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Geschichte Afrikas

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
531 Seiten
Deutsch
Reclam Verlagerschienen am17.02.2023Aktual. und erweiterte Ausgabe 2023
Lange hielt der Westen Afrika für einen »geschichtslosen Kontinent«. Dabei war das spätantike Reich von Axum im heutigen Äthiopien das erste christliche Königreich, und in mittelalterlichen Zentren wie Timbuktu blühten die Wissenschaft, der Handel und die islamische Religion. Winfried Speitkamp beschreibt die Vielfalt der Kulturen und Gesellschaftsformen insbesondere südlich der Sahara, die durch den europäischen Kolonialismus ab dem 19. Jahrhundert unterdrückt wurde. Dabei geht er auch auf die Umbrüche ein, die der afrikanische Kontinent seit der Befreiung von der Fremdherrschaft immer wieder erlebt. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Winfried Speitkamp, geboren 1958, war von 2010 bis 2017 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Kassel sowie von 2017 bis 2022 Präsident der Bauhaus-Universität Weimar, dort zugleich Professor für Kulturgeschichte der Moderne. Seit Februar 2022 ist er Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Bei Reclam erschien zuletzt die erweiterte Neuausgabe seiner Deutschen Kolonialgeschichte .
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,80
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextLange hielt der Westen Afrika für einen »geschichtslosen Kontinent«. Dabei war das spätantike Reich von Axum im heutigen Äthiopien das erste christliche Königreich, und in mittelalterlichen Zentren wie Timbuktu blühten die Wissenschaft, der Handel und die islamische Religion. Winfried Speitkamp beschreibt die Vielfalt der Kulturen und Gesellschaftsformen insbesondere südlich der Sahara, die durch den europäischen Kolonialismus ab dem 19. Jahrhundert unterdrückt wurde. Dabei geht er auch auf die Umbrüche ein, die der afrikanische Kontinent seit der Befreiung von der Fremdherrschaft immer wieder erlebt. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Winfried Speitkamp, geboren 1958, war von 2010 bis 2017 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Kassel sowie von 2017 bis 2022 Präsident der Bauhaus-Universität Weimar, dort zugleich Professor für Kulturgeschichte der Moderne. Seit Februar 2022 ist er Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Bei Reclam erschien zuletzt die erweiterte Neuausgabe seiner Deutschen Kolonialgeschichte .
Details
Weitere ISBN/GTIN9783159620121
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum17.02.2023
AuflageAktual. und erweiterte Ausgabe 2023
Seiten531 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6676 Kbytes
Illustrationen13 Karten/Tabellen
Artikel-Nr.11137202
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Der ferne Kontinent
Afrika bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts Zeittafel Formen gesellschaftlicher Organisation
Auf dem Weg zur Staatlichkeit? Politische Formationen und Reiche
Bevölkerung, Umwelt, Wirtschaft Religion und Kultur
Begegnungen und kultureller Transfer
Sklaverei und Sklavenhandel

Ein Kontinent in Bewegung
Das lange 19. Jahrhundert Afrikas
Zeittafel Politische Entwicklungen und Staatenbildungen Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft
Andere Begegnungen: Europäische Reisende in Afrika Afrikanische Religion, islamische Revolution und christliche Mission
Koloniale Expansion und Aufteilung Frühe Widerstände, Kriege und Aufstände gegen die Kolonialherrschaft

Die Herausforderung eines Kontinents Afrika in der Kolonialzeit
Zeittafel
Die Kolonialreiche: Prinzipien, Verfassung, Verwaltung
Der Kolonialstaat: Herrschaft und Teilhabe Koloniale Wirtschaft
Bevölkerung, Gesellschaft, Lebensformen
Mission, Bildung, Religion Politische Bewegungen und gesellschaftlicher Aufbruch

Ein Kontinent im Umbruch
Das nachkoloniale Afrika
Zeittafel
Übergänge: Wege der Entkolonialisierung
Krieg und Unabhängigkeit Nation und politisches System
Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft
Bildung, Wissenschaft, Kirche Die Wende

Anhang
Literaturhinweise
Verzeichnis der Tabellen
Verzeichnis der Karten Register
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Leseprobe

Einleitung

Die Zukunft Afrikas ist offen. Nach wie vor dominieren in Öffentlichkeit und Wissenschaft Katastrophenmeldungen und Untergangsprophezeiungen. Wenn Afrika ins Gespräch kommt, berichten die Medien über Kriege und Völkermord, über warlords und Kindersoldaten, über Diktatur, Korruption und Staatsverschuldung, über Dürre, Hunger und Aids. Zur Jahrtausendwende erregten namhafte deutsche Afrika-Wissenschaftler mit einem Memorandum Aufsehen, das ein außerordentlich düsteres Bild der Zukunft dieses Kontinents zeichnete. Aber zugleich gab es ermutigende Zeichen eines Aufbruchs. Die weltpolitische Wende von 1990 erfasste auch Afrika. Zahlreiche autoritäre Regime brachen zusammen. In vielen Staaten wurden Mehr-Parteien-Systeme eingerichtet, Wahlen durchgeführt und Verfassungsreformen eingeleitet. Und nicht nur kleine Eliten beteiligten sich, vielmehr kamen breite öffentliche Kontroversen über die politische Zukunft in Gang. Auch setzten sich afrikanische Gesellschaften aktiv mit belasteter Vergangenheit auseinander. Die Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika, eingesetzt nach Jahrzehnten der Apartheid, und die Gacaca-Justiz in Ruanda nach dem Völkermord von 1994 zeugten von dem Bemühen, einen neuen Anfang unter breiter Beteiligung zu wagen. Die jüngsten Entwicklungen scheinen freilich dystopische Bewertungen des Kontinents zu bestätigen: Der sogenannte Arabische Frühling ist in Nordafrika gescheitert, aus Afrika setzten seit 2015 breite Migrations- und Fluchtbewegungen über das Mittelmeer ein, und in letzter Zeit kam es in Westafrika zu einer Kette von Militärputschen und Krisen, die Demokratisierungstendenzen in Frage stellen.

Afrika wird zwar vom Westen nicht mehr als geschichtsloser Kontinent gesehen, wie es abendländischer Hochmut lange verkündete, aber immer noch an die Peripherie des Weltgeschehens gerückt. Vor allem gilt Afrika weiterhin als dunkler, unverständlicher Kontinent, gefangen in seinen Traditionen, Sitten und spezifischen Problemen. Afrika wird nach wie vor mit dem zum Topos gewordenen Titel der 1902 erschienenen Kongo-Erzählung von Joseph Conrad, Herz der Finsternis, identifiziert und steht - explizit oder implizit - für das Gefährliche, Wilde, letztlich Irrationale. Derartige Konstruktionen des »Anderen« sind immer auch Konstruktionen des »Eigenen«, sie spiegeln europäische Selbstbilder von Modernität und Rationalität. Im Blick auf das fremde Afrika entwirft Europa seine Identität. Afrika wird gewissermaßen auf seine - vermeintliche - Essenz reduziert, die gesellschaftliche und kulturelle Differenz als Ausdruck wesenhafter Unterschiede verabsolutiert. Afrika ist insofern eine Erfindung, wie der Philosoph Valentin Y. Mudimbe 1988 ausgeführt hat. Nicht nur Europäer, sondern auch Afrikaner haben den Kontinent beständig neu imaginiert. Was auf Seiten westlicher Reisender, Forscher und Kolonialisten zur Rechtfertigung des imperialen Zugriffs diente, wurde von Seiten afrikanischer Denker und Politiker gerade umgekehrt als Ausdruck spezifischer afrikanischer Werte und als Legitimation antikolonialen Widerstands angeführt. Gegen eine solche Betonung der Differenz hat der 2003 verstorbene Afrika-Historiker Albert Wirz in prägnanter Weise Grundkonstanten sozialen Handelns - die nicht als biologische Determinanten missverstanden werden dürfen - auf den Begriff gebracht und »eine überraschende Gleichförmigkeit der bewegenden Kräfte« in der Geschichte konstatiert, nämlich »die Suche nach Anerkennung und Macht, Sicherheit und Solidarität, Abenteuer und Gewinn« (»Geschichte und antikolonialer Nationalismus. Zur Debatte um die Konstruktion politischer Identität in Afrika«, in: Die fundamentalistische Revolution. Partikularistische Bewegungen der Gegenwart und ihr Umgang mit der Geschichte, hrsg. von Wolfgang Reinhard, Freiburg i. Br. 1995, S. 166).

In dieser Sicht steht Afrika nicht mehr für das Fremde, sondern für das Vertraute, das überraschend Nahe. Neue Forschungsansätze unterstreichen die veränderte Perspektive. Fünf Aspekte sind zu erwähnen. Erstens haben transnationale Ansätze die nationalen und kontinentalen Verengungen des Geschichtsbildes aufgebrochen und den Blick auf Transfer und Austausch, auf Wechselwirkungen und Vernetzungen gerichtet. Afrika entsteht dabei ebenso wie Europa erst in einem vielfältigen Beziehungs- und Kommunikationsgeflecht, das in die vorkoloniale Zeit zurückreicht. Der Kontinent Afrika ist insofern ein Produkt des Austausches, jenseits dessen er nicht existiert oder jedenfalls nicht zu fassen ist. Zugleich ist er Teil einer Universalgeschichte, aus der er lange aus Unkenntnis und Missachtung ausgeklammert wurde.

Zweitens versuchten postkoloniale, ursprünglich aus den Literaturwissenschaften stammende Ansätze die dominierende eurozentrische Sicht umzukehren. Fortlebende koloniale und kryptokoloniale Denkmuster und Mentalitäten galt es zu unterlaufen. Indem Afrikaner nun ihre eigene Geschichte schrieben, sollten sie sich gegen die okzidentale Überformung behaupten und ihre Identität wiedergewinnen; writing back wurde zum Motto dieser Bestrebungen. Das Objekt fremder Beherrschung wurde so wieder zum Subjekt seiner eigenen Geschichte, es gewann Autonomie und Würde zurück.

Vor diesem Hintergrund rückte drittens ein neues Modell der Erklärung sozialer und politischer Beziehungen in den Blick. Auch unsymmetrische Beziehungen wurden verstärkt als Ergebnis von Aushandlungsprozessen gedeutet. Selbst extreme Varianten von Herrschaft wie der Kolonialismus erschienen nun ungeachtet ihres unbestritten gewalthaften Charakters nicht mehr allein als Täter-Opfer-Beziehung, sondern als Auseinandersetzung um Positionen und Rollen, als gewissermaßen ungewollte Verhandlung, bei der Kompromisse und Kooperation in der Praxis vielfach erforderlich wurden. So hatten auch die Unterworfenen Spielräume, sie konnten durch ihr Verhalten ihr Gegenüber beeinflussen und waren in dieser Sicht selbst in der Kolonialzeit Subjekte ihrer Geschichte.

Viertens ist seit den 1990er Jahren der Raum als Gegenstand der Geschichtswissenschaft neu entdeckt worden. Raum und Grenze werden dabei nicht als zwingende Konsequenzen natürlicher Gegebenheiten, sondern vermehrt als soziale und kulturelle Konstrukte verstanden. Natürliche Phänomene wie zum Beispiel Flüsse und Seen geben keine Grenzen vor. Vielmehr können sie sowohl als Trennlinien wie als Verbindungszonen verstanden und genutzt werden. Auch Karten sind immer Raumbilder, die nicht objektive Gegebenheiten, sondern Sichtweisen, Deutungen und kulturelle Raumnutzungen wiedergeben. Alle Karten sind daher kognitive Karten oder, wie es jetzt meist heißt, mental maps.

Fünftens spielen bei der Imagination und Konstruktion von Räumen kollektive Erinnerungen eine zentrale Rolle. Erinnerungskulturen, das heißt die Formen, in denen Gesellschaften ihre Vergangenheit erinnern und um gemeinsame Geschichte streiten, materialisieren sich im Raum, den sie zugleich erfinden wie besetzen. Das gilt gerade für Afrika, dessen Einheit als Kontinent nicht zuletzt durch zwei bedeutende kollektive Traumata bestimmt ist, nämlich den transatlantischen Sklavenhandel und die europäische Kolonialherrschaft. Diese bündeln die Erinnerung und kreieren ein spezifisch afrikanisches kollektives Gedächtnis. Die derart ausgerichtete kontinentale, identitätsbegründende Erinnerungskultur überlagert vielfältige regionale Erzählungen über Sklaverei und Verschleppung ebenso wie lokale Erinnerungen an die koloniale Begegnung, an Herrschaft und Gewalt, an Selbstbehauptung und Widerstand.

Auch in dieser Perspektive war Afrika ein Raum der Begegnungen, seien sie intra- oder transkultureller Art. Dabei wurde der Kontinent beständig neu gedacht, entworfen und gestaltet, wurden Grenzen - soziale, ethnische, religiöse oder territoriale - immer neu gezogen, folglich auch Verbindungen immer neu konstruiert. In der Begegnung entstanden Erinnerungsorte, die eine geteilte Geschichte im doppelten Sinn des Wortes spiegelten, eine spaltende wie eine gemeinsam erfahrene und unlösbar verschlungene Geschichte, wie sich in der Begrifflichkeit von histoire croisée und shared memory niederschlägt. Mit Erinnerungsorten sind dabei in Anknüpfung an Pierre Nora und sein großes Werk über die französischen lieux de mémoire (1984-92) nicht bloß konkrete topographische Orte gemeint, sondern Bezugspunkte kollektiver Erinnerung, gemeinsame Traditionen, verbindende Daten, mobilisierende Ideen, aber auch belastende Ereignisse. Diese Merkpunkte des kollektiven Gedächtnisses steckten den Raum ab, in dem kollektive Erinnerungen ausgehandelt wurden. Aus Kommunikationsräumen wurden derart Erinnerungsräume. Im Zuge beständigen transregionalen und transkontinentalen Austausches veränderten sich auch die Erinnerungsräume. Afrikanische Geschichtsforscher haben dies sehr sorgfältig registriert und ihre Geschichten des Kontinents immer als Geschichten von Raum und Erinnerung verstanden, sei es, dass sie wie der nigerianische Historiker Jacob F. Ade Ajayi schon 1969 die Kolonialzeit bloß als Episode im langen Fluss der Geschichte des Kontinents bewertet haben, sei es, dass sie wie Joseph Ki-Zerbo aus Burkina Faso (seinerzeit Obervolta) in seiner Geschichte Afrikas (1978) den Kontinent als Rahmen großer Reiche und blühender Herrschaften in vorkolonialer Zeit gezeichnet haben. Gemeinsam ist diesen Arbeiten der Versuch, Afrika in Abgrenzung von europäischen Raumbildern neu zu denken, ihm einen anderen, neuen Standort im kollektiven Gedächtnis zuzuweisen. Die in den 1980er Jahren erschienene achtbändige UNESCO General History of...
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Autor

Winfried Speitkamp, geboren 1958, war von 2010 bis 2017 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Kassel sowie von 2017 bis 2022 Präsident der Bauhaus-Universität Weimar, dort zugleich Professor für Kulturgeschichte der Moderne. Seit Februar 2022 ist er Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Bei Reclam erschien zuletzt die erweiterte Neuausgabe seiner Deutschen Kolonialgeschichte .