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Die Hunde von Montpellier

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
200 Seiten
Deutsch
Schöffling & Co.erschienen am05.08.2014
Alles dreht sich um eine skandalöse Anschuldigung: Der Arzt Rondelet, der Mitte des 16. Jahrhunderts an der berühmten Universität im südfranzösischen Montpellier lehrt, soll beim Sezieren menschlicher Körper zu weit gehen. Neider und Rivalen intrigieren gegen den wagemutigen Denker, der sich über Vorschriften und Aberglauben erhebt. Das Misstrauen dringt bis in sein Haus, wo zwischen seiner Frau Jeanne und seiner kinderlosen Schwägerin Catherine eine subtile Rivalität herrscht. Als Jeanne schwanger wird, verstärken sich die Spannungen. Mit der Geburt wird das empfindliche Gleichgewicht zwischen Rondelets Arbeit und seiner Familie für immer gestört, und seine Welt droht auseinanderzufallen. Anna-Elisabeth Mayer erzählt vom dramatischen Konflikt eines Mannes, der unbedingt verstehen will und damit nicht nur gegen die Konventionen seiner Zeit verstößt. Sie lässt ein Stück Wissenschaftsgeschichte lebendig werden und hinterfragt, wie schon in ihrem preisgekrönten Debüt 'Fliegengewicht', mit zweischneidiger Ironie den Umgang mit gesellschaftlichen Tabus.

Anna-Elisabeth Mayer, geboren 1977 in Salzburg, lebt in Wien. Studium der Philosophie und Kunstgeschichte. Für ihren Roman Fliegengewicht wurde sie mit dem 'Literaturpreis Alpha 2011' ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAlles dreht sich um eine skandalöse Anschuldigung: Der Arzt Rondelet, der Mitte des 16. Jahrhunderts an der berühmten Universität im südfranzösischen Montpellier lehrt, soll beim Sezieren menschlicher Körper zu weit gehen. Neider und Rivalen intrigieren gegen den wagemutigen Denker, der sich über Vorschriften und Aberglauben erhebt. Das Misstrauen dringt bis in sein Haus, wo zwischen seiner Frau Jeanne und seiner kinderlosen Schwägerin Catherine eine subtile Rivalität herrscht. Als Jeanne schwanger wird, verstärken sich die Spannungen. Mit der Geburt wird das empfindliche Gleichgewicht zwischen Rondelets Arbeit und seiner Familie für immer gestört, und seine Welt droht auseinanderzufallen. Anna-Elisabeth Mayer erzählt vom dramatischen Konflikt eines Mannes, der unbedingt verstehen will und damit nicht nur gegen die Konventionen seiner Zeit verstößt. Sie lässt ein Stück Wissenschaftsgeschichte lebendig werden und hinterfragt, wie schon in ihrem preisgekrönten Debüt 'Fliegengewicht', mit zweischneidiger Ironie den Umgang mit gesellschaftlichen Tabus.

Anna-Elisabeth Mayer, geboren 1977 in Salzburg, lebt in Wien. Studium der Philosophie und Kunstgeschichte. Für ihren Roman Fliegengewicht wurde sie mit dem 'Literaturpreis Alpha 2011' ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783731760382
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum05.08.2014
Seiten200 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1966 Kbytes
Artikel-Nr.3110020
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Marguerite schlug die Decke zurück, stand auf, zog sich an, kratzte die erkaltete Asche in einen Behälter, machte neues Feuer, schöpfte Wasser vom Brunnen im Hinterhof, trug die gefüllten Ledereimer hinein, einen rechts, einen links, und wärmte an den Flammen kurz ihre Hände. Dann warf sie ein Tuch über, verließ die Küche, zog den Riegel weg und öffnete die Haustür. Der kalte Wind blies ihr ins Gesicht, sie nahm den Besen neben der angelehnten Tür und begann zu kehren. Im linken Augenwinkel erblickte sie etwas Weißes, aber verschlafen kehrte sie weiter, sah nur das unregelmäßige Pflaster vor sich. Wieder blitzte es weiß. Jetzt schaute sie auf - und blieb ruckartig in der Halbdrehung stehen: eine Schrift an der Tür, kalkweiß. Marguerite blickte auf die Buchstaben und rührte sich nicht. Sie konnte nicht lesen. Aber sie verstand: Das musste weg. Den Besen noch immer in der Hand, stürzte sie ins Haus. Im Flur ließ sie den Besen stehen, der polternd umfiel, und lief in die Küche zu den mit Wasser gefüllten Eimern. In dem Moment hörte sie Schritte über der Küche. Sie griff einen Fetzen und hob eilig einen der Eimer hoch, verließ die Küche, hörte die Schritte über ihr den Gang entlang, das Knarren der Treppe. Wasser klatschte auf den Flur. Marguerite beachtete es nicht, ging schnell mit dem Eimer durch die Tür und zog sie hinter sich zu.

Catherine, die früh aufgestanden war, um nach ihrer kranken Schwester zu sehen, hatte das Poltern gehört. Sie kam die Treppe herunter, erblickte den Besen am Boden und die Wasserlache. Sie runzelte die Stirn, ging auf die Tür zu, öffnete sie und sah Marguerite mit dem noch trockenen Tuch in der Hand vor dem Wassereimer knien. Marguerite blickte zu Catherine auf, Catherine aber starrte schon auf die kalkweißen Buchstaben an der Tür. Sie konnte lesen - mein Hund, durchfuhr es sie -, aber nicht verstehen, warum um alles in der Welt so etwas dort stehen sollte. Sie löste sich aus der Erstarrung. Bleib, wo du bist!, hielt sie Marguerite an, rannte schnell ins Haus und rief nach Rondelet.

Rondelet war in der Nacht immer wieder aus dem Schlaf hochgeschreckt, und beim Erwachen war sein erster Blick auf die Schuhe bei der Tür gefallen. Das Wachs war noch auf ihnen. Am liebsten hätte er die Schuhe fortgeworfen, als hätte das etwas geändert. Er hatte kurz die Augen geschlossen, dann war er aufgestanden und hatte sich angezogen, die Schuhe andauernd im Blickfeld. Plötzlich entschlossen, hatte er sich zum Schreibtisch gewandt, den Brieföffner und die Schuhe geholt. Er hatte das Wachs von den Schuhen zu kratzen begonnen. Das Geräusch war ihm unter die Haut gegangen, als ob er es von sich selbst abschabte. Das Wachs war in kleinen Stückchen auf den Holzboden gefallen. Er schabte weiter, obwohl es nichts mehr zu schaben gab. Von unten hörte er den Aufprall eines Gegenstandes. Hoffentlich ist Jeanne nicht aufgeweckt worden! Gleich darauf hörte er die aufgeregte Stimme seiner Schwägerin, die ihn rief. Besorgt verließ er das Zimmer.

In der Diele wartete Catherine und zeigte zur Tür. Draußen stand Marguerite im Morgenlicht, mit dem Tuch in der Hand. Rondelet stolperte über den Besen und trat in die Wasserlache - sein Blick war nur auf die Tür geheftet: Er las seinen Namen, las die Wörter daneben. Und verstand sehr wohl. Catherine schaute abwechselnd von Rondelet zur Tür und von der Tür zu Rondelet. Marguerite, wasch es weg!, befahl er ihr. Endlich durfte sie das Holz schrubben, und eilig machte sie sich daran: nicht innehalten! Rondelet stand da, fuhr sich über die linke Braue, während sein Name zerrann. Catherine machte einen Schritt auf ihn zu, sie wünschte, sie hätte nie lesen gelernt. Rondelet drehte sich um und lief in seine Kammer zurück. Er ließ sich auf seinen Stuhl am Schreibtisch fallen, der massige Körper wie zusammengesunken. Die Hand, die so ruhig sein musste, zitterte. Dort, wo man noch nichts davon wusste, dort, da war sich Rondelet sicher, wird es sich jetzt flugs herumsprechen. Er strich über seinen Bart, sah dabei vor sich auf die Aufzeichnungen aus der vorletzten Nacht. Hatte jemand etwas beobachtet? Er raufte sich das Haar, berührte abermals die Narbe über der Braue auf der vorgewölbten Stirn. Wieder sah er auf die Aufzeichnungen vor sich. Unter den Nägeln immer noch letzte schwarze Reste von der Tinte. Und in der Hand der eingezogene Holzsplitter. Rondelet ist ein Hund.

Niemand solle davon erfahren, sagte Catherine unterdessen zu Marguerite, als beide wieder in der Diele standen. Marguerite dachte: Wie, wie nur soll niemand davon erfahren, wenn jemand doch etwas groß auf die Tür geschrieben hat?, und mit dem Lappen in der Hand nickte sie Catherine zu, die nervös am Fuchspelz zupfte, der über dem Jäckchen aus nachtschwarzem Samt ihre Schultern bedeckte. Damit meine ich auch meine Schwester, stellte Catherine klar, und ihre Finger fuhren die Kette entlang, sie machte eine unwillkürliche Geste, sodass die Kette in der weißen Spitzenborte des Blusenärmels hängen blieb, die das Handgelenk umrankte. Catherine versuchte die Kette loszuhaken, Marguerite, die ihre noch nassen Hände an der Schürze abtrocknete, kam ihr zu Hilfe. Jeanne wird sich hoffentlich bald erholen, sagte Catherine, den Blick auf die aus den Spitzen gelöste Kette geheftet. Sie hätte sich nicht noch verkühlen dürfen! Den Kräutertee gegen den Husten setze ich auf, sobald ich den Boden aufgewischt habe, beeilte sich Marguerite zu sagen, die den Lappen wieder aufgenommen hatte, und die Ziege melke ich dann auch gleich! Catherine wandte sich, nach einem abwesenden Kopfnicken, Richtung Treppe. Wie, wie nur soll niemand davon erfahren, wenn jemand doch etwas groß auf die Tür geschrieben hat?, fragte sich abermals Marguerite und blickte Catherine nach. Sie bückte sich schließlich, begann schnell die Wasserlache und die nassen Spuren der Schuhsohlen aufzuwischen. Da ertönte von der Gasse: Barbar! Marguerite, die Hände wie ihren Lappen wringend.

So laut war es geschrien, dass es auch zu Jeanne im ersten Stock, fern von der Haustür, drang. Mit gelöstem Haar lag sie auf der einen Seite des breiten Bettes, ihr Kopf auf zwei Kissen, das lange Haar über die Bettkante fallend, unter einer dicken Decke ihr zierlicher Körper. Sie öffnete die Augen, richtete sich auf und sah zum Fenster. Barbar, flüsterte sie leise.

Rondelet, in seinem Zimmer, erhob sich, trat seitlich an das Fenster heran. Eine Gruppe von Männern stand gestikulierend vor der Haustür. Schnell zog er sich vom Fenster zurück, der Atem stockte, bis die Männer schließlich weiterzogen. Aufatmend ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen, fuhr über den Holzsplitter in seiner Hand.

Auch Jeanne war in ihrem Bett zurückgesunken. Sie haben Wachs auf Ihren Schuhen; seit gestern, für immer.

Geht es dir besser?, fragte Catherine, nicht mehr als ein Umriss im vom Winterlicht spärlich erleuchteten Zimmer, die Ecken ins Dunkle getaucht. Jeanne hatte ihre Hände jetzt auf den Bauch gelegt. Catherine setzte sich mit der Schale Hustensaft an das Bett, berührte mit der anderen Hand ihre Schulter. Jeanne fragte unvermittelt: Hast du gehört, was geschrien wurde? Du musst das trinken, erwiderte Catherine. Barbar, sagte Jeanne so, als spreche sie jemanden gezielt an. Jaja, Betrunkene, meinte Catherine achselzuckend. Betrunkene!, lachte Jeanne schmerzlich auf. Ja, Betrunkene, beharrte Catherine. Ach, Catherine, sagte Jeanne. Aber Catherine wich nicht von den Betrunkenen ab, während sich Jeannes Augen mit Tränen füllten. Komm, Jeanne, trink die Medizin! Da gab Jeanne ein Geräusch von sich, das Catherine noch nie gehört hatte. Ein Scheuern und Kratzen, von innen. Catherine beugte sich über sie - Das wird dir guttun! - und ergriff sie leicht am Arm. Barbar, wiederholte Jeanne und machte eine Bewegung, sodass die Flüssigkeit überschwappte. Schick mir Marguerite herauf!, verlangte sie mit gepresster Stimme.

Marguerite! Alma kam ganz aufgeregt in die Küche, mit der einen Hand versuchte sie sich aus dem Schal zu wickeln, in der anderen hielt sie einen Korb. Marguerite, die gerade auf dem Weg in den Hinterhof war, um die Ziege zu melken, stellte den Behälter beiseite und nahm Alma den Korb ab. Überall redet man von den Herrschaften!, sagte Alma abgehetzt, der Schal, den sie über die Stuhllehne gelegt hatte, rutschte hinunter. Marguerite hob ihn auf und wortlos den Korb auf den Tisch. Am Markt, erzählte Alma, hat man mich sogar aufgehalten. Gesagt hab ich ihnen: Schämen sollen Sie sich! Das ist ein vornehmes Haus! Wo bleibt der Anstand!, und weitergegangen bin ich. Nachgerufen haben sie mir, dass der Anstand in diesem Haus nichts zähle! Hier, Marguerite zögerte, hier, sie sah zum Gang, neigte sich zu Alma, setzte leiser fort: hat jemand etwas mit Kalk auf die Tür geschrieben. Kalk? Etwas auf die Tür geschrieben? Almas gefurchte Stirn legte sich in noch tiefere Falten. Ich musste es abwaschen, sagte Marguerite nun sehr leise. Alma verließ die Küche, begab sich vor die Tür und bemerkte erst jetzt, dass der Boden feucht war. Marguerite begann, zum Kücheneingang gewandt, den Korb auszupacken. Alma kam zurück und schüttelte den Kopf: Ich versteh nichts mehr! Marguerite, die etwas sagen wollte, blickte wieder ängstlich zum Gang, bevor sie flüsterte: Auch Barbar ist gerufen worden. Marguerite!, ertönte unmittelbar darauf Catherines Stimme. Marguerite zuckte zusammen, eine Zitrone rollte ihr aus der Hand auf den Boden. Marguerite, wo bleibt die Milch! Marguerite schnappte den Behälter und ging in den Hinterhof hinaus, um endlich die Ziege zu melken. Ein Kümmernis nach dem anderen, schüttelte Alma sorgenvoll den Kopf. Sie bückte sich nach der Zitrone und säuberte sie an ihrer...

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