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Berge Meere und Giganten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
688 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am20.06.20131. Auflage
Ein Meilenstein des utopischen Romans Megacities, Gentechnik, abschmelzendes Grönland-Eis - viele Themen dieses apokalyptischen, bildgewaltigen Zukunftsromans sind längst zu Themen unserer Gegenwart geworden. Döblins beunruhigende Frage »Was wird aus dem Menschen, wenn er so weiterlebt?« ist der Antrieb eines utopischen Erzählens zwischen Science & Fiction, das ?Berge Meere und Giganten? mit Romanen wie George Orwells ?1984? oder Frank Schätzings ?Der Schwarm? verbindet. Mit einem Nachwort von Gabriele Sander.

Alfred Döblin, 1878 in Stettin geboren, arbeitete zunächst als Assistenzarzt und eröffnete 1911 in Berlin eine eigene Praxis. Döblins erster großer Roman erschien im Jahr 1915/16 bei S. Fischer. Sein größter Erfolg war der 1929 ebenfalls bei S. Fischer publizierte Roman ?Berlin Alexanderplatz?. 1933 emigrierte Döblin nach Frankreich und schließlich in die USA. Nach 1945 lebte er zunächst wieder in Deutschland, zog dann aber 1953 mit seiner Familie nach Paris. Alfred Döblin starb am 26. Juni 1957.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextEin Meilenstein des utopischen Romans Megacities, Gentechnik, abschmelzendes Grönland-Eis - viele Themen dieses apokalyptischen, bildgewaltigen Zukunftsromans sind längst zu Themen unserer Gegenwart geworden. Döblins beunruhigende Frage »Was wird aus dem Menschen, wenn er so weiterlebt?« ist der Antrieb eines utopischen Erzählens zwischen Science & Fiction, das ?Berge Meere und Giganten? mit Romanen wie George Orwells ?1984? oder Frank Schätzings ?Der Schwarm? verbindet. Mit einem Nachwort von Gabriele Sander.

Alfred Döblin, 1878 in Stettin geboren, arbeitete zunächst als Assistenzarzt und eröffnete 1911 in Berlin eine eigene Praxis. Döblins erster großer Roman erschien im Jahr 1915/16 bei S. Fischer. Sein größter Erfolg war der 1929 ebenfalls bei S. Fischer publizierte Roman ?Berlin Alexanderplatz?. 1933 emigrierte Döblin nach Frankreich und schließlich in die USA. Nach 1945 lebte er zunächst wieder in Deutschland, zog dann aber 1953 mit seiner Familie nach Paris. Alfred Döblin starb am 26. Juni 1957.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104024868
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum20.06.2013
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten688 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1816 Kbytes
Artikel-Nr.1282859
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erstes Buch

Die westlichen Kontinente



ES LEBTE niemand mehr von denen, die den Krieg überstanden hatten, den man den Weltkrieg nannte. In die Gräber gestürzt waren die jungen Männer, die aus den Schlachten zurückkehrten, die Häuser übernahmen, welche die Toten hinterlassen hatten, in ihren Wagen fuhren, in ihren Ämtern dienten, den Sieg ausnutzten, die Niederlage überstanden. In die Gräber gestürzt die jungen Mädchen, die so schlank und blank über die Straßen gingen, als wäre nie ein Krieg zwischen Männern in Europa gewesen. In die Gräber gestürzt die Kinder dieser Männer und dieser Frauen, die heranwuchsen, an den Häusern bauten, die sie übernommen hatten, die Fabriken bevölkerten, die die Toten errichtet und stehen gelassen hatten.

Geschlecht um Geschlecht war wie von einer langsam rutschenden Wand umgelegt worden. Sie begaben sich in die dunklen Wohnungen, die die Elemente bereiteten. Hinter ihnen wurden schon die neuen Geschlechter emporgehoben, fluteten aus geöffneten Schleusen über die verlassene Welt.

Immer waren wieder blanke junge Mädchen da. Junge Männer mit glänzendem zurückgekämmtem Haar, lebhaften Augen, frischen Mündern und Backen, die gern lächelten. In den Alleen Alte an Stöcken mit abwesenden Blicken, und winzige Geschöpfe in weißem Leinenzeug, die mit schrumpfligen Fingerchen sich vor das blinzelnde rosige Gesicht griffen. Am Himmel bewegte sich das stille blitzende Licht, das morgens erschien und abends unterging. Die Erde drehte sich in Tag und Nacht. Trug Erdteile Meere Gebirge Flüsse mit sich. Gab von Jahr zu Jahr neuen Sommer und Winter von sich. Wälder wurden von ihr hochgewälzt; sie stürzten ein; sie trieb neue auf. Schmetterlinge hauchte sie für ein paar Tage hin. Fische Landtiere Vögel Ameisen Käfer Schnecken wuchsen und zerfielen.

Die Menschen der westlichen Völker hinterließen ihren Nachkommen das Eisen die Maschinen, Elektrizität, die unsichtbaren stark wirkenden Strahlungen, die Berechnung zahlloser Naturkräfte. Man hatte Apparate von ungeheurer Macht. Wie die neuen Menschen ins Leben traten, jubelten sie über die Aufgabe, die vor ihnen lag. Es war ihnen gleich, daß ihnen der Weg vorgezeichnet war; sie und dieser Weg konnten sich nicht trennen. Diese Maschinen, Apparate, für die die glanzvollsten reichsten Lehrstätten gegründet wurden, die die anderen Wissenschaften verdrängt und banal gemacht hatten, unernst und ärmlich, wurden Saugapparate, die von Jahrhundert zu Jahrhundert, zuletzt von Jahrzehnt zu Jahrzehnt intensivere Kraft entfalteten.

Wie die Apparate und Einrichtungen da standen, sprühend an Vermögen, wurden die Menschen gedrängt, sie über die Länder zu führen. Die Erfindungen waren Zauberwesen, die ihnen aus den Händen glitten und sie hinter sich herzogen. Die Menschen fühlten, es war ihr Wille, der vor ihnen flog.

Um Europa und Amerika lagen die Länder, denen man die Macht der Apparate zeigen mußte, wie ein Liebhaber seine süße Geliebte strahlend über die Straßen führt. Jeder bewundernde Blick fährt ihm wonnig ins Herz; er geht neben ihr, ihren Arm haltend, die ihn verschämt anblickt, blickt stolz nach allen Seiten. Sie drangen in die östlichen und südlichen Kontinente ein. Die Winde der Atmosphäre flossen um die Erdkugel, strömten von wärmerer nach kälterer Erde, stiegen auf, flossen oben ab. Sie wehten, die heiße Zone verlassend, nach Süden und Norden hin; die drehende Erde bog sie zur Seite. Gewaltig die Meeresströmungen, die das gleichmäßige Wasser durchdrangen. Von regelmäßigen breiten Furchungen waren die küstennahen Meere durchzogen, den Strandlinien parallel: Wellen in ungeheurer Bewegung setzten an, unablässig aus der Ferne nachdrängend; einförmig ihr Weg; sie schmetterten gegen den Strand. Den Apparaten der Menschen war nicht vorgeschrieben, wohin sie sich zu wenden hatten. Die fliegenden Menschen durchzuckten jede warme und kalte Luft, mochte sie über dem Boden östlich oder westlich schwimmen, oder in dem Kalmengürtel sich langsam über dem tropischen Boden erheben. Ölschiffe Unterwasserboote sausten fegten durch jedes Wasser; wie ein Messer in der Hand des Chirurgen, das das Gefäß umschneidet überschneidet. Die Menschen drangen in die weiträumigen Landschaften ein, Gebirge und Tiefebenen, heiße und kalte Gegenden tragend, die Asien heißen. Die schweifenden fellbekleideten Wogulen Ostjaken Jakuten Tungusen wichen von ihnen erschreckt und höhnisch ab. Die gelben Völker, Chinesen Japaner, wehrten sich nicht, aber nahmen ihnen die Apparate aus der Hand.

Auf Afrika richteten die blassen eisengetriebenen Männer und Frauen ihre Augen. Der uralte noch immer traumverlorene Erdteil. Über die blaugrüne Fläche des Mittelmeeres fuhren von Norden her wie Geschosse die Schiffe der weißen Völker. Die Randgebirge überflogen die leichten Menschen. Siebzig Breitengrade überdeckte der plumpe Erdkoloß.

Am Mittelmeer lagen die Reste der kleinen arabischen Siedlungen, noch von Räubern Entarteten Ungezähmten bewohnt, die Zufluchtsstätte der nordischen Verbrecher, Kampfzentra gegen die erdumspannende Gesellschaft und ihre knebelnde Sicherheit, auch Schmarotzerherde, wie Polizisten und Richter die Blößen der Gesellschaft erspähend, um sie auszubeuten. Sie züngelten viperartig vor. Aus den Jammerlöchern um die Große Syrte, aus Trabulus Lebda Masrata, die verfallen waren wie altbabylonische und ägyptische Städte, stiegen die zahllosen Männer und Frauen, die während vieler Jahrzehnte den europäischen Stier stichelten und quälten. Über sie brausten die weißen Männer und Frauen in kleinen fliegenden Apparaten weg, über die Randgebirge in die heiße große Wüste.

Die Wüste, das mächtige Wesen, zog sich fünfzehn Breitengrade hin, hinter den Bergketten von Marokko bis Tunis versteckt, von Mauretanien und den Zugstraßen der braunen Tuaregs bis zu alten Weideplätzen der berberischen Aulad Soliman. Sie streckte sich, von den Küstenterrassen herwachsend, mit Ebenen Gebirgsstöcken Dünen grau und weiß unter der Sonne aus, die fast gesichtsnah auf ihr lag. Kiesebenen und Steinwüsten ließ sie wechseln. Der Wind zehrte an den nackten glühenden Hügeln, zerrieb mit Sand die Felsen, die Hitze zersprengte zermürbte die Felsen. Wirbelstürme arbeiteten wetzend. Langsam zerfielen die uralten Gebirge der Erde. Aus der Masse des gelben und weißen Flugsandes stiegen schwarze Hügel Klippen hervor. Neben den Steinplateaus der Hammada al-Hamra lagen die niederbrechenden niedersinternden Trümmerfelder des zernagten Serirs. Der Kalk trat zutage, der den schwarzen zerriebenen Sandstein trug; in Dünen wurde alles zu Sand hingelegt. Tibesti das wilde Gebirge, das im Süden zwei Breitengrade überdeckte; dunkelfarbige Blöcke, massig aufeinander gestuft, kahl und nackt. Aus den senkrechten Wänden rieselte stäubte unter dem saugenden Gluthauch der bläuliche grüne weiße Kalkstein. Riesenwürfel bröckelten glitten langsam von den skelettierten Bergen ab, die Hügel flachten sich ab, schoben sich zu Steinflächen aus mit schwankenden Pfeilern und Säulen. Sechshundert öde Kilometer von Ost nach West das Steinland, die Hammada al-Hamra; der Boden gab sich nur dem Wind und der Sonne her; dünner Sand trieb über ihn hin. Zweihundert tote Kilometer wogte das Land südwärts. Wasserlose Ebenen nach Südosten hin. Dies war Fessan. In den kahlen Kalkebenen zwischen den schwarzen Bergen des Tibesti wohnten die Tedas. Lebten mit dem rasenden Wind, der in Wirbeln über die Platten ihres Landes strich, unter den graugelben Sandhosen, die über den Ebenen hinschwebten. Nadlige Tamariskenbüsche stiegen aus dem gedörrten Boden auf, Sajalakazien, breitkronige Bäume. Selten quoll trübes Wasser zur Oberfläche auf, zu den Disteln Dornbüschen Halfagras. In den zerstreuten spärlichen Pflanzungen stand die Dattelpalme; tief ließ das schlanke anmutige Pflanzengeschöpf seine saugenden Wurzeln in die feuchte Bodenschicht hängen, wiegte auf dem hohen Stamm seine buschige Krone. Die Tedas der Wüste hatten zierliche magere Leiber, dunkelgelblich ihre Haut, die platte Nase hing herab, wulstig die Lippen, der falsche lauernde Blick, nicht haftend wie der der Zwergvölker der Büsche. In ihren dunklen Hemden, den dunklen Schal vor Mund und Nase, Ledersäckchen mit Zauber an Turban Hals Arm zogen sie mit Kamelen von Brunnen zu Brunnen. Kamelmilch und Datteln ihre Nahrung, die ihre Zähne zu braunen Stummeln auflöste. Die Haut unter ihren Sohlen so hornig, daß sie über Kiesel und heißes Schiefergestein laufen konnten. Gebleichte Kamelknochen, die sie fanden, pulverten sie, rührten das Pulver mit Blut, das sie einer Ader der Tiere entnahmen zu Teig; daran sättigten sie ihren Leib. Die Lederringe an ihren Messern zerklöppelten sie mit Steinen, kochten zerschnitten sie, sättigten sich. Nachts schwieg der Sandwind. Wenn an dem tiefdunklen klaren Himmel glänzende Lichter hervortraten, die große Mondkugel im silbernen Äther hoch schwebte, erhoben sie sich stumm aus dem Felsschatten, ein Fatiha murmelnd, wanderten stumm unverschleiert weiter. Tuaregs wuchsen wie sie auf den Flächen der westlichen Wüste; magere mißtrauische Menschen mit zweizinkigen kurzen Wurfeisen und Speeren.

Über den Wellen und Bergketten der Wüste erschienen die weißen getriebenen Flieger. Von den Lagerplätzen der Nomaden trugen sie ängstliche junge mit Gewalt mit sich fort, setzten sie nach Stunden wieder bei ihrer hinstürzenden Horde aus. Die Tedaleute ließen sie bei sich übernachten. Wie der Mond aber sein weißes Licht über die Landschaft goß, lagen die bronzehäutigen Männer vor den Zelten der Fremden, im Schatten, lüfteten lautlos die Wand, warfen Speere. Kaum eine Handbreit flogen die ins Dunkle. Zum Entsetzen der sich hinwerfenden Tedas prallten die eisernen...

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Autor

Alfred Döblin, 1878 in Stettin geboren, arbeitete zunächst als Assistenzarzt und eröffnete 1911 in Berlin eine eigene Praxis. Döblins erster großer Roman erschien im Jahr 1915/16 bei S. Fischer. Sein größter Erfolg war der 1929 ebenfalls bei S. Fischer publizierte Roman >Berlin Alexanderplatz