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Sisis letzte Reise

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
347 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am07.03.20182022
Genf, 10. September 1898. Auf einer ihrer zahlreichen Reisen macht Elisabeth von Österreich im Hotel Beau Rivage Station. Dank eines Informanten der Lokalpresse bleibt der Aufenthalt der inkognito reisenden Kaiserin jedoch nicht geheim. Und so geht Cesare Monteverdi, Redakteur der Tribune de Genève, auf der Uferpromenade unweit des Hotels in Position, um die öffentlichkeitsscheue Monarchin abzulichten. Die Absicht, das Foto seines Lebens zu schießen, wird jedoch jäh durchkreuzt ...

Uwe Klausner, dessen Großvater aus der Schweiz stammt, wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt er mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextGenf, 10. September 1898. Auf einer ihrer zahlreichen Reisen macht Elisabeth von Österreich im Hotel Beau Rivage Station. Dank eines Informanten der Lokalpresse bleibt der Aufenthalt der inkognito reisenden Kaiserin jedoch nicht geheim. Und so geht Cesare Monteverdi, Redakteur der Tribune de Genève, auf der Uferpromenade unweit des Hotels in Position, um die öffentlichkeitsscheue Monarchin abzulichten. Die Absicht, das Foto seines Lebens zu schießen, wird jedoch jäh durchkreuzt ...

Uwe Klausner, dessen Großvater aus der Schweiz stammt, wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt er mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839256848
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum07.03.2018
Auflage2022
Seiten347 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2542399
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

EINS
2

NACHRUF (I)

Irma Gräfin Sztáray, 34, Hofdame und Vertraute der Kaiserin Elisabeth, an ihre Mutter

»Eins weiß ich gewiss, Gräfin: Die Stunde, in der meine Seele gen Himmel fährt, ist nicht mehr fern.« Auch wenn es mir das Herz zerriss, die Kaiserin sollte recht behalten. Schon am darauffolgenden Tag, auf die Minute genau 24 Stunden später, traf die unheilvolle Prophezeiung ein. Und was das Schlimmste war, meine Herrin starb eines gewaltsamen Todes, von der Hand eines Meuchelmörders, der nicht zögerte, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Gewaltsam zwar, doch ohne erkennbare Qual.

Ein schwacher Trost, werden Sie vermutlich sagen. Und das, wie ich meine, mit Fug und Recht. War ich selbst doch im entscheidenden Moment wie gelähmt, außerstande, das Unheil in letzter Sekunde abzuwenden.

Zufall oder nicht, die Prophezeiung hat mich nicht mehr losgelassen. 15 Monate ist es jetzt her, dass meine Herrin Opfer einer Bluttat wurde, die in den Annalen des Hauses Habsburg ohne Beispiel war. Und doch vergeht kein Tag, an dem ich die Szene am Quai du Mont-Blanc nicht vor Augen habe, so sehr die Erinnerung auch schmerzen mag. Auch frage ich mich, ob alles genauso kommen musste, wie es kam, ob es sich um eine Laune des Schicksals oder um das Werk einer höheren Macht handelte, der es gefiel, den Stab über meine Herrin zu brechen.

Schicksalhafte Fügung oder nicht, ich selbst bin gewiss nicht frei von Schuld. Habe ich doch tatenlos zugesehen, wie das Kaninchen auf die todbringende Schlange.

Die Stunde, in der meine Seele gen Himmel fährt, ist nicht mehr fern. Bisweilen kommt es mir so vor, als seien die Worte gerade erst verklungen. Und doch sind genau ein Jahr, drei Monate und 20 Tage ins Land gegangen. An der Tatsache, dass sie mir nicht mehr aus dem Sinn gehen, wird dies jedoch nichts ändern.

Auch an den Ort, an dem die Kaiserin ihr Innerstes preisgab, erinnere ich mich noch genau. Man schrieb den 9. September 1898, und die Baronin Rothschild war so freundlich gewesen, die Kaiserin und mich auf ihr Schloss einzuladen. Dort wurden wir auf das Herzlichste begrüßt, unter falschem Namen, um Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Was folgte, war ein Déjeuner á trois, bei dem selbst Könige vor Neid erblasst wären. Julie Rothschild, Gastgeberin mit ausgeprägtem Hang zur Extravaganz, hatte es an nichts fehlen lassen, um die Gunst der Kaiserin zu gewinnen. Und so saßen wir drei im Speisesaal, umsorgt von livrierten Lakaien, die uns jeden Wunsch von den Augen ablasen. Anders als sonst, wo ihr jedes Gramm zu viel die Laune verdarb, verschwendete die Kaiserin keinen Gedanken an ihre schlanke Linie und aß mit ungewohntem Appetit.

Unter uns gesagt, alles andere wäre einem Affront gleichgekommen. Auch ich konnte den Köstlichkeiten nicht widerstehen, angefangen mit Becherpasteten, über Forellen aus dem Bourget-See, Rindsfilet mit Gemüse, Geflügelmousse, Rebhuhn in Gelee, Biskuit in Zitronensaft und Schokoladensandkuchen, bis hin zu Eiscreme in den Farben Grün-Weiß-Rot, eine Hommage an Ungarn, die meine Herrin beinahe zu Tränen rührte. Nahm doch das Land der Magyaren einen besonderen Platz in ihrem Herzen ein, trotz der Kritik, die sie allenthalben erntete.

Kurz und gut, die Baronin hatte an alles gedacht, sogar an ein Orchester im Nebenraum, das wehmütige italienische Volksweisen intonierte. Auch die prachtvoll gedeckte Tafel sowie das Silberbesteck, die Gläser aus Bergkristall und das Geschirr aus Altwiener Porzellan ließen keine Wünsche offen. Besonders erfreut zeigte sich die Kaiserin über die weißen Orchideen, mit denen der Platz des hohen Gastes drapiert worden war. Aufmerksamkeiten wie diese verfehlten ihre Wirkung nicht, zumal es sich um ihre erklärten Lieblingsblumen handelte.

Am Ende des opulenten Mahls tat dann die Kaiserin etwas, das sie, wenn überhaupt, nur höchst selten zu tun pflegte. Sie griff nach dem Champagnerglas, ließ sich einschenken und brachte einen Toast auf das Wohl unserer Gastgeberin aus. Vor aller Augen, so frohgemut wie schon lange nicht mehr.

Das Beste, so man das Wort überhaupt in den Mund nehmen konnte, stand uns jedoch noch bevor. War das Déjeuner einer Kaiserin von Österreich wahrhaft würdig gewesen, so übertraf der Schlosspark sämtliche Erwartungen. Gewächshaus reihte sich an Gewächshaus, Rosenbeet an Rosenbeet, Zierteich an Zierteich. An den Volieren und ihren buntgefiederten Bewohnern konnte sich die Kaiserin ebenso wenig sattsehen wie an den Aquarien, bewohnt von Lebewesen, wie zumindest ich sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Apropos Lebewesen. Stachelschweine, wenngleich zahm, sind bestimmt nicht jedermanns Sache. Doch auch hier zeigte sich die Kaiserin von ihrer jovialen Seite, wie so oft, wenn wir in trauter Runde beieinandersaßen.

Und dann erst das Orchideenhaus, vor Entzücken verschlug es uns die Sprache. So viele Blüten auf engstem Raum, so viele Farnkräuter, exotische Pflanzen und Orchideenarten habe selbst ich, die ich an der Seite meiner Herrin die halbe Welt bereiste, nirgendwo zu Gesicht bekommen. An keinem Ort war ich auf eine derart überbordende Farbenpracht gestoßen, von der subtropischen Vegetation ganz zu schweigen. Die Gewächshäuser, der weitläufige Park, der sorgsam gepflegte Rasen, so weich wie grasfarbene Seide, die hoch aufragenden Zedern, die Schatten spendenden Grotten, die Skulpturen antiker Heroen - alles Dinge, von denen die Kaiserin nicht genug bekommen konnte. Mir war, als wandelten wir durch den Garten Eden, und ich hoffte, der Tag der Wunder würde niemals enden.

Dass der Tag des Grauens seine Schatten bereits vorauswarf, konnte ich nicht ahnen. Dementsprechend groß war mein Schrecken, als die Kaiserin auf ihren Tod zu sprechen kam. Die gute Stimmung, in der wir uns befanden, war natürlich dahin. Die Baronin und ich taten zwar, als sei nichts gewesen, waren jedoch zutiefst bestürzt.

Um es vorwegzunehmen: Ich kann mir den Stimmungsumschwung nicht erklären. Der Ehrlichkeit halber sei betont, die Kaiserin litt unter Depressionen. Gründe dafür gab es genug, zu viele, als dass ich ins Detail gehen könnte. Im Endeffekt war es jedoch ihre Schwiegermutter, die den Stein ins Rollen brachte. Wobei die Tatsache, dass Erzherzogin Sophie zugleich ihre Tante war, die Situation noch verschärfte. Einzig der Kaiser, der auf den Rat seiner Mutter großen Wert legte, hätte sie bereinigen können. Zum Leidwesen der Kaiserin hielt er sich jedoch aus allem heraus, mit fatalen Folgen, wie allenthalben gemunkelt wurde.

Ich spreche zwar ungern darüber, bin aber der Meinung, dass die Ehe zwischen Cousin und Cousine von Anbeginn zum Scheitern verurteilt war. Um es mit den Worten meiner Herrin auszudrücken: »Die Ehe ist eine widersinnige Einrichtung. Als fünfzehnjähriges Kind wird man verkauft und tut einen Schwur, den man nicht versteht und dann 30 Jahre oder länger bereut und nicht mehr lösen kann.« Was meine Eindrücke betrifft, kann ich dem nur beipflichten. Am Tag ihrer Verlobung, als der Kaiser den 23. Geburtstag feierte, war die Kaiserin 15, bei der Hochzeit 16 und bei der Geburt ihrer ältesten Tochter gerade einmal 17 Jahre alt. Und mit 20 bereits dreifache Mutter, das sei der Vollständigkeit halber hinzugefügt. Ich finde, das muss man erst einmal verkraften. Vorausgesetzt, die Betreffende ist dazu imstande. Und wenn wir gerade von Durchhaltevermögen sprechen: Wer behauptet, am Wiener Hof ginge es gesittet zu, der weiß nicht, wovon er redet. Nirgendwo auf der Welt gab und gibt es so viele Ränkespiele, Eifersüchteleien und ans Lächerliche grenzende Standesdünkel. Und nirgends ein derart widersinniges Protokoll, über dessen Sinn man nicht allzu lange nachgrübeln sollte.

Im Grunde gab es für die Kaiserin zwei Möglichkeiten. Entweder sie tat, was von ihr erwartet wurde, oder sie ging auf Distanz und kapselte sich vom Geschehen in der Hofburg ab. Wie allgemein bekannt, traf sie eine Entscheidung, die ihrem freiheitsliebenden Naturell entsprach, ohne Rücksicht auf überkommene Konventionen. Mit anderen Worten, die Kaiserin entledigte sich ihrer Fesseln. Ich finde, das verdient Respekt. Außer ihr hätte es wohl kaum jemand gewagt, das Dahinvegetieren im goldenen Käfig mit einem selbstbestimmten Leben zu vertauschen. Sie tat es. Und sie tat noch mehr. Dass Monarchinnen fernab des Hofes ihr eigenes Leben lebten und ein schmuckes Quartier zur Residenz auserkoren, um ihren individuellen Neigungen zu frönen, das war weiß Gott nichts Neues. Aber dass sich eine amtierende Kaiserin und mehrfache Mutter die Freiheit nahm, dem Hofleben Adieu zu sagen und aus Spaß an der Freude die Welt zu bereisen, so etwas war noch nicht dagewesen, weder in Österreich noch anderswo.

Nun gut, ich will nicht übertreiben. Auch bei Odysseus, einem ihrer Idole, verlief das Leben zumeist nicht in geraden Bahnen. Sprechen wir es ruhig aus, die Kaiserin war schwer krank, wie krank, sollte sich alsbald zeigen. Grund genug, um zwecks Bekämpfung der kräftezehrenden Hustenanfälle nach Madeira zu reisen und die Zwänge des Alltagslebens über Bord zu werfen.

Doch wer geglaubt hatte, mit einer fünfmonatigen Erholungspause auf der Blumeninsel sei es getan, der irrte. Die Quinta Vigia auf Madeira war erst der Anfang, der nächste Fluchtversuch eine Frage der Zeit. Die Reise nach Korfu war zwar nur einer davon - aber der mit Abstand kostspieligste. Es ziemt sich zwar nicht, über Geld zu sprechen, doch weiß ich aus sicherer Quelle, dass die Baukosten für das Achilleion in die Millionen gingen. Dort, in ihrer Prunkvilla hoch über dem Ionischen Meer, konnte sie...

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Uwe Klausner, dessen Großvater aus der Schweiz stammt, wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt er mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst.