wärst einsam.«

»Tja, an seinem Geburtstag ist wohl niemand gern allein. Aber eine Beziehung kommt für mich nicht infrage, weder mit dir noch mit sonst jemandem. Ich bin einfach nicht der sesshafte Typ.«

»Mit anderen Worten, es liegt nicht an mir, sondern an dir.« Er lächelte und klang so locker und freundlich wie immer, aber ich entdeckte ein schwaches Funkeln von Verletztheit in seinen blauen Augen. Achselzuckend fügte er hinzu: »Klar. Das höre ich nicht zum ersten Mal. Hab schon kapiert. Schwamm drüber. Also, hättest du vielleicht Lust, deinen echten Geburtstag heute Abend mit mir zu feiern? Wir könnten Kuchen und Eis besorgen oder so was.«

Ich seufzte, stand auf und schnappte mir meine Perücke. »Tut mir leid, ich mag kein Eis.« Für einen kurzen Moment legte ich meine Hand auf seine kräftige Schulter. »Belassen wir es lieber bei den schönen Erinnerungen, einverstanden?«

»Klar. Schon okay.« Er stand ebenfalls auf und klopfte sich die Kleidung ab. Erde rieselte von seiner Hose und kleinere Steine, die über die Felskante hüpften. Wir stiegen über die Leitplanke und gingen auf die im Halbkreis angeordneten Fahrzeuge und Wohnwagen und Zelte zu, vor denen der Rest des Teams plötzlich in Bewegung gekommen war und sich für den Laster bereitmachte, der gleich eintreffen würde.

Ich trank meinen Kaffee aus und zerknüllte den Becher in der Hand. Auf dieses Gespräch hätte ich heute Morgen wirklich verzichten können. Besser gesagt, weniger auf das Gespräch als darauf, dass Al ganz offensichtlich gute Miene zum bösen Spiel machte. Vor allem, da ich in Gedanken schon bei der - wahrscheinlich rosaroten - Glückwunschkarte war,...


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Kritik
"Ein Roman für alle, die lauter perfekte Kolleginnen haben. Und sich freuen, im Urlaub auf liebenswerte Figuren zu treffen, die leicht neben der Spur sind."mehr

Autor

Julie Cohen wurde in Maine, USA, geboren und verbrachte ihre Kindheit zwischen Büchern in der Bibliothek. Sie studierte Literatur an der Brown und der Cambridge University, und wenn sie nicht gerade an ihren Romanen arbeitet, leitet sie Schreibworkshops. Sie lebt mit ihrer Familie und ihrem Hund in Berkshire, England.