Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Schweigemädchen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.01.2019
Deine Tochter verschwindet als Baby. Würdest du sie 20 Jahre später wiedererkennen?
Für einen kurzen Moment ist Stella unaufmerksam, in diesem Augenblick verschwindet ihre kleine Tochter Alice spurlos. Die Ermittlungen werden aufgenommen, Alice wird jedoch nie gefunden. Spuren weisen darauf hin, dass sie ertrunken ist, woraufhin sie für tot erklärt wird. Zwanzig Jahre später hat Stella ihr Leben wieder im Griff. Sie arbeitet als Psychotherapeutin und hat eine neue Familie. Als eines Tages eine junge Frau in ihre Sprechstunde kommt, wird Stella von einer Panikattacke übermannt. Sie ist überzeugt, dass es sich bei der jungen Frau um ihre tot geglaubte Tochter handelt. Die Begegnung ist der Auftakt einer gefährlichen Reise in die Vergangenheit. Stella will um jeden Preis herausfinden, was damals wirklich geschehen ist. Ist sie auf dem besten Wege verrückt zu werden oder soll sie ihrem Instinkt vertrauen?


Elisabeth Norebäck liest eine Menge Krimis und liebt Thriller-Serien im TV über alles. Ihr Debütroman »Das Schweigemädchen« erschien in 35 Ländern und machte sie international berühmt. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Stockholm.
mehr

Produkt

KlappentextDeine Tochter verschwindet als Baby. Würdest du sie 20 Jahre später wiedererkennen?
Für einen kurzen Moment ist Stella unaufmerksam, in diesem Augenblick verschwindet ihre kleine Tochter Alice spurlos. Die Ermittlungen werden aufgenommen, Alice wird jedoch nie gefunden. Spuren weisen darauf hin, dass sie ertrunken ist, woraufhin sie für tot erklärt wird. Zwanzig Jahre später hat Stella ihr Leben wieder im Griff. Sie arbeitet als Psychotherapeutin und hat eine neue Familie. Als eines Tages eine junge Frau in ihre Sprechstunde kommt, wird Stella von einer Panikattacke übermannt. Sie ist überzeugt, dass es sich bei der jungen Frau um ihre tot geglaubte Tochter handelt. Die Begegnung ist der Auftakt einer gefährlichen Reise in die Vergangenheit. Stella will um jeden Preis herausfinden, was damals wirklich geschehen ist. Ist sie auf dem besten Wege verrückt zu werden oder soll sie ihrem Instinkt vertrauen?


Elisabeth Norebäck liest eine Menge Krimis und liebt Thriller-Serien im TV über alles. Ihr Debütroman »Das Schweigemädchen« erschien in 35 Ländern und machte sie international berühmt. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Stockholm.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641225803
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum14.01.2019
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3122 Kbytes
Artikel-Nr.3400006
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Stella

ICH WACHE ZU HAUSE in unserem Haus im Alviksvägen in Bromma auf. Ich habe auf dem Bett geschlafen, zugedeckt mit einer Wolldecke. Ich habe das Gefühl, als hätte ich mehrere Tage hier gelegen.

Ich hatte Renate gebeten, meinen restlichen Patienten abzusagen und Migräne vorzuschieben. Im Regen habe ich auf der Sankt Eriksgatan ein Taxi angehalten. Der Rest ist weg. Als wir am Ziel waren, muss ich den Fahrer bezahlt haben, aus dem Auto gestiegen und ins Haus gegangen sein. Meine Schuhe und den Mantel ausgezogen haben und weiter ins Schlafzimmer gegangen sein. An nichts von alldem kann ich mich erinnern.

Meine Augen brennen, mein Schädel brummt, und für einen Moment frage ich mich, ob das alles nur Einbildung ist. Ob ich geträumt habe, dass eine Frau namens Isabelle Karlsson in meiner Sprechstunde aufgetaucht ist.

Ich wünschte, es wäre so.

Schmerz zu vermeiden ist ein grundlegender menschlicher Instinkt, besser fliehen, als dem begegnen, was wehtut.

Und ich wünschte, ich könnte fliehen.

Der Klang von Henriks Range Rover, der in die Einfahrt rollt. Ich stehe auf und gehe ans Fenster. Es regnet noch immer. Unser Nachbar steht in einer Regenjacke mit seinem kläffenden Köter am Zaun. Milo springt aus dem Auto und rennt zum Haus. Henrik grüßt den Nachbarn und folgt Milo. Die Haustür wird geöffnet, ich höre ihn Hallo rufen. Ich schließe für ein paar Sekunden die Augen, atme tief ein und gehe nach unten.

Milo schlendert an mir vorbei, fragt, was es zu essen gibt. Als ich ihm sage, dass ich keine Ahnung habe, geht er ins Wohnzimmer weiter und lässt sich auf eines der Sofas fallen. Henrik hebt meinen Mantel vom Dielenboden auf. Er hängt ihn auf einen Kleiderhaken und sagt, er habe versucht mich zu erreichen.

Ich entgegne, dass das Handy vermutlich noch in meiner Tasche liegt. Er schaut auf den Boden. Es liegt neben meinen Schuhen. Er hebt es auf, gibt es mir.

»Wir haben uns gefragt, ob wir von unterwegs was mitbringen sollen«, sagt er. »Du hast kein Abendessen gemacht.« Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage.

»Ich bin nicht dazu gekommen.«

»Ist irgendwas passiert?«

»Warum glaubst du das?«

»Dein Auto?«

Mein Audi steht noch in Kungsholmen, nicht in der Auffahrt.

»Ich habe ein Taxi genommen.«

Henrik beäugt mich eingehend. Ich gebe ihm einen raschen Kuss, weiche seinem Blick aus und gehe in die Küche. Er folgt mir.

»Milo muss was essen«, sagt er und öffnet den Kühlschrank. »Er muss bald los.«

Ich habe Milos Basketballtraining vergessen. Im Normalfall würde mir das nicht passieren. Ich setze mich an den Küchentisch, kontrolliere mein Handy. Zwei entgangene Anrufe und eine SMS. Henrik nimmt eine Plastikdose aus dem Gefrierschrank und lässt Milo wissen, dass es bald Essen gibt.

»Wie war dein Tag?«, fragt er nach einer Weile.

»Gut.«

»Alles okay?«

»Ja«, antworte ich.

»Sicher?«

»Sicher.«

Henrik rührt die Pasta um und wärmt die Hackfleischsoße auf. Zwischendurch erzählt er etwas von einem Besuch bei seinen Eltern auf dem Land am nächsten Wochenende, von Milos Basketballspiel am Samstag. Von der Arbeit. Er stellt Teller, Besteck und Gläser auf den Tisch, füllt Wasser in die Karaffe. Redet weiter von der Arbeit.

Es ist wie an jedem anderen Montag, wir treffen uns nach der Arbeit zu Hause, wir plaudern in der Küche. Mein Mann ist wie immer, mein Sohn auch. Unser schönes Zuhause ist wie immer. Dennoch ist alles fremd. Als sei ich jemand anderer geworden. Als wäre ich eine Fremde in meinem eigenen Leben.

Henrik ruft Milo zu, dass das Essen fertig ist. Keine Reaktion aus dem Wohnzimmer. Er sagt ihm, dass er kommen soll, aber Milo lässt auf sich warten. Ich gehe ins Wohnzimmer zum Sofa. Ich nehme ihm die Kopfhörer von den Ohren und das iPad aus der Hand. Ich raunze ihn an, dass die Zeit drängt. Milo ist erst erstaunt, dann sauer. Er stolpert an mir vorbei und setzt sich an den Küchentisch.

Als Milo es nicht sieht, legt mir Henrik eine Hand auf den Arm. Ich weiß genau, was er sagen will. Reg dich ab. Was ist los mit dir?

Ich sollte über das Erlebte sprechen. Sollte mit ihm reden. Es sieht mir nicht ähnlich, Dinge geheim zu halten. Ich bin trotz allem Psychologin und approbierte Psychotherapeutin. Ich sage, was ich empfinde, ich diskutiere und analysiere ein Problem, worum auch immer es geht. Vor allem, wenn es etwas ist, das unser Leben komplett verändern wird. Und Henrik ist mein bester Freund. Wir sind immer offen zueinander, wir reden über alles. Er kennt mich besser als irgendjemand anderer, was es erschwert, etwas vor ihm zu verbergen. Ich hatte auch nie das Gefühl, das zu wollen. Bis heute.

Von dem Essen kriege ich nichts herunter. Henrik und Milo reden miteinander, worüber, weiß ich nicht. Ich höre sie, aber auch wieder nicht. Meine Gedanken wandern ständig zu ihr.

Isabelle Karlsson.

Ich frage mich, warum sie diesen Namen verwendet. Ich frage mich, wie viel sie weiß.

Milo erzählt von einem megatollen Fahrrad, das er haben möchte. Er nimmt sein Handy und will es uns zeigen. Ich entschuldige mich, stehe vom Tisch auf und verlasse die Küche. Ich gehe in die Waschküche und versuche, meine Gedanken zu sortieren.

Eine Panikattacke. Eine einzige in zwölf Jahren. Ich verliere die Kontrolle und kann nichts dagegen tun. Panische Angst und lähmender Schrecken übernehmen die Kontrolle über meinen Körper, dringen in meine Gedanken und Gefühle ein. Als würde man in einen Zug steigen und die ganze Strecke bis zur Endstation mitfahren müssen. Und dahin will ich nie wieder. Ich tue alles in meiner Macht Stehende, um das nicht noch einmal durchmachen zu müssen. Der Gedanke, meiner Familie das Ganze noch einmal zuzumuten, versetzt mich in Todesangst.

Hätte ich diesen Termin wahrgenommen, wenn ich gewusst hätte, wozu er führt? Hätte ich mich getraut, ihr zu begegnen, wenn ich gewusst hätte, wer sie ist?

Wenn sie es denn wirklich ist.

Ich sehe es vor mir, wie ich sie direkt frage. Wie ich ihr in die Augen schaue, die Frage stelle und beobachte, wie meine Worte in ihr Bewusstein vordringen und eine Reaktionskette in Gang setzen.

Nein, das bin ich nicht.

Wahrheit? Lüge?

Ja, das bin ich.

Wahrheit? Lüge?

Ich traue Isabelle Karlsson nicht. Wie sollte ich auch? Wie könnte ich ihr meine Fragen anvertrauen, wenn ich noch keine Ahnung habe, was sie will? Ich muss mehr herausfinden. Ich muss es wissen.

Henrik steht hinter mir, legt seine Hände auf meine Arme.

»Was ist los?«, fragt er. »Rede mit mir, Stella.«

»Ich bin müde.«

»Das allein ist es nicht«, sagt er. »Es scheint, dass etwas passiert ist.«

Er wird nicht aufgeben. Ich drehe mich um.

»Ich hatte einen miesen Arbeitstag«, sage ich. »Ich habe Kopfschmerzen bekommen, alle Termine abgesagt und bin nach Hause gefahren.« Bewusst bringe ich ihn dazu zu glauben, es würde um Lina gehen, eine Patientin, mit der ich Probleme hatte. Ich sehe ihm an, dass er begreift. Wusste, dass er es so auslegen würde.

Henrik streichelt meine Wange und nimmt mich in die Arme. Er fragt, ob ich Nachricht von der Aufsichtsbehörde für das Gesundheits-, Pflege- und Betreuungswesen erhalten habe. Das habe ich nicht. Noch nicht.

Er sagt, dass die letzten Monate anstrengend waren, sich aber alles klären wird. Dass er Milo heute zum Training fährt, dass ich zu Hause bleiben kann.

Als sie fahren, stehe ich am Küchenfenster und blicke ihnen hinterher.

Geh auf den Dachboden. Sieh in die Tasche.

Die Tasche auf dem Dachboden. Ich habe sie seit unserem Einzug hier nicht angerührt, aber auch zwölf Jahre später weiß ich noch genau, wo sie ist. Ich werde nicht hineinsehen. Wenn ich das tue, verliere ich wieder den Verstand.

Vor einundzwanzig Jahren wurde mein Leben zerstört, aber ich habe es wieder aufgebaut. Ich habe mich entschieden zu leben, was anderes konnte ich nicht tun. Die Alternative wäre der Tod gewesen, doch den Schritt zu gehen, brachte ich nicht fertig.

Ich konzentrierte mich stattdessen voll und ganz auf meine Ausbildung, auf das Erreichen meiner Ziele. Fünf Jahre später lernte ich Henrik kennen und verliebte mich in ihn.

Ich beerdigte sie. Das bedeutet aber nicht, dass ich vergessen habe.

Sieh in die Tasche, auf dem Dachboden.

Die heutige Panikattacke war eine einmalige Sache.

Es wird nicht wieder vorkommen.

Und ich muss nicht auf den Dachboden hochgehen. Was ich brauche, ist Schlaf.

Im Schlafzimmer spüre ich, dass ich zu müde bin, um zu duschen, zu müde, um mich abzuschminken. Ich bringe nicht einmal die Kraft auf, mir die Zähne zu putzen. Ich nehme die Armbanduhr ab, die ich von Henrik bekommen habe, und lege sie auf die Kommode. Die Hose und den Pullover werfe ich auf den Stuhl neben der Tür. Ich ziehe den BH aus und krieche unter die Decke.

Als ich mitten in der Nacht aufwache, trommelt der Regen noch immer gegen die Fensterscheiben. Ich muss tief und fest geschlafen haben, ich habe nicht gehört, wie Henrik und Milo nach Hause gekommen sind. Dank der dicken Gardinen ist es im Zimmer stockdunkel. Für gewöhnlich ziehe ich sie zu, aber heute Nacht fühlt sich die Dunkelheit erdrückend an.

Geh auf den Dachboden. Sieh in die Tasche.

Henriks Arm liegt über meiner Taille, er grunzt, als ich ihn runternehme. Ich stehe auf und streife den Morgenrock über. Ich schleiche mich aus dem Schlafzimmer und schließe die Tür. Im Flur hole ich einen Stuhl und stelle ihn unter die Dachbodenluke. Ich klettere darauf, greife nach der Klinke und ziehe. Halte die Luft an, als es quietscht. Ich klappe die Leiter aus, steige auf den...

mehr

Autor

Elisabeth Norebäck liest eine Menge Krimis und liebt Thriller-Serien im TV über alles. Ihr Debütroman »Das Schweigemädchen« erschien in 35 Ländern und machte sie international berühmt. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Stockholm.