Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

See ohne Wiederkehr

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
416 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am21.07.2022
Das Dreamteam vom Bodensee in seinem härtesten Fall. Während Kommissar Madlener nach dem folgenschweren Ausgang des letzten Falls in eine Auszeit geschickt wird, steht seine Kollegin Harriet vor einem Dilemma: Bei den Ermittlungen in einem herausfordernden Mordfall erkennt sie in zwei Tatverdächtigen ihre Peiniger wieder, die sie vor Jahren überfallen und beinahe umgebracht haben. Ein traumatisches Erlebnis, von dem außer ihr niemand weiß. Die Entscheidung liegt nun in ihrer Hand: Soll sie Rache nehmen oder nach Recht und Gesetz handeln?

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, studierte Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDas Dreamteam vom Bodensee in seinem härtesten Fall. Während Kommissar Madlener nach dem folgenschweren Ausgang des letzten Falls in eine Auszeit geschickt wird, steht seine Kollegin Harriet vor einem Dilemma: Bei den Ermittlungen in einem herausfordernden Mordfall erkennt sie in zwei Tatverdächtigen ihre Peiniger wieder, die sie vor Jahren überfallen und beinahe umgebracht haben. Ein traumatisches Erlebnis, von dem außer ihr niemand weiß. Die Entscheidung liegt nun in ihrer Hand: Soll sie Rache nehmen oder nach Recht und Gesetz handeln?

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, studierte Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960419686
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum21.07.2022
Reihen-Nr.7
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3534 Kbytes
Artikel-Nr.9703331
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Laut hallten seine Schritte durch die Gänge des Gefängnisses.

Kriminalhauptkommissar Max Madlener musste sich ins Zeug legen, um mit der Wärterin mitzuhalten, die ihm vorauseilte, durch videoüberwachte Türen, die von der Zentrale aus gesteuert wurden und mit einem deutlich hörbaren elektrischen Summton anzeigten, dass sie geöffnet werden konnten.

Madlener nahm einen vagen Geruch nach einer toxischen Mischung aus Desinfektionsmitteln, Schweiß und Angst wahr. Vielleicht war das auch nur Einbildung, aber er hatte ein Sensorium dafür. Das war in allen Gefängnissen so, und er war berufsbedingt schon in vielen gewesen.

Ein paar Tage - und vor allem Nächte - hinter Gittern genügten im Normalfall, um den scheinbar coolsten Untersuchungshäftling weichzukochen, das war seine Erfahrung.

Es gab Ausnahmen - Wiederholungstäter und Gewohnheitsganoven, die nicht zum ersten Mal einsaßen und für die es Routine war, den harten Hund zu geben, weil es zu ihrer Standesehre gehörte.

Oder Bessergestellte, die sich eine sündteure Anwaltskanzlei leisten konnten, deren Vertreter sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit wieder herauspauken würden.

Aber wer als durchschnittlicher Premierengast gesiebte Luft atmete und in einer Einzelzelle auf neun oder zehn Quadratmetern Gelegenheit zum Nachdenken über die Konsequenzen seines Tuns hatte, war normalerweise mehr oder weniger angeknockt.

Die meisten eher mehr.

Es war ein Schockerlebnis, wenn man zum ersten Mal in einer spartanischen Zelle auf seiner Pritsche lag, die muffige und kratzige Decke am Kinn, eine ganze Nacht über kein Auge zubekam, die graue Betondecke anstarrte, sich wieder und wieder den Kopf zermarterte, wie und warum man im Knast gelandet war und wie hoch wohl das Strafmaß ausfallen könnte, Schreie und Flüstern hörte und einem allmählich ins Bewusstsein einsickerte, dass die Tür von außen abgesperrt war. Ein Zustand, der, wenn man Pech, einen schlechten Anwalt oder einen überstrengen Richter hatte, vielleicht auf Jahre hinaus zementiert war. Am schlimmsten waren die frühen Morgenstunden zwischen der dunkelsten Nacht und der Dämmerung. Dann nämlich, wenn man sich vorstellte, dass vielleicht jemand den Schlüssel weggeworfen hatte. Da war schon so mancher auf dumme Gedanken gekommen.

Nicht umsonst war die Suizidgefahr bei Neuankömmlingen unverhältnismäßig groß. Für sie galten ganz besondere Sicherheitsvorkehrungen, das gehörte zum Standardausbildungsprogramm eines jeden Mitarbeiters einer JVA.

Die Justizvollzugsbeamtin, die vor Madlener hergegangen war, blieb schließlich vor einer Tür stehen, die sie ihm aufhielt, ohne ein Wort zu sagen.

In einem schlichten Vernehmungsraum mit vergitterten Fenstern wartete eine weitere weibliche Wärterin in der Ecke und nickte ihm zu.

Am Tisch in der Mitte des Raums saß eine junge Frau mit blondem Kurzhaarschnitt, die ihre Hände tief in den Taschen ihrer schwarzen Lederjacke vergraben hatte. Die Kajalschminke um ihre Augen war noch dicker als sonst, und ihre Lippen hatte sie zu einem trotzigen Strich zusammengepresst.

Harriet Holtby, Madleners frühere Assistentin und jetzige Kollegin.

Sie sah zu ihm hoch, ein Anblick, der Madlener erschreckte, weil er die Verzweiflung in ihrem waidwunden Blick erkennen konnte, aber er ließ sich nichts anmerken. Am liebsten hätte er sie jetzt in den Arm genommen und sie ganz fest gedrückt, aber das ging natürlich nicht.

»Hallo, Harriet«, sagte er.

Sie nickte.

Das war schon mal etwas. Wenigstens ignorierte sie ihn nicht.

»Hast du einen guten Anwalt?«, fragte er als Erstes.

»Nein«, antwortete sie. »Nicht mal einen schlechten.«

Ihr Versuch, einen Witz zu machen, fiel ziemlich kläglich aus. Er ignorierte ihn.

»Dann besorge ich dir einen.«

»Ich brauche keinen Anwalt«, sagte sie trotzig.

»Natürlich brauchst du einen. Ich kenne ein paar hervorragende Strafverteidiger.«

Harriet schüttelte entschieden den Kopf. »Ich will keinen Anwalt«, wiederholte sie.

Madlener insistierte: »Harriet, ich bin mir sicher, dass du unschuldig bist. Aber du bist nicht in der Lage, auf anwaltlichen Beistand zu verzichten. Dazu sind die Vorwürfe, die gegen dich erhoben werden, viel zu ernst.«

Sie zuckte mit den Schultern, gerade so, als ob sie das alles nichts anging.

»Ist mir egal«, sagte sie. »Ich bin schuldig. Wozu brauche ich da noch einen Anwalt?«

Aber Madlener kannte seine Kollegin viel zu gut, um zu wissen, dass ihre Gleichgültigkeit nur aufgesetzt war.

»Red keinen Blödsinn«, sagte er ungewöhnlich streng.

Er setzte sich ihr gegenüber und legte seine Hände mit den Handflächen nach oben auf den Tisch.

Es war eine auffordernde Geste.

Er wollte wenigstens ihre Hände nehmen in der Hoffnung, ihr durch die Berührung Trost und Zuversicht vermitteln zu können.

Sie sah ihn mit traurigen Augen an und ließ ihre Hände in den Taschen.

Madlener riss sich zusammen, obwohl er sie am liebsten gepackt und die Wahrheit aus ihr herausgeschüttelt hätte, weil er das alles nicht glauben konnte und wollte, was er bisher in der kurzen Zeit in Erfahrung gebracht hatte. Aber damit hätte er bei Harriet gar nichts erreicht, ganz im Gegenteil.

»Harriet, ich bin hier, um dir zu helfen«, beschwor er sie. »Erzähl mir, was passiert ist!«

»Das weißt du doch längst. Oder hast du die Akten nicht gelesen?«

»Ich will es aus deinem Mund hören. Mit deinen eigenen Worten.«

Wieder zuckte sie scheinbar unbeeindruckt mit den Schultern. »Ich habe ihn erschossen. Punkt. Das ist alles. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Und weißt du was - ich bereue es nicht. Kein bisschen, um ehrlich zu sein.«

Madlener erkannte das kurze Aufblitzen von Hass in ihren Augen und wusste, dass sie in diesem Augenblick die Wahrheit sagte.

Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit.

So schrecklich sie auch war.

Nach einer kurzen Pause, in der sie sich anschwiegen - Madlener, weil er nach diesem unerwarteten Bekenntnis erst einmal sprachlos war, und Harriet, weil sie alles gesagt hatte, was es für sie zu sagen gab -, erhob sich Harriet. Sie zeigte der Wärterin mit einer Kopfbewegung an, dass für sie die Unterredung beendet war und sie den Vernehmungsraum wieder verlassen wollte.

»Himmelherrgott noch mal - Harriet!«, regte sich Madlener auf und schoss von seinem Stuhl hoch. »Jetzt hör mir doch erst mal zu! Wir müssen reden, uns eine Strategie ausdenken!«

Aber Harriet sah ihn nur kurz mit diesem abgrundtief traurigen Blick an und wandte sich ab. »Ich wüsste nicht, warum. Die Tatsachen sprechen für sich. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.«

In diesem Moment wusste er, dass es sinnlos war, sie weiter zu bedrängen und umstimmen zu wollen. Wenn Harriet sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es so gut wie unmöglich, sie davon abzubringen.

»Danke für deinen Besuch«, sagte sie noch kaum hörbar, bevor sie, von ihrer Wärterin begleitet, durch die zweite Tür in Richtung Zellentrakt verschwand.

Wie zur Salzsäule erstarrt registrierte Madlener, dass die Tür mit einem satten Klicken ins Schloss fiel.

Er ballte seine Hände zu Fäusten, um nicht vor blinder Wut und Ratlosigkeit auszuflippen. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt.

In ihrem verhängnisvollen Fatalismus schien Harriet alles egal zu sein.

Aber was hätte er machen sollen?

Den Stuhl packen und ihn gegen die Tür hämmern?

Als Beweis dafür, dass er zu Recht in Kollegenkreisen den Spitznamen »Mad Max« führte? Um allen zu zeigen, wozu er in der Lage war, wenn er wirklich in Rage geriet?

Damit würde er nur Leuten wie seinem Vorgesetzten Kriminaldirektor Cornelius Munition dafür liefern, ihn endgültig für unzurechnungsfähig und somit dienstunfähig zu erklären.

So wie es seine Vorgänger schon versucht hatten.

Den Gefallen wollte er ihnen nicht tun, ganz bestimmt nicht.

Madlener merkte, wie ihm tausend Gedanken gleichzeitig nur so durch den Kopf schossen.

Er spürte, dass er wirklich kurz davor war, vollkommen die Kontrolle zu verlieren.

Aber wenn er jetzt ausrastete, schadete er nur sich und vor allem Harriet. Sollte er sich nicht zusammenreißen können und sich selbst durch seine Unbeherrschtheit aus dem Spiel kegeln, dann war Harriet auf sich allein gestellt.

Dann konnte er nichts mehr für sie tun.

Das durfte er auf keinen Fall zulassen. Sie war wahrlich auf jede Hilfe angewiesen, die sie kriegen konnte. Und nur er war kraft seines Amtes dazu in der Lage, sie aus ihrer aussichtslosen Lage herauszuboxen, in die sie sich selbst manövriert hatte.

Egal wie.

Schließlich kannte niemand sie so gut wie er.

Obwohl - in diesem sterilen Verhörraum mit seinen nackten Wänden, von denen die Farbe abblätterte, war er sich plötzlich nicht mehr sicher, ob er Harriet auch nur ansatzweise kannte.

Er hatte immer schon geahnt, dass sie im übertragenen Sinn einiges an schwerem Gepäck aus ihrer Vergangenheit mit sich herumschleppte.

Etwas, das sie nicht einmal ihm anvertrauen mochte.

Das, was sie getan hatte, konnte nur irgendwie mit ihrer Vergangenheit zusammenhängen, da war er sich sicher.

Aber um hinter dieses dunkle Geheimnis zu kommen, musste sie ihm gegenüber absolut ehrlich sein und alle Karten auf den Tisch legen.

Wirklich alle.

Selbst wenn es noch so schmerzhaft war.

Was für ein Geheimnis konnte so unsagbar furchtbar für sie sein, dass sie sich ihm nicht offenbaren konnte oder...
mehr

Autor

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film, studierte Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.