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Die Erfindung der Wirklichkeit

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
485 Seiten
Deutsch
Folio Verlagerschienen am23.08.20221. Auflage
Eine surreale Gesellschaftssatire auf Allmachtsfantasien und die Absurdität der gegenwärtigen Medienwelt. Inmitten einer Schaffenskrise kommt dem Londoner Schriftsteller Daniel Bloch die zündende Idee: Warum nicht eine Geschichte über seinen Freund Oscar Babel erfinden? Das leere Leben des notorischen Langweilers mit Fiktion füllen? Doch während Bloch sich zum Schöpfer aufschwingt, entwickeln die Geister, die er rief, ein unheimliches Eigenleben. Was er schreibt, wird allmächlich Wirklichkeit! So gerät Oscar in die Fänge des teuflischen Spindoktors Ryan Rees und ins Zentrum eines entfesselten Medienhypes, der immer bedrohlichere Ausmaße annimmt ... Ruhm, Identität, Wirklichkeit: alles lässt sich medial fabrizieren. Baret Magarian entführt uns in eine fantastische Welt, in der Kunst und Künstlichkeit, Liebe und Wahnsinn, das Reale und das Erfundene einen rauschhaften Sog entfalten - eine Welt, die längst unsere eigene ist. --- Es gibt keine Wirklichkeit mehr. Du bestimmst, was wirklich ist! Ein 'Meister und Margarita' für das 21. Jahrhundert.

Baret Magarian, in London geboren, anglo-armenische Wurzeln, lebt in Florenz. Er hat u. a. für die Times und den Guardian geschrieben und als Dozent, Theaterregisseur, Übersetzer, Musiker und Aktmodell gearbeitet. Seine Bücher sind in Großbritannien und Italien erschienen, u. a.: Mirror and Silhouette (2018) und Melting Point (2019). Der vorliegende Roman ist sein international hochgelobtes Debüt.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextEine surreale Gesellschaftssatire auf Allmachtsfantasien und die Absurdität der gegenwärtigen Medienwelt. Inmitten einer Schaffenskrise kommt dem Londoner Schriftsteller Daniel Bloch die zündende Idee: Warum nicht eine Geschichte über seinen Freund Oscar Babel erfinden? Das leere Leben des notorischen Langweilers mit Fiktion füllen? Doch während Bloch sich zum Schöpfer aufschwingt, entwickeln die Geister, die er rief, ein unheimliches Eigenleben. Was er schreibt, wird allmächlich Wirklichkeit! So gerät Oscar in die Fänge des teuflischen Spindoktors Ryan Rees und ins Zentrum eines entfesselten Medienhypes, der immer bedrohlichere Ausmaße annimmt ... Ruhm, Identität, Wirklichkeit: alles lässt sich medial fabrizieren. Baret Magarian entführt uns in eine fantastische Welt, in der Kunst und Künstlichkeit, Liebe und Wahnsinn, das Reale und das Erfundene einen rauschhaften Sog entfalten - eine Welt, die längst unsere eigene ist. --- Es gibt keine Wirklichkeit mehr. Du bestimmst, was wirklich ist! Ein 'Meister und Margarita' für das 21. Jahrhundert.

Baret Magarian, in London geboren, anglo-armenische Wurzeln, lebt in Florenz. Er hat u. a. für die Times und den Guardian geschrieben und als Dozent, Theaterregisseur, Übersetzer, Musiker und Aktmodell gearbeitet. Seine Bücher sind in Großbritannien und Italien erschienen, u. a.: Mirror and Silhouette (2018) und Melting Point (2019). Der vorliegende Roman ist sein international hochgelobtes Debüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783990371336
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum23.08.2022
Auflage1. Auflage
Seiten485 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1705 Kbytes
Artikel-Nr.9803420
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
I
DIE IDEE

II
DER GURU

III
DIE ORGIE
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Leseprobe

1

Der Tag brach an und erweckte den Anschein von Reinheit. Einen Moment lang hätte das Licht auch das der Schöpfung sein können. Dann, mit dem Wimpernschlag, der die letzten Augenblicke der Nacht von den ersten des Morgens trennt, verschwand der fahle Umriss des Mondes, und der Himmel wurde zu einer belebenden Infusion von Blau. Hoch oben, am Fenster seines Arbeitszimmers, stand ein Mann und schaute zu, während er darauf wartete, dass die Stadt erwachte. Unbestimmte Geräusche des Lebens drangen zu ihm herauf und überschwemmten ihn mit Erinnerungen. Staubkörner kreiselten träge in den Sonnenstrahlen. Er dachte, dass London dem Verstand glich und dass die Straßen, Wege, Abwasserkanäle und Tunnel der Stadt an Teile des Gehirns erinnerten, dass ihr komplexes Gefüge der Verschlungenheit von Gedächtnis und Denken entsprach. Nachdem er die Morgendämmerung erblickt hatte, setzte er sich hin und tippte rasch ein paar Wörter.

21. Mai. Immer noch keine neuen Ideen. Ob Barny mir aufs Dach steigen wird?

Das Herzstück des Arbeitszimmers war ein prächtiger Schreibtisch aus Mahagoniholz, und der einzige Gegenstand darauf war eine alte Underwood-Schreibmaschine. Er konnte Computer nicht ausstehen und versuchte so wenig wie möglich mit Technik in Berührung zu kommen, was ihm wunderbar altmodisch erschien. Der Dielenboden war mit Stiften, Büchern, Papier übersät. Unten auf der Straße sah er einen Jungen, der Zeitungen austrug, und eine Dame, die ihren Pudel spazieren führte. Etwas weiter entfernt kämpfte ein Mann mit dem Vorhängeschloss seines Fischstandes. Er beobachtete sie noch ein bisschen.

Schluss mit dem banalen Mist. Zeit für etwas Neues. Barny soll mir ruhig aufs Dach steigen, aber ich werde nicht für ihn tanzen. Ich habe zu lange für Natalie getanzt. Und vor fünf Jahren habe ich meinen Dad von der Tanzfläche geworfen, als er sich dort mit ihr zusammengetan hat. Der alte Bock.

Eier. Er hatte plötzlich Lust auf Eier. Er ging in die Küche, fand welche, schlug sie mit der Präzision eines Kochs auf und sah zu, wie sie im Fett seiner verbeulten Bratpfanne brutzelten und ploppten. Er förderte eine Teekanne aus einem ramponierten Küchenschrank zutage und deckte sorgfältig einen Teller und Besteck auf. Als der Toast fast fertig war, klingelte das Telefon. Es war noch viel zu früh für einen Anruf.

Hab ich dich geweckt?

Was ist los?

Nicht am Telefon. Ich war die ganze Nacht wach. Können wir uns treffen? Ich muss mit dir reden. Dringend.

Wann? Etwa jetzt gleich?

Sagen wir, in ein paar Stunden? Kannst du ins Kino kommen? Da bin ich gerade. Wir könnten im Vorführraum reden. Ich muss dich unbedingt sehen.

Im Kino? Gehst du da eigentlich irgendwann auch mal raus? Na gut. Dann so um acht. Gibt es da eine Klingel oder so? Soll ich klopfen? Was soll ich tun?

Ich lass die Hintertür offen. Geh einfach rein.

Hat die Tür irgendwelche besonderen Merkmale?

Nein. Sie ist einfach nur schwarz und rostig.

Daniel Bloch legte den Hörer auf und aß sein Frühstück. Was er sich von diesem Tag versprochen hatte, schien bereits zunichtegemacht.

Oscar Babel war Vorführer im Eureka, einem heruntergekommenen Kino in Camden und eines der letzten in London, die noch einen altmodischen Projektor mit riesigen, langsam rotierenden Filmrollen verwendeten. Manchmal kam sich Bloch wie Oscars Ersatzvater vor: Er gab ihm Ratschläge, lud ihn zum Essen ein, stellte ihn einflussreichen Leuten vor. Sie hatten sich vor zehn Jahren kennengelernt, als Bloch ihn aus einem Pub hatte wanken sehen, vom Alkohol gezeichnet. Beim Anblick dieser auffälligen und doch schemenhaften Gestalt hatte er an einen Kinderwagen denken müssen, der irgendwie auf einer Rennbahn gelandet war, verloren herumrollte und schrecklich verletzlich aussah. Er hatte Oscar in ein Taxi gesetzt und dem Fahrer eine Zwanzig-Pfund-Note in die Hand gedrückt. Am nächsten Morgen hatte Oscar ihn angerufen, um ihm zu danken. Aber Bloch konnte sich nicht erinnern, ihm seine Nummer gegeben zu haben. Als sie sich schließlich auf einen Drink trafen, hatte Oscar ihm ein kleines Geschenk mitgebracht, eine Spieldose aus Elfenbein, vielleicht das Einzige, was Oscar besaß, an dem ihm wirklich etwas lag. Bloch hatte ihm Zutritt zu seinem Leben gewährt. Er vermutete, dass er ihm nicht ohne Grund begegnet war, und ließ die Sache auf sich beruhen. Derweil betrachtete Oscar seinen neuen Freund als eine intellektuelle Bereicherung und einen Lichtblick in seinem ansonsten atrophischen Leben. Früher war er ein vielversprechender Künstler gewesen, jetzt verdiente er seinen Lebensunterhalt mit dem Vorführen von Filmen, dem unsichtbarsten Beruf, den man sich denken konnte, nachdem er die Malerei trotz seines offenkundigen Talents an den Nagel gehängt hatte. Manchmal stellte Bloch ihn sich als einen großen Fisch vor, der durch die Wolken des Meeres driftete, die gigantische Pflanzenwelt beäugte und die wundersame Schönheit bestaunte, die an ihm vorübertrieb, während er selbst immer tiefer Richtung Meeresboden sank. Eine Vergessenheit, die Oscar nicht suchte, fand ihn ständig.

Nach einer einschneidenden Rasur beschloss Bloch, zu Fuß zum Kino zu gehen und einen Schlenker über den Regent s Park zu machen.

Der Morgen warf die Schalen seiner Geburt ab. Die Menschen kamen aus ihren Behausungen und wappneten sich für den mörderischen Weg zur Arbeit. Diejenigen in Anzug und Krawatte sahen bereits aufgelöst aus, und der Schweiß stand ihnen auf der Stirn.

Nachdem er das Tor zum Park passiert hatte, stellte Bloch überrascht fest, dass ein paar Leute ein Sonnenbad nahmen. Trotz der frühen Stunde schwatzten die Menschen schon unentwegt in ihre Mobiltelefone. Inzwischen war es ziemlich heiß und es schien, als würde das immer so bleiben. Da er sehr schnell ging, hatte er schon bald die andere Seite des Parks erreicht. Er nahm sich einen Augenblick Zeit, um das üppige Grün der Bäume zu genießen, bevor er sich dem Ausgang zuwandte und auf eine große Straße hinaustrat. Als er sie überquerte, traf ein Sonnenstrahl von der Schärfe eines Lasers die schmutzigen Fassaden verwahrloster Häuser. Einen Moment lang entflammte die Wirklichkeit in einem herrlichen Inferno. Doch dann verschwand die Sonne hinter einer Wolke, und alles fiel wieder in die Tristesse städtischen Niedergangs zurück.

Das Eureka Cinema machte einen ausgedienten Eindruck. Er spähte durch die Fenster, um zu schauen, ob jemand drinnen war. Keine Menschenseele. Kinos haben kein Morgenleben, dachte er. Gemächlich schlenderte er um das Gebäude herum und fand die Hintertür unverschlossen vor, genau wie Oscar gesagt hatte.

Drinnen war es stockfinster. Der abrupte Wechsel vom Tageslicht zur Dunkelheit ließ helle Flecken vor seinen Augen tanzen. Er fand sich in einem kleinen Raum wieder, wo ein Tisch und ein Stuhl aus Schmiedeeisen einträchtig vor sich hin rosteten. Auf dem Tisch lag ordentlich aufgeschlagen eine Zeitung. Eine Schiebetür stand offen. Er ging hindurch und rief nach Oscar. Sein Weg führte durch eine Kammer mit Werkzeug, das auf den Arbeitsflächen herumlag. Eine staubige Tischlampe verströmte arthritisches Licht. Oscar war nicht da. Er hörte das laute Surren des Filmprojektors, ein Geräusch, das zusammen mit dem bleichen Licht und der schwarzen Wand eine beklemmende Stimmung schuf. Er tastete sich ein paar Stufen hinunter und gelangte schließlich in ein Kabuff, bei dem es sich um den Vorführraum handeln musste. Zwei große Metallscheiben mit einem Durchmesser von etwa einem Meter drehten sich langsam im Kreis. Auf ihnen ruhten die Filmrollen, die den Projektor fütterten. Der Kreislauf des Zelluloidstreifens, der das flackernde Bild auf der Leinwand draußen im Saal am Leben hielt, hatte etwas Unerbittliches an sich. Durch eine schmale Wandöffnung folgte Bloch ein paar Minuten lang dem Film, der ohne Ton vor leeren Sitzreihen lief. Eine Frau mit durchscheinendem blonden Haar war in Großaufnahme zu sehen, ihre Lippen bewegten sich. Sie wirkte verstört und schien um etwas zu flehen. Als Bloch sich abwandte und wieder in die Dunkelheit blickte, brannte sich das verschwommene Bild auf seiner Netzhaut ein. Während er noch über diesen Effekt nachdachte, spürte er eine leichte Berührung an der Schulter. Er fuhr herum und sein Gesicht streifte das von Oscar.

Himmel, hast du mich erschreckt , stieß Bloch hervor.

Tut mir leid, das war keine Absicht. Gehen wir dort rüber, da ist es nicht so laut.

Bloch sah zu ihm auf, als stellte er zum ersten Mal überrascht fest, wie groß er war. Er musste einiges über eins achtzig sein. Einen Moment lang beneidete er ihn um sein jugendliches, hübsches Gesicht. Es trug noch die Insignien der Unschuld, blaue Augen, die sich in stummer Verwunderung...
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Autor

Baret Magarian, in London geboren, anglo-armenische Wurzeln, lebt in Florenz. Er hat u. a. für die Times und den Guardian geschrieben und als Dozent, Theaterregisseur, Übersetzer, Musiker und Aktmodell gearbeitet. Seine Bücher sind in Großbritannien und Italien erschienen, u. a.: Mirror and Silhouette (2018) und Melting Point (2019). Der vorliegende Roman ist sein international hochgelobtes Debüt.