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Das Flüstern der Fische

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
400 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am21.05.2013
In der Nähe von Meersburg wird eine Leiche in einem Swimmingpool entdeckt. Wer ist der Mann, und was haben die fünf toten Fische im Pool zu bedeuten? Hauptkommissar Max Madlener nimmt die Spur des Mörders auf. Und stößt mit Hilfe seiner jungen Assistentin und einer Pathologin, die schon bald mehr als nur eine Kollegin wird, auf ein ungeheuerliches Motiv.

Walter Christian Kärger wurde 1955 in Memmingen/Allgäu geboren, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, arbeitete dreißig Jahre als Drehbuchautor in München (u. a. Spielfilm '2 Männer,2 Frauen, 4 Probleme', TV-Zweiteiler 'Störtebeker', Fernsehfilm 'Die Jahrhundertlawine') und lebt als Romanautor ('Das Geheimnis der Medica') in Memmingen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextIn der Nähe von Meersburg wird eine Leiche in einem Swimmingpool entdeckt. Wer ist der Mann, und was haben die fünf toten Fische im Pool zu bedeuten? Hauptkommissar Max Madlener nimmt die Spur des Mörders auf. Und stößt mit Hilfe seiner jungen Assistentin und einer Pathologin, die schon bald mehr als nur eine Kollegin wird, auf ein ungeheuerliches Motiv.

Walter Christian Kärger wurde 1955 in Memmingen/Allgäu geboren, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, arbeitete dreißig Jahre als Drehbuchautor in München (u. a. Spielfilm '2 Männer,2 Frauen, 4 Probleme', TV-Zweiteiler 'Störtebeker', Fernsehfilm 'Die Jahrhundertlawine') und lebt als Romanautor ('Das Geheimnis der Medica') in Memmingen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783863582234
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum21.05.2013
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3441 Kbytes
Artikel-Nr.2800869
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Georg Escher wartete mit ein paar Berufspendlern neben einigen Autos im Fährhafen von Konstanz-Staad darauf, dass die Fähre aus Meersburg anlegte. Die Auffahrtsrampe wurde heruntergelassen, und das Dutzend Fahrradfahrer und Wanderer mit Rucksäcken strömte ungeduldig heraus, dann folgten die Autos und zwei Lastwagen, bevor er auf die Fähre konnte.

Seidig spannte sich der Bodensee in der leichten Sommerbrise. Das heftige Gewitter vom späten Vorabend hatte sich verzogen, nachdem es die ganze Nacht noch am Horizont wild geblitzt und dumpf gegrollt hatte wie eine Techno-Party am weit entfernten Gnadensee, dem unteren Fischschwanz des Bodensees.

Escher hatte es nicht eilig. Obwohl es mitten in der Feriensaison war, waren so früh noch wenige Urlauber unterwegs, erst in zwei Stunden würden die Fähren voll sein mit Touristen in dreiviertellangen Cargohosen und quengelnden Kindern. Er stieg die seitliche Eisentreppe hoch in den ersten Stock, marschierte ins Heck und setzte sich auf eine Bank in der Sonne. Das Unwetter letzte Nacht hatte die Schwüle nicht vertrieben, trotzdem war Escher mit Halstuch und Windjacke bekleidet. Er setzte zum ersten Mal nach geraumer Zeit - er lebte seit seiner Pensionierung in Irland, wo er ein kleines Häuschen hatte - mit dem Schiff nach Meersburg über und wusste, dass man sich auch bei bestem Wetter warm anziehen musste, wenn man um halb acht in der Früh über den See fuhr. Doch das Heck war im Lee, und damit war es windstill, als die Fähre sich träge bewegte und schließlich ablegte.

Obwohl Escher lange Jahre im Paradies gewohnt hatte, einem Ortsteil von Konstanz, und er bestens vertraut war mit den Sehenswürdigkeiten der mittelalterlichen Altstadt, war er immer wieder fasziniert vom Hafen, dem Münster, den herausgeputzten gotischen Bürgerhäusern, dem Konzilsgebäude und dem ehemaligen Dominikanerkloster, in dem sich jetzt ein Fünf-Sterne-Hotel befand. Die Altstadt hatte den Zweiten Weltkrieg unzerstört überstanden, weil Konstanz im Laufe der Jahrhunderte mit dem schweizerischen Kreuzlingen so zusammengewachsen war, dass die Grenze mitten zwischen den Häusern verlief und die alliierten Bomberflotten es nicht riskieren wollten, aus Versehen eine Schweizer Stadt in Schutt und Asche zu legen.

Als Historiker glaubte Escher geradezu zu spüren, wie wichtig und einzigartig Konstanz in den Anfangsjahren des 15. Jahrhunderts gewesen war, der Mittelpunkt des Abendlandes während der Zeit des Konzils, der einzigen Papstwahl nördlich der Alpen. Da sie schon einmal zusammen waren, nutzten Kaiser und Klerus die Gelegenheit und verbrannten den Ketzer Jan Hus lebendig auf dem Scheiterhaufen, obwohl sie dem Reformator freies Geleit zugesichert hatten. Schon damals war Recht und Gerechtigkeit eine reine Machtfrage. Dieser Gedanke erheiterte Escher immer aufs Neue, wenn er am Gedenkstein für den Häretiker vorbeikam, der für seine Überzeugungen in den Tod gegangen war. Dabei waren die Mächtigen ihrer Zeit nicht nur Spielverderber und Heuchler. Sie waren auch keine Kostverächter. Sie verstanden etwas von der Macht der Liebe. Jedenfalls der käuflichen Liebe. Während des Konzils wimmelte Konstanz von Kurtisanen jeden Alters und jeder Couleur. Die Verkörperung dieser irdischen Lustbarkeit war das provokante neuzeitliche Wahrzeichen des Konstanzer Hafens. Die laszive Imperia, die sich langsam drehende, neun Meter hohe stilisierte Skulptur einer mittelalterlichen Hure, die in ihren Händen zwei verhutzelte Gnome hielt, eine Verballhornung von Papst und Kaiser, war vom Fährhafen aus nicht zu sehen, was Escher bedauerte. Er fand sie in ihrer unverhohlenen Sexualität immer schon herausfordernd, ein schwer umstrittenes Denkmal für Touristen und Einheimische, und so sollte ein Kunstwerk seiner Meinung nach sein.

Er holte seinen Feldstecher aus dem Futteral und warf damit einen Blick auf die Basilika Birnau, das rosafarbene Barockjuwel am Südhang des Überlinger Sees, die im frühmorgendlichen Dunst anmutig wie die Verheißung der ewigen Seligkeit herüberstrahlte. Er musste dem prächtigen Innenraum gelegentlich einmal wieder einen Besuch abstatten, um seinem Lieblingsputto rechts vor dem Altarraum zu huldigen, dem kindlich verspielten Honigschlecker.

Drei Männer um die vierzig, gekleidet wie Wanderer mit leichten Anoraks und Goretex-Stiefeln, setzten sich auf die Bank neben Escher. Ihm fiel auf, dass sie alle ziemlich ähnlich aussahen, so, als hätten sie im gleichen Geschäft für Sport- und Wanderausrüstung eingekauft. Sie trugen Sonnenbrillen, Halstücher und Dreitagebärte. Sie wirkten, als wären sie unterwegs zu einer Hochgebirgstour. Nur dass ihnen die Kletterausrüstung fehlte. Und statt Mützen hatten sie Baseballcaps auf dem Kopf.

Einer kam Escher sogar bekannt vor. Er wusste allerdings nicht, wie er ihn einordnen sollte. Aber das war ihm auch egal. Er war seit drei Jahren in Pension und interessierte sich ausschließlich für seine Leidenschaft, der er jetzt, da er so viel Zeit hatte, mit Akribie und Disziplin nachging. Der ehemalige Studiendirektor Dr. Escher, Fächer Englisch, Deutsch und Geschichte, schrieb historische Biografien, die er im Selbstverlag herausbrachte und die nicht sehr erfolgreich waren. Doch er war Junggeselle ohne jeglichen Anhang, pflegte keine verwandtschaftlichen Beziehungen und hatte niemandem Rechenschaft abzulegen, womit er seine Zeit verbrachte und wofür er sein Geld ausgab.

In diesem Jahr wollte er die Biografie über Annette von Droste-Hülshoff abschließen, an der er seit einiger Zeit arbeitete. Dazu war es ihm wichtig, regelmäßig an den Wirkungsstätten der Dichterin, dem alten Schloss Meersburg und dem Fürstenhäusle, einem idyllischen Dichterhäuschen inmitten der Weinberge, die Atmosphäre zu spüren und Witterung aufzunehmen. Er hatte gute Fortschritte gemacht und sein Arbeitspensum in der geplanten Zeit erledigt. Aber so war er schon immer gewesen: genau und diszipliniert, getaktet nach regelmäßigen Arbeits- und entspannenden Ruhephasen, die er auf die Minute einhielt. Genauso wie seine Spaziergänge, die er an der irischen Küste absolvierte, um fit zu bleiben. Seine Gesundheit war ihm wichtig, und er konnte sich nicht beklagen: Sein Arzt hatte ihm Herz und Kreislauf eines Vierzigjährigen attestiert. Dabei war er siebenundsechzig. Nur seine Hüfte hatte ihm Schwierigkeiten bereitet. Aber die waren, seit er eine Hüftprothese aus Titan bekommen hatte, behoben.

Vor einer Woche war er aus seinem Domizil in Irland wieder einmal an den Bodensee gekommen, um hier seine Studien zu vollenden. Während dieser Zeit wohnte er in einer kleinen Pension in der Nähe des Fährhafens in Konstanz. Die Miete hatte er für zwei Wochen im Voraus bezahlt, so lange plante er zu bleiben, um dann in seiner neuen Heimat die Biografie über die große deutsche Dichterin endgültig fertigzustellen.

Ein Kassierer kam und überprüfte die Fahrausweise. Escher hatte eine Dauerkarte, die drei Männer bezahlten ihre Tickets bar.

Die Fähre war jetzt fast fünfzehn Minuten unterwegs, und Escher begab sich nach vorne an den Bug, um das näher kommende Meersburg zu genießen, ein Panoramablick, an dem er sich nicht sattsehen konnte. Oben auf dem Berg die alte Meersburg, und, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, die barocken Residenzen der Bischöfe und farbenprächtigen Bürgerhäuser mit den Weinreben dazwischen. Schade nur, dass die Stadt bei näherem Hinsehen allzu touristisch war und es fast nur Läden mit Krimskrams und Nippes gab. Escher fand Konstanz authentischer, obwohl die Touristen in der Ferienzeit natürlich auch dort eine Landplage waren.

Er bemerkte, dass die drei auffallend schweigsamen Männer in Wanderkleidung ihm gefolgt und links und rechts neben ihn an die Reling getreten waren, wo sie beobachteten, wie die Fähre auf die von dicken Pfählen gebildete Anlandebucht zusteuerte. Escher mochte es nicht, dass die Männer allmählich näher an ihn heranrückten, obwohl das Zwischendeck ansonsten vollkommen leer war.

Gerade wollte er weggehen, als er von dem Mann links neben sich plötzlich und unvermittelt angesprochen wurde.

»Dr. Escher?«

Escher drehte sich zu ihm um. »Kennen wir uns?«, fragte er betont distanziert.

»Ja, wir kennen uns, Herr Doktor. Wir kennen uns sogar sehr gut.«

Er verzog das Gesicht zu einem falschen Grinsen, und in diesem Moment registrierte Escher im Augenwinkel, dass der Mann rechts von ihm ein handygroßes Gerät aus seinem Rucksack holte und es ihm an den Hals drückte. Er spürte zwei fingerlange, stricknadeldicke Metalldrähte an seiner Halsschlagader. Panik durchströmte ihn. Er wollte noch die Hand des Mannes wegstoßen, da durchfuhr ihn schon ein heftiger und blitzartiger Schmerz, so unerwartet, dass er nicht mehr schreien konnte. Sein Körper war plötzlich ein einziger Krampf, ein gurgelndes Röcheln kam noch aus seinem verzerrten Mund, dann verlor er das Bewusstsein.

Der Mann im roten Anorak steckte mit einer fließenden Bewegung das Elektroschockgerät, das den Körper von Escher mit siebenhundertfünfzigtausend Volt für ein paar Minuten absolut bewegungsunfähig gemacht hatte, in den Rucksack zurück, während die zwei anderen Escher auffingen und ihn wegschleppten wie einen Betrunkenen. Niemand hatte zugesehen, alle Passagiere warteten entweder schon in ihren Autos auf dem Unterdeck oder an der Auffahrtsrampe der Fähre, die gerade mit einem letzten, sanften Ruck andockte.

Die Männer führten den wehrlosen Escher im Eiltempo hinunter auf das Fährdeck und zu einem alten VW-Bus, der genau am Ende der Treppe geparkt war. Der Mann im roten Anorak schob die seitliche Schiebetür auf. Zu dritt hoben sie Escher in den Bus, wo ein Rollstuhl bereitstand, der am Boden...
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Walter Christian Kärger wurde 1955 in Memmingen/Allgäu geboren, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, arbeitete dreißig Jahre als Drehbuchautor in München (u. a. Spielfilm »2 Männer,2 Frauen, 4 Probleme«, TV-Zweiteiler »Störtebeker«, Fernsehfilm »Die Jahrhundertlawine«) und lebt als Romanautor (»Das Geheimnis der Medica«) in Memmingen.