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Der Kommissar und das Schweigen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am31.05.2012
Dass er spannende Geschichten erzählen kann, deren Auflösung auch Kenner des Genres unerwartet trifft, hat btb-Bestsellerautor Håkan Nesser bereits mehrfach und mit großem Erfolg bewiesen. Seine Fangemeinde in Deutschland ist inzwischen riesig. Mit seinem eigenwilligen Ermittler Van Veeteren hat er einen Helden geschaffen, der das Zeug zum Klassiker hat - ein Mann mittleren Alters mit Magenbeschwerden, der klassische Musik liebt und seine Fälle mit einer Mischung aus schwarzem Humor und Intuition löst. Diesmal steht Van Veeteren vor einer besonders schwierigen Aufgabe. Aus einem Ferienlager sind zwei kleine Mädchen verschwunden. Kurz darauf werden sie ermordet aufgefunden. Steckt ein obskurer Sektenführer hinter den Taten? Oder hat man es mit einem unbekannten Psychopathen zu tun? Vor allem aber: Kann Van Veeteren ihn stoppen, bevor er erneut zuschlägt?

Håkan Nesser, geboren 1950, ist einer der beliebtesten Schriftsteller Schwedens. Für seine Kriminalromane erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, sie sind in über zwanzig Sprachen übersetzt und mehrmals erfolgreich verfilmt worden. Håkan Nesser lebt in Stockholm und auf Gotland.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDass er spannende Geschichten erzählen kann, deren Auflösung auch Kenner des Genres unerwartet trifft, hat btb-Bestsellerautor Håkan Nesser bereits mehrfach und mit großem Erfolg bewiesen. Seine Fangemeinde in Deutschland ist inzwischen riesig. Mit seinem eigenwilligen Ermittler Van Veeteren hat er einen Helden geschaffen, der das Zeug zum Klassiker hat - ein Mann mittleren Alters mit Magenbeschwerden, der klassische Musik liebt und seine Fälle mit einer Mischung aus schwarzem Humor und Intuition löst. Diesmal steht Van Veeteren vor einer besonders schwierigen Aufgabe. Aus einem Ferienlager sind zwei kleine Mädchen verschwunden. Kurz darauf werden sie ermordet aufgefunden. Steckt ein obskurer Sektenführer hinter den Taten? Oder hat man es mit einem unbekannten Psychopathen zu tun? Vor allem aber: Kann Van Veeteren ihn stoppen, bevor er erneut zuschlägt?

Håkan Nesser, geboren 1950, ist einer der beliebtesten Schriftsteller Schwedens. Für seine Kriminalromane erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, sie sind in über zwanzig Sprachen übersetzt und mehrmals erfolgreich verfilmt worden. Håkan Nesser lebt in Stockholm und auf Gotland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641090463
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum31.05.2012
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2378 Kbytes
Artikel-Nr.1176302
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Das Mädchen in Bett Nummer zwölf wachte früh auf. Ein Sommermorgen. Durch die dünnen Gardinen drang sanftes Dämmerlicht in den Schlafsaal. Es begann behutsam die Nacht auszuwischen, das Dunkel aus den Ecken zu tragen, schnupperte an den ahnungslosen Träumen der anderen Mädchen. An ihren ruhigen Atemzügen. Das Mädchen blieb eine Weile liegen und lauschte ihnen. Vorsichtig versuchte sie Nuancen auszumachen. Kathrine schlief wie üblich auf dem Rücken und schnarchte leise mit offenem Mund. Belle zischte wie eine Schlange. Marieke zu ihrer Rechten schnaubte, ein Arm baumelte über den Bettrand und das dichte rote Haar lag wie ein Fächer auf dem Kopfkissen ausgebreitet. Ein Tröpfchen Speichel hing in ihrem Mundwinkel. Kurz spielte das Mädchen mit dem Gedanken, ihn mit dem Zipfel ihres Lakens abzuwischen, ließ es dann aber bleiben.

Sie hätte es Marieke erzählen sollen. Zumindest Marieke. Hätte etwas sagen sollen, eine Nachricht hinterlassen oder was auch immer. Aber jetzt war es zu spät dafür, und schließlich hatte sie gestern Abend noch nicht wirklich gewusst, was sie tun sollte. Hatte lange hin und her überlegt. Das war kein einfacher Beschluss. Sie war dagelegen und hatte ihn fast ausgebrütet, hatte sich in dem knarrenden Eisenrohrbett hin und her gewälzt bis tief in die Nacht hinein, bis Marieke und auch Ruth gefragt hatten, ob sie vielleicht krank wäre, und Belle sie mehrere Male gebeten hatte, diesen Lärm doch zu lassen.

Belle war ziemlich reizbar, aber sie hatte einen Vater, der Jellinek irgendwie nahe stand, und deshalb musste man sich gut mit ihr stellen. Das wurde jedenfalls behauptet. Es wurde so viel hier in Waldingen behauptet.

Sie hatte also im Bett gelegen und mit sich gerungen. Sie wusste nicht, wie spät es gewesen war, als sie endlich eingenickt war, und nicht, wie spät es jetzt war, aber besonders viele Stunden Schlaf konnte sie nicht abbekommen haben, das war zu spüren. Wie auch immer, am besten, sie stand jetzt auf. Sie hatte sich zwar immer auf ihren inneren Wecker verlassen können, aber es gab keinen Grund zu glauben, dass er sie auch weiter wach halten würde. Absolut keinen.

Vorsichtig schob sie die schwere Decke zur Seite und setzte sich auf. Holte Jeans, T-Shirt und Turnschuhe aus dem Schrank und zog sich hastig an. Spürte, wie sich in ihrem Zwerchfell Unruhe breit machte, verdrängte sie aber mit Hilfe ihrer Wut.

Mit ihrer Wut und ihrem Gerechtigkeitsgefühl.

In unterdrückter Hektik schnappte sie sich die restlichen Kleidungsstücke. Es war nicht einfach, alles auf einmal an sich zu raffen, aber sie schaffte es. Schnürte den Rucksack zu und schlich sich hinaus. Die Tür knarrte wie immer, als sie sie aufschob, und einige Treppenstufen gaben einen unglücklichen Jammerton von sich, als sie auf sie trat, doch in weniger als einer halben Minute war sie draußen.

Sie lief eilig über das taufeuchte Gras zum Waldrand und blieb erst stehen, als sie den kleinen Hügel hinter sich gelassen und die erste Talmulde erreicht hatte. Als sie außer Sichtweite des Hauses war. Außer Reichweite.

Eine Weile blieb sie zögernd im Blaubeergestrüpp stehen, zitternd in der noch anhaltenden Nachtkühle, während sie über Himmelsrichtungen nachdachte. Sie spürte, wie sie buchstäblich mit den Zähnen klapperte. Wenn sie geradeaus weiter durch den Wald ginge, müsste sie früher oder später zur großen Straße kommen, das wusste sie. Aber es war ein ganz schönes Stück bis dorthin. Auch wenn es ihr gelingen würde, sich ziemlich gerade zu halten, würde es mindestens eine halbe Stunde dauern, und es war natürlich nicht gesagt, dass sie nicht vielleicht aus Versehen im Kreis gehen würde. Das war ganz und gar nicht sicher. Ihr ganzes Leben lang hatte sie in der Stadt gewohnt, Wälder und Natur waren nicht gerade ein vertrautes Milieu.

Fremdes Revier, wie man so sagte.

Im normalen Fall hätte sie natürlich ein Gebet sprechen können. Zu Gott beten, dass er ihr beistehe und ihr ein Stück auf dem Weg helfe, aber das fand sie an diesem Morgen nicht passend.

Nicht passend und in gewisser Weise auch nicht ehrlich.

Gott hatte in letzter Zeit sein Gesicht gewechselt. Ja, das traf es ungefähr. Er war groß geworden, riesig und unergründlich und - auch wenn ihr dieser Gedanke nicht gefiel - ein klein wenig erschreckend. Über den sanften, bärtigen, Sicherheit ausstrahlenden Onkel ihrer Kindheit hatte sich ein Schatten gelegt.

Etwas Finsternes.

Und wenn sie es genau bedachte, dann begriff sie, dass gerade dieses Finsterne der Grund dafür war, warum sie jetzt hier zögernd im Blaubeergestrüpp stand.

Zögernd und mit Angst und Wut kämpfend. Und mit ihrem Gerechtigkeitssinn, wie gesagt.

Genau deshalb.

Rechts fiel das Gelände ab. Zum See und dem geschlängelten Kiesweg zu Finghers Hof hin, wohin sie abends immer grüppchenweise gingen, um Milch zu holen. Kartoffeln, Gemüse und Eier.

Immer zu viert mit den beiden klapprigen Leiterwagen und Jellinek an der Spitze. Niemand hatte richtig verstanden, warum Jellinek immer dabei sein musste. Die Schwestern hätten doch genügt? Aber vielleicht wollte er sie nur vor Gefahren bewahren. Wahrscheinlich war es so. Finghers Hof war der einzige Kontakt, den sie mit der Anderen Welt hatten, wie Jellinek sie in seinen Reden, die er vormittags und am Abend hielt, zu bezeichnen pflegte.

Die Andere Welt?

Jetzt stehe ich in der Anderen Welt, dachte sie. Ich bin nicht mal zweihundert Meter in sie hineingelaufen, und schon weiß ich nicht mehr, in welche Richtung ich gehen soll. Vielleicht stimmte ja doch, was er gesagt hatte? Vielleicht war tatsächlich Jellineks Gott der richtige Gott und nicht ihr eigener, ihr guter, verzeihender und fast ein bisschen kindischer Freudengott?

»Teufel auch!«, murmelte sie und erschauerte wieder, diesmal aber vor allem wegen des Fluchs. Was um alles in der Welt nützte ein Gott, wenn er nicht gütig war?

Aber was wollte sie eigentlich tun, wenn sie es schaffen würde, zur großen Straße zu kommen? Ja, auf diese Frage hatte weder sie noch einer der Götter eine Antwort.

Das würde sich schon zeigen, wie ihre Großmutter immer zu sagen pflegte. Kommt Zeit, kommt Rat. Sie warf einen letzten Blick über den Hügel, auf die Gebäude dahinter, nur der alleroberste Teil des spitzen Dachs des Esssaals lugte noch zwischen den Bäumen hervor.

Und dann natürlich das große schwarze Kreuz, das anzunageln sie am ersten Tag mitgeholfen hatten. Sie holte tief Luft, kehrte allem den Rücken zu und machte sich auf den Weg hinunter zum See. Es war immer noch am sichersten, den vertrauten Kiesweg einzuschlagen.

 


Sie erreichte ihn genau bei der Riesenbirke, in die Marieke und sie geplant hatten, vor ihrer Abreise ihre Namen einzuritzen.

Vorausgesetzt, sie schafften es, sich nach draußen zu schleichen. Wenn sie sich zwanzig Minuten Zeit von dem Reinen Leben stehlen konnten, es ihnen gelang, ungesehen hinauszuhuschen und zurückzukommen. Eigentlich hatten sie sich keine große Hoffnungen in diese Richtung gemacht - es war eher etwas, was man so sagte - aber jetzt stand sie doch hier und strich mit den Händen über die weiße, glatte Rinde.

Das Reine Leben? dachte sie. Die Herde des Guten Lichts?

Die Andere Welt?

Scheißgerede.

Das Wort rutschte ihr ebenso schnell heraus wie gestern. Scheißgerede. Da hatte sie es nicht unterdrücken können, wie eine böse, ungezogene kleine Sommerschwalbe war es ihr herausgeflogen, und plötzlich war es zu einer Wolke angeschwollen.

Ja, genau so war es gewesen. Eine dunkle, bedrohliche Wolke, die sich über alle Anwesenden im Saal des Lebens hängte. Die die Mädchen dazu brachte, die Luft anzuhalten, und Jellinek, seine bleichen Augen für Sekunden, die ihr wie Tage erschienen, auf sie zu richten.

»Ich möchte hinterher mit dir reden«, hatte er schließlich gesagt, und dann hatte sein Blick sie verlassen, und er hatte in seinem üblichen ruhigen Tonfall weitergesprochen. Über die Reinheit und das Weiße und die Nacktheit und all das andere.

Hinterher im Weißen Raum.

Aber auch dort hatte er nicht viele Worte an sie verschwendet. Nur die Tatsache festgestellt.

»Der Teufel, mein Mädchen. Du hast den Teufel in dir. Morgen werden wir ihn austreiben.«

Dann hatte er sie mit einer müden Handbewegung ins Bett geschickt.

Sie hatte davon gehört, dass man Teufel austrieb, aber sie wusste nicht, wie es vonstatten ging. Sie hatte geglaubt, das wäre etwas, womit sich nur die Erwachsenen beschäftigten, aber so war es wohl nicht. Jeder konnte vom Teufel besessen sein, sogar ein Kind, das hatte sie gestern Abend gelernt.

Und jetzt sollte er ausgetrieben werden. Sicher nicht gerade ein angenehmes Erlebnis. Sicher um einiges schlimmer als die Auspeitschung der Sünden, und obwohl sie nun seit mehr als zwei Wochen hier war, war es ihr immer noch nicht gelungen, sich an die Rute zu gewöhnen. Jedes Mal musste sie hinterher heimlich ein wenig weinen, und sie hatte nie bemerkt, dass eines der anderen Mädchen in ähnlicher Weise reagierte.

Plötzlich war das Weinen wieder in ihr. Ohne Vorwarnung brannte es in ihrem Hals, und dann liefen ihr die Tränen über die Wangen, sodass sie gezwungen war, sich an den Wegrand zu setzen. Sie wollte nur eine Weile dort sitzen bleiben, um die Tränen laufen zu lassen, wollte warten, bis alles vorbei war. Es war doch lächerlich, mitten auf dem Weg dahinzuspazieren und dabei zu heulen. Auch wenn es bestimmt nicht später als sechs oder halb sieben war und obwohl sie kaum Gefahr lief, einem Menschen zu begegnen - so war es doch peinlich.

Sie zog ein Taschentuch aus ihrem Rucksack und putzte sich die Nase. Blieb...

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Autor

Håkan Nesser, geboren 1950, ist einer der beliebtesten Schriftsteller Schwedens. Für seine Kriminalromane erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, sie sind in über zwanzig Sprachen übersetzt und mehrmals erfolgreich verfilmt worden. Håkan Nesser lebt in Stockholm und auf Gotland.